Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
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Durante
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Durante »

Phönix75 hat geschrieben: Dienstag 4. Oktober 2022, 22:48Ich fände es so wunderbar entspannt, wenn man die Userin Soiled einfach ignoriert und das rechthaberische Gesabbel einfach ausblendet. Das täte, glaube ich... Nein! Ich bin davon überzeugt... allen Beteiligten gut.
Oh, ihr beide hattet wohl schon den einen oder anderen Disput miteinander ;) , aber ich bin erst ein paar Tage hier und so schnell landet niemand auf meiner persönlichen Ignore-Liste (außerdem bin ich ja auch grundsätzlich hier um mich mit anderen auszutauschen).
Soiled hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 11:47Nur weil man selber eine gängige Bezeichnung für andere(!) nicht als abwertend empfindet heißt das doch noch lange nicht, dass die, die damit bezeichnet werden, ihn toll finden. Dachte eigentlich, dass das spätestens seit der N-Wort-Diskussion jedem klar geworden wäre (wobei "Stino" da im Vergleich natürlich viel harmloser ist, wegen nicht vorhandener diskriminierender Strukturen).
Trotz der Einschränkung die du selbst bez. des N-Worts schon gemacht hast (und dann zus. auch noch Antisemitismus OMG) - Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. ;)
Nicht nur dass man als "Stino" (logischerweise) keine Diskriminierung erfährt, umgekehrt hat so ziemlich jeder langjährige Grufti schon verbale oder körperliche Gewalt durch "Stinos" oder halt "Nicht-Gruftis" erfahren. Und letztendlich ist das auch eine völlig akademische Diskussion weil "Stino" eben wie Herbstlaubrascheln gesagt hat ein Szene-INTERNER Begriff für Außenstehende ist... und den Leuten da draußen ist es völlig egal wie sie von Mitgliedern einer schrumpfenden Subkultur (anders formuliert "von so einer Hand voll komischer Gruftis...") genannt werden, wenn diese unter sich sind. Wer das anders sieht überschätzt imho die Bedeutung unserer kleinen Szene in der Gesellschaft massiv. Ich könnte mir den Begriff jetzt theoretisch abgewöhnen, aber es würde halt niemanden (außer dir) interessieren. Es steht dir natürlich frei dich an dem Begriff weiter abzuarbeiten (hoffentlich dann ohne geschmacklose Vergleiche zu Rassismus & Antisemitismus die wirklich ein gesellschaftliches Problem sind), aber ich würde mir an deiner Stelle doch lohnendere Kämpfe suchen. ;)

(Allgemeine Anmerkung weil das hier gerade ein gutes Beispiel ist: Dieses "Eskalieren" selbst von Kleinigkeiten und dieses "aus Prinzip!!!!!" (auch wenn es wie hier üüüüüberhaupt nicht notwendig oder sinnvoll ist) ist heutzutage eines der Hauptprobleme von uns Linken. Dadurch verlieren wir viele potentielle Sympathien, wirken auf eher unpolitische Mitmenschen häufig wie Spinner/Fanatiker mit Stock im Arsch und schaden unseren wirklich wichtigen Zielen (wie eben dem Kampf gegen Rassismus/Sexismus/Antisemitismus z.B.) am Ende NACHHALTIG(!)... das ist wie wenn Menschen die eigentlich das Klima retten wollen plötzlich wochenlang über Frisuren (FFF & Dreadlocks) diskutieren. Frustriert mich inzwischen irgendwie und nimmt mir allmählich jede Lust mich noch politisch zu engagieren. Es geht zu vielen (in allen Lagern) nur noch ums "Recht haben" (egal ob ihnen das wirklich bewusst ist oder nicht) und nicht mehr darum tatsächlich irgendwas zum Besseren zu verändern (natürlich sind nicht alle so aber gerade die bestimmen oft den öffentlichen Diskurs). "Twitter-Aktivismus" halt.)
Soiled hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 11:47weil in unserer über-individualisierten Welt "normal" fast ein Schimpfwort geworden ist
Das mag in deiner persönlichen Bubble so sein (wäre wenn ich meine Freunde/Bekannten frage vermutlich ähnlich), aber generalisieren kann man das imho nicht. "Nicht normal" oder "nicht ganz normal" ist im Allgemeinen nach wie vor def. abwertend.
Soiled hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 11:47Ansonsten ist sowohl Alter als auch das politische Spektrum der Szene weit gefächert, drum entzieht sie sich verallgemeinernden Aussagen. Ich kenn da waschechte Linksextreme. Ich kenn aber auch waschechte Neue Rechte. Glaub eh, dass die Szene anfällig für letzteres ist (so wie das Kleinbürgertum generell dafür anfällig ist), weil die ihren Menschenhass hinter einer pseudo-intellektuellen, sauberen Fassade und Manieren verstecken. Genre-abhängig ist es noch dazu: Die Neofolk-Fraktion ist viel, viel rechter als die Postpunk-Fraktion, zum Beispiel.
Diese Anfälligkeit für rechten Unsinn sehe ich heute nicht mehr so stark wie in den 2000ern (wo es viel mehr "reine Modegruftis" gab), glücklicherweise. Auch ist die geschrumpfte (und älter gewordene) Szene denke ich nicht mehr so attraktiv für die gezielte Unterwanderung durch braune Rattenfänger wie es früher mal der Fall war ("Projekt Dark Wave" hat das die NPD damals tatsächlich genannt). Und die meisten Goths die ich über die Jahre kennengelernt habe haben sich selbst als unpolitisch, links oder "eher links" bezeichnet. Dem gegenüber stehen dann eher einzelne fragwürdige Bands die leider manche mit der Szene als solche verwechseln. Aber das ist jetzt natürlich MEIN Eindruck über die Jahre, ich hab keine repräsentativen Umfragen durchgeführt.
Außerdem kann man Menschen schon auch pauschal hassen (die Spezies an sich, von einzelnen Individuen natürlich abgesehen), das muss nichts mit Hautfarben/Geschlechtern/Geschlechtsidentitäten/Sexuellen Orientierungen/Religionen/... zu tun haben! :lol:
Gibt viele Goths die sich (ernsthaft oder auch nur halb im Scherz) als Misantroph bezeichnen, und ich kanns verstehen. ;)
Soiled hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 11:47Schon länger her, oder? Inzwischen boykottiere ich die. Eigentlich schad, musikalisch find ich sie ja durchaus charmant, aber sie sind voll in die Q-Anon-Richtung abgekippt. Sieht man total an ihrem letzten Album. Da heißt z.B. ein Lied vollkommen unironisch "The Great Reset". Brrrrr.
Ja, war vor Corona/2020. Und der Songtitel wirkt wirklich befremdlich (noch nie gehört, ich sollte wohl die Neuerscheinungen wieder genauer verfolgen). Ich kann verstehen wenn Musiker von Lockdowns usw. frustriert waren (und unser Staat hat für die Kulturbranche VIEL zu wenig getan, auch im Vergleich z.B. zu Fluggesellschaften etc.!!), aber dahinter die große supergeheime Weltverschwörung zu wittern ist ein anderes Kaliber. Ich werd mir die Texte des ganzen Albums mal näher ansehen - Vorher bild ich mir kein Urteil, aber WENN ich zu dem selben Schluss kommen SOLLTE wie du würde Clan of Xymox bei mir auch aus den Playlists fliegen. Ironisch ist ja dass die Q-Anon-Verschwörungspinner u.a. "Satanisten" hinter der großen gefährlichen Weltverschwörung sehen... wäre bizarr wenn jetzt ausgerechnet ne alte Goth-Ikone (die auf der Straße garantiert auch oft genug als Satanist beschimpft wurde, wie ich auch) diesem kruden Weltbild verfallen wäre. :shock:
Soiled hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 11:47Die offensichtlichen find ich ja wenigstens noch ... na ja ... offensichtlich. Die stehen immerhin dazu und sind leicht zu identifizieren.
Stimmt natürlich irgendwie. Aber von den anderen konnte ich hier auch schlecht berichten oder? ;)
("Hey, ich habe auf nem Festival eventuell möglicherweise vermeintliche Vielleicht-Faschos gesehen... glaub ich..."? :lol: )
Graphiel hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 12:21Es gibt dazu schon ein paar durchaus "nette" Geschichten. Bei einer ist Peter Hook von Joy Division mal wutentbrannt ins Publikum gesprungen und hat eine Schlägerei angefangen, weil ihm Irgend ein Ochse bei einem Konzert von Joy Division in den offenen Mund gerotzt hatte. (Quelle: Joy Division Biografie von Jon Savage) Das selbe passierte übrigens auch mal bei einem Bauhauskonzert, als es Peter Murphy erwischte.
Ja, die Post-Punk-Szene der 80er war sicherlich noch "etwas" anders als die spätere "friedlich-introvertierte Grufti-Szene", das geb ich unumwunden zu... :D
Graphiel hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 12:21Allerdings...

Wenn ich mir den aktuellen Beitrag auf Spontis durchlese, dann bekommt bei mir diese lieb gewonnene Illusion von der familiären und friedliebenden Szene wieder einige Risse. K.O. Tropfen bei eigentlich schon eher undergroundigen, schwarzen Veranstaltungen wie dem Gothic-Pogo Festival... Ich kann es immer noch nicht fassen.
Geht mir wie schon geschrieben ähnlich. Erkenntnis mag im Allgemeinen erstrebenswert sein, aber hier ist sie schon sehr bitter. :(
(Auch wenn der Kontext jetzt gerade ein bedrückender ist... wusst ich doch dass ich deinen Nickname schon irgendwoher kenne!)
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Herbstlaubrascheln
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Soiled hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 11:47 Nur weil man selber eine gängige Bezeichnung für andere(!) nicht als abwertend empfindet heißt das doch noch lange nicht, dass die, die damit bezeichnet werden, ihn toll finden.
Nö, heißt es nicht. Ich nenne ja auch nicht "andere" so, im Sinne von, dass ich auf die zugehe und die mit eben diesem Wort anrede. Wieso sollte ich sowas auch machen? Und wo hatte ich das erwähnt? Wie ich schon erläutert hatte, ist das Wort in meinen Augen schlicht und einfach ein ganz traditioneller Szene-Jargon. Sprich, mit jemanden, der überhaupt keinen Bezug dazu hat, würde ich das Wort doch logischerweise auch gar nicht benutzen. Ich bin auch noch nie drauf gekommen, jemanden zu fragen "Du, sag`mal, wie findest Du es denn, dass Dich alte Grufties als Stinos bezeichnen, wenn sie über Dich reden?" :roll: Juckt höchstwahrscheinlich eh` keine Sau, aber ich lass`es einfach mal so stehen. Wie gesagt, meine Meinung und meine Erfahrungen sind ja nicht allgemein gültig.

Und: Stino meine ich keineswegs abwertend, sicherlich bezeichne ich damit nichts anderes als schlicht und einfach nur "Nicht-Gruftis" und schon gar nicht drücke ich jemandem damit einen "Sauf - und Prollstempel" auf; bei dem "stink" meine ich keinen Körpergeruch und generell bin ich kein Mensch, der andere Menschen in irgendeiner Art und Weise abwertet. Dass man hier bestimmte Dinge zum Thema macht (die ich gerade nicht einmal ausschreiben mag, weil es einfach so falsch ist), tatsächlich aus der Diskussion um mein verwendetes Wort in meinem Beitrag, finde ich doch recht bäh - allerdings nicht, weil ich (!) mich (!) hier gerade sehr abgewertet fühle, sondern weil der Vergleich allein einfach nur respektlos ist. All zu respektlosen Kram lasse ich einfach außen vor; ich denke, ein Großteil der Leute weiß, was ich hatte sagen wollen. Alles andere ist vollkommen an den Haaren herbei gezogener Schmarrn. Sorry.

Schade, dass ich man das tatsächlich erläutern muss *lacht* - Aber nun gut. Was auch nicht vergessen werden darf: In der Grufti-Szene scheint man sich solche Bezeichnungen nicht sonderlich schwer zu Herzen zu nehmen - bedenkt man, woher eben "Grufti" kommt und nicht wenige sich selbst so bezeichnen, wobei das von außen durchaus ebenso wenig "nett" gemeint war. Joa. Aber für solche Diskussionen bin ich anscheinend nicht kleinkariert genug.

Und warum das "weißen" in Klammern vor "mittlerem Bürgertum"!? :? Wie kommt man eigentlich darauf, dass sich Menschen in der Szene denn für so besonders halten? Ich denke, es sind und waren schon immer ganz andere Dinge, die einen irgendwann in die Szene gezogen haben. Und warum müssen durchgeknallte Lebensläufe unbedingt beeindruckender sein als ein Mensch, der gerne Serien auf Netflix ansieht? ;) Fragen über Fragen.

Generell bin ich hier sehr bei Durante - "nicht-normal" ist, auch in der heutigen Gesellschaft, noch immer abwertend gemeint; fand ich auch einen nicht unwichtigen Punkt, den ich hier noch einmal aufgreifen wollte.

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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Durante »

Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 21:25Was auch nicht vergessen werden darf: In der Grufti-Szene scheint man sich solche Bezeichnungen nicht sonderlich schwer zu Herzen zu nehmen - bedenkt man, woher eben "Grufti" kommt und nicht wenige sich selbst so bezeichnen, wobei das von außen durchaus ebenso wenig "nett" gemeint war.
Guter Punkt... *Schmunzel*
Ist - in dieser einen Hinsicht bzw. rein sprachlich - ähnlich dem Begriff "schwul", der war ja auch erst Beleidigung und wurd dann trotzig von den Betroffenen als Selbstbezeichnung übernommen.

@Soiled: Apropos, für manchen homosexuellen Mitmenschen bin ich als Hetero-Mann ja z.B. Zitat "eine Hete" (man beachte hier den 'Genus')... sollte ich mich davon jetzt analog dazu auch irgendwie beleidigt fühlen? Tu ich nicht. Und "Hete" wie "Stino" hat sich in der jeweiligen Community garantiert primär etabliert weil es halt schön kurz ist (verglichen mit "Heterosexueller" oder "Nicht-Szene-Angehöriger" - so ziemlich NIEMAND außerhalb eines Hörsaals spricht so, daran wirst du auch nichts ändern können ;) ).
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Archy »

Also ich muß sagen, ich bin schockiert über den Link, den Graphiel gesetzt hat.
Persönlich rechne ich ja immer mit dem schlimmsten, aber dass man das tatsächlich in unserer Szene muß, hätte ich so nie gedacht. Irgendwie seh ich mich leider in meinen Bedenken bestärkt und das gefällt mir nicht.

Was ich noch zu diesen "Stino" / " Normalo" Bezeichnungen beisteuern kann...als junges Mädel hatte ich einen Stinokumpel, der plötzlich Feuer und Flamme für mich war - warum er das als erstes meiner Freundin sagen tat keine Ahnung, aber die muß ihm gesagt haben, dass ich keine Normalos will. Ihr glaubt nicht was diese Bezeichnung für einen Stein ins rollen brachte. Er bekam das total in den falschen Hals, als wäre er mir zu einfach und ich wölle etwas besseres. Zumindest hat das zu einem riesen Krach zwischen uns geführt gehabt und zu einem Bruch unseres guten Verhältnisses.
Persönlich finde ich sie auch nicht verwerflich, aber wahrscheinlich weil ich weiß, dass ich es nicht abwertend meine, sondern eben innerhalb der Szene Bezeichnungen sind, um einen Nichtszene-Menschen zu beschreiben. Wie man jemanden als "blond" kleine bezeichnen würde, wenn man jemanden meint...
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Fanchen »

Durante hat geschrieben: Mittwoch 5. Oktober 2022, 22:26für manchen homosexuellen Mitmenschen bin ich als Hetero-Mann ja z.B. Zitat "eine Hete" (man beachte hier den 'Genus')... sollte ich mich davon jetzt analog dazu auch irgendwie beleidigt fühlen? Tu ich nicht. Und "Hete" wie "Stino" hat sich in der jeweiligen Community garantiert primär etabliert weil es halt schön kurz ist (verglichen mit "Heterosexueller" oder "Nicht-Szene-Angehöriger" [...]).
Dass bei "eine Hete" eine gewisse Herabwürdigung mitschwingt, würde ich allerdings auch sagen. Und ganz an dem kurzen Wort wirds wohl auch nicht liegen — "hetero" wäre doch völlig okay und auch nicht länger? Wenn man sich etwas besser kennt, kann ich ja verstehen, dass man untereinander solche Begriffe benutzen könnte. Aber bei Fremden doch wohl kaum?

Der Vergleich mit "Stino" ist da vielleicht wirklich nicht so weit hergeholt. Mir scheint, dass beide Begriffe ein Gefühl des wir gegen die erzeugen, und auch wenn da keine Beleidigung beabsichtigt ist (was ich bei "Stino" noch glauben kann, bei "Hete" fällts mir schwer), wird eigentlich impliziert, dass wir besser sind.

Naja. Zum Thema, ob wir ( ;) ) friedlicher sind: Ich glaube nicht. Klar, man hört häufig, dass es auf entsprechenden Veranstaltungen angenehmer zugeht. Aber das funktioniert eben auch bei anderen Subkulturen, bei anderen Musikrichtungen: Ich glaube eher, dass es an einem größeren Wir-Gefühl liegt, das beim M'era beispielsweise eher aufkommt als auf dem Rock am Ring. Bei letzterem ist ja eigentlich wieder für fast jeden was dabei, da sind einfach nur viele Menschen — und nicht viele Menschen wie ich.
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Herbstlaubrascheln
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

@Fanchen
Ich sehe das nicht so "hart" wie Du. Ich denke, dieses "Abgrenzen" hat nichts damit zu tun, dass sich eine Gruppierung als etwas "besseres" sieht und mit solchen Bezeichnungen auf andere herab blickt oder ein "WIr gegen DIE" ins Spiel bringen möchte. Es ist doch eher so, dass man damit eher ausdrückt, dass "die" halt eher uninteressant sind *lacht* Weil sie sich halt außerhalb der eigenen Schiene bewegen. Deswegen sind die noch lange nicht "schlechter". Wenn man sich das auch mal auf der Zunge zergehen lässt und wirklich vollkommen menschlich und ohne erhobenen Moral-Zeigefinger drüber nachdenkt, wird das auch schnell klar. Ich bin ein sehr friedlicher Mensch und es ist mir vollkommen bums, aus welcher Ecke jemand kommt oder Homo oder Hete oder Grufti oder Stino ist. In meinem normalen Alltag, außerhalb von Szene-Jargon, benutze ich die erwähnten Wörter auch gar nicht - weils sowieso kein Schwein verstehen würde. Geschweige denn, weils niemanden auch nur ansatzweise jucken würde. *schulternzuck*
Ansonsten denke ich auch nicht unbedingt, dass "Fremde" mit "Hete" angesprochen werden, sondern dass es eher darum geht, dass sie eben untereinander so bezeichnet werden. Wie bei Stinos halt auch. In der Thematik stecke ich natürlich nicht so sehr drin, man darf mich da gern korrigieren, wenn ich falsch liege.

Und: Tatsächlich habe ICH dieses "WIR sind friedlicher" niemals in den Mund genommen *lacht* Ich bin weit weg von dieser "Die Szene ist eine große Familie" - Gelaber. Das ist sie nämlich mal so gar nicht. Es gibt genügend Schwarze, mit denen ich nicht das kleinste bisschen gemeinsam habe, deren Äußerungen ich vollkommen daneben finde; es gibt durchaus auch politische Gesinnungen, die bei mir anecken, es gibt Dinge, mit denen oftmals etwas gespielt wird, mit denen ich mich kein bisschen identifizieren kann. Und so weiter und so fort. Deswegen gibt es in meinem Kopf dieses "Wir" gegen "Euch" auch überhaupt nicht. Es gibt hier und dort Menschen, die mir auf den Pegel gehen. Musik an sich macht mir auch kein "WIr" Gefühl, denn dafür ist die Musik der Szene zu vielschichtig; und die Leute, die zB auf Festivals herum laufen, sind auch ganz oft vollkommen unterschiedlichen Strömungen zuzuordnen. Denen man das auch ganz deutlich ansieht, beispielsweise. Für alle, die innerhalb der Szene eben diese Friedfertigkeit nicht sonderlich beeindruckend finden - probiert es einfach mal, das Ganze in einer (ich sage das nun ganz bewusst so *lacht* "Nicht-Szene-Veranstaltung" so zu machen, haltet Euch dort ein paar Stunden auf und wartet, was passiert. ;) Und ich denke, es dürfte klar sein, dass ich damit nun ein bestuhltes Klassik-Konzert meine. Aber zur Sicherheit erwähne ich das noch einmal.

Wenn ich nun also schon einmal dieses Thema ankratze: Nicht wenige, vorallem ältere (wie ich, höhö ;)) Schwarze haben durchaus schon Erfahrungen gemacht, dass "Nicht-Szene-Angehörige" mit ihnen nicht immer zimperlich umgegangen sind. Heute ist das alles ein wenig ruhiger geworden; in meiner Jugend mitten aufm Land (keinerlei Beleidigungen, Ausgrenzungen, Abwertungen usw. gegen Landmenschen - ich bin ja selbst einer; nur zur Sicherheit, um nicht noch ein weiteres Fass auf zu machen) waren da nicht selten auch Dinge jenseits von Pöbeleien und Beleidigungen im Spiel, sondern durchaus auch mal körperliche Gewalt. Durch solche Dinge hat man wahrscheinlich auch eine bestimmte "Abgrenzung" entwickelt. Ob man das den Leuten wirklich "vorwerfen" kann....hm, weiß nicht.
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Durante »

Fanchen hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 07:39Der Vergleich mit "Stino" ist da vielleicht wirklich nicht so weit hergeholt. Mir scheint, dass beide Begriffe ein Gefühl des wir gegen die erzeugen
Hm, da mag durchaus was dran sein. Wenn man bedenkt dass wir hier über "Randgruppen" sprechen die sich in der Vergangenheit schon einiges gefallen lassen mussten von den vermeintlich(!) "normalen" (bewusst in Anführungszeichen), wäre das psychologisch ja auch irgendwie eine nachvollziehbare Reaktion finde ich...
(Und nein, ich will die Anfeindungen die man als Grufti so erlebt hat nicht mit dem gleichsetzen was Homosexuellen in der Vergangenheit teilweise an Grausamkeiten angetan wurde, keine Sorge.)
Und ein "wir gegen die"-Gefühl KANN natürlich schon problematisch sein... wenn es von der Mehrheit (der Gruppe mit "Macht" quasi) ausgeht, ODER von einer gewaltbereiten Gruppe.
Aber selbst ein "wir gegen die"-Gefühl führt unter Gruftis (oder Homosexuellen um den Vergleich beizubehalten) halt nicht wirklich zu negativen Konsequenzen irgendeiner Art (zumindest fallen mir keine ein). Ich denke vielmehr dass das völlig normale psychologische Abgrenzungsmechanismen sind, eine Form von Selbstschutz und -bestätigung. Und zumindest hier, im konkreten Fall, harmlos für den Rest der Welt.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 08:07Es gibt genügend Schwarze, mit denen ich nicht das kleinste bisschen gemeinsam habe, deren Äußerungen ich vollkommen daneben finde; es gibt durchaus auch politische Gesinnungen, die bei mir anecken, es gibt Dinge, mit denen oftmals etwas gespielt wird, mit denen ich mich kein bisschen identifizieren kann. Und so weiter und so fort. Deswegen gibt es in meinem Kopf dieses "Wir" gegen "Euch" auch überhaupt nicht. Es gibt hier und dort Menschen, die mir auf den Pegel gehen. Musik an sich macht mir auch kein "WIr" Gefühl, denn dafür ist die Musik der Szene zu vielschichtig; und die Leute, die zB auf Festivals herum laufen, sind auch ganz oft vollkommen unterschiedlichen Strömungen zuzuordnen. Denen man das auch ganz deutlich ansieht, beispielsweise.
Verstehe (leider) sehr gut was du meinst... Aber: Es Kommt immer auch auf die Größe des Events an finde ich, wenn ich in einem kleinen alternativen Club auf einem Lebanon Hanover-Konzert bin habe ich ein deutlich stärkeres Wir-Gefühl als beispielsweise auf dem Mera Lunua. Auf dem Mera wiederum ist es zwar schwach aber auch noch vorhanden (übers Mera zu laufen fühlt sich also jetzt nicht so an als würde ich z.B. "durch die Fußgängerzone laufen" ;) ), ich weiß halt instinktiv dass mich auf dem Mera niemand z.B. wg. toupierter Haare, geschminkter Augen oder dgl. blöd anmachen wird, selbst wenn er ein neonfarbener Cyber oder was auch immer ist - Allein sowas erzeugt schon ein bisschen(!) "Wir"-Gefühl bei mir... weil man Pöbeleien über die Jahre halt so gewohnt ist dass schon das verlässliche(!) Ausbleiben derselben einfach etwas besonderes/angenehmes ist.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 08:07Wenn ich nun also schon einmal dieses Thema ankratze: Nicht wenige, vorallem ältere (wie ich, höhö ;)) Schwarze haben durchaus schon Erfahrungen gemacht, dass "Nicht-Szene-Angehörige" mit ihnen nicht immer zimperlich umgegangen sind.
Ich bestreite hiermit zwar jetzt einfach mal offiziell dass du & ich schon "alt" sind :D ... aber ja, das war leider so (heute glücklicherweise seltener aber auch nicht ausgeschlossen). :(
Gab verschiedene Grüppchen bei denen man als Grufti erfahrungsgemäß einfach vorsichtig sein musste (die "Dorfjugend", Nazis natürlich, später dann auch die Hopper/"Möchtegern-Gangster"-Fraktion).
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Graphiel »

Durante hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 08:38 Und ein "wir gegen die"-Gefühl KANN natürlich schon problematisch sein... wenn es von der Mehrheit (der Gruppe mit "Macht" quasi) ausgeht, ODER von einer gewaltbereiten Gruppe.
Aber selbst ein "wir gegen die"-Gefühl führt unter Gruftis (oder Homosexuellen um den Vergleich beizubehalten) halt nicht wirklich zu negativen Konsequenzen irgendeiner Art (zumindest fallen mir keine ein). Ich denke vielmehr dass das völlig normale psychologische Abgrenzungsmechanismen sind, eine Form von Selbstschutz und -bestätigung. Und zumindest hier, im konkreten Fall, harmlos für den Rest der Welt.
Ich finde das ist ein guter und wichtiger Punkt, den man so ja teilweise auch innerhalb der schwarzen Szene beobachten kann. Spontan würde mir da etwa die Abgrenzung zu unseren Kollegen, den Cyberglühwürmchen (eigentlich doch auch so ein Wort^^), oder von mir aus auch zur Fraktion viktorianische Gewänder einfallen. Auch hier sehe ich den Abgrenzungsreflex der "normalen" Gruftis, der vielen (mich eingeschlossen) überkommt, mehr als eine Art Selbstschutz/Bestätigung, als eine wirkliche und daher ernst zu nehmende Anfeindung. Man möchte halt unter sich bleiben und verdeutlicht das mit Begriffen die eine Abgrenzung zum Ausdruck bringen soll. Von daher finde ich, kann und sollte man da auch immer ein wenig die Kirche im Dorf lassen und nicht mehr in dieses "wir gegen die"-Gefühl interpretieren, als wirklich vorhanden ist. Für mich zählt darunter dann tatsächlich auch der Begriff Sino, der für mich nicht negativer aufgeladen ist wie das Wort "Glühwürmchen" als Bezeichnung für Leutchens der Cyberfraktion. Es entstehen daraus ja keine wirklich negativen Konsequenzen. Ich selbst verwende das Wort "Stino" aber auch nur sehr selten im Alltag und wenn dann noch am ehesten im kollegialen, humoristischen Sinne.
Durante hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 08:38 ... aber ja, das war leider so (heute glücklicherweise seltener aber auch nicht ausgeschlossen). :(
Gab verschiedene Grüppchen bei denen man als Grufti erfahrungsgemäß einfach vorsichtig sein musste (die "Dorfjugend", Nazis natürlich, später dann auch die Hopper/"Möchtegern-Gangster"-Fraktion).
Das kann ich so durchaus bestätigen. Richtige Angriffe, so wie ich sie aus den Erzählungen von noch älteren Schwarzkitteln kennen lernte habe ich selbst zum Glück nicht mehr miterleben müssen. Aber selbst in meinen späteren Jugendjahren gab es noch Gruppen bei denen man vorsichtiger sein musste. Besonders wenn man an typischen Diskothekenabenden allein unterwegs war, war es ratsam denen aus dem Weg zu gehen. Nazis bin ich dabei zwar nicht über den Weg gelaufen, wohl aber (oft stark angetrunkenen) Stino-Jugendlichen, die in der Disko drei Straßen weiter auf Party gingen. Da ich für gewöhnlich mit meinem damaligen Grüppchen unterwegs war ist da aber zum Glück nie viel passiert, außer ein paar Pöbeleien.
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Durante »

Graphiel hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 09:41Ich finde das ist ein guter und wichtiger Punkt, den man so ja teilweise auch innerhalb der schwarzen Szene beobachten kann. Spontan würde mir da etwa die Abgrenzung zu unseren Kollegen, den Cyberglühwürmchen (eigentlich doch auch so ein Wort^^), oder von mir aus auch zur Fraktion viktorianische Gewänder einfallen.
Ich finde ja "Glühwürmchen" als Szenejargon für Cybers sogar noch irgendwie süß und höchstens "neckisch" :D ("die Knicklichter" als Bezeichnung für Cybers klingt da z.B. schon etwas abfälliger in meinen Ohren).
Gegen die viktorianische Franktion hab ich eigentlich gar nichts, ist natürlich nicht "traditionell" Goth* im Szene-Sinn aber hat ja einen gewissen Bezug zu den alten Gothic Novels bzw. der Schwarzromantik (während Cybergoth halt weder Cyber noch Goth ist, da hat mir persönlich schon immer die Gemeinsamkeit bzw. irgendein "Gothic"-Bezug komplett gefehlt... aber diese Mode ist ja eh schon wieder ziemlich vorbei imho).
(*Habe aber auch schon öfter Schwarze gesehen die z.B. toupierte Haare und/oder Pikes mit viktorianischem Frack und Rüschenhemd kombiniert haben - Sah durchaus nicht schlecht aus!)
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Re: Normen/ Werte/ Verhaltenregeln der schwarzen Szene

Beitrag von Archy »

Durante hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 08:38
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Donnerstag 6. Oktober 2022, 08:07Wenn ich nun also schon einmal dieses Thema ankratze: Nicht wenige, vorallem ältere (wie ich, höhö ;)) Schwarze haben durchaus schon Erfahrungen gemacht, dass "Nicht-Szene-Angehörige" mit ihnen nicht immer zimperlich umgegangen sind.
Ich bestreite hiermit zwar jetzt einfach mal offiziell dass du & ich schon "alt" sind :D ... aber ja, das war leider so (heute glücklicherweise seltener aber auch nicht ausgeschlossen). :(
Gab verschiedene Grüppchen bei denen man als Grufti erfahrungsgemäß einfach vorsichtig sein musste (die "Dorfjugend", Nazis natürlich, später dann auch die Hopper/"Möchtegern-Gangster"-Fraktion).
Also meine persönliche Erfahrung ist da wieder eine andere. Ich war ja vorallem als Teenie (bis 19 Jahre) mit langem Ledermantel und Springer unterwegs und bin da fast ausschließlich unter Stinos und in Stino Lokalen unterwegs gewesen, ich hab da keine Probleme gehabt. Auch auf der Strasse nicht.