Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
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Uwi1976
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Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Uwi1976 »

Der überwiegende Teil der schwarzen Szene ist politisch desinteressiert.
Im Grunde genommen finde ich eine neutrale Haltung erstrebenswert, aber nicht im Sinne von "ist mir alles wurscht" sondern dem demokratischen Mittelweg folgend.
Mit extrem linken und rechten Ansichten kann ich nichts anfangen.
Das Problem in Deutschland und auch in Österreich ist mMn, dass eine wirkliche Partei der Mitte fehlt, die nach echten Kompromissen strebt.
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Durante
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Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Durante »

Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Mittwoch 16. November 2022, 11:03 ...nämlich, dass eine Szene, die ehemals sich über Musik und eine bestimmte Optik definierte, auch offen wurde für Menschen, die weder mit dem einen noch mit dem anderen etwas am Hut hatten. Das "Gothic ist, was Du draus machst"-Motto hatte mich als langjährigen Grufti dann doch sehr irritiert - nicht, weil es mir nicht vollkommen bums wäre, was andere Leute tun oder wie sie sich nennen oder was auch immer. Sondern aus vollkommen anderen Gründen. Mit denen ich aber das eigentliche Thema vollkommen sprengen würde.
Für mich hat das ganze inzwischen zwei relevante Facetten. Wenn sich jemand "Gothic" nennt (ich schreib hier mal bewusst nicht Goth/Grufti), dann "erwarte" ich (klingt vermessen ich weiß *lach* ), dass er ENTWEDER sich mit "unserer" Musik und "unserem" Stil identifiziert UND/ODER sich zumindest irgendwie mit morbiden, schwarz-romantischen Themen beschäftigt. Auch letzterem gestehe ich persönlich das Label "Gothic" absolut zu. Wenn jedoch WEDER das eine NOCH das andere der Fall ist (und ich hab durchaus vor 15 Jahren oder so schon mal sog. "Goffiks"/Blutengel-Fans getroffen die mich für "irgendwie komisch" hielten weil ich Friedhöfe mag :lol: )... dann sollte man Begriffe wie Gothic/Goth/Grufti bitteschön NICHT für sich in Anspruch nehmen! ;)
Graphiel hat geschrieben: Mittwoch 16. November 2022, 12:58 Deshalb war es mir auch so wichtig hervorzuheben, dass sich die Gefährlichkeit ausschließlich auf den Punkt der Perfektionierung von Scheinheiligkeit und Heuchelei beziehe, denn darin sehe ich tatsächlich auch ein Gefahrenpotenzial. Ich gebe @Herbstlaubrascheln aber recht, dass es gerade wieder sehr in Richtung allgemeine Politik geht. Daher lasse ich das einfach mal so stehen und stimme dir zumindest in dem Punkt zu, dass Scheinheilichkeit nicht mit der Toleranz von Hetze, Mord usw. gleichzusetzen ist. Wobei da die Grünen auch keine Unschuldslämmer sind. Denn wer Waffen nach Saudi Arabien liefert und damit im Jemen (Einer Demokratie!) Tote in Kauf nimmt ist in meinen Augen jetzt auch nicht so viel besser. ;)
OK, verstehe was du meinst. Ich habe das mit "gefährlichste Partei" halt auf Deutschland bezogen (so hat es diese Wagenknecht imho auch gemeint). Und bez. Waffenlieferungen an Diktaturen wie Saudi-Arabien, Ägypten, ... sind wir uns sowieso einig.
Uwi1976 hat geschrieben: Donnerstag 17. November 2022, 18:06 Der überwiegende Teil der schwarzen Szene ist politisch desinteressiert.
Im Grunde genommen finde ich eine neutrale Haltung erstrebenswert, aber nicht im Sinne von "ist mir alles wurscht" sondern dem demokratischen Mittelweg folgend.
Mit extrem linken und rechten Ansichten kann ich nichts anfangen.
Das Problem in Deutschland und auch in Österreich ist mMn, dass eine wirkliche Partei der Mitte fehlt, die nach echten Kompromissen strebt.
Demokratisch (und friedlich) ist das entscheidende Kriterium!
Demokratisch bedeutet auch nicht automatisch "Mitte" (was eh ein schwammiger Begriff ist), auch Linke und - auch wenn ich es ungern zugebe ;) - sogar Rechts-Konservative können überzeugte Demokraten sein (Linke sollten es sogar wenn sie ihre eigenen Ideale irgendwie ernst nehmen).
Was vielen Menschen heutzutage fehlt - in politischen Dingen meine ich - ist eine gewisse Toleranz und Konsenzfähigkeit bzw. Bereitschaft zu Kompromissen. Auch z.B. zugeben können wenn eine gute Idee mal von der "Gegenseite" kommt. In den Bereichen wo man sich vielleicht mal einig ist konstruktiv zusammenarbeiten zu können etc. ...
Ich z.B. würde mir eher die Hand abhacken als CDU oder FDP zu wählen, aber ich sehe ein dass auch diese Parteien demokratische Parteien sind, dass sie einen legitimen Teil des politischen Spektrums abdecken und ich kann auch zugegeben wenn z.B. - aus meiner Perspektive natürlich! ;) - 1x in 10 Jahren ein FDP-Politiker was vernünftiges sagt/tut (in der Regel ein Justizminister, da ist ein "Liberaler" nämlich ab und an für was gut, z.B. im Kampf gegen ausufernde staatliche Überwachung/Vorratsdatenspeicherung usw.).
Oder um den Politikwissenschaftler und gleichzeitig FDP-Mitglied Dirk van den Boom zu zitieren: "Ich persönlich würde die Linkspartei niemals wählen, ABER ich bin der Meinung dass Deutschland auch eine Linkspartei braucht" - Zitatende -> An so einer Aussage erkennt man meines Erachtens einen echten Demokraten.

@Topic: Wenn ich mir die bisherige Diskussion in diesem Thread so anschaue, deckt sich das im Großen und Ganzen wieder mit meiner eigenen Einschätzung und den Erfahrungen die ich in der Szene über die Jahre so gemacht habe: Die Szene an sich ist unpolitisch, die Szene-Mitglieder selbst sind teilweise unpolitisch und teilweise haben sie eine (mal mehr, mal weniger ausgeprägte) Tendenz nach links, rechts ist eher selten.
„…wir sind die schwarze Speerspitze wider die Apokalypse sinnentleerter Heiterkeit.“ - Christian von Aster
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Uwi1976
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Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Uwi1976 »

Stimmt, der Begriff "demokratische Mitte" ist etwas unglücklich gewählt.
Da es keine echte Partei der Mitte gibt, müssten linke und rechte aufeinander zugehen (statt losgehen, haha) und Kompromisse aushandeln.
Das passiert in meiner Wahrnehmung aber immer seltener, weil beide Seiten in ihren Ansichten festgefahren sind und eine starke Polarisierung betreiben.
Ich möchte mich aber nicht zwangsläufig für eine Seite entscheiden müssen und deshalb wird das ganze Theater irgendwann uninteressant und ich winke nurmehr ab.
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Ipsissimus
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Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Ipsissimus »

Ich denke, eine ganze Szene, und insbesondere so eine breit gefächerte wie die schwarze, kann man nicht einfach so pauschal als politisch oder unpolitisch abstempeln, und noch weniger kann man behaupten, dass die Szene explizit rechts oder links sei. Insbesondere im Gothic sind sich ja viele Leute nicht einmal darüber einig, was Gothic eigentlich ist - wie sollen sie sich dann politisch einig sein?

Wie in jeder Szene ist auch in dieser sowohl das linke als auch das rechte Spektrum mehr oder weniger gänzlich abgedeckt und präsent, auch wenn teilweise nur durch Randgruppen. Gibt es Nazi-Punks? Ja. Gibt es Antifa-Punks? Auch. Gibt es Punks, die mit Politik absolut nix am Hut haben? Ebenfalls. So auch im Goth, im Metal und was es da alles noch so gibt. "Härtere" Musik eignet sich ja auch sehr gut, um extremere Meinungen zu vokalisieren - zumindest ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass jemand im Pop-Bereich über böse, böse Ausländer, den "Zerfall des Volkes" oder sowas in der Art rumheult, NSBM ist aber zum Beispiel in der Black Metal-Szene mittlerweile zu einem richtigen Problem mutiert.

Die Tendenz geht auch meiner Erfahrung nach eher nach links, und natürlich gibt es nicht nur solche Extreme, aber nur so, zur Veranschaulichung. Die politisch extremeren Teile der Szene wollen erfahrungsgemäß auch nicht wirklich was mit dem Rest zu tun haben, dieses Abkapseln gibt es in politisch extremen Umfeldern aber auch außerhalb des Szene-Kontexts.
Soiled

Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Soiled »

Durante hat geschrieben: Mittwoch 16. November 2022, 08:46 Oder anders ausgedrückt: Wenn mir jemals ein Mitglied oder ein Anhänger irgendeiner deutschen Partei nachts an einem Bahnhof betrunken den Schädel einschlägt weil er mich wg. des androgynen Grufti-Looks für eine Zitat "scheiß Schwuchtel" hält, wird das wohl definitiv KEIN Grüner sein. ;)
Haha, ja, mein Gedankengang war auch so in der Richtung. Letztens erst wieder zufällig über eine Schwurbel-Demo mit eindeutig rechten Rednern gestolpert, und da liefen vier sportliche (*husthust*) junge Männer mit akkuraten Haarschnitten und zusammengerollten Fahnen an Stöcken an mir vorbei, und mir ist kurz das Herz in die Hose gerutscht. Kenn die von (Gegen)Demos. Unangenehm. Sehr unangenehm. Ziemlich sicher wählen die nicht grün.

Links find ich die Grünen eh nicht. Müssen sie ja auch nicht sein und haben das auch nie von sich behauptet, oder? Andererseits: Ich find ja nicht mal die KPÖ besonders links. Die machen grundsolide Lokalpolitik, in Graz (immerhin die zweitgrößte Stadt in Ö nach Wien) stellen sie sogar die Bürgermeisterin, alles sehr bieder und familienfreundlich und wenig revolutionär. Viel Stadtplanung und sowas, dafür viel zu wenig Polizeireform. Also, als Beispiel.
Ipsissimus hat geschrieben: Freitag 18. November 2022, 11:19 zumindest ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass jemand im Pop-Bereich über böse, böse Ausländer, den "Zerfall des Volkes" oder sowas in der Art rumheult
Neofolk ist oft sogar noch sanfter und platter als Pop und bewegt sich gern in neurechten Gefilden. "Untergang des Abendlandes" ist da eins der Hauptthemen. Meinjanur.
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Ipsissimus
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Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Ipsissimus »

Oh, gut zu wissen. Mit Neofolk habe ich bisher noch keine Erfahrungen gemacht, einfach deswegen, weil mich weder der Industrial- noch der Folk-Teil anspricht. Wird wohl auch so bleiben.
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Uwi1976
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Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Uwi1976 »

Was sind denn Nazi-Punks? :lol:
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Soiled

Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Soiled »

Na ja, ein wichtiger Aspekt von Punk ist halt Provokation, und mit Nazi-Zeug kann man gut provozieren. Aber wie sagt man so schön: Man kann nicht ständig mit Scheiße spielen ohne dass man selber ein wenig braun wird.

Wirklich über die gestolpert bin ich aber bis jetzt eher sehr selten.
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neverunsee
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Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von neverunsee »

Okay, dann provozier ich jetzt auch mal! :D

Ich finde (leider) immer wieder, dass die politische Orientierung weniger wichtig ist, als das Maß an Radikalität. Gerade in den extremen Randbereichen findet sich immer wieder der exakt selbe Typ Mensch - nur dass der eine in die eine Richtung sozialisiert/radikalisiert wurde, und der andere in die andere Richtung. Wenn der einzige Unterschied ist, ob auf dem Spruchband "Nazi" oder "Ausländer" steht, dann gibt es nicht wirklich einen Unterschied. Ich halte es daher wie folgt: ich bin gegen Extremismus, egal aus welcher Richtung. Extremismus ist immer menschenfeindlich. Und jetzt streitet Euch darüber! :D
Soiled

Re: Ist die Schwarze Szene politisch orientiert?

Beitrag von Soiled »

Antifaschismus und rechten Menschenhass gleichzusetzen ist ein - mit Verlaub - derartig ausgelutschter, billiger Take, dass man dafür doch bestenfalls nur noch ausgelacht wird. Auf diesem Niveau diskutiert doch wohl hoffentlich kein Mensch, der auch nur einen Hauch politisches Verständnis hat. :lol: Ich geh da deswegen auch gar nicht weiter drauf ein warum das vollkommen falsch ist.
Spätestens seit dem El Paso Shooting und Trumps Reaktion darauf (die Gleichsetzung von White Supremacy und Antifa) ist das Thema doch sowieso fertig, oder? Klar, man kann natürlich versuchen, Leute dadurch provozieren, dass man die gleichen (alten) Positionen wie Trump vertritt. Aber da nimmt einen halt keiner so wirklich ernst.