Eure letzten Lesungen/Theaterbesuche etc.

[Bloody Arthur]

Hier ist ein Thema für alle Veranstaltungen über die ihr berichten wollt, die nicht in das Konzert- oder Ausstellungsthema passen.

Ich gehe auch manchmal auf Lesungen unter anderem war ich vor ca. 3 Wochen auf einer Lesung von der Dichterin Brigitte Struzyk, in einem Literatur-Cafe, in meiner Heimat-Kleinstadt. Sehr schön das es dort so etwas gibt. Der kleine Raum war voll mit allen möglichen Leuten, Künstlern aber auch Rentnern die sich das einfach mal anschauen wollten, weil da ja sonnst nichts los ist. Eine lustige Mischung eigentlich.

Brigitte Struzyk ist eine seit 1978 veröffentlichende Dichterin aus Ostdeutschland, sie las Gedichte aus verschiedenen Zeiten vor. Sie begann mit schönen eher klassischen Dichtungen über Natur und Landschaften, diese hatten einen sehr schönen Sprachklang.
Dann ging es mit etwas abstrakteren Gedichten weiter, teilweise "formlos", wenn ich mich nicht irre und außerdem Gesellschaftskritisch... Immer sehr beobachtend und beschreibend. Sehr schön.
Danach laß sie noch einige Gedichte vor die sie der genialen Dichterin Elke Erb widmete, Elke Erb war auch selbst vor Ort.

Zwischendrin spielte eine Posaunisten kleine Stücke, anscheinend improvisiert und alles in allem ganz nett und auch lustig.

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Am Samstag war ich bei Lydia Benecke, sie hielt einen mehr als 3 Stunden langen Vortrag über Sadisten. Eine Kurzform des gleichnamigen Buchs.
Dieses Buch habe ich bereits gelesen, von daher wusste ich viele Dinge schon, auch da ich verschiedene Fallbeispiele aus anderen Büchern kenne. Trotzdem war es extrem Interessant und gerade wenn man sich in einem Thema auskennt, freut man sich ja um so mehr darüber neue Details zu erfahren. Und davon gab es einige. Extrem Spannend und Relevant, meiner Meinung nach.

Das Haupt-Augenmerk lag auf der Unterscheidung und den Eigenschaften von einvernehmlichen Sadisten und un-einvernehmlichen Sadisten... Das ist ein wichtiges Thema, weil da extrem viel verklärt wird. Ich kann diesen Vortrag oder das Buch jedem empfehlen, man braucht an einigen Stellen aber schon "harte Nerven", das ist bei so einem Thema ja klar.
Außerdem erklärte sie auch wie man Wissenschaftlich vorgeht um überhaupt relevante Erkenntnisse gewinnen zu können.
Sie erklärte aber immer alles so, das man ihr auch als Leihe gut folgen kann... wirklich toll. Auch wie sie spricht finde ich sehr gut, einerseits sehr schnell, aber im richtigen Sprach-Rhythmus, man kann ihr also gut folgen, finde ich.
Außerdem schaffte sie es das ernste Thema immer mal mit ihrem schwarzen Humor auf zu lockern... das machte sie nicht einfach so, sondern erklärte auch warum sie das für richtig und legitim hält.

Ein top Vortrag, ich war begeistert.

[Soiled]

Zu Lesungen kann ich nix sagen, ich steh aus irgendwelchen Gründen nicht auf die ...

Theater? Joah, schon eher. Das letzte war eine (sehr blutige und reduzierte) Macbeth-Inszenierung.

Ich dumme Kuh muss in der Hinsicht echt viel mehr machen. Ich kann mit der Straßenbahn zum Burgtheater fahren, for crying out loud ...

Tja, ist wohl Kultur- Overload in Wien.

[Bloody Arthur]

Ich war am Freitag spontan im Imperial/Krimi-Theater Hamburg und hab mir dort Sherlock Holmes und der Fluch des Pharao angesehen.

Gleich vorweg, das war kein "ernsthaftes", "künstlerisch wertvolles" Theater, sondern ein Unterhaltungstheater... und das sehr zu meiner Begeisterung.

Das Theater ist auf der Reeperbahn und konnte mich sofort mit trashigen Horror-Plakaten begeistern, diese waren so im Stil der 70er/80er Horror-Schundheft/Film-Cover usw. gehalten... Einfach großartig.
Eigentlich war der Abend ausverkauft aber ich hab rumgefragt und einer hatte noch ne Karte übrig...

Das Stück an sich ging ca. 2 Stunden und war größtenteils ein Kammerspiel, das Bühnenbild und die Kostüme waren ziemlich opulent... In einer Szene wurde eine Wand geöffnet und eine ägyptische Ausgrabungsstätte wurde Sichtbar... ziemlich episch...
Es war (vor allem in der zweiten Hälfte) spannend, atmosphärisch und lustig... außerdem hatte das Stück einen gewissen Trash-Faktor... besonders die Todes bzw. Mord-Szenen waren so übertrieben dargestellt, dass ich vor Begeisterung und Belustigung kaum stillsitzen konnte. Einmal wurde es tatsächlich sogar etwas gruselig
Von der Machart erinnerte mich das ganze an 80er/90er Grusel Hörspiele und ähnliches... Das Theaterstück hatte nämlich, teilweise auch Musik... Ich fand die Schauspieler waren für die Art von Theater die sie gemacht haben gut. Besonders die Antagonisten waren ziemlich cool.

Ich fands Klasse und hab tatsächlich Lust bekommen mir öfter´s mal so ein "Unterhaltungs-Theaterstück" an zu sehen... Nur wenn es Horror Anleihen hat, natürlich!

[Soiled]

"NippleJesus", ein Ein-Personen-Stück basierend auf einer Kurzgeschichte von Nick Hornby.

Das ganze geht um einen Museumswächter, der auf ein besonders kontroverses Stück Kunst (den erwähnten "NippleJesus") aufpassen muss. Zum Schreien komisch und eine bitterböse Satire auf den Kunstbetrieb. Wurde an Wiener Verhältnisse angepasst, sehr viel Lokalkolorit und viel Dialekt. Der Schauspieler hat mitbekommen, dass ich Deutsche bin, und hat tatsächlich gefragt, ob ich alles verstehen würde - fand ich ja urnett. Aber, ja, hab alles verstanden. Sogar die selteneren Dialektausdrücke wie "Gschropp" (Kind) und "Einserpanier" (Sonntagsstaat).

War auf einem Platz bei mir um die Ecke, Tische und Stühle waren weit voneinander aufgestellt und wurden auch brav desinfiziert, Telefonnummer musste man angeben wg. Corona, Maskenpflicht bestand aber nicht.

Das ganze fand im Rahmen des Wiener Kultursommers statt. Und die nächsten zwei Monate gibt es noch Hunderte(!) Veranstaltungen, weit über die Stadt verstreut, von Musik über Kabarett bis zu Tanz-Workshops (weil das Impulstanz-Festival ja leider abgesagt werden musste, genauso wie das Jazzfest und die Festwochen ...), und das alles kostenlos, natürlich. Hach, ich freu mich jeden Tag, in einer der großartigsten Städte der Welt zu leben.

[Soiled]

Ich war noch nicht da, aber ich habe schon Karten besorgt:
Tiago Rodrigues - "Catarina e a beleza de matar fascistas" bzw. "Catarina oder von der Schönheit, Faschisten zu töten"

Wird auf Portugiesisch mit deutschen Übertiteln sein. Der Herr Rodrigues ist der Intendant vom Nationaltheater in Lissabon und hat gleich seine ganze Mannschaft eingesteckt.
Und, sorry, das Setting klingt doch wirklich fabelhaft: "In Erinnerung an Catarina Eufémia, eine 1954 von der portugiesischen Salazar-Diktatur ermordete Landarbeiterin, begeht eine Familie ein weiteres Mal ihr alljährliches Ritual: Sie tötet einen Faschisten. Jedenfalls hat sie es vor. Doch die familiäre Einheitsfront bröckelt. Und während der Gekidnappte seiner Hinrichtung harrt, wird vehement diskutiert: Wie weit reicht Meinungsfreiheit? Wie viel Widerspruch verträgt ein System? Und rechtfertigt die Rettung der Demokratie einen Mord?"

Und, nein, das ist nix linksextremes, das findet hochoffiziell im Rahmen der Wiener Festwochen statt, mit ganz piefigen Sponsoren wie Banken und Versicherungen. Was Skandalstücke angeht ist Ö weitaus schlimmeres gewohnt, von Heldenplatz bis Staatsoperette, so ein bissi Nazis hinrichten sollte da keinen Hund vor dem Ofen hervorlocken.

[Soiled]

Oben erwähnten Stück war übrigens ziemlich großartig, Besprechung z.B. hier. Ich hab die Rede am Schluss bis zum bitteren Ende durchgehalten, aber, ja, viele Leute sind schon vorher gegangen, weil es so unerträglich war. Großes Theater, sehr überzeugend.

Heute aber was nettes: Nikbakhsh & Oppitz - Wählt uns! (weil´s schon wurscht ist)
Politisches Kabarett. Der eine Typ arbeitet auch als Enthüllungsjournalist, das Zeug ist also sehr pikant. Wieder Open Air und kostenlos, mit Tests und Registrierung.

[Soiled]

"Emigranten" von Sławomir Mrożek

Eine szenische Lesung. Tendenz Kammerspiel.
Zwei Emigranten (einer aus politischen Gründen, einer um Geld zu verdienen) sitzen im selben Kellerloch. Grotesk und leicht deprimierend - waren beides ziemliche Arschlöcher, was im Laufe des Stückes immer offensichtlicher wurde. Ziemlich altes Stück übrigens, von 1975. Immer noch aktuell.

[Der_Kater]

Ich meine, im Zuge des Kultursommers wurde davon mal eine Inszenierung im TV gezeigt. Das war relativ schräg und düster. Kann mich aber auch täuschen.

Hoffe, wenn die Dinge wieder relativ "normal" laufen, gibt es wieder Kultur-Festivals im Ruhrgebiet. Teilweise werden Industrie - Ruinen aus der Montanzeit als Bühnen benutzt. Das hat schon was. Diese Stahl - Kolosse haben schon einen eigenen Charme. Wenn man bedenkt, unter welchen Bedingungen die Menschen früher dort gearbeitet haben. Jedenfalls finde ich diese Orte als Verbindung zwischen gestern und heute sehr gut. Die Kunst ist das verbindende Medium.

[Soiled]

Ja, Ruhrgebiet ist klasse. Einerseits finde ich es aus rein touristischen Gründen schon ziemlich toll, ich steh ja auf alte Industriearchitektur, und da gibt's wirklich einige Perlen - Zeche Zollverein, Zeche Zollern, Landschaftspark Duisburg Nord, Siedlung Eisenheim ... hach.
Andererseits haben sie auch meinen tiefsten Respekt, weil sie es geschafft haben, den massiven gesellschaftlichen Umbruch in relativ kurzer Zeit zu wuppen. Und dass in dem Zuge auch noch ein beeindruckendes kulturelles Angebot entstanden ist ist die Kirsche auf der Torte. Europäische Kulturhauptstadt wird man ja nicht ohne Grund. Ausgesprochen grün ist es obendrein; wenn ich aus irgendwelchen Gründen dort hin ziehen müsste wäre ich nicht total unglücklich.

[Soiled]

"In Grund und Boden", eine Komödie über ... ja, Wohnen, eigentlich.

Grobe Handlung: Ein deutscher Milliardär und AfD-Spender (sehr eindeutig der Henning Colbe) kommt nach Wien und will der Stadt ein paar Millionen spendieren, unter der Bedingung, dass sie den Karl-Marx-Hof (einen legendären Gemeindebau, Link) umbenennt. Und dann kommen noch Zapatisten ins Spiel.

Sehr unterhaltsam, man muss aber schon einiges über Lokalpolitik und Geschichte des sozialen Wohnungsbaus in Wien wissen, um die Feinheiten zu verstehen. Wieder draußen in einem Park, wieder mit Kontrolle ob geimpft/getestet, wieder kostenlos.