Lohnerhöhung im Öffentlichen Dienst der Länder

[Grauer Wolf]

Da hat sich die alte und schon leicht senile Tante Verdi aber wieder ganz schön über den Tisch ziehen lassen.

Ab 1. Februar 2025 (sic!) gibt es die Lohnerhöhung um 5,5 Prozent. Bis dahin werden wir mit tariflich und sozialversicherungsmäßig nicht aber steuerlich sehr wohl relevanten Handgeldern von 1800 Euro in diesem Dezember, dann bis und mit Oktober 2024 von je 120 Euro pro Monat abgespiesen. Ab dem 1. November 2024 gibt es dann eine erste echte Lohnerhöhung um fixe 200 Euro pro Monat, gefolgt von oben genannter prozentualer Lohnerhöhung. Und das bei einer Laufzeit von 25 Monaten bis Ende Oktober 2025.

Das soll dann im Mittel irgendwie 11% Lohnerhöhung ergeben O.o?!?

Wie war das nochmal? 30% aller Deutschen sind schon mit einfachsten Rechenaufgaben überfordert.



Ich sehe hier keinen Grund zur Freude.

[abdurrazzaq]

Es kommt wohl auch darauf an, in was für einer Lohngruppe man steckt. Für einen Hilfsgärtner mit einer niedrigen Entgeldstufe fällt der prozentuale Anstieg des Auszahlungsbetrages höher aus als bei einem Akademiker mit einer höheren Gehaltsstufe. Bis Ende Januar 2025 sind der Inflationsausgleich und der Sockelbetrag bei allen Beschäftigten gleich hoch, wobei auf dem Sockelbetrag von 200 € auch Steuern und Abgaben fällig werden. Und die sind bei niedrigen Gehaltsstufen weniger hoch. Also bekommt der Hilfsgärtner verhältnismäßig mehr Netto vom Brutto als ein gutverdienender Akademiker. Erst ab Februar 2025 bedeuten die 5,5% Lohnanstieg für die Beschäftigten in einer höheren Lohngruppe ein höherer nomineller Anstieg des Betrages auf dem Gehaltszettel als bei den Mitarbeitern mit einer niedrigeren Entgeldstufe.

[Grauer Wolf]

Genau. Seit der Einführung von TV/L werden die höheren gegenüber den niedrigeren Lohngruppen immer schlechter und schlechter gestellt. Innerhalb des TV/L wird die Lohnspanne immer kleiner, während die TV/L-Löhne für Projektleiter, Softwareentwickler und Ingenieure verglichen zur freien Wirtschaft immer weiter zurück bleiben -- inzwischen liegt da ein Faktor zwei bis drei dazwischen. Was wir an Bewerbungen auf entsprechende Stellenausschreibungen bekommen, ist dementsprechend direkt für die Mülltonne.

Und dann wundert man sich, weshalb die Öffentliche Verwaltung, Schulen und Universitäten fertig haben wie Flasche leer und nix mehr gebacken bekommen.

Mann muß nicht ausgesprochen dumm sein, um Politiker oder Geverdischafter zu werden.

Aber es hilft.

[abdurrazzaq]

In zukünftigen Tarifauseinandersetzungen wird es immer weniger um prozentuale Gehaltserhöhungen gehen, sondern immer mehr um feste Beträge, die für alle gelten sollen, egal in welcher Lohngruppe man ist. Eine fatale Entwicklung. Das Argument, das der Arbeitsplatz beim Staat sicher sei, zieht schon jetzt nicht mehr, vor allem bei Mitarbeitern in höheren Lohngruppen. Zu verlockend sind die Angebote bei den Stellen in der freien Wirtschaft. Es werden fleißig Bewerbungen eingereicht und irgendeine Firma beißt denn auch an und weg ist der Mitarbeiter und verdient in der neuen Firma bedeutend mehr als vorher.
Für mich war es der letzte Tarifkonflikt. Bei der nächsten Runde Ende 2025/Anfang 2026 bin ich dann schon in Rente gegangen. Darauf freue ich mich schon.

[Grauer Wolf]

Das Argument, das der Arbeitsplatz beim Staat sicher sei, zieht schon jetzt nicht mehr, vor allem bei Mitarbeitern in höheren Lohngruppen.

Jau, im öffentlichen Dienst sind wir so gut wie unkündbar -- insbesondere die höheren Lohngruppen an den Universitäten, die sowieso alle über Drittmittel befristet sind. Von Kündigung spricht da niemand. Das kann an alles aussitzen. Allerspätestens nach vier Jahren läuft der Vertrag sowieso wieder aus.


Freut mich, daß Du Dich auf Deine Rente freust

[abdurrazzaq]

....nach vier Jahren läuft der Vertrag wieder aus und der wird nicht verlängert ????

Auch im Rentenalter werde ich, wenn es meine Gesundheit zulässt, Festivals und Konzerte besuchen, viel mit meinem Bio-Fahrrad unterwegs sein und auf Fotopirsch gehen mit richtiger Kamera und Objektiv.

[Grauer Wolf]

....nach vier Jahren läuft der Vertrag wieder aus und der wird nicht verlängert ????

Das ist dann alle vier Jahre das große Zittern und Hoffen. Bisher wurde mein Vertrag immer verlängert. Ich habe über die Jahre allerdings schon etliche Kollegen verabschieden dürfen -- darunter einige echt schmerzhafte Verluste für das Team. Ende 2024 ist es dann wieder mal so weit...

[abdurrazzaq]

Und nach welchen Kriterien wird dann und von wen entschieden, wer gehen muss und wer bleiben darf? Ihr habt dann also immer nur auf vier Jahre befristete Verträge?

[Phönix75]

Streichholzziehen.

Manchmal frage ich mich allerdings, in welchen entfernten Sphären der ganze öffentliche Sektor schwebt? Bei diesen Summen und Prozenten kann die Privatwirtschaft oftmals nur mit den Ohren schlackern. Da wird um jeden Euro mehr Lohn- und Gehaltserhöhung gefeilscht, weil die Kundschaft schon jetzt kaum noch Aufträge vergibt (alles zu teuer). Das ist eine Endlosspirale, die irgendwann im Zusammenbruch der Wirtschaft endet, neben dem ohnehin prekären Fachkräftemangel.

[Grauer Wolf]

Und nach welchen Kriterien wird dann und von wen entschieden, wer gehen muss und wer bleiben darf? Ihr habt dann also immer nur auf vier Jahre befristete Verträge?

Das hängt von zwei Dingen ab: Wie viel Drittmittelprojektgelder haben wir? Reicht das für alle? Wenn ja, dann ist erst mal gut. Wenn nein, dann gibt es eine Abschiedsfeier für einige Mitarbeiter. Und dann gibbet es da noch die universitäre Personalabteilung, die im Auftrag des Landes die Arbeitsverträge ausstellt. Wenn die aus irgendwelchen spitzfindigen Gründen nicht will, dann will die nicht -- ganz egal, ob Drittmittel da wären oder nicht. Auch dann gibt es eine Abschiedsfeier gefolgt von Stellenausschreibungen.

Manchmal frage ich mich allerdings, in welchen entfernten Sphären der ganze öffentliche Sektor schwebt? Bei diesen Summen und Prozenten kann die Privatwirtschaft oftmals nur mit den Ohren schlackern

Häh? Die Lohnentwicklung im Öffentlichen Dienst der Länder (TV/L) ist schlechter als die durchschnittliche Lohnentwicklung der freien Wirtschaft.