Graphiel hat geschrieben: ↑Samstag 24. April 2021, 11:12
Mir geht es am Arsch vorbei wonach das so riechen mag
Du distanzierst Dich also nicht davon. Okay.
Dann darfst Du Dich aber auch nicht beschweren, wenn Du in Schubladen gesteckt wirst, wo Du nicht reingehörst.
Hier einfach pauschal die Menschenleben gegeneinander aufzurechnen ekelt mich da schon wieder etwas an, wenn ich ganz ehrlich sein darf.
Du siehst also gezielten Genozid auf einem industriellen Level als vergleichbar an. Oooooookay.
Massaker von Bleiburg sagt Dir sicher etwas, oder? Und Du weißt sicher auch, wie das von den extremen Rechten instrumentalisiert wird, oder? Siehe z.B.
hier .
Sorry, aber diese "All lives matter"-Einstellung ist mir echt viel zu undifferenziert. Mit der legitimierst Du waschechte Rechte.
Ich mein, mein Opa war nicht mal bei der Wehrmacht, und trotzdem
haben ihn die Russen ins Speziallager Nr. 2 Buchenwald gebracht. Denen fehlten ein paar Gefangene, Buchhaltung war wohl zu schlampig. Und anstatt nach den Kriegsverbrechern zu suchen sind sie halt ins Dorf meiner Großeltern gefahren, haben alle Männer eingepackt und mitgenommen. Die allerwenigsten sind zurückgekommen.
War das Scheiße? Klar. Ist es auch nur ansatzweise gleichzusetzen mit der Shoah? Holyfuckingshit, natürlich nicht!
Jemand, besitzt doch nicht aufgrund der Hautfarbe automatisch eine höhere Fachkompetenz zu bestimmten Fragen an die Vergangenheit.
Natürlich nicht automatisch. Ich kann aber für mich bezeugen, dass ich deutlich, deutlich mehr über Rassismus gelernt habe, wenn ich mich mit Betroffenen darüber unterhalten hab. Weiße haben nun einmal die Tendenz, gegenseitig ihr positives Selbstbild zu stützen und sich gegenseitig zu erzählen, dass sie ja eigentlich gar nicht rassistisch seien. Betriebsblindheit halt.
Natürlich tun sie das ebenfalls nicht immer. Empfehle z.B. immer gerne "Rassismus. Einführung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs" von Robert Miles, der ist unleugbar weiß, hat aber wirklich viel Ahnung.
Und ich finde schon, dass sich z.B. die Ausstellungen im hiesigen Weltmuseum (ehemals Völkerkundemuseum) deutlich verändert haben, und zwar zum besseren, nachdem mehr Leute involviert werden, die tatsächlich aus der Gegend kommen, wo die ausgestellten Objekte herkommen. Viel differenzierter, viel spannender, viel weniger exotisierend.
Ähnliches sehe ich bei Folk-Horror. Wenn Hollywood und Konsorten Filme über den Geisterglauben anderer Länder machen ist das meistens extrem unreflektiert und immer durch eine sehr westliche Brille gesehen. Wenn man sich dagegen Filme aus den entsprechenden Ländern anschaut, merkt man erst, was einem die ganze Zeit für ein Mist vorgesetzt wurde.
Zu Talkshows kann ich nix sagen, weil ich nicht fernsehe. Aber wenn in einer ausschließlich Männer über Feminismus diskutieren würden würd ich natürlich abschalten, weil da mit Sicherheit nix substanzielles bei rauskommt. Genauso wie ich keiner Talkshow über die Schwarze Szene zuhören würde, wenn da keine:r dabei ist, der oder die zur Szene gehört.
Na herzlichen Glückwunsch, Soiled. Damit bist du zumindest in den Augen solcher (ich nenne es jetzt mal so) Fanatiker*innen wohl auch Rassistin
Äh, ja. Ich bin rassistisch sozialisiert. So wie alle hier. Das ist natürlich ein Problem, deswegen investiere ich Zeit, um mich weiterzubilden und das loszuwerden bzw. zu reduzieren. Sehe ich als meine moralische und menschliche Pflicht.
Mal ein Beispiel, um das zu beleuchten: Es gibt von der Stadt eine App, wo man Vandalismus melden kann, und sie kümmern sich dann erstaunlich zeitnah darum. Ein Wartehäuschen war mit "Moslems raus!" beschmiert, das hab ich also gemeldet, und dabei den Ausdruck "fremdenfeindlich" benutzt. Erst später ist mir klar geworden, dass das ein vollkommen unangemessener Ausdruck war, weil der Islam schon seit Generationen zu Ö gehört und nichts daran "fremd" ist.
Ob das jetzt eine Mainstream-Einstellung ist kann ich nicht beurteilen. Ich glaube eher nicht. Habe definitiv bis jetzt jedenfalls deutlich mehr Leute getroffen, die ihren eigenen Rassismus abstreiten, als solche, die sich damit selbstkritisch auseinandersetzen.
Hab ja eh die Wahrnehmung, dass oft reflexhaft alles als "Mainstream" bezeichnet wird, dem man nicht zustimmt.
Wie an anderer Stelle gezeigt: Ca. 80% der Sachsen sind islamophob eingestellt. Bei so einer großen gesellschaftlichen Mehrheit würde ich schon sagen, dass das "Mainstream" ist, und obendrein scheiße. Trotzdem wird sich über einen linkslinken Gutmenschen-Mainstream beschwert, der allein basierend auf den Zahlen ja als solcher gar nicht existieren kann. 20% ist nunmal weniger als 80%, das kann man nicht wegdiskutieren.
Ähnlich sehen die Zahlen bei Feminismus aus, siehe
hier. Nur eine recht kleine Minderheit bezeichnet sich als Feminist:in, also ist Feminismus ganz sicher kein Mainstream. Was ich ziemlich traurig finde, sollte imho nämlich Mainstream (im Sinne von Mehrheitsmeinung) sein.
Aber nur weil man eine andere Meinung hat als dem gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Konsens entspricht macht sie das nicht automatisch richtig, siehe "Querdenker". Zwar macht sie das auch nicht automatisch falsch, aber man muss schon sehr gute Argumente haben, um sie zu belegen. Sagan standard halt: "Extraordinary claims require extraordinary evidence". Und ich finde, dass Feminist:innen und Antirassist:innen verdammt gute Argumente haben. Wenn jemanden aber selbst die ganzen toten Frauen und POC nicht überzeugen ist da Hopfen und Malz verloren.
Und überhaupt: Ist ja natürlich jedem selber überlassen was er glaubt, aber wenn ich mich für ein Thema interessiere lese ich halt erst einmal ein paar solide Bücher dazu statt "selber zu denken". Und dann erst sage ich etwas dazu. Kann man gern als "Nachplappern" bezeichnen, ist mir wurscht. Ich sehe es eher als "halbwegs gebildet".
Aber anstatt hier den verregneten Feiertag mit sinnlosen Diskussionen zu vertrödeln lese ich am besten mal weiter, und zwar "Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Comics" von Ralf Palandt (Hrsg.). Ist sinnvoller. Würde eh generell allen Leuten empfehlen, ein bisschen mehr zu lesen, bevor sie etwas sagen. Wirkt sonst halt albern und peinlich.