Herbstlaubrascheln hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:29
Weiß man nicht, vielleicht entgeht einem ja doch irgendwas; man sieht die Welt halt letztendlich doch durch die eigenen Augen. Gut, mag vielleicht ein schlechtes Beispiel sein, denn grad das mit dem Altersdurchschnitt lässt sich tatsächlich nicht wirklich von der Hand weisen, aber ich denke, es wird deutlich, worauf ich hinaus will.
Einerseits/andererseits würde ich sagen. Ja, einerseits entgehen einem vielleicht auch Begegnungen und Perspektiven jüngerer Leute. Anderseits: Nur zwecks der Begegnungen zwischen den Generationen auf Veranstaltungen zu gehen bei denen man sich nicht wohl fühlt ist auch irgendwie albern. Davon haben weder die jungen Leute (die dann vlt den Eindruck bekommen man käme nur zum nörgeln her), noch hat man selbst etwas davon. Ich habe es mittlerweile halt auch aufgegeben mich noch auf schwarze Mainstreampartys einzulassen. Inzwischen hat sich zumindest bei den Partys, die ich vor rund 20-25 Jahren besuchte die Musikauswahl erheblich weiter ins elektronisch/technoide verschoben. Selbst auf Darkrockscheiben der Marke ASP muss man da schon lange warten. Da finde dann selbst ich keinen musikalischen Anschluss mehr, nicht einmal aus nostalgischen Gründen. 2 Stunden rumstehen und mich genervt fühlen, ehe dann doch mal der DJ Gnade zeigt und eine Welle an Postpunkig/wavigen oder wenigstens metallischen Klängen zu spielen muss dann auch nicht sein. Da versuche ich es dann lieber bei zufälligen Begegnungen außerhalb zu belassen und dort dann etwas offener und wohlwollender zu bleiben.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:29
Rückblickend auch faszinierend: Was mir die "alten Gruftis" früher gesagt haben, kommt mir selbst heute auch erschreckend schnell über die Lippen.
Geht mir ähnlich. Aber das schreibe ich auch meinen Szeneerfahrungen zu, die ich laufe der Jahre sammelte. Vieles was zu Beginn vielleicht noch wie Gold glänzte erwies sich später dann doch nur als Pyrit. Was ich damals noch nicht recht einzuordnen wusste, schätze ich heute umso mehr. Allen voran der DIY Gedanke, der (wenn auch eher unbewusste) Geist von Antifashion und was es sonst noch so in den frühen und noch etwas punkigeren Jahren der Szene zu entdecken gab.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:29
Und es war auch gar nicht so einfach, von den "älteren" tatsächlich vollwertig wahrgenommen zu werden. Es gab schon Leute, für die das keine große Rolle spielte, ob man nun zum "Nachwuchs" gehörte oder nicht (weil man sich aufm Kaff wahrscheinlich IMMER irgendwo gefreut hat, irgendwelchen alternativen Leuten zu begegnen). Aber ganz generell waren die "älteren" schon sehr eingenommen, abgehoben, abgeschottet. So ein bisschen nach dem Motto "Du weißt doch eh nicht, was Du da eigentlich tust." -
Liegt so ein bisschen auch an klassischer Grufti-Arroganz (die immer noch nicht ausgestorben ist), aber es war halt schon oft sehr präsent, dass die, die da voll dabei waren, einen mitm Arsch nicht angesehen haben, wenn man noch "klein" war.
Teils gruftige Arroganz, teils aber auch einfach nur alberne Unsicherheit auf beiden Seiten, wie ich inzwischen weiß. Vor ein paar Monaten hatte ich genau das Thema mal mit ein paar befreundeten Grufties der 80er und 90er und wir stellten gemeinsam fest, dass wir zuvor bereits jahrelang nebeneinander auf der Tanzfläche her getanzt haben, ohne dass man sich ansprach. Interessant war dabei der Austausch warum man das nicht tat: Aus meiner Perspektive fühlte es sich über Jahre einfach nicht richtig, dass ich die alten Szenehasen mit meinen vergleichsweise jungen Erfahrungen zutexte. Und für die "alten" fühlte es sich irgendwie falsch an einfach mal so einen der jüngeren anzusprechen, zu Fragen wie er denn so zu der Musik und die Szene kam, etc.
Was aber auch stimmt (und das finde ich nicht pauschal schlecht), dass es schon eine Weile dauert, bis man von den älteren überhaupt mal registriert wird. Das geht mir übrigens selbst so und das hat für mich halt viel mit Selbstschutz zu tun und dem Wunsch nach Authentizität zu tun. Ich texte auch nicht gleich jedes neue Gesicht zu, dass mir in meinen angestammten Clubs über den Weg läuft. Viele von uns (so meine Erfahrungen) haben in ihrem Leben leider einige unschöne Erfahrungen mit Menschen gemacht und das schlägt sich dann halt irgendwo im Verhalten nieder. Man kann die Leute im Club halt nicht gleich bei der ersten Begegnung einschätzen. Sind das jetzt Leute mit denen man auf einer Wellenlänge schweben könnte, oder sind es einfach nur irgendwelche Normalos, die halt zufällig auch die Musik mögen, sich sonst aber absolut nicht für die subkulturellen Elemente interessieren? Das sieht man den Leuten ja meist nicht sofort an. Ein wenig Zeit und Energie zu investieren um (zum Beispiel durch regelmäßige Besuche) in den Augen der etablierten Grufties authentisch zu wirken finde ich da echt nicht zu viel verlangt.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:29
Ich selbst hab` mir schon öfter vorgenommen, dass ich so nicht sein möchte, was den Nachwuchs angeht - tatsächlich begegnen die ganz wenigen, die mir ab und an über den Weg laufen, doch eher verschüchtert und würden mich in 99% der Fälle nicht ansprechen.
In den allermeisten Fällen muss auch ich den ersten Schritt machen. Die Schülerin von der ich schrieb hat mir zuvor auch nur ein erkennendes, aber sichtlich verschüchtertes Lächeln zukommen lassen. Die traute sich auch nicht mich anzusprechen und das obwohl es in meinem Job völlig normal ist, dass mich Schüler in den Pausen anquatschen, mich fragen ob ich Lehrer sei usw. Das Eis musste in dem Fall auch ich brechen, aber ich finde es hat sich gelohnt. Den Austausch zwischen zwei völlig verschiedenen Generationen empfinde ich als interessant und sehr bereichernd.
Chaos_Todesfee hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:57
Naja für Leute wie mich ist es tatsächlich sehr schwer in der Szene Wahrgenommen zu werden. Wenn ich auf Veranstaltungen bin werde ich eher missmutig betrachtet und belächelt wie so jemand wie ich auf eine Gothic Veranstaltung gehen kann.
Mal als ratschlag von mir: Lass dich davon nicht abschrecken. Wie ich beschrieb ist das aus unterschiedlichen Gründen völlig normal in der Szene, besonders unter den älteren Exemplaren. Im Kern sind die meisten davon aber trotzdem ganz brauchbare Menschen. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.
Chaos_Todesfee hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:57
Selbst meine Mutter die früher Gothic war, ist der Meinung daß ich ja keine Ahnung habe selbst wenn sie mich im Kleidungsstill sehr gut beraten hat.
Es wäre ja auch seltsam, wenn das anders wäre und das meine ich gar nicht so abwertend wie das zunächst klingen mag. Du bist schließlich noch jung und kannst dich durch mehr als 40 Jahre Szenegeschichte wühlen. Selbst die ältesten unter uns haben nicht sämtliche Stränge und Entwicklungsphasen kennen gelernt oder wissen über jede noch so detaillierte Verbindung zwischen den einzelnen Bereichen bescheid. Die Wahrscheinlichkeit, dass mit wachsender Erfahrung und dem kennenlernen anderer Perspektiven bei dir Eindrücke verändern und weiterentwickeln ist da schon sehr groß.
Chaos_Todesfee hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:57
Und bei allen außerhalb des Metal/Gothic Bereichs bin ich eh ein Leichenschändender Satanist
Magste tauschen? Inzwischen würde ich mich freuen mal wieder als Satanist betitelt zu werden. Hier bei uns plärrt man uns eher "Emo!!11elf" hinterher. Meistens aus den Schnäbeln jener, denen man dem Klischee nach nicht zutrauen würde einen Satz auch mal ohne die Worte "Jo", "Ey", "Alter", oder "deine Mudda" beenden zu können. *lach*
Chaos_Todesfee hat geschrieben: ↑Dienstag 9. Juli 2024, 15:57
Auf jeden Fall freue ich mich wenn ich hier neue Denkweisen bekomme und selber den einen oder anderen Denkanstoß verteilen kann
Gerne. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich inzwischen hier im Forum nur noch selten schreibe. Bin inzwischen mehrheitlich bei Spontis unterwegs
"Sowas kann doch nur Leuten einfallen, die in Assoziationsspielchen neben Hund, Katze und Maus auf "Hmm.... Schwingschleifer!" kommen, oder?" - Barlow