Vollgeld

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Pirat von Rhyolith
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Vollgeld

Beitrag von Pirat von Rhyolith »

Das ist mir grad ins Auge gestochen und war bisher völlig an mir vorbeigelaufen:
Die Schweizer stimmen über die Einführung des Vollgeldkonzepts ab. Damit soll die Bankenmacht gestutzt werden.
Nähere Infos inklusive Erklärung des Unterschieds zum bisherigen Geldmodell gibt es hier:

Schweizer Abstimmung über Vollgeld

Ich find den Ansatz nicht uninteressant. Was haltet ihr davon?
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Grauer Wolf
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Re: Vollgeld

Beitrag von Grauer Wolf »

Hmm... hatte ich auch schon gelesen. Vollgeld ist sicherlich ein interessanter Denkansatz. Ich glaube jedoch nicht, daß es unsere finanziellen Probleme wird lösen können. Ob es nun die einzelne Bank ist, die über meinen Kredit Geld schöpft oder die Zentralbank, ist letztendlich doch egal. Da der Kredit nicht ohne Zinsen vergeben wird, wird weiterhin Geld geschöpft. Das kann nur funktionieren, wenn ich dank des Kredits eine wirtschaftliche Mehrleistung erbringe, deren Wert dem der zu bezahlenden Zinsen entspricht. Dann und nur dann nämlich steht dem geschöpften Geld auch ein entsprechender neu erzeugter Wert gegenüber.

Mit dem Beginn der Yuppie-Ära in den späten 80er Jahren wurden die Kredite jedoch nicht mehr verwendet, um einen echten Mehrwert zu erzeugen, sondern um im Wallstreet-Casino an Glückspielen teilzunehmen. Die Hebel, die hier ins Spiel kamen, waren derart krass, daß Unmengen an Geld geschöpft wurden, denen kein echter Wert mehr entgegensteht. Es gibt auf dieser Welt überhaupt nicht mehr genügend Waren und Dienstleistungen, die man mit dem derzeit auf den Bankkonten schlummernden Buchgeld noch kaufen könnte. Das globale Finanzsystem ist meiner Meinung nur deshalb noch nicht kollbiert, weil bisher noch niemand den echten Versuch unternommen hat, diese gigantischen Mengen an geschöpftem Buchgeld in echte Werte umzusetzen. Das Buchgeld wird weiterhin nur in Glückspielen investiert, wo es sich zwar hemmungslos vermehrt, bislang jedoch auch noch keinen echten Schaden angerichtet hat.

Der große Knall wird in dem Moment kommen, wo die Leute echte Werte für ihr angehäuftes Geld haben wollen. Dann werden sie nämlich feststellen, daß die Banken überhaupt nicht über genügend Bargeld verfügen, um alle Kontoinhaber auszubezahlen. In Deutschland belaufen sich die echten Reserven der Banken auf sage und schreibe 0.1% der garantierten 100000 Euro pro Einlagenkonto. Wenn der große, weltweite Knall kommt und alle ihr Geld haben wollen, dann bekommt jeder für sein Konto also gerade mal 100 Euro -- ganz egal, was da im Kontoauszug steht. Mehr Geld ist einfach nicht da. Es sei denn, die Zentralbank wirft die Druckmaschinen an und liefert entsprechend Geld. Dann werden die ausbezahlten 100000 Euro ruckizucki aber auch nur noch so viel wert sein wie heute 100 Euro. Die Hyperinflation läßt grüßen.

Und das, liebe Freunde, kann auch Vollgeld nicht verhindern. Die geschöpften Buchgelder sind nun mal da. Es gibt nichts, was man hierfür noch kaufen könnte. Erst jetzt auf Vollgeld umzustellen, wird da auch nicht mehr helfen. Das hätte man vor 1980 machen müssen.

Letztendlich basiert unser aller Vermögen auf der Tatsache, daß wir glauben, unser Bargeld und unser Kontoauszug habe einen Wert. So lange wird das auch weiterhin glauben, wird nichts passieren. Sollten wir diesen glauben jedoch einmal verlieren, möglicherweise noch alle auf enmal, dann wünsche ich uns allen eine gute Nacht.
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wenn man ihr Verhalten genau so gut durch Dummheit erklären kann.
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Phönix75
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Re: Vollgeld

Beitrag von Phönix75 »

Was ist darauf eigentlich die bestmögliche Folge bzw. Reaktion @Grauer Wolf ? Genau! Möglichst die ganze Kohle, die einem monatlich zur Verfügung steht, immer in Werte umsetzen und garantiert, garnicht, nie und nimmer ansparen, damit es sich, beim irgendwann zu erwartenden Knall, in Luft auflöst. Im Prinzip ist der Geringverdiener bzw. der unterbezahlte Knecht immer der ehrlichste unter den Bankkunden. Da er stets das bisschen Kohle immer sofort in den Wirtschaftskreislauf bringt.

Mit dem Thema Vollgeld hab ich mich bisher noch nicht auseinander gesetzt. Aber ich werde mir den Link mal zu Gemüte führen.
Nichts ist so, wie es scheint.
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Grauer Wolf
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Re: Vollgeld

Beitrag von Grauer Wolf »

In der Tat. Und genau das ist auch der Grund, weshalb die Nettolöhne in Deutschland -- insbesondere bei geringen und mittleren Einkommen -- dringend steigen müssen. Nur wenn das Buchgeld in Waren investiert wird, die ja auch erst produziert werden müssen, entsteht der dringend benötigte materielle Gegenwert, der unserem Finanzsystem eigentlich zugrunde liegen sollte. Solange die Gewinne der Firmen jedoch nicht in die Nettolöhne der Arbeitnehmer sondern in die Dividenden der Großaktionäre fließen, die damit auch nur wieder Spekulationsgeschäfte auf dem Papier betreiben, wird immer weiter eigentlich wertloses Geld geschöpft.

Und DAS ist der Hauptgrund, weshalb ich von der hiesigen Politik derart die Schnauze voll habe. Das Geld muß unter die (kleinen) Leute, die damit auch wirklich etwas anfangen und Werte schaffen. Ohne diese Werte wird uns früher oder später alles um die Ohren fliegen. Vollgeld hin oder her. Unsere Politicos sind leider zu dumm oder zu eitel oder zu geldgeil, dies zu begreifen.
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blacksister´s ghost

Re: Vollgeld

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Deaddigger
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Re: Vollgeld

Beitrag von Deaddigger »

Also als kleiner Einwurf für @blacksister´s ghost mir schwirt gerade irgendwas von 500.000 $ oder so (können auch ein zwei nullen mehr oder weniger sein) durch den Kopf, der bei paypal pro sekunde umgebucht wird.
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Pirat von Rhyolith
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Re: Vollgeld

Beitrag von Pirat von Rhyolith »

Hier ist ein interessanter Querverweis gefallen: Der darauf, dass das Geld ja auch eigentlich wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden muss, indem man etwas kauft.
Das ist ein wichtiger Punkt. Wenn man das nicht tut, spart man. Sparen bedeutet aber nicht nur, dass man Geld dem Kreislauf vorenthält. Es geht noch weiter: Wenn es nicht mehr im Kreislauf ist, fehlt es woanders, egal wie viele Luftbuchungen man mit Derivaten vornimmt, die etwas anderes vorgaukeln. Es entstehen: Schulden.
Bei zwei Zahlen ist mir schon vor Jahren aufgefallen, dass die immer sehr ähnlich in ihrer Höhe sind: Die der Sparguthaben in Deutschland und die der Staatsverschuldung.
Letztere war 2016 bei 2,005 Billionen Euro, erstere bei 2,243 Billionen Euro.

Ich halte die ähnliche Höhe der beiden Zahlen nicht für Zufall. Alles Geld im Kreislauf geht irgendwann durch einen Abschnitt auf jeden Fall durch: Durch die Hände des Staates. Sei es, dass der Staat selber was verkauft, sei es, dass er Steuern einnimmt, Gebühren, Bussgelder etc. Dadurch würde ich jetzt erwarten, dass sich der Schatten des Geldes, welches dem Kreislauf entzogen wird, am größten und deutlichsten genau da abzeichnet, wo es irgendwann hätte auftauchen müssen. Nämlich genau da, beim Staat.
Zugegeben, eine Diskrepanz ist da immer noch, bei den beiden oberen Zahlen immerhin von fast 240 Milliarden Euro.
Aber ich wäre nicht im Mindesten überrascht, wenn diese Zahl ziemlich nahe an dem anderen Schuldenposten im Land liegen müsste - den Privatschulden.
Dazu hab ich jetzt auf die Schnelle nur eine Zahl auftreiben können, die von Ende 2013. Damals beliefen sich die Privatschulden im Land auf rund 217 Milliarden Euro. Bei neueren Quellen hab ich über Google jetzt leider nur rausknobbeln können, dass die Zahl der verschuldeten Privathaushalte/leute seit damals gestiegen ist. Aus den Zahlen kombiniert mit der einfach mal unverändert angenommenen Pro-Kopf-Verschuldung von 2013 kommt man auf zusätzliche Schulden von nochmal 13 Milliarden Euro....bedenkt man die Möglichkeit, dass die Pro-Kopf-Verschuldung auch gestiegen ist, ist der Weg zu den 240 Milliarden wirklich nicht weit.

Ich bin kein Finanzfachmann und eventuell hab ich hier auch horrenden Müll gelabert (Frau Schlotter kennt sich besser aus und mag mich gerne korrigieren). Aber ich denke, es ist kein Zufall, dass diese Zahlen so erstaunlich gut zueinander passen.
Wenn ein Vollgeld-Konzept dazu führen würde, dass wieder mehr Geld im Kreislauf landet anstatt irgendwo sinnlos rumzuliegen (und damit meine ich nicht, das Ersparte von Omi für den Lebensabend oder so...aber es gibt schon Vermögenshöhen, wo ich mich frage, WAS ZUM GEIER die Leute damit eigentlich wollen), dann könnte das durchaus auch positive Effekte auf die Armutsverteilung im Lande und die staatswirtschaftlichen Kenndaten haben.
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Grauer Wolf
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Re: Vollgeld

Beitrag von Grauer Wolf »

Des Einen Vermögen ist des Anderen Schuld. So weit würde ich das schon unterschreiben. Ob sich die deutschen Staatsschulden nun mit den deutschen Privatvermögen nun per Zufall oder aus Prinzip die Waage halten? Keine Ahnung. Ich vermute jedoch, daß die Sache etwas komplizierter ist -- siehe allein schon TARGET2, wo die Deutsche Bundesbank Ende 2017 ein Buchvermögen von 871 Milliarden Euro geparkt hat -- was letztendlich nichts anderes bedeutet, daß andere Euro-Staaten bei Deutschland derzeit mit 871 Milliarden Euro in der Kreide stehen.

Und ich kann nur wiederholen, was ich oben schon geschrieben habe: Es existiert so viel Bucngeld, daß es überhaupt nicht mehr möglich ist, auch nur größere Anteile hiervon wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. Stellt sich die Frage, ob man Buchgeld auch wieder vernichten kann, nachdem man es geschöpft hat -- und zwar ohne die kleinen Leute um ihr Erspartes zu bringen. Ich befüchte nein.
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Re: Vollgeld

Beitrag von Pirat von Rhyolith »

Vermutlich nur durch einen extrem massiven gesetzlichen Eingriff.
Etwa in der Art:
Man ermittelt wieviel echte Werte im Umlauf sind bzw. ausgezahlt werden könnten. Man ermittelt dann wieviel man noch dazu drucken könnte, ohne die Inflation zu sehr in die Höhe zu treiben. Daraus berechnet man, was jeder pro Kopf maximal behalten darf. Wer drunter liegt, behält alles, wer drüber liegt, hat Pech gehabt und bleibt beim Maximalwert. Und dann erklärt man per Gesetz alle darüber hinausgehenden Buchgeldwerte schlicht für nichtig.

Wäre sogar noch die einfache Operation. Im Grunde ist der Geldschein auch nix anderes als ein Wechsel, an den man glaubt, spätestens seit die Goldbindung pfutsch ist. Vor Erfindung des Geldscheins, als es nur Münzen gab, war der Wert noch ein wenig realer, weil auf Edelmetall basierend. Aber schon da wars eigentlich eine Glaubenssache, ob drei Goldstücke wirklich drei Rindern entsprachen. Jedenfalls wäre die gesamte Buchgeldüberwindung noch schwieriger, wenn wir wieder zurück zum Edelmetall wollten.
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Phönix75
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Re: Vollgeld

Beitrag von Phönix75 »

Eine Buchgeldreform... ;) Man streicht einfach 2 bis 3 Nullen weg und schon ist die Sache zumindest ein wenig reguliert. Der Aufschrei wäre enorm. Immerhin ergötzen sich viele an der Zahl, die sie auf ihrem Sparguthabenkontoauszug oder dem ihres Aktiendepots sehen. Herrlich, wie Psychologie wirkt. Theoretisch könnten ja alle mal versuchen zur annähernd gleichen Zeit, ihre Sparguthaben und Aktiendepots u.a. aufzulösen und das Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Hätten wir dann kurzfristig eine Mangelwirtschaft? Ich erinnere mich noch recht gut an die Zeiten von vor 30 Jahren (was allerdings nur eine vorgegaukelte Mangelwirtschaft war, weil viele im Osten produzierte Waren für harte Währung in den Westen verkauft wurden).

Aber wie ich schon mal im DL schrieb... die Kapitalwirtschaft ist etwa 4 mal so große wie die wertschaffende Wirtschaft, wie Handwerk, produzierendes Gewerbe usw.. Das sagt doch alles aus, wie aufgebläht der (Buch)Geldapparat ist und dass eine ganze Wirtschaft nur von Zahlen auf dem Papier lebt. Deswegen habe ich Börsen, Banken und die damit einhergehenden Spekulationen immer verabscheut. Aber das ist nur EIN krankhaftes Symptom des Kapitalismus.
Nichts ist so, wie es scheint.