Es gibt auch den Spruch
Verstehen kann man das Leben rückwärts; leben muss man es aber vorwärts.
[Søren Kierkegaard 05.05.1813, † 11.11.1855]
Oder auch
Good times become good memories and bad times become good lessons
[Verfasser unbekannt]
Ich denke, jeder Mensch tut Dinge, die er bereut oder bereut es, Dinge nicht getan zu haben. Das Ausmaß mag da von Mensch zu Mensch natürlich variieren und ich denke auch, dass man in der heutigen Zeit, mit sehr vielen Möglichkeiten, tendenziell eher mal etwas wagt, was vor 50, 60 Jahren noch undenkbar gewesen wäre.
Ich für meinen Teil bin ja jemand, der Entscheidungen sehr, sehr lange durchdenkt und abwägt. Letztlich entscheide ich mich aber meistens doch für das Risiko. Und bereut habe ich das bisher immer nur temporär - auf lange Sicht (und zuweilen mit genügend Abstand), sehe ich auch an den meisten schlechten Entscheidungen das Positive - dass ich daran gewachsen bin. Ich halte mich da also sehr an das zweite Zitat.
Entscheidend ist glaube ich aber auch, wo und wie man aufwächst. Ich bin ziemlich behütet aufgewachsen und in meiner Kindheit war die schwerste Entscheidung wohl, ob ich lieber mit Anna oder Maria befreundet sein will oder lieber schwimmen oder Volleyball spielen will. Ich kann mir vorstellen, dass Menschen, die unter raueren Bedingungen, vielleicht mit Gewalt oder Kriminalität aufwachsen, viel früher viel dramatischere Entscheidungen treffen müssen.
Menschen, die 'auf die schiefe' Bahn geraten, wie man so schön sagt, bereuen das am Ende vielleicht eher, als ich, dass ich erst mit 23 ein Studium begonnen habe. Aber die Frage ist dann auch - hatte man wirklich eine andere Wahl?
Ich glaube, die Möglichkeiten, die man tatsächlich im Moment hat, sind viel begrenzter, als man es von außen oder auch rückblickend so wahrnimmt.
Ich bereue zum Beispiel etwas, was ich, aus meiner Sicht, als Kind hätte tun müssen, um etwas zu verhindern, was mein Leben massiv verändert hat.
Hätte eine andere Handlung von mir das Geschehen wirklich verändert? Ich weiß es nicht.
Hätte ich damals tatsächlich die Möglichkeit gehabt?
Wahrscheinlich nicht. Aber ich habe es von mir erwartet. Eben weil das, was ich in dem Moment getan habe, aus meiner heutigen Sicht nicht ausreichend war. Aber in dem Moment konnte ich das gar nicht absehen und habe im Rahmen meiner Möglichkeiten das getan, was ich glaubte tun zu können.
Rückblickend, mit dem Wissen, was das Unterlassen einer Handlung auslöst, ist es natürlich so, dass ich mir wünsche, anders gehandelt zu haben. Aber in dem Moment wusste ich das nicht und habe deshalb gehandelt, wie ich gehandelt habe.
Aber, um mal bei der schiefen Bahn zu bleiben, vielleicht bereut man generell eher die Dinge, von denen man von vornherein weiß, dass sie einem selbst oder anderen schaden. Wenn man eben nicht nach bestem Wissen und Gewissen handelt und vielleicht eine andere Möglichkeit gehabt hätte, sie aber, aus welchen Gründen auch immer, nicht genutzt hat.
Ich glaube, das bereuen etwas absolut normales und menschliches ist. Wichtig ist glaube ich das reflektieren. Nur so kann man für sich ausloten, ob man wirklich etwas falsch gemacht hat - und daran wachsen. Das hat jeder selbst in der Hand.