Ich habe nun etwas abgewartet und werde nun „nur“ dies dazu schreiben. Ansonsten bleibe ich nämlich bei meiner Meinung, dass Musikgeschmack individuell ist und über den Geschmack selbst eben deswegen eine Diskussion müßig.
Nun finde ich, dass manche Menschen da zumindest oft trennen müssten zwischen Musik, wenn sie gefällt um der Musik willen (so sollte es heißen, Edit) und denjenigen (sind ja hin und wieder mehrere), welche da die Musik geschrieben haben und auch der bildlichen Darstellung. Ich nehme hier, das noch, Musik von bekennenden Nazis, aus. Kann man nicht der Musik willen hören. Tut mir zudem extrem weh (schon das, was man in Dokus mit Undercoverszenen in Ausschnitten hört). Es mag auch einen Hintergrund der Musik geben bzw. spezielle Zwecke, die man betrachten kann und die man da als genannt "fragwürdig" empfinden kann. Manche, wie genannt, sind objektiv mehr als fragwürrdig, das stimmt. Bei anderen gehts in erster Linie dann doch ums Gefallen.
Aber dann diskutieren wir eben zumeist nicht über den Musikgeschmack, wie ich finde, sondern werden schon musiktheoretisch. Bei dieser Sache wird es jetzt aber schwierig, einen nicht erhöhten Standpunkt einzunehmen, wie mir oft so vorkommt, was dann diesen Eindruck machte für mich: Also ich weiß jetzt was über die Musik, das du nicht weißt / was du nicht bedenkst und du hörst das? Diesen Unterton sehe ich z.B. in Äußerungen wie "... diskret darauf hinweisen ...".
Edit: Und das empfinde ich dann mit dieser Wertung als Abwertung des Musikgeschmacks des Anderen im generellen Sinne. Dies ist für mich der springende Punkt. Man könnte sagen: Hinter Lied/ Künstler X steht Sachverhalt Y. Dann neutral. Eine m.E. abwertende Äußerung siehe gleich.
Ich nehme meine zwei Lieder jetzt mal als Beispiel, um theortisch und nicht geschmacklich etwas aufzuzeigen (Einleitungen wie "Nichts gegen deine..." sind m.E. durchaus belehrend und auch wertend;) ):
- Wenn ich das Lied „The Siamese Cat Song“ von Peggy Lee höre, und das nun ohne Bilder, höre ich da Folgendes heraus: Zwei Siamkatzen halten sich als Rassekatzen für etwas Besseres (sinngemäß: Wir sind Siamesen, wenns recht ist. Wir sind Siamesen, wenns nicht recht ist.) und wollen ansonsten sich im neuen Zuhause umsehen und dann den Fisch fressen und nachdem dieses nicht gelingt, wollen sie zur Babywiege und Milch abgreifen. Peggy Lee sagte mir vorher nichts, aber ich kannte doch einen Song von ihr, ohne zu wissen, dass sie es war: „Fever“. Höre ich also das Lied der Katzen ohne den Film, dann sage ich mir: Ach, typisch Katze. Und dass das Lied thailändisch angehaucht ist? Sei es drum, es sind Siamkatzen. Hätte das z.B. Jazz sein sollen
?
- Wallenstein von D’Artagnan. Nun mag es einigen Personen nicht gefallen, was die sonst so machen, aber es bleiben die Lieder. Und diese kann man trennen. Es muss nicht jedermanns Geschmack sein, manche können damit nichts anfangen, was die machen, gut. Allerdings kann ich das trennen. Bleibt das Lied, „Wallenstein“. Was mich hier eher wundert – und ich bin ein bisschen historisch bewandert in der Sache – zumindest habe ich die Folge „Wallenstein und die Deutschen“, aus der Bilder im Video stammen, x-mal gesehen und weiß auch sonst etwas über den Dreißigjährigen Krieg: Hier hätte eher kritisiert werden „müssen“, dass Wallenstein einer der größten Kriegstreiber war, die es je auf Erden gegeben hat. Aber das am Rande.
Hat jetzt allgemein die Musik fragwürdige Elemente oder haben das die Musikschaffenden? Oder beide (wie gesagt, siehe zum Thema Wallenstein; aber hier weiß ich das eben, was dahintersteht und mags trotzdem)?
Treibe ich dies auf die Spitze, komme ich wieder zu den Wagner-Festspielen.
Hier sollte man etwas bewandert sein, wie Hitler und Wagner zusammenhängen bzw. was Wagner zu Lebzeiten dachte. Aber das kann man nachschlagen.
Hat jetzt Wagner etwas, das man kritisieren kann?
Fließt es in die Musik?
Hier ist es m.E. schon eher gegeben, dass genannte „fragwürdige Elemente“ zu finden sind, da man vor allem als Einigung der Deutschen im 19. Jahrhundert die Heldensagen und vor allem das Nibelungenlied als etwas Urdeutsches und Germanisches aufgriff. Dies war durchaus nationalistisch zu sehen. Wie ist es denn noch zu betrachten, dass Hitler die „Nibelungentreue“ so hochhielt? Und doch: Auch dieses Jahr wieder ließ sich Angela Merkel dort sehen. Ist sie jetzt als "rechts" anzusehen?
Wagner fällt da irgendwie hierzulande aber nicht in die Diskussion "rechts", wenns um die Musik geht... (jetzt fehlt mir der Kopfkratzsmiley).
Vertrackte Sache, das mit den fragwürdigen Elementen, wie ich finde
.
Wo ich selbst Musik und Künstler nicht trennen kann, ist bei Oliver Shanti. Hab früher viel die indianisch angehauchten CDs gehört. Aber das kriege ich nicht mehr hin, für solche Leute wie Shanti (Kindesmissbrauch!) hab ich nichts übrig.
Heute höre ich lieber echte Indianer (auch wenn da wohl angeblich welche dabei waren bei Shanti), aus ganz Amerika (mag z.B. "Ananau" sehr gerne, und hier nicht das von Oonagh, sondern das Original von Alborada - möchte die noch bei Amazon Musik genauer hören).
Sooo, das Ganze hatte jetzt mit reinem Musikgeschmack wenig zu tun
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Ich nehme jetzt mal das Beispiel deutsche Schlager, um das noch einmal zu trennen. Man kann sagen, das ist völlig legitim: Schlager – bäääh! Schlager sind was für einfache Gemüter. Bleib mir bloß fern damit.
Schlager sind was für einfache Gemüter. Und hier wird es schon schwieriger.
Jetzt sollte man aber nicht hergehen und demjenigen sagen, der Schlager hört: Also, Schlager sind ja so seicht, das hören einfache Gemüter und die Texte, da ist nix dahinter, das ist usw. usf. blabla.
Da ist man schon wieder in der Bewertung des anderen (ja, das sehe ich so) bzw. in der Theorie.
Geht man allerdings jetzt in die Musikgeschichte, kommt man zu einem anderen Bild als das, was man heute hat. Ich nehme mal deutsche Schlager ab 1945. Da waren Schlager nun auch etwas – Achtung, für die, die Schlager so empfinden und nicht verallgemeinernd – zum Wohlfühlen. Und warum? Schlager sind heile Welt, oft genug zumindest. Ja, sie enthalten eingängige und als einfach empfundene Elemente. Schlager sind zunächst auch ein Rückzugsort für die Korrektur Kriegsgeneration gewesen und auch sind die deutsch gewesen. Die Jugend sah das sicherlich nun oft genug anders, auch wenn es vor allem in den 70ern viele junge Schlagersänger gab, welche hier auch wiederum wohl jüngere ansprachen. Und erstaunlich, dass Deutschland ausgerechnet mit einem sog. Schlager den damaligen Grand Prix D’Eurovision de la Chanson gewonnen hat (Nicole – Ein bisschen Frieden). Ich sollte noch sagen, dass ich da etwas vorgeschädigt bin von meinem Elternhaus. Es gab „damals“ sicher schon Schlager, die waren einfach nur zum Besaufen und Schunkeln und Klatschen. „Sieben Fässer Wein“ von Roland Kaiser z.B. (kurz zur Geschichte: Mann säuft vor der Hochzeit, um das letzte Mal die Sau rauszulassen, kommt zugedröhnt zur Kirche, Hochzeit gestern, Mann säuft fröhlich weiter – noch mal davongekommen). Oder Costa Cordalis in mancher Hinsicht, der fällt mir gerade ein. Oder Rex Gildo (bei manchen Leuten geht „Fiesta Mexikana“ wohl besoffen immer noch?). Halt – da bin ich bei einem weiteren Kapitel, wie auch mit Roy Black. Tragische Figuren. Das Management der beiden hatte die ganz schön im Schraubstock für Erfolg (Gildo war homosexuell und Black wollte lieber Rocker sein). Schlager ist also hinter den Kulissen oft alles andere als heile Welt.
Manche Schlager allerdings hatten es ganz schön in sich, textlich. Udo Jürgens z.B. Ja, ich liebe die Satire „Aber bitte mit Sahne“. „Griechischer Wein“ ist eben kein Sauflied und „Ein ehrenwertes Haus“ ist auch ernst.
Heute ist der Schlager ja eher poppig und ja, mir scheint, das geht heute eher in Richtung Party. Zudem sind das auffallend oft junge Sängerinnen, die attraktiv gefunden werden sollen oder auch die junge Generation ansprechen sollen. Da ist es schon fast ein Wunder, dass es neben der Egli und May und Fischer eine Kerstin Ott gibt. Wobei die m.E. wieder in Richtung der Texte wie teils Udo Jürgens geht.
Was ich allerdings persönlich mehr als grottig finde und da am liebsten ... würde (nein, ich sag nix, man weiß ja nie, was draus wird
), sind die Mallorca-Typen. Da würde ich auch sagen: Da hat sich das Hirn schon gänzlich verabschiedet. Blöd sind die Macher allesamt nicht, bringt ja Kohle. Bei Übermedien findet man einen Zusammenschnitt des Mallorca-Fernsehgartens. Wer noch was zum Foltern sucht...
Schlager selbst gab es schon früher. Was habe ich als Kind "Das Nachtgespenst" von Peter Igelhoff geliebt. Glaube, aus den 1930ern...
Schlager an sich sind massentauglich. Und eben melodisch sehr eingängig. Und oft seicht. Sei es drum. Ein Genre von vielen.
Und international manchmal. "An der Nordseeküste, am plattdeutschen Strand, sind die Fische im Wasser und selten an Land." Klaus und Klaus. Als Kind mag man das.
Oder aber, wer die Melodie kennt: " And it's no nay never, no nay never no more, will I play the wild rover, no never no more." Das mag ich jetzt.
Die Küste war später dran. Die Deutschen haben sich hin und wieder bedient.
Muss man nicht mögen. Kann man als Genre kritisieren. Den Menschen aber abzustempeln wäre zu einfach. Und das wäre für mich Kritik am Musikgeschmack. Und der sagt hin und wieder für sich genommen kaum etwas aus.
Das ist jetzt etwas lang geworden zum Thema Schlager.
Hätte das z.B. auch zu anderen Genres so ausführen können, aber da bin ich eben vorgeschädigt.
Gäbe für noch weitere Stile sog. genannte „fragwürdige Elemente“:
- Country: Waffennarren
. Cowboyromantik. Extrem christliches Weltbild. Seicht.
Oft, aber: Greift die Lebenswelt des John Doe auf mit seinen Nöten, Hoffnungen, Alltagsproblemen. Könnte man jetzt unabhängig davon auch sagen: Verherrlicht die Cowboys, die es so nicht gab und einen übermäßigen Patriotismus, möchte ich "diskret darauf hinweisen". Mit " " käme der Untetton rein.
- Klassik: Was heute schon als etwas Gehobeneres gilt, war früher sozusagen der Schlager der Leute. Also auch nix Besonderes im heutigen Sinne. Mozart z.B. hat Konzertreisen gemacht, der war sozusagen auf Tournee. Irgendwie nicht ganz so gehoben in dem Sinne. Könnte man auch sagen, der Mann war Popstar. Oder anders, Falco: Rock me Amadeus. Und das gesteuert vom Management - äh dem Vater.
- Marschmusik: Liegt irgendwie auf der Hand, warum das jetzt fragwürdig wäre, betrachtet man alleine das Genre (--> im Gleichschritt marsch!). Ach so: Hab ich auch von zuhause Einiges mitbekommen.
Mag jetzt nicht mehr nachdenken
.
Jetzt „nur“ noch das: Ich selbst höre, wie gesagt, viele Dinge in Trennung zwischen Musik und eben den Schaffenden.
Ich kann jetzt z.B. einen Menschen haben, der Marschmusik hört. Wenn jetzt jemand aber zu diesem etwas mit dem Unterton sagt: Du weißt schon, dass das für die Armeen war und Krieg usw. usf., dann geht das aber wieder in die Kritik nicht der Musik für mich, sondern in eine Belehrung über und in die Kritik des Geschmacks im Allgemeinen. Und das ist genau der Punkt, um es zu beenden, der mich störte
. Sachlich gesehen könnte man sagen: Der Hintergrund ist dies und das. Ich persönlich finde es nicht gut, weil... Ich überlasse es aber Dir, darüber nachzudenken.
Noch ein Edit: Für mich ist es so, dass Musik oft genug etwas für die Seele ist. Oder nach Friedrich II.: Jeder soll nach seiner Façon... Was der eigenen Seele guttut, ist der Musikgeschmack. Für mich insofern auch deswegen nicht diskutabel.
Das Auseinandersetzen mit der Musik ist für mich z.B. Musiktheorie. Und darüber kann man diskutieren.
Das ist mein Beitrag zum Thema.