Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
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Graphiel
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Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Graphiel »

Ich glaube es war an einem Mittwoch, als ich während meiner Arbeit auf den Stufen der Schulbibliothek saß. Mein aktueller Klient lag mitten auf dem Fußboden und blätterte hochkonzentriert in irgend einem Wissenschaftsmagazin für Kinder und benötigte daher nur wenig meiner Aufmerksamkeit. ich selbst hatte mir ein Buch aus dem Regal geangelt, welches ich bei mir zu Hause ebenfalls stehen habe "Gothic! Die Szene in Deutschland aus Sicht ihrer Macher." Ja, ich war auch erstaunt und doch auch irgendwie begeistert, dass ein solches Werk in den Reihen einer Schulbibliothek zu finden war.

Irgendwann betrat eine Oberstufenschülerin den Raum, die mir bereits aus mehreren Begegnungen in der Stadtbahn bekannt war. Komplett in schwarz gehüllt, große kreuzförmiger Ohrschmuck, diverse andere mehr oder weniger auffällige Elemente, die sich auch bei anderen Leuten der Szene an Beliebtheit erfreuen. Kurzum: Ein modernes, erheblich jüngeres, aber in meinen Augen durchaus authentisches Exemplar eines Schwarzkittels. Man nickte sich höflich erkennend zu, doch in ihrem Blick glaubte ich etwas zu sehen, dass mir aus meinen jungen Szenejahren durchaus bekannt vorkam. Zwischen ihrem freundlichen Lächeln schien deutlich eine Mischung aus Anerkennung und Unsicherheit zu liegen, wie man ihn vielleicht von sich selbst im Angesicht eines Menschen an den Tag legt, den man (in Ermangelung einer besseren Beschreibung) als "Ranghöher" einstuft. Wie gesagt kannte ich den Blick von mir selbst. In meinen Anfängerjahren gab es auch noch immer ein paar gruftige Gesichter, denen man in den Clubs und Diskotheken als vollkommener Grünschnabel irgendwie mit einer gewissen Ehrfurcht begegnete.

Und nun saß ich da... gekleidet in meine vollgekritzelte Lederjacke, der Kajal schon ein wenig verlaufen und erntete den selben Blick. Ich muss gestehen, ich kam mir dabei etwas seltsam vor. Denn wer wie ich erst in den 2000er seinen Weg ins damals bereits eher schwarzbunte Getümmel fand, der mag dieses Gefühl kennen: So richtig altgruftig fühlt man sich dabei trotz einem langen Werdegang und einer Weiterentwicklung seines Musikgeschmackes, hin zu eher traditionellen Klängen nicht. Fast immer trifft man auf tolle Menschen, die noch einmal erheblich mehr Szeneerfahrung mitbringen und zwischen denen man sich doch noch irgendwie als der ewige Grünschnabel fühlt. Dabei kann inzwischen selbst ein Schwarzkittel der Generation ASP und Co. auf mehr als 20 Jahren Szeneleben zurückblicken, was grob über den Daumen gebrochen auch schon wieder gut der Hälfte der kompletten schwarzen Szenexistens entspricht. Rein objektiv gemessen hätte also ein Schwarzkittel, welcher seine ersten schwarzen Schritte zu den eher darkrocklastgen Scheiben der 2000er unternahm allen Grund dazu sich wenigstens als mittelalten Szenegänger betiteln zu können.

Daher frage ich mich... ab wann zählt man bezogen auf die Szene denn eigentlich zum "alten" Eisen? Bereits nach 10 Jahren? Nach 20? 30? Oder ist einfach alles was nicht mehr die frühen Szenejahre mitgemacht hat dazu verdammt der ewige 90er.. 2000er, 2010er, usw. zu bleiben? :D

Ich bin gespannt auf eure Überlegungen
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Archy
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Archy »

Das ist eine sehr interessante Frage, die ich mir bisher nie gestellt habe 🤔.
Und ehrlich gesagt, trotz meiner nun auch schon über 20 Jahre Schwarz, trete ich dem einen oder anderen Schwarzen mit Respekt und Ehrfurcht entgegen. Ich mach das aber weniger an Jahren der Szenezugehörigkeit fest, sondern mehr an Authentizität. Wer in nem simplen schwarzen Shirt und ner Jeans...also wirklich reiner Stinoschwarzlook daher kommt, wird sowas zum Beispiel nie bei mir wachrufen. Wenn dann aber durch irgendwas dieser Grufttouch dazu kommt sieht das nochmal ganz anders aus. Versteht man was ich meine? Gut... möglich, dass vll. das Alter auch manchmal mit rein spielt. Wobei ich solche Karnevalisten wie auf dem vik. Picknick, wo der ein oder andere seit den 90ern bestimmt schon dabei ist und höheres Alter erreicht hat, bei mir genauso wenig Respekt wachruft...die kann ich noch nicht Mal für voll nehmen 😂.

Mir ist gestern übrigens nen Typ...bestimmt schon Mitte 40 oder älter gewesen, optisch eher dem Metall zuzuordnen, begegnet.... übrigens mit der gleichen gleichgültigen Arroganz wie ich 😎, den ich auch nicht für voll nehmen konnte. 😂

Die Erscheinung und das Auftreten macht tatsächlich sehr viel aus.

Aber um auf die Frage zurückzukommen, ich denke das ist tatsächlich eher persönliche Definition, ab wann man sich zum alten schwarzen Eisen zählt. Mir selber ist meine lange Dazugehörigkeit zum Beispiel gar nicht bewusst. Man erschrickt nur manchmal, wenn man anfängt zurückzurechnen, dass das doch schon wieder über 20 Jahre her ist, wie z.B. letztes Jahr bei dem 69 eyes Konzert, als der Sänger das Alter eines Titels, den ich damals mochte, erwähnte. Dazu kommt, dass ich mich mit meinen Ende 30 auch alles andere als alt fühle und so kleiden tu ich mich auch nicht...statt länger werden die Klamotten bei mir teilweise kürzer 😂. All das trägt dazu bei, dass bei mir gar kein Gefühl von altes Szeneeisen aufkommen kann, ich alter in dem Sinne ja selber nicht 🤔🤷🏼‍♀️.
Herbstlaubrascheln
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Was ich erstmal loswerden will: Danke, lieber Graphiel, für das Eröffnen dieses Threads...Find` ich klasse, dass sich hier jemand noch tatsächlich die "Mühe" macht, ein richtiges Thema zu eröffnen, in dem es auch um die schwarze Szene und Grufti-Sein und das Leben drumherum geht...Auf jeden Fall eine interessante Sache.

Ab wann zählt man also zu den "älteren"? *lacht* Eine interessante Frage. Lustigerweise hatte ich das Thema vor gar nicht langer Zeit mal in einem schriftlichen Austausch ein wenig angerissen, aufgrund eines Erlebnisses auf einem Festival. Dort wurde ich mit "Du siehst aus wie so eine richtige, alte Gothic-Frau" - angesprochen. *lacht* Konnte ich erstmal recht wenig einordnen; zumal ich sowieso immer etwas verdattert bin, wenn fremde Menschen mich einfach so anlabern und davon meist einfach zu überrumpelt bin, um irgendwas zu hinterfragen. Nach ein paar Schritten weiterlaufen tauchte dann in meinem Kopf ein "...öhm?!...Hm." auf. *lacht* Klar, irgendwo ist mir natürlich schon bewusst, was mit "alter Gothic-Frau" gemeint ist. Eben eine recht "klassische Grufti-Optik." Ich mag kaputte Haare, schwarze, lange Kittel, bleiche Schminke, schwarze Augen, Silberschmuck, Kreuze. Sicherlich irgendwo ein wandelndes Klischee, aber mei - so ist das halt. Dass die Dame, die mich darauf ansprach, DAS gemeint hatte, war mir schon schnell klar. Tatsächlich hatte mich diese Aussage aber noch auf eine ganz andere Art und Weise ins Nachdenken gebracht; und da kommt dieser Thread hier doch wie gerufen.
Ich gehe sehr streng auf die 40 zu, es wird schnell deutlich, wenn das Haare färben mal wieder überfällig ist, weil die weißen Haare einfach viel zu schnell heraus spitzen, mein Sohn fährt mit dem Auto durch die Gegend und ich spüre das eine oder andere Wehwehchen, das vor 10 Jahren noch nicht da war. *lacht* - Ja, man könnte also sagen, ich bin definitiv nicht mehr jung.
Bin ich ein "alter" Grufti? Joa, wahrscheinlich auch. Ich habe in meiner frühesten Teenie-Zeit damit angefangen, schwarz zu tragen, bewege mich seit über 20 Jahren (immer noch gerne) auf schwarzen Veranstaltungen (am liebsten tanzend :lol: ), hatte mit 16, 17 Jahren rum einen kleinen "Ausreißer" in Richtung Punk; was wahrscheinlich auch irgendwo ganz tief in mir drin steckt, bis heute und habe, wenn man es irgendwie abgedroschen ausdrücken will, mein halbes Leben mit "Gothic" verbracht. Also...wahrscheinlich kann ich die Frage durchaus mit einem "Ja" beantworten.
Und doch kenne ich Leute, die genau das Gleiche von sich behaupten können, die aber eine ganze Hausnummer älter sind als ich. *lacht* - Das sind dann wohl "sehr alte" Gruftis. Ich weiß es auch nicht.
Wirklich viele Gedanken habe ich mir darüber noch nie gemacht; und wahrscheinlich ist die Zeit für mich, was "mein Schwarz-Sein" betrifft, irgendwie stehen geblieben.

Als ich noch ganz klein (höhö) war, so 14 oder so, trafen sich die Gruftis und Punks hier in Passau auf den Stufen der Nibelungen-Halle und lungerten dort herum. Die Halle ist heute abgerissen, die Stufen dazu logischerweise auch und eigentlich weiß das alles sowieso kein Schwein mehr, weil von den Leuten von damals im Prinzip niemand mehr dort ist. Die waren damals alle um die 20, würde ich so grob sagen - und niemand von denen hätte mich auch nur mit dem Arsch angeschaut ;) War normal damals. Die konnte ich aus der Ferne vielleicht etwas bewundern; aber ich hätte mich natürlich niemals getraut, da jemanden an zu sprechen. Wie Graphiel es schon so passend ausdrückte - höher in der Rangordnung *lacht* Tatsächlich habe ich die Grufti-Szene auch nie anders wahr genommen. Niemals aufgeschlossen oder tolerant; es war auch nie egal, was Du an hast oder wie Du drauf warst. Wenn Du ganz offensichtlich keine Ahnung hast, wurdest Du nicht beachtet. Ob das nun ein rein bayrisches Phänomen war, weiß ich nicht.
Noch heute "kenne" ich es so, dass sich die "älteren" Gruftis erst einmal mit einer klischeehaften, typischen "Ich checke Dich zwar ab, aber ich ignoriere Dich und schaue vielleicht noch, ob Du auch die richtigen Schuhe trägst" - Attitüde begegnen. :lol: Und ich finde es nicht irgendwie seltsam, weils irgendwie schon immer so war. Kann aber natürlich sein, dass das ein lokales Phänomen ist, das kann ich schlecht beurteilen.

Jedenfalls kenne ich es mittlerweile auch, wenn einem weit jüngere Gruftis irgendwo begegnen und dann eher unsicher auf Abstand bleiben. Die sprechen einen auch nicht an. Kommt eh relativ selten vor, man sieht leider recht wenig Nachwuchs. Hin und wieder passiert mir das auch in der Arbeit, wo ich aufgrund von Arbeitskleidung nun nicht wahnsinnig "gruftig" aussehe - erkennbar bin ich anscheinend doch irgendwie *lacht* Natürlich hätte ich nix dagegen, wenns jemand machen würde - aber ich denke auch oft dran, wie es sich früher anfühlt hat, einem eben weit "älteren" Schwarzen zu begegnen. Also noch einmal ein Punkt, der dafür spricht, dass ich mich wohl zum alten Eisen zählen kann, darf oder muss.

Die Leute nach Generationen ein zu teilen, ist gar nicht soooo sehr aus der Luft gegriffen, wie ich finde. Nicht wenigen sieht man das auch rein äußerlich an; im Musikgeschmack spiegelt sich dann auch einiges wieder. Wobei es aber auch andererseits viele Gruftis gibt, die beispielsweise ganz bewusst meinetwegen den 80ern frönen, optisch und musikalisch und so weiter, aber da vielleicht grade Mal geworden wurden. Kann man also so pauschal auch nicht an irgendwas festmachen.

Für voll nehmen...hm, weiß nicht...ich mache mir da wahrscheinlich auch zu wenig Gedanken über andere Menschen. "Eindruck machen" muss bei mir niemand *schulternzuck*; bzw. ich könnte auch nicht genau benennen, wann nun jemand bei mir Eindruck macht und wann nicht. Ich mag schon Leute, die authentisch rüber kommen. Mit den Jahren bekommt man irgendwie einen Blick dafür; woran ich das festmache, weiß ich aber nicht. Wenn alles zu sauber und zu glatt und zu sehr nach Katalog aussieht, spricht mich das eher nicht an. Hat dann oft einen Kostüm-Charakter oder wirkt einfach zu aufgesetzt. Mir gefällt es eher, wenn die Leute etwas abgerissen aussehen. Aber gehört eigentlich gar nicht zum eigentlichen Thema.
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Archy
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Archy »

Ich finde diesen Punkt mit dem "abgerissen aussehen" interessant.
Zum einen weil ich mir jetzt nur wenig drunter vorstellen kann (vll. erfolgt ja noch mal eine genauere Erläuterung 🙂) zum anderen, weil für mich persönlich dieses "Altgrufti" tatsächlich nicht nur aus abgerissen oder langen weitgeschnittenen Lagenlook besteht. Gerade wenn ich an die ganze Stile denke...(Dark/Cold) Wave, der ja doch was recht braves haben kann, Death Rock, der recht wild und punkig wirkt oder Goth Rock, der eher weniger optisch auffällt. Wo ich zumindest rauf hinaus will, anhand dieser gelebten Stile kann man durchaus auch Altgruftis festmachen. Denn wie schon angerissen wurde, wirkt die neue Generation eher glatt geleckt und anders auffällig. Z.b. auf Festivals mit ihren schwarzen Hälsen oder in ihren Korsetts und Highheels. Selbst die Nacktheit auf den Festivals ist eine andere, wie ich finde. Das fing ja schon in den 2000ern an, dass die Leute sich teilweise nur noch in Unterwäsche zeigten. Und selbst auf der Straße erkennt man die neue Generation. Fiel mir jetzt die Woche erst in Leipzig auf. Allein von der Symbolik, die sie an sich haben. Dann ganz klar die Art der Kleidung. Und selbst die Haare.
Man erkennt durchaus, wer sich schon lange in der Szene bewegt und wer nicht. Und daran sieht man auch, dass Optik innerhalb der Szene eben doch auch eine Rolle spielt....wird ja gern mal klein geredet, im Sinne von "man ist und lebt es innerlich".
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Durante
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Durante »

Graphiel hat geschrieben: Montag 4. September 2023, 23:09 Daher frage ich mich... ab wann zählt man bezogen auf die Szene denn eigentlich zum "alten" Eisen? Bereits nach 10 Jahren? Nach 20? 30? Oder ist einfach alles was nicht mehr die frühen Szenejahre mitgemacht hat dazu verdammt der ewige 90er.. 2000er, 2010er, usw. zu bleiben? :D
Witzig, ich fühle mich auch immer noch wie ein "Neuling", wahrscheinlich weil ich die 2000er Goth-mäßig als sooooo weit unter den 80ern und 90ern ansehe (musikalisch und subkulturell), und 99% von dem was ich heute so mag ist entweder vor ODER nach den 2000ern rausgekommen. :lol:
Ich glaube für ein "ehrwürdiges und respektiertes Szeneurgestein" :mrgreen: braucht es 1. viele Jahre in der Szene (wieviele genau? Keine Ahnung! ;) ), 2. umfangreiches Wissen über die Szene und ihre Ursprünge und 3. wohl eine entsprechende Austrahlung/Selbstsicherheit...
Was den "Respekt" betrifft den dir die junge Dame scheinbar entgegen gebracht hat - Hat vielleicht auch damit zu tun dass sie ja schon weiß wie die Reaktionen die man von verschiedenster Seite so erlebt ausfallen können... und wenn ein Babybat dich sieht denkt sie sich vielleicht "...und der is TROTZDEM jahrelang dabei geblieben und hat sich nicht irgendwann angepasst, Respekt!". ;)
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 7. September 2023, 10:31 Was ich erstmal loswerden will: Danke, lieber Graphiel, für das Eröffnen dieses Threads...Find` ich klasse, dass sich hier jemand noch tatsächlich die "Mühe" macht, ein richtiges Thema zu eröffnen, in dem es auch um die schwarze Szene und Grufti-Sein und das Leben drumherum geht...Auf jeden Fall eine interessante Sache.
DITO! :)
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 7. September 2023, 10:31 Wirklich viele Gedanken habe ich mir darüber noch nie gemacht; und wahrscheinlich ist die Zeit für mich, was "mein Schwarz-Sein" betrifft, irgendwie stehen geblieben.
Kommt mir auch seeeeehr bekannt vor... :mrgreen:
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 7. September 2023, 10:31 Niemals aufgeschlossen oder tolerant; es war auch nie egal, was Du an hast oder wie Du drauf warst. Wenn Du ganz offensichtlich keine Ahnung hast, wurdest Du nicht beachtet. Ob das nun ein rein bayrisches Phänomen war, weiß ich nicht.
Noch heute "kenne" ich es so, dass sich die "älteren" Gruftis erst einmal mit einer klischeehaften, typischen "Ich checke Dich zwar ab, aber ich ignoriere Dich und schaue vielleicht noch, ob Du auch die richtigen Schuhe trägst" - Attitüde begegnen. :lol: Und ich finde es nicht irgendwie seltsam, weils irgendwie schon immer so war. Kann aber natürlich sein, dass das ein lokales Phänomen ist, das kann ich schlecht beurteilen.
Scheint mir die normale "Grufti-Arroganz" zu sein :lol: , das mag in einzelnen Städten/"Communities" unterschiedlich ausgeprägt gewesen sein... aber mit Bayern hat das glaub ich nichts zu tun. Hab schon oft von Leuten ähnliches gehört die aus anderen Ecken Deutschlands kamen.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 7. September 2023, 10:31 Also noch einmal ein Punkt, der dafür spricht, dass ich mich wohl zum alten Eisen zählen kann, darf oder muss.
Mit Verlaub, das ist doch Unfug! "Altes Eisen"... tz tz tz :)
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 7. September 2023, 10:31 Die Leute nach Generationen ein zu teilen, ist gar nicht soooo sehr aus der Luft gegriffen, wie ich finde. Nicht wenigen sieht man das auch rein äußerlich an; im Musikgeschmack spiegelt sich dann auch einiges wieder. Wobei es aber auch andererseits viele Gruftis gibt, die beispielsweise ganz bewusst meinetwegen den 80ern frönen, optisch und musikalisch und so weiter, aber da vielleicht grade Mal geworden wurden. Kann man also so pauschal auch nicht an irgendwas festmachen.
Hm, das seh ich nur bedingt so, weil es in der Szene halt (ironischerweise ;) ) schon auch Trends gibt, ebenso Geschmäcker (die sich auch ändern können)...
Für den 80's-Look den ich immer anstrebe bin ich quasi generationsmäßig "zu jung" (genauso wie viele andere).
Klar gibt es welche die haben in den 2000ern "Bondage-Hosen" oder so für sich entdeckt und tragen das immer noch, aber manche passen sich halt immer aktuellen Trends an (was ich immer befremdlich finde, innerhalb der Szene wie außerhalb) und wieder andere suchen sich halt nach persönlichem Geschmack einen Stil und bleiben dabei (Tradgoth, Victorian, ...).
Das Alter sieht man Menschen natürlich irgendwo an, aber bei den Klamotten/beim Styling ist das für mich nicht so eindeutig mit den Generationen...
Musikgeschmack... teils teils. Den Kram den man in seiner Einstiegszeit gehört hat mag man halt automatisch immer irgendwie (Nostalgie ;) ), aber auch da kommen bei manchen Sachen dazu usw.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 7. September 2023, 10:31 Für voll nehmen...hm, weiß nicht...ich mache mir da wahrscheinlich auch zu wenig Gedanken über andere Menschen. "Eindruck machen" muss bei mir niemand *schulternzuck*; bzw. ich könnte auch nicht genau benennen, wann nun jemand bei mir Eindruck macht und wann nicht. Ich mag schon Leute, die authentisch rüber kommen. Mit den Jahren bekommt man irgendwie einen Blick dafür; woran ich das festmache, weiß ich aber nicht. Wenn alles zu sauber und zu glatt und zu sehr nach Katalog aussieht, spricht mich das eher nicht an. Hat dann oft einen Kostüm-Charakter oder wirkt einfach zu aufgesetzt. Mir gefällt es eher, wenn die Leute etwas abgerissen aussehen. Aber gehört eigentlich gar nicht zum eigentlichen Thema.
Ja, mir geht es ähnlich... manchen Leuten (z.B. auf Festivals) sieht man an dass sie diese Sachen nur 1-2 im Jahr tragen (nicht nur weil sie noch "fabrikneu wirken" sondern auch am Verhalten). Das wirkt wie du sagt dann wie ein Kostüm oder "verkleidet". (Ich lauf auf nem Festival auch anders bzw. "aufwendiger" rum als im Alltag, aber halt nicht fundamental völlig anders).
Archy hat geschrieben: Dienstag 5. September 2023, 06:22 Das ist eine sehr interessante Frage, die ich mir bisher nie gestellt habe 🤔.
Und ehrlich gesagt, trotz meiner nun auch schon über 20 Jahre Schwarz, trete ich dem einen oder anderen Schwarzen mit Respekt und Ehrfurcht entgegen. Ich mach das aber weniger an Jahren der Szenezugehörigkeit fest, sondern mehr an Authentizität.
Authentizität ist ein sehr wichtiger Punkt finde ich. Einerseits Ausstrahlung. Andererseits die Frage "Gibt sich jemand Mühe?"...
Und wenn ja - Wirkt jemand dann nur irgendwie "verkleidet" (Mühe gibt man sich auf dem VicPic ja auch teilweise...) oder eben nicht...?
Archy hat geschrieben: Dienstag 5. September 2023, 06:22 Aber um auf die Frage zurückzukommen, ich denke das ist tatsächlich eher persönliche Definition, ab wann man sich zum alten schwarzen Eisen zählt. Mir selber ist meine lange Dazugehörigkeit zum Beispiel gar nicht bewusst. Man erschrickt nur manchmal, wenn man anfängt zurückzurechnen, dass das doch schon wieder über 20 Jahre her ist, wie z.B. letztes Jahr bei dem 69 eyes Konzert, als der Sänger das Alter eines Titels, den ich damals mochte, erwähnte. Dazu kommt, dass ich mich mit meinen Ende 30 auch alles andere als alt fühle und so kleiden tu ich mich auch nicht...statt länger werden die Klamotten bei mir teilweise kürzer 😂. All das trägt dazu bei, dass bei mir gar kein Gefühl von altes Szeneeisen aufkommen kann, ich alter in dem Sinne ja selber nicht 🤔🤷🏼‍♀️.
Geht mir EXAKT genauso... :mrgreen: (gut bis auf die Sache mit den kürzer werdenden Klamotten, das nicht - Würd mir aber auch nicht stehen fürchte ich... :lol: )

Mit "abgerissen" meinte Rascheln glaube ich einfach dass der klassische(!) Grufti eigentlich i.d.R. nicht versucht hat wie aus dem Ei gepellt auszusehen, sondern eher im Gegenteil. "So aussehen als wär man schon (un)tot und hätte sich gerade erst aus seiner Gruft befreit" quasi. ;)
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Archy
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Archy »

@Durante

Ich finde dieses Wort Klassischer Grufti interessant! 😁
Sicher weiß ich auf welches Erscheinungsbild du raus willst, aber dennoch kann ich mir die Frage nicht verkneifen...
Gibt es denn wirklich den einen klassischen Grufti Stil?
Ich mein, wenn ich mir z.B im Internet Bilder von Siouxsie ansehe, die ja mit prägend für die Szene steht dann seh ich ganz oft eine Frau, die eben nicht diesen verhangenen möglichst langen nicht körperbetonten Look trägt, sondern das komplette Gegenteil. Quasi kurze enge Röcke... aufreizend weiblich. Dieser, ich nenn es mal Punkartige Look, gehört für mich persönlich genauso zum typischen Gruftlook, wie auch die verwendeten Elemente aus den 80gern. Also etwas weitere Jacken mit Schulterpolstern z.B.
Oder ich kann mich an ein Bild der X Mal Deutschland Sängerin erinnern, in einem engen Rock, etwa knielang, und einer Bluse. Oder diese typischen Batcave Künstler, also die die damals in dem Club ein und ausgingen. Die hatten auch ihren eigenen Stil, fernab dieses verhangenen.
🙂
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Durante »

@Archy
Einerseits hast du recht, andererseits haben sich gerade diese Künstler der "ersten Generation" sich ja selbst auch nie "Grufti"/"Goth" genannt -> Schwupps ein argumentatives Schlupfloch für mich! :mrgreen:

Aber auch wenn man es etwas weiter fasst, nicht nur der Tradgoth/Grufti und der Waver sondern auch Batcaver, Deathrocker... sahen irgendwo etwas "abgerissen" aus finde ich :) (ich rede jetzt primär wirklich von den Szene-Anhängern, nicht von Künstlern und schon gar nicht von der ersten Generation an Künstlern).
Sowas wie der sog. "Corporate Goth" ist halt erst ein wirklich relevantes Ding seit den 2000ern. Aber ja, Ausnahmen gabs natürlich schon immer (und gerade so punkige Künstler wie Siouxsie haben ihren Stil eh zigfach geändert ;) ).
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

@Archy
Mit "abgerissen" meine ich das, was auch @Durante hinein interpretiert hat.
Für mich (!) war und ist die Grufti-Optik immer bewusst "nicht-schön". Alles, was die Allgemeinheit eher als nicht sonderlich attraktiv findet und eher auf Ablehnung stößt, alles was eben nicht gesund und vital und sauber und ordentlich aussieht. Wer kennt es nicht, wenn die Leute sagen "Mach` doch dieses oder jenes, das sieht VIEL NATÜRLICHER aus." oder "Färb` doch die Haare mal etwas natürlicher, das lässt Dich nicht so blass wirken." *lacht* Generell wird halt alles, was "gesund" aussieht, als schöner empfunden. Normale Sache, so gesehen.
Was ich da persönlich auch immer sehr "typisch" finde, abgesehen von diesem bewusst Nicht-Schön-Sein, ist eben eine etwas destruktive, wüste, "zerstörte" Optik - abgeschnittene Krägen, hochrasierte Haare, kaputte Haare, wilde Haare *lacht* Kommt bei mir vielleicht auch so ein bisschen von meinem Hang zum Punk - nicht zur Musik; wohl aber irgendwo zu anderen Aspekten. Und auch dort ist die Optik immer recht zerstört, schmerzhaft, bewusst ablehnend und bewusst "Ich weiß, wie hässlich Du mich findest" *lacht* Ich bin kein großer Rebell, aber das ist eine Sprache, die ich schon immer gut verstanden habe. Und ein paar Gefühle davon sind für mich (!) bei Gruftis und dem, was sie mit ihrer Optik ausdrücken wollen, recht deckend. Beispielsweise bekomme ich oft Kommentare, was meinen Ohrschmuck angeht. "Oh, das sieht aber richtig schmerzhaft aus." Soll`s auch, es ist weder schick noch dezent noch schmeichelt es meinem Gesicht oder was auch immer.
Ich weiß sehr wohl, dass nicht wenige Leute das anders sehen als ich und mit dem ganzen Punk-Ding halt keinen Vertrag haben - und da sicherlich anders argumentieren könnten. Ich hab` die Wahrheit nicht gepachtet *lacht* - wenn es denn überhaupt eine gibt.

Desweiteren: Wie die Künstler herum laufen, spielt für mich eine ziemlich untergeordnete Rolle. Depeche Mode beispielsweise ist sicherlich für die Szene eine sehr wichtige Band; die sahen aber wohl niemals ansatzweise gruftig aus. Jacken mit Schulterpolstern, kurze, enge Mini-Röcke und ne Leggins ist halt absolut 80er Jahre - Mode, nicht punkig und nicht gruftig oder was weiß ich was; das war halt normales Disco-Outfit.
Dazu kommt auch noch, dass gerade die Bands aus dieser Zeit, die großen Kult-Status in der Szene genießen, sich niemals dazu bekannt oder sich sogar von dem Begriff "Gothic" distanziert haben. Dass die rein optisch nicht in diese Ecke eingeordnet waren, liegt eh auf der Hand.
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Archy »

@Durante & @Herbstlaubrascheln

Selbst wenn diese Künstler sich selber nie als Teil der Gothszene sahen, wurden sie von vielen dennoch als Bestandteil wahrgenommen und werden es auch heute noch. Und Stilgebend war es bzw. kopiert wurde durchaus auch. Wenn man glauben schenken kann, dann z.B. das Augenmakeup von Siouxsie und Tilo Wolff war in den 90ern auch ein gern kopierter Mann.

Und in den 80gern war doch alles irgendwie eins. Da wurde meiner Ansicht nach nicht so stark differenziert, wie es heute der Fall ist.

Zum Thema abgerissen aussehen, ich habe das Gefühl, dass die Leute das heute kaum noch stört, wenn da z.b. ne Frau mit rasierten Seiten, Körperschmuck oder auffälligen Makeup daher kommt. Wirklich Aufsehen erregt ein Schwarzer schon lange nicht mehr...zumindest meine Erfahrung hier. Klar schauen alte Opas mal bissel doof, ansonsten bekommt man eher sogar positiven Zuspruch, weil man aus der Reihe fällt.
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Graphiel
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Re: Ab wann zählt man eigentlich zu den "Älteren" Goths/Schwarzkittel/Whatever?

Beitrag von Graphiel »

Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Freitag 8. September 2023, 07:59 Desweiteren: Wie die Künstler herum laufen, spielt für mich eine ziemlich untergeordnete Rolle. Depeche Mode beispielsweise ist sicherlich für die Szene eine sehr wichtige Band; die sahen aber wohl niemals ansatzweise gruftig aus. Jacken mit Schulterpolstern, kurze, enge Mini-Röcke und ne Leggins ist halt absolut 80er Jahre - Mode, nicht punkig und nicht gruftig oder was weiß ich was; das war halt normales Disco-Outfit.
Dazu kommt auch noch, dass gerade die Bands aus dieser Zeit, die großen Kult-Status in der Szene genießen, sich niemals dazu bekannt oder sich sogar von dem Begriff "Gothic" distanziert haben. Dass die rein optisch nicht in diese Ecke eingeordnet waren, liegt eh auf der Hand.
Herunter gebrochen könnte man auch einfach sagen, dass die erste Generation Künstler ihrem Selbstverständnis nach oftmals gar keine Gruftis waren und bis heute in dem Sinne eigentlich auch nicht sind. Selbst wenn wir Leute wie Robert Smith oder Peter Murphy heutzutage als Godfather of Goth betiteln. Anja Huwe (X mal Deutschland) gab auf Anfrage übrigens auch an, nie im Londoner Batcave-Club gewesen zu sein, weil sie (die Band) Zitat: "... die Leute dort irgendwie doof fanden." Die meisten sahen sich selbst schlicht und ergreifend als Punks an und eiferten Vorbildern wie etwa Sid Vicious und Jonny Rotton nach. Gerade bei unseren bekanntesten Vertretern (Bauhaus, Joy Division und Co.) fallen da verdächtig oft die "Sex Pistols" als genannte Vorbilder auf. Ein Song wie "Bela Lugosi´s dead" war (laut Peter Murphy) lediglich ein Blödelsong der mehr oder weniger durch Zufall entstand. Dazu gab es dann natürlich noch ein paar "Paradiesvögel" wie beispielsweise Dave Vanien (The Damned), der es schon in den 80ern für gut und lustig empfand als Vampir verkleidet herum zu laufen.

Das war sozusagen das Ausgangsmaterial und daraus bauten Szenegänger aus dem Umfeld Punk/Wave die nächste Entwicklungsstufe zusammen. Mit Gothic hatte all das von Seiten der frühen Künstler zumeist jedenfalls noch keine beabsichtigten Verbindungen. Die wurden erst so richtig gezogen, nachdem Musikjournalisten diesen Begriff für sich entdeckten und auf alles klebten, was ihrer Meinung nach düster und bedrückend klang. Teile der Punk- und Waveszene formten daraus wiederum die ersten wackeligen Pfeiler einer neuen Jugendkultur und übernahmen dabei quasi ohne weiter zu hinterfragen den Gothicbegriff für sich mit, oder bauten darauf auf indem sie selbst Musik machten. Im Endeffekt eigentlich ein interessanter Umstand, der mich persönlich wieder sehr an die Begebenheiten in den 2000ern erinnert. Nur mit dem Unterschied, dass es dort bereits eine Umschreibung gab, wie Gothic-(Rock) als musikalisches Genre grob umschrieben werden kann.

Ich muss hier aber Archy recht geben, was die Künstler als wahrgenommenee Bestandteil der Szene angeht: Auch wenn man für sich selbst die Outfits von Künstlern als weniger wichtig bewertet, so kann man doch kaum eine gewisse Wechselwirkung zwischen Künstlern und Szenegänger leugnen. Der Deathhawk wurde schließlich auch nicht im luftleeren Raum erfunden, sondern fand erstmals mit Jonny Slut (Specimen) Einzug in die schwarz/punkige Welt und wurde dort von den Szenegängern kopiert und weiterverwendet. Ähnliches gilt natürlich auch für andere Elemente wie etwa das Makeup von Siouxsie Sioux, Pete Murphy oder Robert Smith.
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