Rassismus

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blacksister´s ghost

Re: Rassismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

Evanahhan hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 11:09 Irgendwie ist mir das alles zu theoretisch. Das Ding ist doch, in meinem Alltag kommen Dunkelhäutige Menschen eigentlich nicht vor. Manchmal sitzen welche mit im Bus / in der Straßenbahn. Das wars dann aber auch schon. Jetzt ist die Frage, welches Verhalten ich wohingehend anpassen sollte.
...
Von daher frage ich mich einfach, was ich konkret denn tun soll, wo das Thema in meinem Alltag halt kaum vorkommt.
Guter Ansatz und die Frage finde ich verständlich.
Viel mehr außer sich bewusst sein, dass Rassismus vorhanden ist und diesen nicht unterstützen, eher dagegen vor gehen, kann man doch nicht tun.
Naja und die Menschen halt gleich behandeln.
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Graphiel
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Re: Rassismus

Beitrag von Graphiel »

Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Sicher nett gemeint, liest sich aber so wie "Ich will PoC so wie Weiße behandeln, weil ich keinen Bock habe, mich mit Rassismus auseinanderzusetzen und gegebenenfalls mein Verhalten zu modifizieren." Gibt auch einen Ausdruck dafür: Racial Identity Denier. Leider sehr verbreitet.
Außerdem kann ich die Ähnlichkeit zu dem sehr gern von Weißen genutzten (um nicht zu sagen missbrauchten) "I have a dream"-Zitat von MLK nicht übersehen. Was schwer kritisiert wird. Der Typ war ziemlich radikal, aber es wird sich immer nur auf die Fragmente fokussiert, die "harmlos" sind.
Ganz ehrlich? Genau das ist einer der Gründe, weshalb ich der Meinung bin, dass unsere Diskussionskultur inzwischen komplett im Arsch ist. Du schaffst es nicht einmal die Aussage zweier Menschen auszuhalten, ohne ihnen gleich eine Betriebsblindheit zu unterstellen und ziehst dann auch noch das Zitate von MLK hinzu, um deinen eigenen confirmation bias zu untermauern. Keine Ahnung wie Evanahan ihre Aussage gemeint hat, aber ich habe mit meinen Worten nichts anderes zum Ausdruck bringen wollen, als die Faustregel Menschen doch einfach so zu behandeln, wie sie individuell behandelt werden möchte. Ist das so dermaßen schwer zu verstehen, oder sitzt du tatsächlich so tief in deiner persönlichen Filterblase, dass du gar nicht merkst, dass du dich der gleichen Methoden bedienst wie Leute, die ihren Rechtsextremismus durch bescheuerte Zitate und Vergleiche legitimieren wollen?
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Außerdem: JETZT sterben Menschen. Und da sollte man JETZT etwas dagegen tun, oder? Nicht irgendwelchen Zukunftsvisionen hinterherschwärmen, die sowieso innerhalb unserer Lebenszeit nicht erreicht werden.
Ja, absolut. Aber das erreichst du mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht, indem du systematisch alles torpedierst was nicht in dein gut/böse-Schema passen will. Im Gegenteil: Meines Erachtens nach läufst du damit sogar Gefahr die Ernsthaftigkeit des Themas aufs Spiel zu setzen und damit Leuten, die sich jetzt noch in AUSHALTBAREN GRAUZONEN bewegen noch viel mehr an den Rand zu drängen, anstatt auf die wirklichen Probleme aufmerksam zu machen, die durch Rassismus entstehen.
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Nicht "erkennen glauben" sondern "erkennen". Keine "Hexenjagd" sondern Kritik an rassistischen Äußerungen und Strukturen. Nicht "wir" sondern Leute, die sich mit den Themen beschäftigt haben.
Von Rassismus Betroffene erzählen immer wieder und wieder davon, obwohl es schmerzhaft und retraumatisierend ist, drum höre ich auf sie. Wissenschaftler machen nix anderes, als über Rassismus zu forschen, veröffentlichen dazu noch und nöcher, drum höre ich auf sie. Nicht betroffene Laien, die keine drei Bücher dazu gelesen haben, sind in meinen Augen da eine nicht ganz so gute Quelle. Nix für ungut. Aber wenn man sagt, dass man bei Corona lieber auf Experten hört, sollte man doch auch bei anderen Themen lieber auf Experten hören, oder? Es sei denn, man gehört zu den Leuten, die Gesellschaftswissenschaften nicht als "richtige" Wissenschaften betrachten.
Doch, erkennen glauben. Wenn ich glaube, dass du beispielsweise mit deiner Art Feminismus männerfeindlich bist, dann heißt das nicht das du männerfeindlich BIST, sondern eben nur, dass ICH GLAUBE du seist Männerfeindlich. Confirmation Bias, das hatten wir ja gerade schon. Das ist aber ein gravierender Unterschied. Wie gesagt bin ich nicht davon überzeugt, dass diese Art Hexenjagd tatsächlich zu einer Verbesserung führen wird, sondern befürchte eher das Gegenteil. Leider finde ich gerade nur keine Studien, die genau dieser Frage nachgehen. Mich würden solche aber brennend interessieren, jedoch dann auch bitte von unabhängigen Instituten.
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Im Moment halte ich vor allem solche Fragen für wichtig wie "Wie kann man verhindern, dass Hanau, Halle, Solingen, Oberwart und ähnliche rassistische Morde nicht mehr passieren? Was kann man gegen das Rassismus-Problem in der Polizei und der Gesellschaft tun?"
Verhindern? Ich frage mich manchmal, ob sowas überhaupt mit der Spezies Mensch möglich ist oder ob nicht sogar meine Vorstellung einer völlig unrassistischen Gesellschaft lediglich die Fantasie eines eher linksorientierten Träumers wie mich bleibt. Leider.... Jedoch bestätigt sich mir immer wieder aufs neue der Verdacht, dass der Mensch eben doch näher an seinen tierischen Verwandten lebt, als er es sich selbst eingestehen will und sein Verstand lediglich dazu dient, sich Rechtfertigungen für seine animalischen Instinkte zurecht zu bauen. Wenn du mir damit nun eine allgemeine Misanthropie unterstellen magst: Bitte schön, eine durchaus misanthropische Grundeinstellung meinerseits streite ich sicherlich nicht ab. ;)
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Also, mir ist es tausendmal lieber, wenn jemand eine meiner Aussagen oder Handlungen als rassistisch bezeichnet als das rassistische Aussagen oder Handlungen übersehen werden, kleingeredet oder ignoriert. Weil jedes noch so kleine Ding rechten Terror ein bisschen wahrscheinlicher macht.
Genau und deshalb ist es natürlich einleuchtend rechten Terror zu verhindern, indem man ihm mit "linken Terror" zuvor kommt, anstatt sich darauf zu einigen, dass Terror jedweder Form besch...eiden ist.
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Von Rassismus in der Medizin fang ich am besten gar nicht erst an. Das heißt nicht, dass Ärzte bösartig wären und Leute mit dunkler Hautfarbe schlechter behandeln (obwohl das sicher auch vorkommt). Aber zum Beispiel in der Dermatologie sind in Lehrbüchern viel mehr Bilder von Erkrankungen auf weißer Haut zu sehen (Quelle z.B. hier). Wenn man nicht weiß, wie sich diese Erkrankungen bei dunkelhäutigen Menschen äußern, kommt es einfach häufiger zu Fehldiagnosen.
Check.. und wenn in Lehrbücher nun Erkrankungen zu 50/50 (helle und dunkle Hautfarbe) gezeigt werden und sich trotzdem jemand davon angegriffen fühlt, weil im Kopf die schwachsinnige Verbindung dunkle Hautfarbe = Krankheiten zusammengebaut wurde, oder der genaue Hautton einer ethnischen Wurzel nicht berücksichtigt wurde, dann färben wir einfach alle gezeigten Häute grün. Oder wie willst du dann vorgehen?
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Aber alles in allem bestätigen die Antworten in diesem Thread nur, was ich eigentlich schon vorher wusste:
Rassismus wird oft nicht erkannt und kleingeredet.
Weiße speziell haben oft wenig Ahnung von Rassismus (mich eingeschlossen, ich hab da ja auch nur an der Oberfläche gekratzt, nur eine Handvoll Bücher dazu gelesen und nur mit einer Handvoll PoC drüber geredet).
Womit wir schon wieder beim Thema Diskussionskultur und Filterblasen angelangt wären. Glückwunsch. Anstatt Leute von ihren Standpunkten aus abzuholen erst einmal auf sie eindreschen und ihnen pauschal "weißen bias" unterstellen. Das hilft bestimmt unglaublich gut um auf die unbestreitbar existierenden Folgen von Rassismus bis hin zu seinen verwerflichsten Formen vorzugehen.
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Allein schon die Implikation, eventuell rassistisch zu sein, ruft mehr Empörung hervor als eigentlicher Rassismus.
Ich gehe sogar einen Schritt weiter und verweise auf meine Aussage weiter oben: In meinen Augen trägt diese Hexenjagd nicht dazu bei, dass ein reales Problem wie Rassismus gemindert wird, sondern führt sie wohlmöglich dazu das Leute in ideologische Ecken geschoben werden, in die sie nicht gehören.

@Evanahhan
Ich würde das ja gern mal von nem Schwarzen hören, dass er nicht einfach ganz normal von mir behandelt werden würde, wie ich jeden anderen auch behandle.
Das würde ich auch gerne mal hören. Vielleicht würde ich dann meine bisherige Herangehensweise ja sogar überdenken. Merkwürdigerweise bin ich damit bisher nie falsch gefahren und das obwohl ich doch schon beruflich sehr viel mit Menschen unterschiedlicher Kulturen zu tun habe. Bisher hat sich da aber noch kein Elternteil oder Klient bei mir beschwert, dass ich irgendwen irgendwie rassistisch behandeln würde und man sich von meiner Herangehensweise verletzt fühlt. Irgendwas muss ich dann ja wohl richtig machen, auch ohne gleich radikal links zu werden.
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Re: Rassismus

Beitrag von Phönix75 »

@Graphiel

Hut ab, für deine klare Ansage. Ich kann und will das zu 100% unterschreiben.

Ich hatte das in ähnlicher Form schon viel früher mal zu einem Thema geschrieben, aber nicht so gut ausgeschmückt und weniger diplomatisch. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
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Fanchen
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Re: Rassismus

Beitrag von Fanchen »

Graphiel hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 15:15 Genau und deshalb ist es natürlich einleuchtend rechten Terror zu verhindern, indem man ihm mit "linken Terror" zuvor kommt, anstatt sich darauf zu einigen, dass Terror jedweder Form besch...eiden ist.
Wer redet denn von linkem Terror? Okay, du hast Anführungszeichen benutzt, aber wenn du damit das Aufmerksam machen auf Rassismus (tatsächlich oder vermeintlich) mit der Ermordung von Menschen vergleichst, und so wirkt es zumindest auf mich, ist das schon recht geschmacklos.
Check.. und wenn in Lehrbücher nun Erkrankungen zu 50/50 (helle und dunkle Hautfarbe) gezeigt werden und sich trotzdem jemand davon angegriffen fühlt, weil im Kopf die schwachsinnige Verbindung dunkle Hautfarbe = Krankheiten zusammengebaut wurde, oder der genaue Hautton einer ethnischen Wurzel nicht berücksichtigt wurde, dann färben wir einfach alle gezeigten Häute grün. Oder wie willst du dann vorgehen?
Es wirkt nicht so, als hättest du den verlinkten Artikel angesehen. Dein Beispiel ist -- wie von dir selbst behauptet -- natürlich "schwachsinnig". Es geht auch überhaupt nicht um den genauen Hautton von irgendjemandem. Es geht um die Notwendigkeit in der Medizin, Krankheiten erkennen zu können, und wie die sich äußern kann eben auch von der Hautfarbe abhängen.
Eine Statistik, die im Artikel genannt wird, ist beispielsweise: Die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Melanomen liegt bei Weißen bei 94%, bei Schwarzen nur bei 70%. Die Webseite, die als Quelle angegeben ist, hat die Zahlen seitdem aktualisiert und verweist nun auf diesen Bericht. In Tabelle 7 wird da die Überlebensrate für verschiedene Krebstypen "by Race" angegeben, über alle Typen hinweg haben Weiße (im Zeitraum 2010-2016) eine 5-Jahres-Überlebensrate von 68%, Schwarze liegen bei 63%. Der Unterschied ist erkennbar, aber nicht extrem: Weiter unten auf S. 51 wird als Begründung für die höhere Todesrate von Schwarzen überproportionale Armut und systemische Diskriminierung angegeben, die den Zugang zu Früherkennung und angemessener Behandlung reduziert. Das macht aus meiner Sicht soweit Sinn und ist auch nicht sonderlich überraschend.
Die Zahlen für Hautmelanome sehen da deutlich schlimmer aus, laut der Tabelle sind die bei 92% für Weiße und 67% für Schwarze (also jeweils etwas schlechter als die älteren, im Artikel genannten Zahlen). Es scheint vor dem Hintergrund nicht unplausibel, dass eine geringe Zahl von Bildern mit dunkler Haut damit etwas zu tun haben kann.

Im Artikel ist außerdem noch ein Vergleichsbild, das die gleiche Krankheit einmal bei dunkler und einmal bei heller Haut zeigt. Der Unterschied ist deutlich.
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Graphiel
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Re: Rassismus

Beitrag von Graphiel »

Fanchen hat geschrieben: Montag 29. März 2021, 04:32 Wer redet denn von linkem Terror? Okay, du hast Anführungszeichen benutzt, aber wenn du damit das Aufmerksam machen auf Rassismus (tatsächlich oder vermeintlich) mit der Ermordung von Menschen vergleichst, und so wirkt es zumindest auf mich, ist das schon recht geschmacklos.
Wenn du mit "Aufmerksam machen" meinst, es sei richtig Menschen in ideologische Schubladen zu stecken in die sie wohlmöglich gar nicht reingehören, dann ist eine Wortwahl wie linker Terror in "" in meinen Augen durchaus angemessen. Falls du es noch nicht wusstest, es gibt auch den im Volksmund sogenannten "psychischen Terror", bei dem (normalerweise) niemand ermordet wird. Doch was ist die Brandmarkung aufgrund einer politisch unkorrekten Wortfall für dich denn sonst, wenn nicht psychischer Terror? Und wohin der so führen kann (wenn wir das ganze mal weiterspinnen), darüber müssen wir uns doch wohl nicht unterhalten, oder? Lynchjustiz und so... nur mal so als kleinen Teaser, falls du gar keine Ahnung haben solltest, in welche Richtung ich damit gehen will. Wohlgemerkt bei vereinzelter Wortwahl (bevor das jetzt falsch rüberkommt). Wer sich da ständig im Ton vergreift und am laufenden Band mit rassistischen Ausdrücken um sich wirft, oder schlimmer noch: Es nicht mehr bei der Wortwahl belässt, der sollte sich natürlich nicht wundern wenn er zunächst in die rechte Schublade gestopft wird. Dann gehört er/sie dort wohlmöglich (denn selbst hier sollte man sehr genau hinsehen, bevor man anfängt mit Steinen zu schmeißen) zurecht in diese Schublade, jedoch gibt es in meinen Augen dafür eben keine Pauschallösung.
Im Artikel ist außerdem noch ein Vergleichsbild, das die gleiche Krankheit einmal bei dunkler und einmal bei heller Haut zeigt. Der Unterschied ist deutlich.
Ich gebe zu, hier habe ich aufgrund meiner eigenen Wortwahl die Dinge aus dem Kontext gerissen. Ich bestreite gar nicht die medizinischen Erkenntnisse, dass sich bestimmte Krankheiten auf unterschiedlichen Hauttönen anders äußern können. Das sollte mein "Check..." da eigentlich bedeuten. War zu undeutlich, sehe ich ein.

Wenn vermehrt falsche Diagnosen getroffen werden, weil in Lehrbüchern nicht die Unterschiede von Erkrankungen bei unterschiedlichen Hautfarben gezeigt werden: Liegt das dann automatisch daran, dass diese Bücher rassistisch sind? Ich erinnere mich da an eine sehr schöne Redewendung, welche ich irgendwann mal aufgeschnappt habe: "Aus der Perspektive eines Hammers sehen alle Probleme erst einmal aus wie Nägel." Auch habe ich mal gehört, dass man besser nichts mit Boshaftigkeit erklären sollte, was sich nicht auch durch Dummheit erklären lies. Frage: Woraus schließt du, dass die Lehrbücher aus rassistischen Motiven heraus so verfasst worden sind, wie sie verfasst wurden? Ich gebe zu, ich habe nicht überprüft wo die Autoren dieser Bücher sonst noch so tätig sind und auch nicht wohin Gelder des Verlages noch so fließen. Hast du Belege, dass eine von beiden Parteien vielleicht noch bei der White Power-Bewegung oder etwas vergleichbarem tätig ist? Das wäre für mich zumindest ein gutes Indiz, allerdings sollte man sich dann vielleicht auch fragen warum man ausgerechnet Lehrbücher solcher Quellen an werdende Ärzte verteilt. Wenn in den Lehrbüchern nicht darauf hingewiesen wird, dass bei unterschiedlichen Hautfarben die Krankheitsbilder anders aussehen können, weil XY, dann ist das ein klarer Fehler in den Büchern: Volle Zustimmung. Allerdings gebe ich eben zu bedenken, dass Fehler eben nicht nur aus Bosheit, sondern eben auch aus reiner Unvernunft oder Fahrlässigkeit begangen werden. Wenn du jedoch diese andere Fehlerquellen nicht ausschließen kannst, dann wäre ich an deiner Stelle aber mal vorsichtig mit Rassismusvorwürfen. Wie gesagt: das bedeutet jetzt nicht, dass ich da rassistische Motive ausschließen möchte. Besonders nicht in den USA, wo Menschen mit dunkler Hautfarbe auch in meinen Augen nach wie vor unter ernst zu nehmenden Rassismus zu leiden haben. Ich bin eben nur kein Freund davon auf die Distanz alles zu pauschalisieren, nur weil ich glaube eine Ursache entdeckt zu haben, oder mit wem sympathisiere der selbiges glaubt. Und nein, das Problem will ich damit sicherlich nicht klein reden.
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blacksister´s ghost

Re: Rassismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

Ich greif nochmal die Sache mit den Hautkrankheiten auf, weil irgendwie bekommt das einen bitteren Beigeschmack. Und ehrlich gesagt, hab ich das Gefühl, dass hier viele zu sehr nur über Theorie reden und von Praxis wenig Ahnung haben.

Das ich nicht abstreite, dass man Lehrbücher (sofern noch nicht passiert) der inzwischen vorhanden Menschenvielfalt anpassen könnte / söllte hab ich ja schon bereits geschrieben. Ich will die Statistik von der ihr da redet auch nich anzweifeln, jetzt kommt aber mein großes ABER....

Ihr redet von Lehrbüchern, demzufolge sind die Leute, die ihre Nase da rein stecken Anfänger. Glaubt ihr echt, dass die so ohne weiteres auf die Menschen los gelassen werden? Natürlich nicht! Und da rede ich aus eigener Erfahrung. Ich bin in den letzten 4 Jahren inzwischen wegen 2 verschiedener Sachen an ein Universitätsklinikum überwiesen wurden, jeweils immer Dematologiebereich. Fakt ist, wenn ein guter Facharzt, und so schätze ich meine Hautärztin ein, nicht weiterkommt mit der Diagnotik, dann überweist der an noch schlauere Leute, die Uniklinik. Ich denke ihr könnt dem Namen Uniklinik entnehmen, dass dort auch gelehrt wird und nich nur alte Hasen rum laufen. Selbst wenn man von Anfängern behandelt wird, es wird immer abschließend ein Oberarzt für eine Diagnose hinzu gezogen. Dass ein Oberarzt nicht ohne Grund Oberarzt ist und schon viele Jahre Arbeit und Erfahrung auf dem Buckel hat, sind wir uns einig, denke ich. Will man mir hier jetzt also echt erzählen, dass jemand mit durchaus viel Berufserfahrung, bei dunkelhäutigen keine ordentliche Diagnose stellen kann, weil ihm schlichtweg vor 40 Jahren oder wenn er sudiert hat, die Dunkelhäutigen im Lehrbuch fehlten? Ich hoffe ihr merkt selber, dass das keinen Sinn ergibt.
Nur weil Lehrbücher überholungsbedarf haben, heißt das nicht automatich, dass jede nicht oder falsch erkannte Hautkrankheit bei Dunkelhäutigen, darauf zu führen ist. Und in meinen Augen wird das hier grad so versucht zu verkaufen. Ich dürft mich gern eines besseren belehren, wenn ich da was falsch verstehe.
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Evanahhan
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Re: Rassismus

Beitrag von Evanahhan »

Ich seh da durchaus ein Problem, wenn in Lehrbüchern nur weiße Haut berücksichtigt wird. In Deutschland kann ich das noch verstehen, ein Hautarzt mitten in der Provinz sieht möglicherweise in seinem ganzen Berufsleben nur eine Handvoll schwarze Patienten. Und selbst bei weißer Haut ist eine richtige Diagnose schon kompliziert. Aber mindestens Spezialliteratur dafür muss es unbedingt geben. Und bei wachsenden Bedarf müsste sich das eigentlich zwangsläufig ergeben, dass beides gelehrt wird.
Aber wenn selbst in den USA oder gar Afrika die weiße Haut der Standard ist, dann ist ganz klar was faul.
„Worte können sein wie winzige Arsendosen: Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“
Victor Klemperer, LTI
blacksister´s ghost

Re: Rassismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

Über Afrika oder Amerika kann ich jetzt nich reden, ich kann nur von Deutschland ausgehen.
Was ich mir aber vorstellen könnte, dass hier auch die Sprachbarrieren im Weg stehen. Zumindest bei denen, die neu eingewandert sind und mit unserer Sprache nix anfangen können. Ich hab das manchmal mitbekommen, wenn ich bei meiner HNO war, dass schon allein die Rezeptionistin arge Probleme hatte, wenn es nur um ganz einfache Sache ging.
Und um nochmal auf die Dermatologie zurück zukommen, wenn Ärzte, selbst die von Universitätskliniken sich nich schlüßig sind, dann haben die immer noch die Option Gewebeproben zu entnehmen und sind sich dem auch bewusst. Dass alles ausschließlich darauf zu schieben, weil Bücher von Gestern sind, find ich falsch.
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Re: Rassismus

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Also zum Thema:

Ich habe vor Jahren mal ein Buch gelesen zum Thema Alltagsrassismus in Deutschland.
Das hat mich "damals" sehr berührt. Ich weiß jetzt nicht mehr wie die Autorin hieß ,aber ich glaube mich noch daran zu erinnern ,das ein Elternteil deutsch und der andere afrikanischstämmig ist ,sie selbst wurde in Deutschland geboren.Ist also Deutsche.
Und auch sie beschrieb ,das Problem.
Sätze wie z.B "Sie sprechen ja gut deutsch..." oder "Wo kommen Sie her?"...gehören in diesen Bereich,da aufgrund einer dunkleren Hautfarbe/Teint davon ausgegangen wird ,das es sich bei der Person um eine/n Ausländer/in ;Migrant/in handelt.
*Vorfahrentechnisch mütterlicherseits, ist mir sowas wie Rassismus nicht unbekannt...alles andere als unbekannt sogar,aber das ist n anderes Thema*
Ich kann mir gut vorstellen,das so etwas tierisch nerven kann,wenn man das 10 mal pro Woche gefragt werden würde und das es sich einfach ätzend anfühlt.
Darum maße ich es mir auch nicht an,darüber zu urteilen, wie schlimm bzw. nicht schlimm es ist ,da ich blasse Person,im wahrsten Sinne nicht in der Haut dieser Menschen stecke.Das ist ähnlich wie bei psychischen Problemen,wo andere nicht Betroffene darüber urteilen, wie "empfindlich" man ist bzw. man müsste sich ja nur genug anstrengen etc. *würg*
Ich kann aber auch die andere Position verstehen,die einfach aus reinem ,unschuldigen Interesse fragt: "Wo kommen deine Vorfahren denn her?".
In meinem Fall würde ich es tun, weil mich andere Kulturen einfach total interessieren.Und es wäre schade ,wenn man solche Fragen nicht mehr stellen könnte,weil man dann in eine bestimmt Ecke gestellt wird.Das ist ein sehr fragiles Thema.
Aber ich denke,das die Menschen bestimmt unterscheiden können ,wie die Frage gestellt wird. Da spielt auch der Unterton mit hinein.
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Re: Rassismus

Beitrag von Fanchen »

Phönix75 hat geschrieben: Samstag 27. März 2021, 19:02 Mein Bruder wurde, angesichts seiner Homosexualität, noch nie schief angemacht.
Ich hab mal die erstbeste homosexuelle Person, die ich kenne, gefragt, ob sie deshalb mal "schief angemacht" wurde. Die Antwort war ein etwas entgeistertes "Äh... ja?!". Was das "politisch korrekte" angeht, würde sie dir wahrscheinlich auch nicht zustimmen.
Solche anektodische Aussagen sind vielleicht nicht sonderlich repräsentativ. :roll:

@Graphiel
Die ganze Argumentation scheint diese Aussage von Soiled einfach noch zu bestärken:
Soiled hat geschrieben: Sonntag 28. März 2021, 09:36 Allein schon die Implikation, eventuell rassistisch zu sein, ruft mehr Empörung hervor als eigentlicher Rassismus.
Es geht doch gar nicht darum, einer Einzelperson nachzuweisen, dass sie aus bösartiger Absicht rassistische Aussagen tätigt, rassistische Bücher schreibt oder anderes in der Art. Es geht darum, auf rassistische Verhaltensweisen und Muster hinzuweisen, die nicht Betroffenen gar nicht direkt auffallen. Dazu gehört dann auch sowas wie das medizinische Lehrbuch. Ich habe nicht behauptet, dass es aus "rassistischen Motiven heraus so verfasst worden" ist, wie du sagst, und ich glaube auch nicht, dass Soiled das gemeint hat. Deiner Argumentation (und teils der von anderen in diesem Thema, ohne jetzt einzeln darauf einzugehen) könnte ich aber nur in dem Fall zustimmen, wenn der Vorwurf tatsächlich eine rassistische Motivation beim Verfasser wäre. Aber gerade das ist eben nicht das Fall, und daher geht dein Argument leider am Thema vorbei. Kritisiert wird struktureller Rassismus. Und gerade der zeigt sich in dem, was du einfach als "Fehler" in einem Buch bezeichnen würdest. Klar ist es ein Fehler, dass ein Lehrbuch, das Krankheiten darstellen soll, ihre Effekte nicht vollständig darstellt. Ich würde aber nicht einmal behaupten, dass der Verfasser Schuld an diesem Fehler ist -- es ist eben eine Manifestation von strukturellem Rassismus, wenn nicht nur auf irgendeiner Seite mal versehentlich ein Bild fehlt, sondern die Effekte von Krankheiten auf dunkler Haut konsistent unterrepräsentiert ist. Dass das unter die Kategorie "Fehler" fällt, meinetwegen. Aber es ist eben nicht die einzige Kategorie, unter die das fällt, und "Fehler" ist nicht die hilfreichste davon, um die Ursachen zu erkennen und zu bekämpfen.

@blacksister´s ghost
Ich muss dir hier einfach strikt widersprechen. Ärzte haben mit Abschluss ihres Studiums nicht ausgelernt und brauchen dann nur noch etwas praktische Erfahrung, und Oberärzte haben nicht automatisch schon alles in jeder Kombination schon mal gesehen. Klar sind die erfahren. Aber alles wissen sie nicht. Und selbst, wenn sie die mangelnde Repräsentation von Krankheiten auf dunkler Haut in Lehrbüchern mit ihrer Erfahrung ausgleichen können (was sie ja auch erstmal gelernt haben müssen), ändert das trotzdem nichts daran, dass die Bücher mangelhaft sind.
Charlotte Sometimes hat geschrieben: Montag 29. März 2021, 13:48 Und es wäre schade ,wenn man solche Fragen nicht mehr stellen könnte,weil man dann in eine bestimmt Ecke gestellt wird.Das ist ein sehr fragiles Thema.
Ich denke schon, dass man solche Fragen grundsätzlich stellen kann. Ich selbst habe so eine Frage bisher noch nicht häufig gestellt bekommen. Wenn nun aber jemand, dessen Lebenssituation mehr oder weniger mit meiner vergleichbar ist, aber anders aussieht, diese Frage immer wieder gestellt kriegt, sollte man sich eben fragen, woran das liegt. Und die Ursache dafür kann durchaus auch Rassismus sein, auch, wenn es gar nicht beabsichtigt ist, siehe oben.
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