Wahrheit vs. Subjektivität ?

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Lylia

Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von Lylia »

Die Wahrheit, von einigen geliebt von anderen gefürchtet, jeder Mensch definiert sie anders und doch, glaubt man oft genau zu wissen was sie ausmacht, aber denken wir mal etwas quer...

Ist sie nicht auch wandelbar, also vom Blickwinkel desjenigen abhängig, der sie gerade für sich beansprucht? Mal ein kleines Beispiel: wer z.b das Pferd von hinten aufsattelt, wird sagen, Mensch hat das Tier einen schönen Schweif, sattelte man es aber von vorne auf, so wird man sagen, was es doch für eine tolle Mähne hat.

Oder auch: Was ist denn eine Wahrheit, wenn sie keine persönliche Wertung ist: Nehmen wir mal eine Miss-Wahl, 10 Frauen bewerben sich auf das schönste Modell, eine davon gewinnt und gilt als die schönste Frau nun....

So, nun wird überall gesagt: Frau Nr. 3 ist die Siegerin also das schönste Modell, aber ist es deswegen wahr, nur weil viele andere Menschen es so sahen?

Oder unterliegt nicht jede Wahrheit auch dem persönlichen Ermessen eines Wesens, hier dem Menschen, der subjektiv entscheidet was nun wahr oder unwahr ist?

Was denkt ihr darüber, was und wie sieht die Wahrheit für euch aus, woran macht ihr sie fest ?
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Elric
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Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von Elric »

Es gibt durchaus so etwas wie objektiv feststellbare Fakten...

...wenn du zum Beispiel die Straße überqueren willst und ein LKW kommt, ist der größer und stärker, das ist mal Fakt...

...zudem muß ich doch feststellen, daß der Ausdruck des Massengeschmacks (ich beziehe mich hier auf das Beispiel des Schönheitswettbewerbs) nichts mit Wahrheit zu tun hat; in gewisser Weise versuchen solche Darbietungen natürlich Wahrheiten zu erzeugen, indem sie den Normierungsterror vorantreiben. Trotzdem ist und bleibt die Wahrnehmung von Schönheit etwas subjektives und taugt dementsprechend nicht als Gegenstand einer Diskussion über Wahrheit(en)...
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CharlotteSchlotter
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Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Ich tue mich sehr schwer mir dem Begriff Wahrheit. In meinen Augen basiert unsere Wahrnehmung auf subjektiven Einflüssen wie Erfahrungen, Wünschen, eigener Interpreation etc. Der menschnliche Sinnesapparat ist nicht sensationell gut, so dass wir weder alle Fakten aufnehmen können um eine Situation als Ganzes zu bewerten noch ist unser Hirn leistungsfähig genug, um alle verfügbaren Informationen zu verarbeiten. Heraus kommt im besten Fall soetwas wie eine Annäherung an die Wahrheit, aber niemals etwas Objektives. Und wenn keiner die Wahrheit erkennen kann, stellt sich weiter die Frage, ob es sie überhaupt gibt und wozu. Oder ob wir nicht eine sich in Teilen überschneidene Konstruktion einer veremindlichen Wahrheit haben, auf die wir uns einigen können, die sich aber in ganz vielen Punkten auch stark individuell unterscheidet.
Soiled

Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von Soiled »

Für mich hat Wahrheit viel damit zu tun, ob Sachen reproduzierbar sind, bzw. ob getroffene Vorraussagen eintreffen. An Schwerkraft wird schon was dran sein, weil ein Stein doch mit hoher Zuverlässigkeit nach unten fällt, egal wer ihn fallen lässt. ;) Oder, um bei dem Pferde-Beispiel zu bleiben: Pferde haben keine Schlüsselbeine, da kann ma so viele auseinandernehmen wie man will, man wird nie eins finden. Das ist mir wahr genug.
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CharlotteSchlotter
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Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

@Soiled : Da hast du natürlich Recht. Nur stößt dieses Prinzip von Wahrheit da an seine Grenzen, wo die Sachervhalte komplexer werden und die Einflussfaktoren nicht mehr auseinander genommen werden können wie das Skelett eines Pferdes. Und das trifft leider auf so ziemlich alle wesentlichen Probleme auf der Welt zu. Diese sind bestimmt von sozialen Interaktionen und Interessen verschiedenster Akteure. Wie will man sich da einer Wahrheit nähern, wenn man sich nicht mal auf einen Maßstab für richtig und falsch, gut und schlecht einigen kann? Was hilft da das Wissen, ob ein Pferd ein Schlüsselbein hat? :lol:
Soiled

Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von Soiled »

@CharlotteSchlotter Im täglichen Leben kommt die "absolute" Wahrheit so gut wie nie vor und spielt, wenn überhaupt, eine eher untergeordnete Rolle. Eine hohe Wahrscheinlichkeit reicht da meiner Meinung nach auch vollkommen aus. Vor Gericht wird man doch sicher auch nicht argumentieren, daß man das eigentlich doch ruhig alles lassen kann, Zeugenaussagen und Beweise ignorieren etc., weil die alle fehlerhaft sind und man die eigentliche Wahrheit ja doch nie herausfinden wird. ;)

Und daß jeder seine eigene interne Heuristik hat ist ja auch klar. Ich kann nur von meiner reden. Daß meine Wahrnehmung verzerrt ist bestreite ich gar nicht, und daß mein inneres Modell von der Welt der Wirklichkeit nicht entspricht ebenfalls. Ist nur eine Variante von Lie-to-children. ;) Aber sehr nützlich. Wenn man sich nämlich nicht mit wahrscheinlichen Wahrheiten zufrieden gibt hemmt das Entscheidungen. Da wird dann alles zu Tode diskutiert, und nichts ändert sich.
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CharlotteSchlotter
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Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

@Soiled : Genau darauf wollte ich hinaus, die "absolute" Wahrheit kommt nicht vor und spielt daher keine Rolle. Ich finde das gar nich schlimm und vertrete auch nicht die Ansicht, dass man sich auf Biegen und Brechen auf die Suche nach ihr begeben muss. Ich frage mich nur, welche Rolle sie überhaupt spielt, wenn keiner sie erkennen kann bzw. ob es sie überhaupt gibt, wenn doch jeder mit seinen eigenen Heuristiken arbeitet und geteilte "Wahrheiten" doch nur Wahrscheinlichkeiten widerspielgeln, auf die die meisten von uns sich einigen können. Ich halte sowas wie eine objektive Warheit für eine Illusion.
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Phönix75
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Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von Phönix75 »

Einigen wir uns doch darauf - jeder hat seine eigene "Wahrheit". ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
Soiled

Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von Soiled »

@Phönix75 Ja klar. Aber das heißt ja noch lange nicht, daß auch jeder recht hat. ;)
Soiled

Re: Wahrheit vs. Subjektivität ?

Beitrag von Soiled »

Graves hat geschrieben: Montag 23. Juli 2018, 12:00 Für das Beispiel mit der Schönheitskönigin reicht ein Gegenbeispiel, um die Aussage zu widerlegen.
Theoretisch hast Du natürlich recht. Aber man würde ein Medikament immer noch auf den Markt bringen, auch wenn es nur bei 80% oder so der Leute anschlägt. Was schon sehr viel ist. :D
Aber ich denke, dass etwas nur dann "wahr" ist, wenn wir eine Behauptung aufstellen, diese wissenschaftlich beweisen können UND sie unabhängig vom subjektiven Denken besteht, jedoch abhängig vom aktuellen Stand unseres Wissens.
Naja, Wissenschaft in ihrer existierenden Form ist da leider auch nicht das Gelbe vom Ei, siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Publikationsbias
Aber immer noch tausendmal besser als Laienmeinungen.