"Heimat"

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Phönix75
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Re: "Heimat"

Beitrag von Phönix75 »

Bloody Arthur hat geschrieben: Sonntag 10. März 2019, 11:07
Naja, hier sehe ich doch einen deutlichen unterschied...

Darf ich fragen, welchen? Du meinst jetzt hoffentlich nicht den Gedanken, "Ich könnte ja, wenn ich es mir leisten kann."?! Ich fühlte mich persönlich zu DDR-Zeiten nicht "eingesperrt". Es gab Bekannte in der damaligen Tschechoslowakei, wo ich ab und zu in den Ferien/Urlaub war und das war für mich schon eine halbe Weltreise. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
Bloody Arthur

Re: "Heimat"

Beitrag von Bloody Arthur »

Phönix75 hat geschrieben: Sonntag 10. März 2019, 11:16 Darf ich fragen, welchen?
Das du dich nicht eingeschränkt gefühlt hast freut mich, ich kann das auch nachvollziehen. Aber es gab genug Leute bei denen das anders war. Es war nunmal nicht gewollt das Leute irgendwas aus "westlichen" Ländern mit bekommen oder gar dort hinfahren um die Kultur zu erleben oder gar ein Stück der Kultur, in die DDR mitbringen. Leute die sich daran nicht gehalten haben oder ein anderes Lebens-Model leben wollten oder auch nur andere Musik machen wollten oder kritisch waren, haben teilweise arge Probleme bekommen. Ich denke das ist nicht zu leugnen. Unter anderem mein Vater war so ein Beispiel... Er ist aus dem Studium geflogen, hatte Auftrittsverbot,wurde bedroht, ihm wurden kleinere Verbrechen angehangen um seinen Ruf zu schädigen, Freunden und Familie wurde nahegelegt sich besser nicht mit ihm ab zu geben, teilweise gab es sogar Situationen die einer Entführung nahe kommen... usw. usw. richtiger Psychoterror. Heute alles nach zu lesen in den Akten.
Ich will nicht sagen das damals alles Scheiße war und heute alles gut, ganz und gar nicht... Aber damals gabs auch viel Scheiße, neben Dingen die damals wohl besser funktioniert haben als heute.... aber Menschen die nicht ins Bild gepasst haben wurden teilweise mutwillig zerstört...
Soiled

Re: "Heimat"

Beitrag von Soiled »

Phönix75 hat geschrieben: Sonntag 10. März 2019, 10:57 Ich kenne keinen ausm Osten, der seine Heimat wo anders sieht, als da wo sie herkommen.
Jetzt kennste einen, und zwar mich. Ich komm da zwar her, aber ich sehe es nicht als meine Heimat, weil die emotionale Bindung einfach nicht vorhanden ist.
Damals durfte man eben nicht die ganze Welt bereisen (wobei das sozialistische Ausland auch nicht uninteressant und klein war), heute kann sich nicht jeder finanziell den tollen Auslandsurlaub leisten.
Was hat das denn mit einer tollen Auslandsreise zu tun, wenn ich nicht einfach mal in den Zug springen konnte, um meine Verwandten zu besuchen, die grade mal 50 km weit weg wohnten - nur leider war da eine Grenze dazwischen?
Und was hat das mit einer tollen Auslandsreise zu tun, wenn ich im Ausland leben und arbeiten möchte, es aber nicht darf? Nicht mal innerhalb der DDR war Umziehen einfach ...
Und was hat das mit einer tollen Auslandsreise zu tun, wenn meine Mutter jedes Mal einen Passierschein beantragen musste (mit entsprechender Wartezeit), weil das Krankenhaus, in dem meine Oma im Sterben lag und sie sie besuchen wollte, im Sperrgebiet lag?

Mit Finanzen haben diese Sachen ja nun eher wenig bis nichts zu tun ...

Ist ja schön für Dich, dass sowas für Dich nicht relevant war und ist. Wirklich, ich freu mich, dass Du und Dein Umkreis solche Erfahrungen nicht machen mussten. Nichtsdestoweniger finde ich Deine Aussage äußerst geschmacklos.
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NoelWilliamMoelders
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Re: "Heimat"

Beitrag von NoelWilliamMoelders »

Ich denke, so sehr sich die Leute gegen "Heimat" aus ideologischen Gründen wehren,
am Ende ist es wie bei den Lachsen auch.
Mit freundlichen Grüssen
Noel W. Moelders
An Analog Guy in a Digital World
oder die Rebellion der Träumer
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Schattenwurf
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Re: "Heimat"

Beitrag von Schattenwurf »

Bloody Arthur hat geschrieben: Sonntag 10. März 2019, 17:36 Leute die sich daran nicht gehalten haben oder ein anderes Lebens-Model leben wollten oder auch nur andere Musik machen wollten oder kritisch waren, haben teilweise arge Probleme bekommen.
Ich denke das ist nicht zu leugnen.
Ist das hier der Feminusmus- oder AFD-thread?
NoelWilliamMoelders hat geschrieben: Sonntag 10. März 2019, 21:15 Ich denke, so sehr sich die Leute gegen "Heimat" aus ideologischen Gründen wehren,
am Ende ist es wie bei den Lachsen auch.
Guter Standpunkt, finde ich.
Great minds discuss ideas;
average minds discuss events;
small minds discuss people.
Bloody Arthur

Re: "Heimat"

Beitrag von Bloody Arthur »

@Schattenwurf
Äh... nein und ich versteh die Frage nicht ehrlich gesagt...
Ist bissel off Topic, klar... aber ich wurde nun mal direkt gefragt. *schulterzuck*
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Blackshiro
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Re: "Heimat"

Beitrag von Blackshiro »

Ich musste den Begriff Heimat für mich mehrfach neu überdenken. In jüngeren Jahren war es für mich einfach der Ort, an dem man geboren und aufgewachsen ist. Meine Familie ist nie umgezogen, als ich klein war und meine Eltern werden in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin, vermutlich auch sterben, so sie nicht ins Pflegeheim müssen, insofern war meine Kindheit sehr konstant.
Nur habe ich recht schnell ein Aversion gegen diese Heimat entwickelt und damit war 'Heimat' lange Zeit negativ behaftet.
Ich mag mich hier auf gar keinen Fall mit Menschen aus der DDR vergleichen, mitnichten, aber der Gedankengang, dass man den Ort, an dem man nicht sein möchte, nicht verlassen kann und diesen Ort deshalb nicht mag, ist mir nicht fremd und ich kann mir durchaus gut vorstellen, dass es vielen menschen aus der DDR so geht oder ging. Nicht wenige haben diese Heimat schließlich unter Lebensgefahr verlassen und wussten, sie würden nie mehr zurückkönnen, wenn die Mauer nicht fällt.

Mittlerweile denke ich, dass ich 'zuhause' und 'Heimat' voneinander trenne. Heimat, das ist der Ort an dem ich geboren und aufgewachsen bin. Ich habe nicht vor, je wieder dort zu leben, bin nur 1, 2 Mal im Jahr zwecks Familienbesuchen unten und damit zufrieden, aber in der Stadt, in der ich jetzt lebe, bin ich eben nur zugezogen. Und ich finde, gerade in Städten wie Berlin, Hamburg oder meinethalben auch Dresden, ist es schon etwas anderes, ob man damit aufgewachsen ist, oder nicht.
Ich liebe Hamburg und wenn ich nach langer Abwesenheit den Hafen sehe, fühle ich mich 'zuhause'. Aber meine Heimat liegt woanders. Ich vermisse sie nicht, ich möchte dort nicht leben und habe nie gern dort gelebt, aber es ist nun mal der Ort, an dem ich geboren wurde.
Mein 'Zuhause' hingegen ist der Ort, an den ich zurückkehre. Freiwillig. Gern. Dort, wo ich mich sicher fühle, wo meine persönlichsten Gegenstände sind und meine Tiere. 'Zuhause' ist flexibel und mehr oder weniger 'in mir'.
Ich sage mehr oder weniger, weil nur eine eigene Wohnung dafür nicht ausreicht. Der Ort ist schon entscheidend. Ich fühle mich in meiner jetzigen Wohnung zwar zuhause, aber sie ist immer noch nicht genau da, wo ich wohnen möchte. Es ist ein Übergangsquartier.

Was Nationalstolz anbelangt im Übrigen: Konnte ich nie nachvollziehen. Stolz ist man mE auf Dinge, die man selbst vollbracht hat. Zufällig irgendwo geboren zu sein, ist keine Leistung. Was andere Menschen geschaffen haben, positiv oder negativ, ist nicht meine Leistung. Wenn die deutsche Nationalmanschaft im Fußball gewinnt, freue ich mich nicht, und ich fühle mich nicht für die Verbrechen im 2. Weltkrieg verantwortlich.
Ich finde das Wort Nationalstolz einfach merkwürdig. Heimatliebe oder so, aber Stolz... nein.
Etwas zu lieben und zu schätzen, sei es unsere Landschaft, Kultur, "Made in Germany", was auch immer, ist vollkommen okay. Aber ich finde, niemand kann auf etwas stolz sein, was er nicht selbst verkörpert. Wenn ich irgendwo arbeite, wo Produkte "Made in Germany" hergestellt werden, die damit werben und ich mich als Teil davon sehe - okay.
Wenn ich im Dienstleistungssektor bin und stolz auf "Made in Germany" - schwieriger.
Ich mag Deutschland auch und wenn ich im Ausland bin, vermisse ich vor allem unserer Brotkultur.
Wobei auch ich denke, dass insbesondere Deutsche sich mit Nationalstolz und Heimatliebe und überhaupt Patriotismus unnötig schwer tun. Wir werden von klein auf dazu gedrillt, dass der 2. Weltkrieg ganz, ganz furchtbar war und dass sowas nie vorkommen darf - ist auch richtig, keine Frage. Aber Deutschland ist nun mal ein bisschen mehr, als nur Hitler und ich finde, dass wir dieses Thema viel zu sehr aufblähen, auch heute noch. Das ist aber, glaube ich, eher ein eigenes Thema wert.

Und noch weiter gefasst, ich glaube, Heimat steckt ganz natürlich in jedem von uns. Heimat kann man nicht abschütteln oder wechseln. 'Zuhause' schon.
Heimat ist je nach Definition ja dehnbar. Normalerweise bezieht man sich auf den Ort, in dem man geboren wurde. Landesübergreifend spricht man von dem Land, in dem man geboren wurde.
Und ich glaube, jeder Auswanderer, und mag er sein neues Zuhause noch so sehr lieben, die Heimat liegt doch woanders und das wird man nie ganz los. Man kann das ablehnen, aber alleine, dass man es so erlebt hat, unterscheidet einen doch von denen, die nicht dort aufgewachsen sind.
We are far from perfect - but perfect as we are
Charlotte Sometimes
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Re: "Heimat"

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Mein zu Hause ist für mich ganz klar die Stadt,in der ich geboren wurde und bis heute lebe. 8-)
Wobei ich sagen muss,dass "Heimat" im Grunde nur noch ein ein Ort in meiner Erinnerung ist.
Auch wenn ich mich in dem Bezirk in dem ich lebe,sehr heimisch und wohl fühle,ergreift mich tiefe Melancholie, wenn ich durch den Stadtteil gehe,in dem ich meine Kindheit verbracht habe. Dort fühle ich mich immer noch zu Hause,auch wenn sich vieles verändert hat. :cry: Alle paar Monate fahre ich dort hin,um die "Heimat" in meinen Erinnerungen zu besuchen.
Das ist bedrückend und schön zugleich,eine Sehnsucht nach der Vergangenheit,die zwar auch nicht immer schön war ,aber ich dennoch dieses Bad in der Melancholie genieße.
Soiled

Re: "Heimat"

Beitrag von Soiled »

@Bloody Arthur
Um wieder auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Ich finde es z.B. sehr interessant, wie in der Sowjetunion von "Wurzellosen Kosmopoliten" geredet wurde, wo es eigentlich ganz offensichtlich um Juden und Antisemitismus ging. Wie jemand "Kosmopolit" irgendwie negativ auslegen kann ist mir eh ein Rätsel, aber wir haben es ja sogar geschafft, "Eliten" als etwas schlechtes dastehen zu lassen. :lol:

Und wenn wir schon bei Sprache sind: Ich find's ja auch spannend, dass es "Vaterland" heißt, aber "Muttersprache". Sogar im Lateinischen war das schon so ("patria" und "lingua materna"). Was natürlich meine Hypothese unterstützt, dass sich in Sprache unterliegende gesellschaftliche Strukturen manifestieren, aber das nur nebenbei.
Ich halte es da jedenfalls mit Franz Rosenzweig: "Sprache ist mehr als Blut". Und mehr als Blut und Boden sowieso. ;) Heutzutage redet man stattdessen eh lieber von "Genetik und Heimat", von Strache bis Höcke, aber das ist imho genau die gleiche Nazi-Diktion, nur ein bisschen aufgehübscht. Und, nein, ich behaupte nicht, dass jeder, der so redet, ein Nazi sei. Nur dass er (oder sie) sich verdächtig ähnlich anhört.

Und bei komplexeren Herkünften wird's sowieso schwierig. Die Eltern eines Freunds von mir kommen aus Taiwan, er selber wurde in Kanada geboren, hat dann lang in BaWü gelebt und jetzt in Ö. Wo seine Heimat ist? Keine Ahnung. Er selber nennt sich "Chinäbe", also Chinese/Schwabe. Was lustig ist, weil man eh drüber diskustieren kann, ob Taiwan nun überhaupt zu China zählt oder nicht.
NoelWilliamMoelders hat geschrieben: Sonntag 10. März 2019, 21:15 am Ende ist es wie bei den Lachsen auch.
Belege dafür, bitte. Ich weiß ja nicht mal, ob Du damit das Fortpflanzen oder das Sterben meinst.
Bloody Arthur

Re: "Heimat"

Beitrag von Bloody Arthur »

Soiled hat geschrieben: Montag 11. März 2019, 17:19 Heutzutage redet man stattdessen eh lieber von "Genetik und Heimat"
Damit kann ich überhaupt nichts anfangen...
Heimat ist für mich ein philosophisches Konzept bzw. ein durch Emotionen, Vertrautheit oder Sehnsucht und Erinnerungen geprägtes Erleben von Umgebung und ähnlichem und hat eher nichts mit Biologie zu tun... Sieht man ja auch daran wie unterschiedlich Heimat empfunden bzw. definiert wird.
Der Bekannte den ich im Eingangspost erwähnte ist jedenfalls kein Peruaner. :mrgreen:

Das mit "Vaterland" und "Muttersprache" finde ich auch interessant... wobei ich nicht verstehe woher das kommt... also warum das Land männlich und die Sprache weiblich "ist"... hmmmm....

Edit:
Ach ja, jedenfalls empfinde ich Sprache und Dialekt auch teilweise als Heimat... obwohl mich Dialekte auch nerven können.