Was ist heute politisch links und was war mal links?

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Durante
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Re: Was ist heute politisch links und was war mal links?

Beitrag von Durante »

Phönix75 hat geschrieben: Freitag 16. Juni 2023, 14:13 Ich sehe das ähnlich wie @Graphiel .

Die Grünen sind mittlerweile eine gutbürgerliche Partei, die u.a. von Leuten gewählt werden, die mit großen SUV's vors Wahllokal fahren. Dabei ist es unerheblich, ob das ein Kraftstoff-, Hybrid- oder Elektro-SUV ist. Es sind alles Ressourcenschleudern. Diese Heuchelei und Doppelmoral ist bei keiner Partei so ausgeprägt, wie bei den Grünen. Anprangern, dass die Leute zuviel fliegen, aber selbst die meisten Flugmeilen auf dem Konto haben. Kann man alles ignorieren, wenn man will...
Zumindest fischen die Grünen schon gut im konservativen Lager und von ehemaligen Friedensparolen ist auch nichts übrig geblieben. Die grüne Kriegstreiberei wird nur noch von der FDP-Strack-Zimmermann getoppt.
Gutbürgerlich unterschreib ich bei den Grünen inzwischen leider, Doppelmoral leider auch (wobei ich nicht weiß ob Doppelmoral wirklich schlimmer ist als "überhaupt keine Moral und stolz darauf!" wie z.B. CDU/CSU/FDP/AfD... mir gefällt BEIDES nicht).
Der Vorwurf mit der "Kriegstreiberei" ist aber geradezu lächerlich grotesk. Wie man angesichts eines von der russischen Föderation geführten Vernichtungskriegs IRGENDJEMANDEM außerhalb des Kremls noch "Kriegstreiberei" vorwerfen kann... soll das Satire sein? Ach egal das führt erfahrungsgemäß ja eh nirgendwo hin. :roll:
Und was die Unterstützung der Ukraine als überfallenem Land angeht: Früher war internationale Solidarität mal eine erklärte "linke Tugend" gerade innerhalb der Arbeiterbewegung (siehe auch internationale Brigaden in Spanien usw.), das sollte jemand so angeblichen "Linken" wie Fr. Zarenknecht und Konsorten evtl. mal bei Gelegenheit erklären...
Phönix75 hat geschrieben: Freitag 16. Juni 2023, 14:13 Noch ein kleiner Nachtrag: Es wird ja allerorten immer auf die AfD gekloppt... auch hier. Überlegt mal bitte, ob das Problem die AfD oder das Problem eher die Unfähigkeit der herrschenden Parteien inkl. Opposition ist. Wenn die ihren Job ordentlich machen würden, wären die (linken) und rechten Ränder auch nicht so stark. Da aber nur noch Klientelpolitik (also für bestimmt Bevölkerungsgruppen) gemacht wird und in gewisser Weise Stillstand bei Investitionen in Infrastruktur, Bildungs- und Gesundheitssystem herrscht, wundert es mich eben nicht, dass Bürger keinen Bock mehr auf dieses unfähige Politikervolk haben. Schlechte Politik hat immer Konsequenzen. Und die Bevormundung und Umerziehung durch die Grünen macht viele durchaus wütend. Die CDU hat ja vor ein paar Jahren angekündigt, der AfD das Wasser abzugraben und mindestens deren Wählerschaft zu halbieren... tja, hat nicht ganz funktioniert.

Ich finde das immer seltsam, dass die meisten Menschen immer blind auf das "Böse" (in dem Fall die AfD) draufdreschen. Aber man muss es eben von der anderen Seite betrachten. Es gäbe so viele schlechte Sachen nicht, wenn man die Ursachen "bekämpfen" würde. Als Beispiel führe ich immer das Gesundheitssystem an. Da wird auch immer an den Symptomen rumgedoktert, aber die Ursachen nicht beleuchtet.
Natürlich hat das Rumgestümpere der Ampel und deren Zerstrittenheit, handwerkliche Fehler, miese Kommunikation usw. einen Anteil am Erfolg der AfD (und bez. dem Gesundheitssystem geb ich dir recht, das wurd aber natürlich schon in den Schröder- und Merkeljahren ruiniert). Aber "AfD-Wählen" ist natürlich auch unfassbar bequem: "Klimawandel gibts nicht und mein Lebensstandard bleibt deshalb gefälligst wie er ist, Putin ist ein ganz ein Netter und ansonsten: Die Asylanten sind schuld!!!!11!!" Einfacher kann man es sich selbst intellektuell nicht machen. :lol:
Aber auch die CDU ist mitschuld, versucht sie doch seit seit Jahren die AfD zu imitieren aber schnallt nicht dass sie damit eben NICHT deren Wähler zurückholt (daran ist schon der Seehofer gescheitert) sondern lediglich eine allgemeine Diskursverschiebung nach rechts erreicht. Ist mir schleierhaft warum die seit Jahren immer wieder und wieder den SELBEN(!) Fehler machen ohne es zu checken...
Und zu guter Letzt - Unzufrieden über XY zu sein oder Amnesie-Scholz doof zu finden ist trotzdem KEIN Grund Faschisten zu wählen. Faschisten sollte nur wählen wer Faschisten an der Macht sehen will (was ja auch das einzige ist was die verlogenen AfD-Clowns wirklich interessiert - Macht um jeden Preis*). Vor ein paar Jahren hab ich Leuten ja noch irgendwie abgekauft dass sie selbst die AfD tatsächlich noch für eine bürgerliche, "rechts-konservative" Partei halten, aber sorry DER Lack ist inzwischen endgültig ab.
( *„Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD“ - Christian Lüth, damals Pressesprecher der AfD-Bundestagsfraktion )

Und auch wenn ich es ungern sage, was wir aktuell beobachten ist leider so gar nichts besonderes - Man kann jeden Politikwissenschaftler fragen: In quasi jeder Demokratie auf diesem Planeten gibt es 15-20% Spinner äh "Wähler die selbst im politischen Spektrum zwischen rechts(radikal) und rechtsextrem zu verorten sind". Dass es in Deutschland über Jahrzehnte keine relevante Partei rechts von der CDU gab war eine spezifische deutsche Besonderheit, resultierend aus unserer Geschichte. Aber scheinbar ist diese jetzt inzwischen lange genug her dass man jetzt auch in Deutschland halt wieder ohne Scham Faschisten wählt :roll: , nunja... wie haben Gottesfinsternis damals in "Sie maschieren wieder" so schön gesungen:
"Taubgelauscht an leeren Worten
Hören sie nicht den Toten-Chor
Der da schreit aus tausend Seelen
Es wird enden wie zuvor
...
Auch wenn die Masse, kälter werdend
Sich rührselig zu Stahl erweicht
Durch große gläsern Augen
Auch das letzte Hirn entweicht"
Besser kann man die "Affen für Deutschland" eigentlich nicht beschreiben.

@Topic: Man sollte die ursprüngliche Bedeutung von diesen Begriffen imho auch gelegentlich mal erwähnen, jenseits von persönlichen Definitionen, Wahlkämpfen und Stammtischparolen (das passiert nämlich bei so grundsätzlichen Debatten äußerst selten):
Links = Gesellschaftlich progressiv
Rechts = Gesellschaftlich konservativ bis reaktionär
Mehr sagen diese Begriffe - ohne zusätzlichen Kontext oder spezifische politische Richtungen (wie z.B. Linksliberal/Sozialist/Kommunist/Anarchist/...) - im Kern erstmal nicht aus.
„…wir sind die schwarze Speerspitze wider die Apokalypse sinnentleerter Heiterkeit.“ - Christian von Aster
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Evanahhan
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Re: Was ist heute politisch links und was war mal links?

Beitrag von Evanahhan »

Hab letztens den Spruch gelesen „Aus Trotz AfD wählen ist wie wenn man in der Kneipe, weil das Bier nicht schmeckt, aus der Toilette säuft.“ Finde das trifft es sehr gut.

Der Kopf hinter der AfD ist doch nun schon seit Jahren Björn Höcke. Alle, die man noch wohlwollend als „gemäßigt“ hätte bezeichnen können, wurden vertrieben.
Was Höcke wirklich will, hat er ja nun in seinem Buch geschrieben. Ein großes „Remigrationsprojekt“, eine „Säuberung Deutschlands von kulturfremden Menschen“. Er sagt, wir hätten dabei „schwere moralische Spannungen auszuhalten“. Dazu benötige man eine Politik der „wohltemperierten Grausamkeit“.
Aber nicht nur kulturfremde Menschen müssen dran glauben, auch diejenigen, die sich ihm nicht anschließen wollen, würden aus seinem Deutschland ausgeschlossen werden.

Wer hier noch mit den Verfehlungen der aktuellen Politik die Wahl der AfD rechtfertigt, hat entweder den Schuss nicht gehört oder wünscht sich tatsächlich die Errichtung des Vierten Reichs.
„Worte können sein wie winzige Arsendosen: Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“
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Graphiel
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Re: Was ist heute politisch links und was war mal links?

Beitrag von Graphiel »

Durante hat geschrieben: Freitag 14. Juli 2023, 01:01 @Topic: Man sollte die ursprüngliche Bedeutung von diesen Begriffen imho auch gelegentlich mal erwähnen, jenseits von persönlichen Definitionen, Wahlkämpfen und Stammtischparolen (das passiert nämlich bei so grundsätzlichen Debatten äußerst selten):
Links = Gesellschaftlich progressiv
Rechts = Gesellschaftlich konservativ bis reaktionär
Mehr sagen diese Begriffe - ohne zusätzlichen Kontext oder spezifische politische Richtungen (wie z.B. Linksliberal/Sozialist/Kommunist/Anarchist/...) - im Kern erstmal nicht aus.
Sehr wichtiger Punkt, den ich auch noch einmal doppelt und dreifach unterstreichen möchte. Eine eigentlich linke Partei kann somit (völlig wertneutral gemeint) durchaus auch mal rechte Positionen einnehmen, während umgekehrt auch rechte Parteien dazu in der Lage sind linke Positionen einzunehmen. Deshalb fügen moderne Modelle wie etwa der des political compass der Achse links/rechts noch die Achse autoritär/libertär hinzu. Man mag darüber streiten können ob das schon ausreicht, oder ob sogar noch weitere Achsen notwendig wären um ein exaktes Bild des politischen Spektrums zu bekommen. Die Quintessenz besteht jedoch darin, dass das einfache links/rechts Einteilung nicht ansatzweise sinnvoll ist. So Kann eine grundsätzlich eigentlich linke Partei durchaus höchst autoritär sein ohne dabei gleich nach rechts abzuwandern. Wer (wie ich) jahrelang nur das links/rechts Schema um die Ohren gehauen bekommen hat, kann dabei mit der präziseren Einordnung durchaus seine Schwierigkeiten haben.

@Evanahhan
Schöner Spruch, made my day :lol:

Ich stimme euch übrigens voll und ganz zu, dass Parteiverdrossenheit absolut keine Rechtfertigung ist verfassungsfeindliche Parteien wie die AfD zu wählen. Es gibt so viele Kleinstparteien die man statt der großen Wählen könnte und selbst wenn man in diese keinerlei Hoffnung setzt und daher eigentlich lieber gar nicht wählen gehen würde, so bliebe sogar noch die PARTEI als Ausweichmöglichkeit übrig. Wie ich über die immer sage: Die haben auch nicht für alles die optimale Lösung, aber wenigstens bekommt man bei denen ab und zu noch was zu lachen. ;)
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SchwarzPoet
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Re: Was ist heute politisch links und was war mal links?

Beitrag von SchwarzPoet »

Darf ich hier so einige Videos vom dunklen Parabelritter posten, der das Thema verdammt gut aufgearbeitet hat? WENN man sich die mal von vorne bis hinten aufmerksam anschaut, wird einem ganz anders.
Bild
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Fanchen
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Re: Was ist heute politisch links und was war mal links?

Beitrag von Fanchen »

Videos zu posten ist grundsätzlich völlig okay, aber bitte nicht kommentarlos. Irgendwas sollte man selbst beitragen, was über nen Link zu nem Video hinausgeht. ;) Ein Video zu gucken ist für andere wesentlich zeitintensiver als einen Text zu lesen.
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Re: Was ist heute politisch links und was war mal links?

Beitrag von Durante »

Evanahhan hat geschrieben: Freitag 14. Juli 2023, 10:29 Hab letztens den Spruch gelesen „Aus Trotz AfD wählen ist wie wenn man in der Kneipe, weil das Bier nicht schmeckt, aus der Toilette säuft.“ Finde das trifft es sehr gut.
Der is verdammt gut! :lol:
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