Musik, die mich auch nach Jahrzehnten noch aus den Socken haut

[Grauer Wolf]

Habt Ihr auch schon diese Erfahrung gemacht? Ihr hört ein neues Stückchen Musik -- und seid aus den Socken. Je öfter Ihr das Musikstück dann allerdings hört, desto banaler erscheint es. Und nach ein paar Jahren fragt Ihr Euch, was Ihr damals bloß so verdammt toll an diesem Stück gefunden habt...

Hier geht es mir um genau das Gegenteil: Musik, die Euch auch nach Jahren noch genau so aus den Socken haut, wie beim ersten Mal. Also Musik, die Euch auch nach Jahren und Jahrzehnten immer noch fasziniert. In meinem Fall sind dies (unter anderen):

• Jean-Michel Jarre -- Oxygène Part 2 (1976) -- Ich mag diese Monotonie der damaligen Sequencer und Arpegiatoren, diesen Klang der analogen Rhythmus-Maschinen und Synthesizer. Und das Platten-Cover ist aktueller denn je.
• NIna Hagen Band -- TV Glotzer (1978) -- Irgendwo zwischen Post-Punk und Neuer Deutscher Welle. Aus der Band wurde dann Spliff. Und Nina Hagen drehte völlig ab.
• Ideal -- Berlin (1980) -- Kein anderer Song trifft meiner Meinung nach das damalige Lebensgefühl in den AJZ derart gut.
• Visage -- Fade to Grey (1980) -- Meine Einstiegsdroge in synth-basierten New Wave. Und wieder diese analogen Rhythmus-Maschinen...
• Ultravox -- Vienna (1981) -- Für mich eines der prägendsten New Wave Stücke der damaligen Zeit.
• Logic System -- Intro & Unit (1981) -- Musikalisch seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Klingt für mich auch heute noch nach Science Fiction. Übrigens eines der ersten, wenn nicht überhaupt das erste Stück, in dem ein Roland TR-808 Drum Computer zum Einsatz kam.
• Spliff -- Déjà Vu (1981) -- Wurde nachträglich natürlich der Neuen Deutschen Welle zugeordnet. Was für ein Schwachfug. Das ist allerbester deutscher Funk-Rock. Dieser Beat. Dieser treibend geslappte Bass. Und dann dieser herrlich deprimierende Text passend zum Lebensgefühl der damaligen Zeit. Und der heutigen Zeit.
• Jean-Michel Jarre -- Arpegiateur (1982) -- Ich mag diesen treibend-monotonen Klang des Arpegiators und die Art und Weise, wie das Stück ganz ohne Melodie einen Spannungsbogen aufbaut.
• Hubert Bognermayr & Harald Zuschrader -- Eden (1982) -- Fortsetzung klassischer Musik mit anderen Mitteln.
• Tangerine Dream -- Mojave Plan (1982) -- Wenn ich dieses Stück Musik höre, dann komme ich mir vor wie ein Weißer Adler, der im Abendlicht über die Mojave fliegt.
• Hubert KaH -- Love is so Sensible (1987) -- Die besten Sachen von Hubert KaH kamen erst, nachdem der Hype um die Neue Deutsche Welle das Genre kaputt gemacht hatte -- und sich kein Schwein mehr für Hubert KaH interessierte. Für mich ist und bleibt der gute Mann jedoch einer der besten New Waver Deutschlands.
• KMFDM -- Liebeslied (1990) -- Schlicht und ergreifend das beste, das Industrial Rock zu bieten hat.

Und dann kamen leider die 90er Jahre....

[Archy]

Spontan fällt mir Fields - Wail Of Summer ein. Mich packt es immer wieder. Die Atmosphäre, die es ausstrahlt. Dieser Mix. Zum einen animiert es sich den Klängen hinzugeben - im Sinne von gedankenlos eintauchen, zum anderen hat es aber auch etwas von einer heißen (darf man gern Doppeldeutig verstehen) Sommernacht. So etwas aufgeladenes...elektrisierendes. Leidenschaft. Das ist voll das Kopfkinolied

Inkubus Sukkubus - Witches, aber diese Variante. Da möchte man wild durch die Gegend tanzen und sich im Kreis drehen.

[Phönix75]

Es gibt sicher einige Songs, die mich damals, wie heute noch packen und die sich in meine Gehörgänge gefräst haben, wie keine anderen.

Aber viel interessanter finde ich die Tatsache, dass ich doch einiges an Musik, was ich vor 20, 25 Jahren gehört habe, heute, wie der Graue Wolf richtig feststellte, absolut banal finde und ich darüber nachdenke, warum ich das damals gehört habe. Sicher ist ein Grund, dass sich die Hörgewohnheiten verändert und weiter entwickelt haben. Andererseits muss das auch einer Phase, einem temporären Lebensgefühl bzw. Situation entsprungen sein. Anders kann ich mir das nicht erklären. Am häufigsten kommt das Gefühl immer wieder bei Elektro-Mukke auf. Da ist vieles so einfach gestrickt und zusammengeschustert, dass ich mich manchmal (für mich) glatt schäme, sowas mal gehört zu haben.

[Grauer Wolf]

Am häufigsten kommt das Gefühl immer wieder bei Elektro-Mukke auf.

Das geht mir ganz ähnlich. In meinem Fall hängt das damit zusammen, daß es seit den späten 70er Jahren einen ganz gewaltigen Technologie-Schub rund um elektronische und digitale Geräte der Klangerzeugung und Klangverarbeitung gab. Und mit jedem neuen Synthesizer-Modell, mit jedem neuen Effektgerät waren neue, bisher noch nie gehörte Klänge möglich. Manches Musikstück hat mich damals alleine wegen seiner neuen Sounds aus den Socken gehauen. Nachdem diese Sounds heutzutage zum allbekannten Standard-Repertoire gehören und niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken können, wenn sie sich nicht sogar völlig tot gelaufen haben, ist dieser Wow!-Effekt weg -- und übrig bleibt die musikalische Banalität des Stückes.

Hinzu kommt, daß viele der eher einfach gestrickten Musikstücke den damaligen Zeitgeschmack getroffen haben -- aber eben nur den.

[Archy]

Ich werfe mal noch City mit Am Fenster rein.
Die Geige ist der Traum. Und dann zwischendrin diese kraftvollen Passagen.

[abdurrazzaq]

Es gibt von dem Stück auch eine LP-Seite füllende Version von City's "Am Fenster". Fand ich schon damals super.
Von Karat gibt es auch drei Stücke, die ich heute noch immer mal wieder höre:
-Schwanenkönig
-Albatros
-Die Glocke 2000
Letzteres im Duett mit Tamara Danz von der Band Silly

[Archy]

Der alte Ost-Rock ist schon was feines, da kann man nix sagen.


Wo ich im Auto immer abgehe und lauter mache, wenn es kommt ist...
Rose Laurens - Africa
Midnight Oil - Beds Are Burning

[Chochmah]

bestimmte Stücke heraus zu picken ist schwer möglich.....was mich aber schon seit Jahrzehnten immer wieder aufs Neue begeistert:

Joy Division - ALLES (habe ich mit 14-15 zum ersten mal gehört, zusammen mit Skinny Puppy, Click Click und Psyche)
Skinny Puppy- die Frühwerke: Addiction, Testure, The Choke, Assimilate......
Click Click - die Frühwerke bis 1989 wobei die in den 2010ern wieder richtig gut waren.
Current 93 - ALLES (die alten Alben höre ich natürlich länger als die Aktuellen )
Death In June - Alles bis ca. Mitte der 90er
SPK - eigentlich auch alles, bis auf die extremen Pop-Schnulzen der Spätzeit
Trisomie 21 kann ich eigentlich auch immer hören

[DarkKnight83]

Fade to grey hat schon was, auch musikalisch.
Hab aber ursprünglich die Coverversion von Mark OH gehört, da ein Kind der 90er.
Ich traue mich das garnicht zu erwähnen, aber ich höre auch gelegentlich Rave , nicht dass Ihr mich deshalb jetzt rauswerft

Offiziell wird ja behauptet, dass das die visuellen Inhalte des Originalvideos eine Vorlage waren.
Ich habe dieses origninale Video ber erst vor kurzem entdeckt, somit konnte mich das Video nicht inspirieren, trotzdem gefällt mir die Nummer.

Daher muss wohl ebenso die Musik eine Rolle für Goths spielen.

[Luna Rabenherz]

Theater of Tragedy - Tanz der Schatten . Seit 2007, als ich den Song zum ersten Mal gehört habe, und bis heute. Und wohl bis zum Ende meines Tages Jedes Mal bekomme ich Kribbeln, wenn ich ihn höre.

Lacrimosa - Halt mich . Und noch ein paar Songs von Lacrimosa. Eigentlich meine Lieblingsband seit ebenso ungefähr 2007.