Elektronische Musik vom Computer und Live-Auftritte

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Grauer Wolf
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Elektronische Musik vom Computer und Live-Auftritte

Beitrag von Grauer Wolf »

Ausgehend von der meiner Meinung nach eher schwachen Live-Präsentation des in der Studio-Version sehr gut klingenden Stückes »Gutter Glitter« von Switchblade Symphony
Evanahhan hat geschrieben: Montag 20. Dezember 2021, 14:51 Bei elektronischer Musik ist mir ehrlich gesagt egal, ob die gut live musizieren können. Das erwarte ich nur von Musikern mit „echten“ Musikinstrumenten. Da bewundere ich Leute, die ihr Instrument richtig gut beherrschen.
Zunächst mal zum Begriff »echtes« Instrument. Für mich sind auch Computer »echte« Musikinstrumente, die gut oder weniger gut beherrscht werden. Nur fällt mir jetzt auch kein schlauerer Begriff ein, um das auszudrücken, was Evanahhan mit dem Wörtchen »echt« meint.

Im Gegensatz zu einem »echten« Instrument im Evanahhanschen Sinne, können Computer allerdings nicht nur live gespielt werden (siehe z.B. Jordan Rudess), sie können auch über vorprogrammierte Sequenzer gesteuert werden (siehe z.B. Spitfire Audio Abbey Road One Demo) -- und zwar in beiden Fällen mehr oder auch weniger virtuos. Der große Vorteil der Sequenzer ist, daß sie zum Einen mehrere Instrumente gleichzeitig spielen können und jedes einzelne Stimme auf viel komplexere Arten als ein Live-Musiker modulieren können. Zum Anderen kann man mit einem Sequenzer auch ohne langjähriges Üben und ohne großes spieltechnisches Können recht schnell einigermaßen akzeptable Resultate erzielen.

Gerade letzteres hat allerdings auch stark zum schlechten Ruf elektronischer Musik beigetragen und das Vorurteil verbreitet, jeder Depp könne elektronische Musik machen. Echt gute Musik zu machen ist aber auch mit einem Computer ein aufwendiges Geschäft, das viel Können und Virtuosität verlangt. Nicht unbedingt und in jedem Fall dieselbe Art von Virtuosität wie bei einem »echten« Instrument -- man kann die einzelnen MIDI-Events zur Not auch mit Hilfe eines Text-Editors zusammenschreiben. Aber eine simple Abfolge von »Note an« und »Note aus« ist halt zu wenig und klingt nicht sonderlich überzeugend. Hierüber hinaus zu gehen, erfordert jedoch ebenfalls musikalisches Können.

Umgekehrt nun frage ich mich halt, weshalb elektronische Musiker, die zwar mit dem Computer umgehen können, aber kein »echtes« Musikinstrument live spielen können, trotzdem meinen, sie müßten genau dies auf ihren Live-Auftritten machen. Das läuft dann nämlich auch recht schnell auf ein einfaches und wenig virtuos klingendes »Note an« und »Note aus« hinaus. Kraftwerk oder K-Pop zeigen doch, daß es auch anders geht. Bei ersteren stehen beim Live-Auftritt die Computer mit auf der Bühne, bei letzteren kommt die Musik ungeniert vom Band, resp. aus dem Computer hinter der Bühne. Und trotzdem gefallen mir diese Auftritte besser als die irgendwelcher Bands, die auf der Bühne mit ihren »echten« Musikinstrumenten dann nicht annähernd hinbekommen, was sie im Studio auf dem Computer produziert haben.
Man soll Leuten nicht Boshaftigkeit unterstellen,
wenn man ihr Verhalten genau so gut durch Dummheit erklären kann.
(Hanlon's Razor)

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