Ceridwen1990 hat geschrieben: ↑Sonntag 6. Dezember 2020, 15:12
Z. B. was unterscheidet die westlichen Kultur von der asiatischen Kultur?
Ufffff. Du hast hier gerade mehr als die Hälfte der Menschheit in einen Topf geworfen - das ist natürlich ein hervorragendes Beispiel für den sehr dominanten Eurozentrismus, aber vermutlich nicht beabsichtlicht.
Es gibt keine "asiatische Kultur". Was soll das überhaupt sein? Die Kultur von mongolischen Hirten, die Kultur von balinesischen Bauern, die Kultur von indischen Wanderarbeitern, die Kultur von iranischen Büroangestellten?
Ich mag auch den Ausdruck "westliche Kultur" nicht besonders, weil Geographie in einer globalisierten Welt keine so große Rolle mehr spielt. Ich kenne genug Nicht-Deutsche, mit denen ich mehr gemein habe als mit vielen, vielen Deutschen. Ich würde durchaus soweit gehen zu behaupten, dass es nicht einmal eine autochthone, historisch konsistente "deutsche Kultur" gibt; das ist nur eine Propagandalüge aus dem 19. Jahrhundert, um aus der Vielfalt der Kleinstaaten so etwas wie einen Nationalstaat zu formen. Kann ich bei Gelegenheit auch gern argumentativ untermauern, allerdings ist das hier gerade nicht das Thema.
Ich muss allerdings auch sagen, dass ich immer mehr das Gefühl habe, das viele einfach nur ab kopieren was sie sehen und hören, anstatt sich selbst Gedanken darüber zu machen.
Ich würde das genaue Gegenteil behaupten: Viele scheinen unter chronischer Selbstüberschätzung zu leiden und glauben, selber schlauer zu sein als Experten. Da hast Du dann die ganzen "Querdenker".
Wobei die "Querdenker" natürlich selber auch nur kopieren, sei's den Wodarg oder den Homburg oder den Poschardt oder den Tichy, insofern stimme ich Dir natürlich zu.
Prinzipiell spricht ja auch nicht das geringste dagegen, die Meinungen von anderen Leuten zu übernehmen - wer von uns kann denn behaupten, wirklich und wahrhaftig ein Experte auf einem Gebiet (oder gar allen Gebieten) zu sein? Traust Du Dir etwa zu, qualifizierte Aussagen über Hydrogeologie oder Proteinchemie oder Paläontologie oder Kulturpolitik zu machen? Also, ich nicht. Und deswegen höre ich den großartigen, irre gescheiten Leuten zu, die ich kenne. Und wenn sich neue Fakten ergeben sind die sowieso die ersten, die ihre Meinung bereitwillig ändern - sonst wären sie ja auch nicht großartig oder irre gescheit, nech?
Wird in meinem Studiengang Philosophie/Werte und Normen leider immer wieder sehr deutlich.... Sapere Aude ist eben out.
Naja, im Prinzip "kopierst" Du ja grade Kant, um Dich drüber zu beschweren, dass Leute zu viel kopieren - das enbehrt schon nicht einer gewissen Ironie, illustriert aber sehr schön meine Feststellung, dass es nicht verdammenswürdig ist, einfach die Aussagen anderer zu übernehmen.
Finde es übrigens auch sehr geil, wie meine "Eitelkeit"-These bestätigt wird. Darüber zu schimpfen, wie doof andere Leute doch seien, ist eine ganz spezielle Form der intellektuellen Eitelkeit.