Glaubt ihr an Schicksal?

[Fanchen]

Ich finde die Vorstellung, dass ich mein Leben selber in der Hand habe und nicht irendwelchen Launen des Schicksals ausgeliefert bin, viel schöner.

Da würde ich zustimmen - aber zumindest zum Teil würde ich behaupten, dass es nicht stimmt.
Die Frage nach "Schicksal" würde ich sicherlich mit "Nein" beantworten, es klingt einfach zu stark nach Übernatürlichem.
Was den freien Willen angeht, bin ich mir aber nicht so sicher. Da tendiere ich nämlich eher zu der Haltung, dass er nicht existiert - und dass man damit in gewisser Weise dem Schicksal ausgeliefert ist. Das würde ich aber klar von irgendwelchen übernatürlichen Einflüssen trennen; es gibt auch keine Möglichkeit, da irgendwas vorherzusagen oder sowas.
Aber das ist eher eine philosophische Frage mit, so wie ich das sehe, geringen Auswirkungen auf uns - ob wir freien Willen haben oder nicht, wir scheinen auf jeden Fall die Möglichkeit besitzen, Entscheidungen zu treffen. Für alle praktischen Zwecke ist das freier Wille genug.

Noch ein Nachtrag zu den Links oben: Ich hab noch Apophänie gefunden. Der Artikel ist recht kurz, aber was dazu (und wohl auch zu den anderen fehlerhaften Wahrnehmungen) zu sagen ist: Aus evolutionärer Sicht kann die Annahme von Mustern, wo keine sind, durchaus nützlich sein. Das stört uns zwar jetzt bei wissenschaftlichen Forschungen, wo Anstrengungen unternommen werden müssen, um diese Effekte zu vermeiden. Aber die Annahme, dass ein Rascheln von Blättern und Zweigen nicht einfach nur der Wind ist, sondern ein gefährliches Raubtier, kann dem Überleben sehr dienen (siehe). Wir sollten nur dann, wenn wir es uns leisten können nüchtern darüber nachzudenken, nicht mehr behaupten, dass wahrscheinlich jedes Geräusch ein Raubtiert ist.

Edit: Grauer Wolf ist mir da wohl zuvorgekommen, aber er darf das hier dann auch direkt als Antwort sehen.

[blacksister´s ghost]

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[CharlotteSchlotter]

@Grauer Wolf : Das stimmt, ob unser Wille so frei ist, wie wir glauben (wollen) ist auch eine interessante Frage. Ich denke nur, dass der freie Wille dem Konzept des Zufalls nicht widersprechen muss. Ich kann mich z.B. entscheiden, zu welchem Konzert ich gehe. Der Zufall lenkt dann, ob ich dort jemanden bestimmtes treffe. Würde ich vom Schicksal ausgehen, so wär an sich schon meine Wahl nicht frei, sondern ich wäre dem gefolgt, was das Schicksal vorgesehen hat. Mal davon abgesehen, dass einige Hirinforscher den freien Willen an sich schon anzweifeln, sehe ich es eher so, dass der Zufall meine Wahlmöglichkeiten bestimmt und manchmal auch arg einschränkt. Er nimmt sie mir aber nicht vollständig aus der Hand. Auch konkrete Enscheidungen, wie die Wahl, wo ich mich bewerbe, ob ich eine Weiterbildung mache um mich beruflich umzuorientieren etc. fände ich schwierig, rein auf einen Zufall zurückzuführen.

[CharlotteSchlotter]

@Fanchen : Aber was wäre es denn dann, was uns so handeln lässt, wie wir handeln, wenn es weder Schicksal noch der freie Wille ist? Irgendein Schaltplan im Gehirn, der uns auf Autopilot fährt, während wir uns einbilden, dass wir das so selber wollen?

@blacksister´s ghost : Ich denke, ich weiß wie du das meinst. Aber kann man den Ansatz von "ein bisschen Schicksal" konsequent so weiterdenken? Denn das würde bedeuten, dass z.B. deine Eltern niemals hätten die Entscheidung treffen können woanders hinzuziehen, denn das Schicksal wollte es ja, dass du mit den Kindern aus dem Kindergarten in der 7. Klasse wieder zusammentriffst und daher nicht in einer beliebigen anderen Schule in der 7. Klasse bist. Wenn du das Schicksal einmal einführst, musst du im Prinzip alle vorangegangen Entscheidungen, die in diese Situation führten, auch dem Schicksal zuschreiben. Und damit bist du schon an dem Puntk, an dem das ganze Leben "geplant" ist.

[blacksister´s ghost]

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[Fanchen]

@Fanchen : Aber was wäre es denn dann, was uns so handeln lässt, wie wir handeln, wenn es weder Schicksal noch der freie Wille ist? Irgendein Schaltplan im Gehirn, der uns auf Autopilot fährt, während wir uns einbilden, dass wir das so selber wollen?

Ich gehe davon aus, ja.
Um das vielleicht etwas klarer darzustellen, kann man das vielleicht mit dem Wetter vergleichen: Das Wetter, da sind wir uns vermutlich einig, hat keinen freien Willen - es ist lediglich die Folge von physikalischen Effekten. Eine Wettervorhersage ist nur begrenzt möglich - über einen Zeitraum vom wenigen Tagen noch mit recht großer Genauigkeit, aber sicher nicht mehr über mehrere Wochen oder länger. Früher waren die Vorhersagen noch deutlich ungenauer. Das Problem ist eben, dass man nicht alle Einflüsse kennt und berechnen kann - wenn man aber im Besitz der vollständigen Informationen wäre, dann könnte man mit Gewissheit sagen, wie das Wetter zu einem bestimmten Zeitpunkt wird.
Ähnlich sehe ich das mit dem "Schaltplan im Gehirn": Unsere Entscheidungen sind auch nur physikalische Effekte, und wie wir uns verhalten ist durch Erfahrungen in der Vergangenheit bestimmt. Wir selbst wissen es nicht unbedingt vorher, und andere wissen es auch nicht - sie könnten es aber wissen, wenn sie ausreichend Informationen über uns hätten (zumindest prinzipiell - vielleicht sind wir dazu technisch einfach nie in der Lage).
Kleine Einschränkung: Quantenmechanische Effekte können zufällig sein und lassen sich nicht vorhersagen. Inwieweit dadurch ein Einfluss auf die Vorhersagbarkeit makroskopischer Effekte auftritt, weiß ich nicht, und ich wäre zur Not auch dazu bereit, die Vorhersagbarkeit aufzugeben. Dadurch würde aber der freie Wille nicht gerettet.

Edit:

Aus irgendeinem Grund, müßen doch Dinge passieren.

Ich würde sagen: Je nachdem, wie das gemeint ist. Du könntest ja deine Mitschüler in der 7. Klasse fragen, wieso sie gerade in die Klasse gekommen sind - dann hast du dafür die Begründung.
Ich gehe aber davon aus, dass du das im Sinne eines "größeren Plans" meinst, und da kann ich nur fragen: Warum denkst du, dass es so etwas geben muss?

[blacksister´s ghost]

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[Fanchen]

Karma würde ja genauso in die Rubrik "Übernatürliches" fallen wie ein "Plan" für uns.
Davon abgesehen ist dein Gefühl ja durchaus nicht selten - ich würde behaupten, dass die meisten ähnliche Wünsche nach "Erklärungen" haben; viele begründen ihre Religiosität oder zumindest Spiritualität allein darauf.
Ich finde das aber eher... unbefriedigend. Wenn du meinst, dass es diesen übernatürlichen Einfluss geben muss, dann würde ich an der Stelle ansetzen und fragen: Warum? Was lässt sich denn nicht ausreichend ohne erklären, woran lässt sich festmachen, dass es das wirklich geben muss?
Man kann das als Dogma sehen, es nicht weiter hinterfragen und sich sein Weltbild darauf aufbauen. Es wäre aber aus meiner Sicht echt schade, wenn man als Grundlage seines Weltbildes eine Annahme nimmt, die man voreilig getroffen hat.

[CharlotteSchlotter]

@Fanchen : Gibt es denn irgendewelche Erkenntnisse, die deine Theorie wahrscheinlicher machen, als von einem tatsächlichen freien Willen auszugehen?
Wenn deine Annahmen stimmen, hätten wir letztendlich keine Grundlage mehr für unser Rechtssystem. Denn wenn ich mich nicht selber dafür entscheide, das Auto meines Nachbarn aufzubrechen, sondern dies nur tue, weil meine Synapsen das wollen, kann ich ja auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden. Und können vergangene Erfahrungen, Traumata etc. wirklich 1:1 in physikalische Prozesse tranformiert bzw. reduziert werden? Aus deiner Annahme ergeben sich auf jeden Fall interessante Implikationen.

@blacksister´s ghost : Von wem sollte denn so eine Art "höherer" Sinn kommen? Da bist du dann ja im religiösen Bereich. Die Frage ist doch auch, ob z.B. die Entwicklung einer Bakterien-Kolonie reiner Zufall ist oder auch Schicksal. Denn eigentlich sind wir nichts anderes, als alle anderen Lebewesen auch, die vor sich hinleben, sich vermehren, sterben. Warum sollte es gerade bei uns einen Sinn geben? Bei dem Ameisenhaufen suchen wir ja auch nicht nach schicksalhaften Entwicklungen.

Mir ist es aber auch zu wenig, unser Leben nur rational zu erklären und auf rein biologische und physikalische Prozesse zu reduzieren. Ich bin auch der Ansicht, dass es vieles gibt, was wir mit unserem Verstand nicht greifen können. Daher wird sich mit dem Verstand wahrscheinlich auch nur schwer ein höherer Sinn erschließen lassen. Daher bleibt vorerst nichts anderes übrig,als den Dingen selber einen Sinn zu geben. Und alleine der Umstand, dass es das Schicksal gibt, ist ja noch kein Sinn an sich

[Pirat von Rhyolith]

Für mich liegt die Wahrscheinlichkeit bei 1:1000000, dass das zufällig passiert.

Ich behaupte jetzt mal Dreist, Du hast gar nicht alle Informationen um die entsprechende Wahrscheinlichkeit tatsächlich realistisch zu berechnen.