Eigene Weltsicht und Philosophie

[CharlotteSchlotter]

Mich interessiert, in welcher philosophischen Strömung bzw. bei welchen Philosophen ihr euch bzw. euer Weltbild am ehesten widerfindet. Und gibt es Philosophen, deren Denkansätze ihr total faszinierend findet, obwohl ihr sie nicht teilt?

Meine Sicht auf die Welt passt am ehesten zu den Existentialisten, genauer zu Camus. Bei der Beschreibung des Absurden und der Verzweiflung über den fehlenden Sinn im Leben sehe ich meine eigenen Empfindungen ziemlich gut beschrieben. Und auch der Ansatz, daran gerade nicht zu Grunde zu gehen, sondern in diesem beschränkten Rahmen tortzdem noch etwas zu bewirken finde ich irgendwie hoffungsvoll, ohne die Hoffnungslosigkeit ganz loszulassen.

Und dann finde ich Nietzsche extrem spannend. Er hat in meinen Augen zwar sehr viel Quatsch geschrieben (Übermenschenansatz, ewige Wiederkehr). Trotzdem sind darunter immer wieder wunderbare Gedanken und teilweise auch sehr kontroverse Ansätze, die zum Nachdenken anregen. Und seine nihilistischen und teilweise misanthropischen Ansichten finde ich irgendwie inspirierend.

Ähnlich geht es mir mit Cioran, der ja eigentlich nur negative, hoffungslose Aphorismen geschrieben hat.

[Grauer Wolf]

Philosophisch daheim fühle ich mich bei denjenigen Philosophen, die sich mit Erkenntnistheorie auseinandergesetzt haben. Das geht mit Plato und Aristoteles los, macht dann eine längere Pause und geht mit Descartes, Hobbes, Spinoza und Leibnitz weiter hin zu Locke, Hume und Kant und letztendlich Popper und Konsorten.

Hierbei ist mir nicht einmal so das gesammelte Werken und Wirken der einzelnen Person von Interesse, sondern ich finde es faszinierend, wie sich die Erkenntnis, was Erkenntnis denn eigentlich sei, immer weiter verschärft und verfeinert hat -- und daß Plato mit seiner Ansicht, daß wir nie die wirkliche Welt sehen können, sondern immer nur ein Abbild, bis heute im Groben und Ganzen nicht so wirklich falsch lag.

Einfach Faszinierend.

Leider habe ich letztendlich aber doch nicht die Zeit und Muße mich in der eigentlich nötigen Tiefe mit den Werken oben genannter Personen auseinanderzusetzen. Wirklich durchgearbeitet habe ich nur das Standardwerk »Logik der Forschung« von Karl Popper. Ein empfehlenswertes Buch für jeden, der wissen möchte, weshalb dem Wissenschaftler der Hut steigt, wenn »Kreationisten« und andere »Alternativtheoretiker« ihre Glaubenssätze als Wissenschaft verkaufen möchten.

[Soiled]

Hm. Schwer zu sagen. Ich finde Adorno recht sympathisch, einerseits weil er ein elender Snob ist, andererseits weil er auch einiges in Richtung empirische Soziologie gemacht hat. Reine (man verzeihe mir den Ausdruck) Gehirnwichserei ist ja durchaus spaßig, aber von der Aussagekraft doch eher mäßig. Ich mag aber auch Susan Sontag, die ja das genaue Gegenteil von einem Snob ist.

Die meisten Philosophen sind mir aber schlicht und ergreifend zu humorlos als daß ich mich groß mit ihnen oder ihrem Werk identifizieren könnte. Klar, ein paar Sachen haben sicher auf mich abgefärbt, aber mehr auch nicht.

[NoelWilliamMoelders]

Gerade dass Filosofen häufig sehr ernsthafte Menschen sind, macht sie mir vertraut.
Ich finde das Thema viel zu faszinierend, als einzelne herausstellen zu wollen.
Meinen filosofischen Überbau versuche ich aus den eigenen Gedankenwertschöpfungsketten zu entwickeln.
Ich nehme mir - meist im Sommer - nachmittags in der brütenden Hitze ein paar Stündchen Zeit und
lege mich an meinen Lieblingsbaum und sinniere über Vorgänge, die Dinge, oder das Universum.
So habe ich auch das 1. Moelders'sche Gesetz vor einigen Jahren entdeckt.
∑ mat + = ∑ mat -

Von den lebenden Filosofen imponiert mir derzeit Sven David Precht, weil er klarer als andere Schaumschläger
nicht nur aktuelle Strömungen analysieren, sondern in die Zukunft denken kann.
Gesellschaftspolitisch ist Marx uneinholbar vorne.
Die Kapitalisten in der Wall Street haben gefeiert und den Kommismus und somit Marx für tot erklärt,
so wie schon Das Ich Gott für tot erklärten.
Dabei haben sie aber übersehen, dass sie gerade mit ihrem barbarischen Handeln denselben zum Beweise führen.

Ich möchte Frau CharlotteSchlotter für diesen Thread danken.

[Soiled]

Gerade dass Filosofen häufig sehr ernsthafte Menschen sind, macht sie mir vertraut.

Wie schon der von mir sehr veehrte Lichtenberg anmerkte: Es gibt Leute, die glauben, alles wäre vernünftig, was man mit einem ernsthaften Gesicht tut.

[Chochmah]

Wie schon der von mir sehr veehrte Lichtenberg anmerkte: Es gibt Leute, die glauben, alles wäre vernünftig, was man mit einem ernsthaften Gesicht tut.

Genau. Man muss nur an seiner Behauptung fest glauben und einen finden der es auch tut.

@NoelWilliamMoelders
Bist du dir bei dem Vornamen deines "Lieblingsfilosofen" sicher?

[CharlotteSchlotter]

@Grauer Wolf : Erkenntnistheorie finde ich auch extrem spannend, insbesondere wenn man selber forscht. Mich hat allerdings in diesem Zusammenhang der Konstruktivismus am meisten fasziniert und er erscheint mir am plausibelsten. Mit dem Rationalismus tue ich mich schwer, aber ich glaube, welcher Strömung man anhängt, liegt auch stark an der Wissenschaft, aus der man kommt.

@Soiled : Wenn wir das gleiche unter Gehrinwichserei verstehen, gebe ich dir zwar recht, dass die Aussagekraft auf der Strecke bleiben kann. Für Denkanstöße, aus denen man wiederum eigene Erkenntnisse generiert, ist sie aber herorragend geeignet finde ich.

@NoelWilliamMoelders : Bewegen sich deine eigenen philosophischen Gedanken denn im Rahmen einer bestimmten philosophischen Strömung und gehst du von bestimmten Paradigmen aus bzw. kristallisieren sich in deinen Gedanken welche heraus?

Marx wäre eigentlich einen eigenen Thread wert... Ich kann mit ihm aus verschiedenen Gründen nicht so sehr viel anfangen.

@Chochmah : Und welcher Philosoph fasziniert dich?

[Phönix75]

... Filosofen ...

Wir sprechen und schreiben hier durchaus deutsch und nicht norwegisch.

[Chochmah]

@Chochmah : Und welcher Philosoph fasziniert dich?

Ich muss gestehen keiner.
Es gibt einiges an Erhellenden und einiges an Unsinn.

[NoelWilliamMoelders]

@NoelWilliamMoelders : Bewegen sich deine eigenen philosophischen Gedanken denn im Rahmen einer bestimmten philosophischen Strömung und gehst du von bestimmten Paradigmen aus bzw. kristallisieren sich in deinen Gedanken welche heraus?

Meine filosofischen Gedanken werden nicht durch Strömungen in ein Korsett gepresst.
Sie entstehen an Tagen oder in Nächten aus der Situation heraus.
So kann es an einem Tag eine Erkenntnis über das Universum sein, am nächsten über soziale Fragen
und am dritten über menschliche Abgründe.
Solche Serien sind aber selten, da ich mich über den Tag auch mit Musik, Poesie und Bildhauerei beschäftige.
Ferner bin ich häufiger im Wald und delektiere mich an der Vollkommenheit der Natur.
Die zu tiefe Vereinnahmung durch einzelne Filosofen führt zu Indoktrination.