Ich nehm mir das mal wieder stückweise vor, wie von mir gewohnt.
Mio hat geschrieben: ↑Dienstag 22. September 2020, 13:31
Zunächst einmal, falls sich jetzt wer fragt: Ich bin u.a. Sprach- und Literaturwissenschaftlerin. Aber na ja, hab schon dies und das gearbeitet. Wobei ich sagen muss, dass dieses Gebiet da so mein Steckenpferd ist. Falls sich also noch jemand wundert, sollte ich mal irgendwo diesbezüglich in einen Klugscheißmodus fallen. Tja, naturwissenschaftlich dagegen bin ich eine Niete. Auch wenn ich sagen muss, dass mich da manches auch interessiert hätte. Privat schreib ich aber nicht zwingend elaboriert.
Soll jetzt bloß kurz heißen: Wissenschaftliches Arbeiten hab ich schon mal gemacht
.
Sowas in der Richtung konnte man ja vermuten, deine Literaturkenntnisse sind mir jedenfalls schonmal aufgefallen
Für dieses Thema (oder: meine Argumente hier) ist das aus meiner Sicht aber nicht wichtig. Ich meine mich zu erinnern, dass du dich als nicht religiös, aber
irgendwie spirituell bezeichnest (korrigier mich gerne). Das erklärt dann natürlich deine Argumentation mit der Seele, die -- ob du willst oder nicht -- ähnlich ist wie die Argumentation von Religionsgemeinschaften oder zumindest einzelnen religiösen Personen, auch wenn eine größere Struktur fehlen mag. Das zu wissen ist vielleicht gleich wichtig, weil ich gegen solche religiösen Aussagen schon einige Male argumentiert habe, aber ich will damit auch ausdrücken: Religiös sind viele Menschen, auch viele Wissenschaftler. Wenn ich also sage, dass eine Herangehensweise an diese Frage unwissenschaftlich ist oder wenn ich so verstanden werde, dann ist das kein persönlicher Angriff -- ich hoffe, dass das auch nicht so aufgefasst wird.
Mio hat geschrieben: ↑Dienstag 22. September 2020, 13:31
Wobei – warum lebt er? Da bin ich bei dem Punkt, den ich jetzt meine mit über Wissenschaft hinaus. Ich habe zum einen wissenschaftliche Erklärungen, logisch, plausibel, valide. Aber ist das jetzt wirklich alles, warum so ein Mensch lebt? Oder steckt da vielleicht mehr dahinter, „etwas“, das den Menschen be-lebt? Ich nenne das jetzt mal allgemein Seele. Vielleicht ist das jetzt auch nicht der beste Begriff, aber irgendwie gerade der für mich geläufigste, wie ich das so nennen soll.
Wenn ich jetzt also Menschen betrachte, habe ich für mich nicht einfach nur, ich sags mal so, wassergefüllte Zellhaufen
. Und auch bei Tieren. Bei Pflanzen dann aber für mich auch nicht ausgeschlossen.
Ich fürchte, dass ich immer noch nicht ganz sicher bin, wie du das meinst.
Klar, wir können vieles, was im Körper passiert, erklären. Dass ausreichend komplexe Moleküle sich selbst replizieren können ist, denke ich, auch noch "wissenschaftlich verständlich", oder würdest du mir da schon widersprechen? Das skaliert nach meinem Verständnis auch noch ganz gut hoch auf einfache Lebewesen.
Ich glaube, wo du dann sagst: "Hier kommt die Seele ins Spiel", das ist ein Bewusstsein. Oder ist das schon zu viel? Das Bewusstsein und wie genau es entsteht und funktioniert, ist aktuell (soweit mir bekannt) ja nicht wissenschaftlich erklärt.
Bezeichnest du diese fehlende Erklärung als "geht über Wissenschaft hinaus"? Oder stellst du stattdessen die Behauptung auf, dass es etwas gibt, das prinzipiell nicht durch Wissenschaft erfasst werden kann? Die Frage kann ich anhand deiner bisherigen Aussagen nicht sicher beantworten, aber sie ist sehr wichtig.
Das Problem, das ich jetzt mit deiner Herangehensweise habe:
Wenn du "nur" sowas wie das Bewusstsein meinst, warum nennst du es dann nicht so, sondern nimmst einen fremden (erheblich vorbelasteten) Begriff? Warum argumentierst du überhaupt "gegen" die Wissenschaft, nur, weil noch nicht alle Zusammenhänge entdeckt wurden?
Wenn du aber mehr meinst als das Bewusstsein, etwas, was seelentypisch irgendwie "unabhängig" vom Körper existiert -- warum behauptest du so etwas? Ja, wie du sagst, das geht über die Wissenschaft hinaus. Obwohl die Formulierung nach Werbung für Religion klingt, richtiger wäre: Es ist unwissenschaftlich. Und das ist es, weil es letztlich keine überprüfbare Behauptung ist. Zumindest bist du bisher so schwammig dabei gewesen, was du überhaupt
meinst, dass es mir unmöglich ist, irgendwie dagegen zu argumentieren
Ich muss ja hier gerade schon die Vermutung aufstellen, dass du "etwas" meinst, das irgendwie "unabhängig" vom Körper ist.
Wenn du so etwas meinst, frage ich mich auch, warum du das tust. Was unterscheidet die Seele (im von dir verwendeten Sinn) vom Bewusstsein, warum hältst du dich nicht an Dinge, die zumindest prinzipiell erfassbar sind? Dass irgendetwas nicht ausreichend erklärt ist, das kann man überprüfen, darauf kann man sich einigen, und unterschiedliche Personen können daraus eventuell auch unterschiedliche Schlüsse ziehen -- eine würde vielleicht eher auf Nummer sicher gehen, eine andere würde vielleicht sagen, dass das in so einem Fall nicht notwendig ist, usw.
Indem du aber meinst, irgendwas sei prinzipiell nicht wissenschaftlich erklärbar, nimmst du damit auch anderen die Möglichkeit,
überhaupt etwas zu dem Thema sagen zu können. Zugegeben, das passt zu deiner Aussage, dass deine Meinung feststelt und sich nicht ändert.
Wir alle teilen uns eine Welt, und die einzige Möglichkeit, sie uns gegenseitig zu erklären, die mit der Realität konform geht, ist Wissenschaft. Alles, was irgendwas "über" der Wissenschaft postuliert, gibt damit direkt zu, dass es
überhaupt nicht greifbar ist. Wenn es nämlich irgendwie greifbar wäre, könnte man das auch wissenschaftlich tun. Irgendwas beobachten, messen, Statistiken aufstellen -- was auch immer.
Außerdem heißt das, dass es überhaupt keinen Einfluss auf unser Leben haben könnte. Wieder: Hätte es irgendeinen Einfluss, könnte man den auch messen.
Wie gesagt: Die Argumentation, die du nutzt, ist der von Religionen sehr ähnlich. Deshalb hoffe ich, dass du das nicht als Angriff auf dich ansiehst -- ich weiß, dass solche Überzeugungen sehr tief mit der Persönlichkeit verwoben sein können.
Ich hoffe aber, dass du erkennst, dass mein Einspruch eigentlich überhaupt nichts mit den Ergebnissen bzw. Handlungsempfehlungen zu tun hat, zu denen zu kommst, sondern eben "nur" die Argumentationsgrundlage, von der du ausgehst, betrifft. Wie bereits gesagt: Die Ergebnisse finde ich in großen Teilen gar nicht so falsch. Wahrscheinlich wäre es in deinem Sinne, wenn du sie auch
wissenschaftlich begründen könntest -- und zumindest in Teilen müsste das gehen.
Mio hat geschrieben: ↑Dienstag 22. September 2020, 13:31Jetzt ist für mich aber nur die Frage, wie schadet man bei der Ernährung bezüglich auf das große Ganze, den Planeten Erde, allen noch am wenigsten. In der Masse gesehen (ich klammere jetzt mal die genannten Nomadenvölker bewusst mal aus). Wen bringt man sozusagen dann dafür um?
... und die Frage ist doch ein gutes Beispiel dafür: Wie man die Ernährung sicherstellt, mit möglichst wenig Schaden, ist vielleicht keine
einfache Frage, aber wissenschaftlich kann man da sicher herangehen.
Dabei belasse ich es erstmal, ist fürs erste lang genug geworden, glaube ich.
"If you ignore the rules people will, half the times, quietly rewrite them so that they don't apply to you."
- Terry Pratchett, Equal Rites