Organspende und Spahns Widerspruchslösung

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Evanahhan
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Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Evanahhan »

Demon89 hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 07:49 1.) Entmündigung und Recht am eigenen Körper
Die albernsten Widerworte überhaupt. Warum können diese Menschen nicht mal sich informieren und nachdenken? :roll:
Zuerst: http://www.rechtslexikon.net/d/rechtsfa ... igkeit.htm
Die Rechtsfähigkeit beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Heißt, wenn man Tod ist, kann man auch keine Rechte mehr wahrnehmen oder einfordern, das schließt das Recht am eigenen Körper mit ein, welches in diesem Falle auf die Angehörigen übergeht. Also "Mein Körper gehört mir!" "Nicht mehr nach deinem Tod, dann gibt es dich ja auch nicht mehr."
Will man also diesbezüglich Vorkehrungen treffen, was mit einem nach dem Tod geschehen soll, kann man das nur machen, solange man noch lebt.
Das ist ja gerade der Punkt - wenn klar wäre, dass die Organentnahme NACH meinem Tod durchgeführt wird, wäre es mir egal. Die Organentnahme wird aber bei einem Sterbenden durchgeführt. Auch wenn das Sterben unausweichlich ist, aber hirntot ist noch nicht vollständig tot. Der Körper wird für die Entnahme künstlich am Leben gehalten. Da kann man jetzt darauf vertrauen, dass man eh nichts mehr spürt, aber das sehe ich eher als begründete Theorie und nicht als unumstößliche Wahrheit an. Berichte über die Schwelle zum Tod gibt es nur von "Zurückgekehrten", nicht von endgültig Gestorbenen. Was in dem Stadium alles noch wahrgenommen wird, kann man nicht genau wissen. Nahtoderfahrene sprechen von sehr klaren Wahrnehmungen, was aus medizinischer Sicht gar nicht möglich sein dürfte. Auch fühlen sie ich außerhalb ihres Körpers und ohne Schmerzen, was ebenfalls dafür spräche, dass die Organentnahme kein großes Drama mehr wäre. Aber wissen können wir es nicht. Auf jeden Fall dürfte sich beim Sterbeprozess noch wesentlich mehr abspielen, als die Medizin bisher messen kann.

Die Problematik auch aus Sicht von Angehörigen kann man z.B. hier nachlesen:
https://gesundheitsberater.de/organspen ... troffenen/
Demon89 hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 07:49 Denn wem die Sache wirklich wichtig ist, der wird seinen Interessen nachgehen und sich entweder dafür oder dagegen entscheiden. Und dem Rest ist es ja wohl an sich egal oder sind eh unmündig, wenn sie, trotz der Kenntnis, keine Willensäußerungen tätigen.
Viele Menschen werden auch einfach emotional oder intellektuell überfordert sein, eine Entscheidung zu treffen. Oder die "Aufklärung" läuft wie bisher auch nur in die Richtung PRO Organspende. Sich nicht entscheiden zu können, darf keine Legitimation für einen solchen Eingriff in das Sterben eines Menschen darstellen.
„Worte können sein wie winzige Arsendosen: Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“
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blacksister´s ghost

Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Sonntag 11. August 2019, 09:30, insgesamt 1-mal geändert.
Soiled

Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Soiled »

Evanahhan hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 23:21 Nahtoderfahrene sprechen von sehr klaren Wahrnehmungen, was aus medizinischer Sicht gar nicht möglich sein dürfte.
Aus medizinischer Sicht ist bei Nahtoderfahrungen (und vergleichbaren Erfahrungen) ziemlich viel möglich. ;)
https://de.wikipedia.org/wiki/Nahtoderfahrung Kann man sich mal anschauen, das rückt das Bild, das man davon hat, wieder ein wenig zurecht.
Viele Menschen werden auch einfach emotional oder intellektuell überfordert sein, eine Entscheidung zu treffen.
Naja, Leute dürfen doch sogar wählen gehen, ohne vorher einen Intelligenztest gemacht zu haben. ;) Und eine Entscheidung muss doch auch jetzt schon getroffen werden, ob nun von den Leuten selber oder nach ihrem Tod von den Angehörigen.
Das Argument, dass Leute zu doof sind, um eine eigene Entscheidung zu treffen, find ich schon arg herablassend.

Den Artikel hab ich angefangen zu gelesen, bei "Inzwischen leidet sie an Multipler Sklerose, wahrscheinlich ausgelöst durch den Tod ihrer Tochter, haben ihr die Ärzte erklärt." hab ich aufgegeben. Wenn derartig offensichtliche Unwahrheiten da auftauchen ist der Rest auch nicht grade zuverlässig. "Die Augen" werden sicher nicht gefehlt haben, man entnimmt nur die Hornhäute. Dass Kleidung von einem Unfallopfer zerschnitten wird ist normal, sollen sie ihn etwa ausziehen und damit wertvolle Sekunden bis Minuten verplempern? Klar, für die Autorin war das schockierend, ist verständlich. Aber ihr Bericht ist ... nun ja ... sehr tendenziös.

Wenn ich die Nerven hätte würde ich auch mal die ganzen Quellen dort durchgehen, viele sehen mir echt nicht vertrauenerweckend aus.
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Evanahhan
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Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Evanahhan »

Soiled hat geschrieben: Sonntag 2. Dezember 2018, 10:07 Das Argument, dass Leute zu doof sind, um eine eigene Entscheidung zu treffen, find ich schon arg herablassend.
Ist von mir aber überhaupt nicht herablassend gemeint. Es geht mir vor allem darum, dass der Tod nach wie vor ein Tabuthema ist und viele sich insbesondere mit dem eigenen Tod nicht gern auseinandersetzen. Und ja, es gibt auch genug Menschen, die es nicht so schaffen, sich umfassend zu einem Thema zu belesen. Das ist keine Abwertung, sondern einfach die Realität und sagt nichts darüber aus, wie liebenswert derjenige ist.
Ich finde einfach, dass fehlende Befassung mit dem Thema nicht automatisch als Zustimmung gewertet werden sollte, das empfinde ich als übergriffig. Klar, dann müssen sich aktuell die Angehörigen Gedanken machen und eine Entscheidung treffen. Aber da wird dann wenigstens aktiv eine Entscheidung getroffen und nicht passives Verhalten als getroffene Entscheidung interpretiert.

Den verlinkten Artikel will ich auch keineswegs als wissenschaftlichen Beleg für irgendwas verstanden wissen, sondern als subjektiven Erfahrungsbericht. Es ist einfach mal eine andere Perspektive, während sonst das Thema fast nur aus Sicht der Organempfänger beleuchtet wird.
blacksister´s ghost hat geschrieben: Sonntag 2. Dezember 2018, 09:26 Wenn ich aber für mich die Sachen gegenüber stelle, dann beende ich doch lieber ein Leben was keins mehr is, als dass ich mich weiterhin quäle und auf etwas hoffe, was wohl nie passieren wird.
Das ist ja auch nicht die Frage. Ein Hirntoter kommt nicht mehr zurück und den krampfhaft am "Leben" zu erhalten, ist sinnlos - außer zu Zwecken der Organentnahme. Auch ohne Organspende wird da die Therapie beendet.
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Grasblut
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Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Grasblut »

Da immer noch zu wenige Menschen einen Organspendeausweis mit sich führen, ist das nun ein konsequenter Schritt. Angesichts der vielen menschen die beim Warten sterben

Ich selber trage meinen Ausweis seit Jahren mit mir rum und habe natürlich Ja angekreuzt. Zudem möchte ich gerne, dass der Rest an die Uni hannover gespendet wird, also Körperspende, für Ärzte in der Ausbildung und Forschung. Wenn ich Hirntod bin, bin ich tod. Meine Organe werden mittels Maschinen am Leben erhalten, aber auch das ist nicht ewig möglich. Dann doch lieber mit meinem Körper noch was gutes tun.
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NoelWilliamMoelders
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Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von NoelWilliamMoelders »

Gehören die Organe von Einwanderern auch automatisch Deutschland oder gelten dafür Sonderregelungen ?
Mit freundlichen Grüssen
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Fanchen
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Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Fanchen »

Evanahhan hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 23:21Die Organentnahme wird aber bei einem Sterbenden durchgeführt. Auch wenn das Sterben unausweichlich ist, aber hirntot ist noch nicht vollständig tot.
Evanahhan hat geschrieben: Sonntag 2. Dezember 2018, 13:15 Das ist ja auch nicht die Frage. Ein Hirntoter kommt nicht mehr zurück und den krampfhaft am "Leben" zu erhalten, ist sinnlos - außer zu Zwecken der Organentnahme. Auch ohne Organspende wird da die Therapie beendet.
Die zweite Aussage habe ich erst so gelesen, dass du "hirntot" als "tot" verstehst, aber das scheint wohl doch nicht der Fall zu sein. Ich habe Probleme, das nachzuvollziehen. Den von dir verlinkten Artikel habe ich gelesen und je weiter ich kam, desto schlechter fand ich ihn leider: Dass die Frau ihren Sohn zur Organspende freigegeben hat, kann ich schon verstehen. Und dass sie es hinterher bereut hat, gerade als sie dann seine Leiche noch einmal sehen konnte, auch. Was genau dem Körper entnommen worden sein könnte weiß ich nicht, Soiled hat ja schon angemerkt, dass der Artikel da wohl etwas ungenau sein könnte.
Das ist ein Indiz dafür, dass die Autorin eventuell nicht ganz neutral ist, aber bis dahin finde ich das gar nicht so schlimm. An der Stelle könnte ich Übertreibungen schon verstehen. Später sollte aber dann doch wahrheitstreu argumentiert werden, und das scheint mir nicht der Fall zu sein.
Beispielsweise wird angeführt, dass Körper von Organspendern warm sind, nicht starr und ohne Atem, wie man (angeblich) erwarten würde. Nur würde man das eben nicht erwarten: Künstliche Beatmung ist natürlich notwendig, damit die Organe nicht zerstört werden. Das gilt auch für die Temperatur. Die Argumentation erfolgt hier rein auf Gefühlsebene, ohne Absicht, tatsächlich zur Wahrheit zur führen.
Nach allem, was ich an einigermaßen seriösen Quellen finden kann, bedeutet der Hirntod den unumkehrbaren Tod. Und zwar nicht "irgendwann in der Zukunft", sondern so, dass er bereits eingetreten ist. Dass der Körper warm ist und an eine komatöse Person erinnert macht das vielleicht nicht intuitiv verständlicher, aber es ändert dennoch nichts daran, dass das Leben ein Ende gefunden hat.
Es geht dann zum Beispiel damit weiter, dass angedeutet wird, Hirntote könnten Schmerz empfinden, und bei Organentnahmen die Verabreichung von Schmerzmitteln angeführt wird. Dass Schmerzmittel aber andere Zwecke haben können (und in dem Fall auch tatsächlich haben) als Linderung von Schmerzen, wird nicht erwähnt.
https://gesundheitsberater.de/organspende-nie-wieder-organtransplantation-aus-der-sicht-einer-betroffenen/ hat geschrieben:Die Transplantationsmedizin vertritt ein inzwischen längst überholtes Menschenbild. Der Mensch wird heute als Leib-Seele-Geist-Einheit gesehen, die untrennbar miteinander verbunden ist.
Ich hab den Begriff Leib-Seele-Geist-Einheit mal in ne Suchmaschine geschmissen und geguckt, was rausgekommen ist. Abgesehen von einigen Ergebnissen zum Leib-Seele-Problem der Philosophie finde ich auf den ersten Seiten ausschließlich christlich-religiöse Ergebnisse. Die Formulierung impliziert eine allgemeine Übereinkunft in der Wissenschaft. Aus meiner Sicht ist die zitierte Aussage daher glatt gelogen; bequemerweise erklärt sie aber auch, dass der ganze Artikel wohl zur Akzeptanz einer religiösen (hier christlichen) Sicht auf den Sterbeprozess führen soll.
Die Seite hat eine Themenübersicht, bei der unterschiedliche Themen nach Relevanz an der Größe ihrer Darstellung erkennbar sind. Ganz oben mit dabei sind die Themen Vollwertkost (was für mich nach kurzer Recherche entweder unbewiesenen Nutzen hat oder gar schädlich ist), und Homöopathie, über die positiv berichtet wird.

Ich gehe daher davon aus, dass man gut daran tut, kein Wort von dem zu glauben, was auf dieser Seite steht.

Trotzdem hat der Artikel (bzw. deine Verlinkung auf ihn) mich dazu bewegt, mich etwas mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen. Allerdings sieht es wohl eher danach aus, dass die Diagnose des Hirntods eine absolut zuverlässige Methode zum Festellen des Todes ist, und dass jegliche Berichte von Schmerzen, "Aufwachen" nach festgestelltem Hirntod oder ähnliche Probleme völlig aus der Luft gegriffen sind.

Ich bin daher in meiner schon vorher bestehenden Einstellung bestärkt, dass die Widerspruchslösung zur Organspende der richtige Weg ist. Wer nicht explizit einer Organentnahme widersprochen hat, sollte nach festgestelltem Hirntod als Organspender zur Verfügung stehen. Damit dürfte sich die Anzahl potentieller Organspender um viele Menschen erweitern, denen es eher egal ist, die sich aber nicht die Mühe machen, einen Organspendeausweis mitzuführen.
"If you ignore the rules people will, half the times, quietly rewrite them so that they don't apply to you."
- Terry Pratchett, Equal Rites
Soiled

Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Soiled »

Fanchen hat geschrieben: Dienstag 4. Dezember 2018, 00:46 Die Argumentation erfolgt hier rein auf Gefühlsebene, ohne Absicht, tatsächlich zur Wahrheit zur führen.
Steht ja gleich am Anfang, dass "es die Aufgabe von uns Müttern wäre, das Gefühl wieder mit dem Akt der Organentnahme zu verbinden, damit der Mensch eine Chance hat zu begreifen."

Ich persönlich find ja auch, dass Gefühle eher hinderlich sind, wenn man etwas tatsächlich begreifen will. Aber viele tun das eben nicht.
Ich gehe daher davon aus, dass man gut daran tut, kein Wort von dem zu glauben, was auf dieser Seite steht.
Der Name "Max Otto Bruker", der die Gesellschaft gegründet hat und nach dem das Haus benannt wurde, kam mir auch irgendwie bekannt vor. Stellt sich raus, dass er der Autor von diesem entsetzlichen Machwerk "Unsere Nahrung - unser Schicksal" ist, und obendrein ... äh ... ich zitiere mal von hier, um auf der sicheren Seite zu sein: "Der Verfügungskläger muß es sich (...) gefallen lassen, als Scharnierstelle zwischen Ökologie- und Naturkostbewegung auf der einen und Neonazi-Szene auf der anderen Seite bezeichnet zu werden." Und Impfgegner war er auch noch.
Mit diesem ganzen "Neue Deutsche Heilkunde"-Dunstkreis hab ich einfach ziemlich massive Probleme.
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Demon89
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Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Demon89 »

blacksister´s ghost hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 09:39 Was den Punkt "das Gesundheitssystem is ja nich in der Pflicht, Organe zu verwerten" betrifft, muß ich aber sagen, find ich das ganze ziemlich Widersprüchlich. Auf der einen Seite wird kritisiert, dass es zu wenig Organspender gibt, auf der anderen Seite stehen die Krankenhäuser aber auch nich in der Pflicht Organe zu entnehmen. (dass mir der Aufwand für das ganze bewusst is, schrieb ich ja schon weiter oben, brauch mir daher also auch nich als Argument gebracht werden ;) )
Naja, wenn deine Organe halt nicht entnommen und anderen Menschen eingepflanzt werden - aus welchen Gründen auch immer - können deine Angehörigen deswegen halt nicht das Krankenhaus verklagen. Ist doch eigentlich (rechtlich) ganz sinnvoll. Moralisch sind sie dazu natürlich irgendwie in der Pflicht, wenn möglich ;)

Soiled hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 10:07 Und in Ö haben sie ja eh seit den 70ern die Widerspruchsregelung. Entweder tut man seinen Widerspruch zu den Ausweispapieren oder, wenn man ganz sicher gehen will, lässt sich in eine Datenbank eintragen. Bei Kindern machen das dann halt die Eltern, ab 14 kann man es selber tun. Dadurch haben sie deutlich kürzere Wartefristen als in D und (ich hab extra nachgeschaut) auch keine Skandale, weil die Verzweiflung der Patienten nicht so groß ist.
Bleiben dann ab 14/16/18 die Entscheidungen der Eltern bis zu einer neuen Willenserklärung der Person, die sie betreffen, bestehen oder werden die dann i wann resettet und man muss die Entscheidung noch mal selbst treffen (oder eben nicht)? Die Frage stelle ich mir durchaus nicht uninteressant vor, da ich mir vorstellen kann, dass viele Eltern (sofern ihnen das nicht egal ist oder sie diesen Gedanken des Todes ihres Kindes noch nie hatten) der Organspende wahrscheinlich widersprechen würden.

Evanahhan hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 23:21 Das ist ja gerade der Punkt - wenn klar wäre, dass die Organentnahme NACH meinem Tod durchgeführt wird, wäre es mir egal. Die Organentnahme wird aber bei einem Sterbenden durchgeführt. Auch wenn das Sterben unausweichlich ist, aber hirntot ist noch nicht vollständig tot. Der Körper wird für die Entnahme künstlich am Leben gehalten. Da kann man jetzt darauf vertrauen, dass man eh nichts mehr spürt, aber das sehe ich eher als begründete Theorie und nicht als unumstößliche Wahrheit an.
Wird der Hirntod festgestellt, zählt man offiziell als Tod und der Totenschein wird einem ausgestellt. Heißt, man ist zu diesem Zeitpunkt bereits weder rechtsfähig noch mündig.
Durchaus kann es sein, dass, aller medizinischen Wissenschaft zum trotz, noch irgendetwas spürbar wäre. Jedoch, wie du bereits gesagt hast, ist die gegenteilige Annahme durchaus begründet und glaubhafter. Wer dennoch vor so etwas Angst hat kann im Falle der Widerspruchsregelung ja problemlos widersprechen. Das der restliche Körper künstlich am Leben gehalten wird und gegebenenfalls noch nen paar reflexartige Zuckungen macht, wie ein Huhn, dem man den Kopf abgeschlagen hat, widerlegt das Wohl kaum. Tote (funktionsunfähige) Organe sind für Transplantationen nun mal wesentlich ungeeignet - außer vlt. für Frankensteins Monster.
Zum anderen macht allein diese Debatte darüber die ganze Thematik wieder themenrelevant für die wissenschaftliche Forschung. Und wer weiß, vlt. finden die ja sogar noch was neues heraus und blacksister muss nicht qualvoll spüren, wie ihr die Organe entnommen werden (obwohl es wie gesagt sehr unwahrscheinlich ist, dass man da wirklich noch was mitbekommt). Und du willst ja wohl nicht ernsthaft gegen den wissenschaftlichen Fortschritt sein, der für viele Organspender so positive Folgen haben könnte? :twisted:

Evanahhan hat geschrieben: Samstag 1. Dezember 2018, 23:21 Viele Menschen werden auch einfach emotional oder intellektuell überfordert sein, eine Entscheidung zu treffen. Oder die "Aufklärung" läuft wie bisher auch nur in die Richtung PRO Organspende. Sich nicht entscheiden zu können, darf keine Legitimation für einen solchen Eingriff in das Sterben eines Menschen darstellen.
Also wie bereits erwähnt, sehe ich das nun nicht als Argument an.
Zum einen stellt es eine angenommene Entmündigung der Menschen dar und zum anderen, wer halt wirklich wie ein Tier nicht mündig ist, kann ja auch wie ein Tier verarbeitet werden. Leben tun die meisten Menschen ja eh schon wie Maschinen.

Evanahhan hat geschrieben: Sonntag 2. Dezember 2018, 13:15 Ich finde einfach, dass fehlende Befassung mit dem Thema nicht automatisch als Zustimmung gewertet werden sollte, das empfinde ich als übergriffig.
https://de.wiktionary.org/wiki/übergriffig
https://www.duden.de/rechtschreibung/Uebergriff

übergriffig:
- Übergriffe in die Rechte, den Bereich, die Angelegenheiten und insbesondere in die sexuelle Selbstbestimmung anderer verübend
- unrechtmäßiger Eingriff in die Angelegenheiten, den Bereich o. Ä. eines anderen

Also, man verletzt damit weder die Rechte (da man nach dem Tod keine Rechtsfähigkeit mehr besitzt), noch die Selbstbestimmung (die hat ein Körper ohne Bewusstsein halt absolut nicht) oder tut etwas unrechtmäßiges (da es dann ja allgemein rechtmäßiges Gesetz wäre, falls das umgesetzt wird).

Soiled hat geschrieben: Sonntag 2. Dezember 2018, 10:07 Naja, Leute dürfen doch sogar wählen gehen, ohne vorher einen Intelligenztest gemacht zu haben. ;)
;)

NoelWilliamMoelders hat geschrieben: Sonntag 2. Dezember 2018, 20:42 Gehören die Organe von Einwanderern auch automatisch Deutschland oder gelten dafür Sonderregelungen ?
Eigentlich schlimm, dass ich so einer unsinnigen Frage eines Trolles irgendwie Aufmerksamkeit oder die Ehrerbietung einer Antwort erbringe.
1.) Die gehören nicht automatisch irgendwem!
2.) Gesetze sind allgemein gehalten! Also ja, auch bei denen würden im Falle der Widerspruchslösung, wenn sie zu ihren Lebzeiten keinen Widerspruch eingelegt haben und günstig im Bundesgebiet sterben, die Organe dem Allgemeinwohl zu gute kommen. Es sei den es wird die Regel, dass nach dem Tod die Verwandtschaft nochmal ein spezielles Recht hat das zu entscheiden (was auch allgemein wäre!), umgesetzt; in diesem Falle könnten diese auch noch widersprechen.

Wenn es denn eine Sonderregelung geben könnte, wäre dies der Fall entweder bei Fällen besonderen staatlichen Interesses oder bei Mitgliedschaft in bestimmten Religionen (wobei ich hoffe, dass man säkularisiert genug denken würde um bestimmte Religionszugehörigkeiten (z.B. Judentum) nicht automatisch als Sonderfall zu behandeln).

Soiled hat geschrieben: Dienstag 4. Dezember 2018, 05:58
Fanchen hat geschrieben: Dienstag 4. Dezember 2018, 00:46 Die Argumentation erfolgt hier rein auf Gefühlsebene, ohne Absicht, tatsächlich zur Wahrheit zur führen.
Steht ja gleich am Anfang, dass "es die Aufgabe von uns Müttern wäre, das Gefühl wieder mit dem Akt der Organentnahme zu verbinden, damit der Mensch eine Chance hat zu begreifen."

Ich persönlich find ja auch, dass Gefühle eher hinderlich sind, wenn man etwas tatsächlich begreifen will. Aber viele tun das eben nicht.

Bei der ganzen negativen Kritik bezüglich dieses Links mach ich mir mal nicht die Mühe, mir den erst anzusehen. Dennoch würde ich auf deine obigen Aussage folgendes erwidern: Ich finde, das Gefühle mitunter unentbehrlich sind, um etwas vollständig zu begreifen. Aber das liegt halt daran, dass jenes, was wir objektive Wirklichkeit nennen noch durch die Betrachtung unserer subjektiven Welt-Mensch-Beziehung ergänzen müssen, um es in Gänze begreifen zu können (man darf sich hier ruhig an Marys Zimmer erinnern).




Ich erdreiste mich mal zu erinnern, dass neben der Widerspruchslösung in der Bundestagsdebatte einige noch für andere Lösungen plädiert haben. Vielleicht wäre es sinnvoll, auch mal über diese zu sprechen ;)
Numquam populo crede!

Die Perfektion der Natur liegt in ihrer Unvollkommenheit.

"Mit dem Wissen wächst der Zweifel" (Johann Wolfgang von Goethe)
Soiled

Re: Organspende und Spahns Widerspruchslösung

Beitrag von Soiled »

Demon89 hat geschrieben: Dienstag 4. Dezember 2018, 08:00 Bleiben dann ab 14/16/18 die Entscheidungen der Eltern bis zu einer neuen Willenserklärung der Person, die sie betreffen, bestehen oder werden die dann i wann resettet und man muss die Entscheidung noch mal selbst treffen (oder eben nicht)?
Die Eintragung in das Register erlischt mit Vollendung des 14 Lebensjahres automatisch, siehe hier, aaaaaber es gibt hier eben die erweiterte Widerspruchslösung, d.h. man kann auch mündlich widersprechen, was dann von Angehörigen bezeugt wird. Ich würd mich nicht wundern, wenn Eltern dann sich darauf berufen, wenn sie es verpennt haben, das zu verlängern.

Mit Touristen ist es ja ähnlich: Eigentlich sind das auch automatisch Organspender, aber soweit ich weiß wird das in der Praxis eher sehr zurückhaltend gehandhabt, weil das natürlich schnell ein Skandal werden kann, wenn man die Angehörigen einfach übergeht. Als Nicht-Staatsbürger hab ich vorsichtshalber also immer noch einen Organspendeausweis dabei.

Ich werfe noch mal schnell in den Raum, dass durch Zusammenschlüsse wie Eurotransplant Länder mit verhältnismäßig wenig Spendern (wie z.B. D) von Ländern mit verhältnismäßig vielen Spendern (wie z.B. Ö) profitieren. Klar, Regionalität fließt in die Zuteilungsalgorhythmen mit ein, und Ö ist sowieso so winzig, dass es D nicht komplett mitversorgen kann, aber das ist trotzdem ein Gedanke, den man mal im Hinterkopf behalten darf.

Edit: Ich meine damit nur relatives Profitieren, kein absolutes. Kann ja durchaus sein, dass mehr deutsche Nieren in Österreich landen als umgekehrt, aber im Verhältnis zur Bevölkerungsanzahl eben nicht.