Was bedeutet Gothic für euch ?

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
Soiled

Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von Soiled »

Niemand verteufelt hier irgendwas. Ich hab ausdrücklich geschrieben, dass ich das *nicht* verurteile und ich den Leuten das gönne, auch wenn es nicht meinem Geschmack und auch nicht meinen Überzeugungen entspricht. Sicher nur überlesen.

Ich komm übrigens auch aus einer Kleinstadt. Und ich hab so schnell wie es ging meine Sachen gepackt und bin von dort weggezogen, einerseits weil ich dort nicht kulturell versauern wollte, andererseits weil's voll mit langweiligen Kleingeistern war. Damals hab ich ja tatsächlich noch gedacht, dass ich keine Menschen mögen würde. Was Blödsinn ist - ich mochte nur keine Kleinstädter•innen. In Großstädten hab ich dagegen immer sehr schnell sehr coole, smarte Leute kennengelernt. Inzwischen bin ich eh altersmilde geworden und komm auch mit Dörfler•innen halbwegs zurecht. Man muss sich nur etwas anpassen, dann geht das schon.

Und wir leben in einem freien Land, jeder kann jederzeit wegziehen, und grade als junger, ungebundener Mensch ist das doch kein großes Problem. Wie an anderer Stelle schonmal erwähnt: Höchstens bei gesundheitlichen Issues und bei pflegebedürftigen Angehörigen, die kann man nicht so einfach verlassen, aber sonst gibt's doch wirklich kaum einen ernsthaften Hinderungsgrund. Muss jetzt auch nicht sofort am oder kurz nach dem 18. Geburtstag sein; ich selber bin zwar 4 Monate nach meinem weggezogen, aber das ging auch nur weil ich Abi mit 17 gemacht hab. Andere machen erst eine Lehre und gehen dann weg, und das ist genauso ok. Von meinen damaligen Klassenkamerad•innen sind nur zwei dageblieben, glaub ich, ich bin also absolut kein Einzelfall. Aber wer mit 30 immer noch auf dem Land wohnt macht das komplett freiwillig, hat sich dadurch dann eben für eine gewisse Distanz von der eigentlichen Subkultur entschieden, und legt dafür mehr Fokus auf die leicht zugängliche, kommerzielle Unterhaltungsindustrie. Das M'era wird z.B. von FKP Scorpio/Eventim auf die Beine gestellt, was ein komplett szenefremder Drecksladen ist. Die machen ja noch viel mehr Festivals, nicht nur für die schwarze Szene. Die sehen die Leute, die dort hingehen, halt als kleine Sparschweine, die man schüttelt und die dann das Geld ausspucken. Wenn man das unterstützen will - wie gesagt, nur zu. Ist ja vollkommem ok! Nur muss man damit leben, dass andere Leute halt nicht auf diese extreme Kommerzialisierung stehen.

Und Großzügigkeit hat auch nichts damit zu tun wieviel man besitzt. Meiner Erfahrung nach sind arme Menschen sogar oft freigiebiger als welche mit mehr Geld. Gibt auch Untersuchungen dazu, ich sauge mir das nicht aus den Fingern. Quellen bei Bedarf.

Mein aktuellstes Gspusi (ehemals wohnungsloser Ex-Junkie) singt immer noch Loblieder auf die Solidarität der Leute, die auf der Straße leben. Vergleicht es mit einer urchristlichen Gemeinde und so.

Wobei ich da nichts romantisieren will. Armut ist ziemlich scheiße. Aber arme Leute sind nicht scheiße, ganz im Gegenteil.

Und die Mittelalter-Fantasy-Szene hat mit Goth(ic) jetzt nun wirklich nicht viel zu tun. Mit der Schwarzen Szene, ok, meinetwegen, da gibt's ein paar Überschneidungen am Rand. Aber mit Goth(ic)? Das geht gegen Null.
Wobei ich mir denke dass man auch da locker recht günstig über die Runden kommen kann, wenn man seine Sachen selber näht (per Hand ist authentisch, man braucht also nicht einmal eine Nähmaschine) und zu den LARPern oder zu den Reenactment-Leuten geht statt zu den hyper-kommerziellen Fantasy-MA-Märkten. Hier ums Eck treffen sich sogar Leute wöchentlich um gemeinsam an ihrem Zeug zu basteln, unter dem schönen Titel "Stitch & Bitch". DIY wird da ja echt groß geschrieben, und ich find's super dass die Fortgeschrittenen den Anfänger•innen da unter die Arme greifen.

Aber, nochmal: Ich hab absolut nichts gegen Leute, die ihre Schwerpunkte auf die kommerziellen Seiten der Szene setzen. Nur sollten sie dann vielleicht besser nicht über die Kommerzialisierung der Szene schimpfen, weil das eher unglaubwürdig wirkt.
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SchwarzPoet
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von SchwarzPoet »

Soiled hat geschrieben: Samstag 15. April 2023, 12:49 Das M'era wird z.B. von FKP Scorpio/Eventim auf die Beine gestellt, was ein komplett szenefremder Drecksladen ist. Die machen ja noch viel mehr Festivals, nicht nur für die schwarze Szene. Die sehen die Leute, die dort hingehen, halt als kleine Sparschweine, die man schüttelt und die dann das Geld ausspucken.
Kann ich nur bestätigen, da ich mit Scorpio vor einigen Jahren auch schon zu tun hatte, ... einfach nur zum Abgewöhnen. :x
Soiled hat geschrieben: Samstag 15. April 2023, 12:49 Aber, nochmal: Ich hab absolut nichts gegen Leute, die ihre Schwerpunkte auf die kommerziellen Seiten der Szene setzen. Nur sollten sie dann vielleicht besser nicht über die Kommerzialisierung der Szene schimpfen, weil das eher unglaubwürdig wirkt.
Stimme ich dir vollkommen zu, das wäre mehr als heuchlerisch und unglaubwürdig.
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Soiled hat geschrieben: Samstag 15. April 2023, 12:49 Niemand verteufelt hier irgendwas. Ich hab ausdrücklich geschrieben, dass ich das *nicht* verurteile und ich den Leuten das gönne, auch wenn es nicht meinem Geschmack und auch nicht meinen Überzeugungen entspricht. Sicher nur überlesen.

Ich komm übrigens auch aus einer Kleinstadt. Und ich hab so schnell wie es ging meine Sachen gepackt und bin von dort weggezogen, einerseits weil ich dort nicht kulturell versauern wollte, andererseits weil's voll mit langweiligen Kleingeistern war. Damals hab ich ja tatsächlich noch gedacht, dass ich keine Menschen mögen würde. Was Blödsinn ist - ich mochte nur keine Kleinstädter•innen. In Großstädten hab ich dagegen immer sehr schnell sehr coole, smarte Leute kennengelernt. Inzwischen bin ich eh altersmilde geworden und komm auch mit Dörfler•innen halbwegs zurecht. Man muss sich nur etwas anpassen, dann geht das schon.

Und wir leben in einem freien Land, jeder kann jederzeit wegziehen, und grade als junger, ungebundener Mensch ist das doch kein großes Problem. Wie an anderer Stelle schonmal erwähnt: Höchstens bei gesundheitlichen Issues und bei pflegebedürftigen Angehörigen, die kann man nicht so einfach verlassen, aber sonst gibt's doch wirklich kaum einen ernsthaften Hinderungsgrund. Muss jetzt auch nicht sofort am oder kurz nach dem 18. Geburtstag sein; ich selber bin zwar 4 Monate nach meinem weggezogen, aber das ging auch nur weil ich Abi mit 17 gemacht hab. Andere machen erst eine Lehre und gehen dann weg, und das ist genauso ok. Von meinen damaligen Klassenkamerad•innen sind nur zwei dageblieben, glaub ich, ich bin also absolut kein Einzelfall. Aber wer mit 30 immer noch auf dem Land wohnt macht das komplett freiwillig, hat sich dadurch dann eben für eine gewisse Distanz von der eigentlichen Subkultur entschieden, und legt dafür mehr Fokus auf die leicht zugängliche, kommerzielle Unterhaltungsindustrie. Das M'era wird z.B. von FKP Scorpio/Eventim auf die Beine gestellt, was ein komplett szenefremder Drecksladen ist. Die machen ja noch viel mehr Festivals, nicht nur für die schwarze Szene. Die sehen die Leute, die dort hingehen, halt als kleine Sparschweine, die man schüttelt und die dann das Geld ausspucken. Wenn man das unterstützen will - wie gesagt, nur zu. Ist ja vollkommem ok! Nur muss man damit leben, dass andere Leute halt nicht auf diese extreme Kommerzialisierung stehen.

Und Großzügigkeit hat auch nichts damit zu tun wieviel man besitzt. Meiner Erfahrung nach sind arme Menschen sogar oft freigiebiger als welche mit mehr Geld. Gibt auch Untersuchungen dazu, ich sauge mir das nicht aus den Fingern. Quellen bei Bedarf.

Mein aktuellstes Gspusi (ehemals wohnungsloser Ex-Junkie) singt immer noch Loblieder auf die Solidarität der Leute, die auf der Straße leben. Vergleicht es mit einer urchristlichen Gemeinde und so.

Wobei ich da nichts romantisieren will. Armut ist ziemlich scheiße. Aber arme Leute sind nicht scheiße, ganz im Gegenteil.

Und die Mittelalter-Fantasy-Szene hat mit Goth(ic) jetzt nun wirklich nicht viel zu tun. Mit der Schwarzen Szene, ok, meinetwegen, da gibt's ein paar Überschneidungen am Rand. Aber mit Goth(ic)? Das geht gegen Null.
Wobei ich mir denke dass man auch da locker recht günstig über die Runden kommen kann, wenn man seine Sachen selber näht (per Hand ist authentisch, man braucht also nicht einmal eine Nähmaschine) und zu den LARPern oder zu den Reenactment-Leuten geht statt zu den hyper-kommerziellen Fantasy-MA-Märkten. Hier ums Eck treffen sich sogar Leute wöchentlich um gemeinsam an ihrem Zeug zu basteln, unter dem schönen Titel "Stitch & Bitch". DIY wird da ja echt groß geschrieben, und ich find's super dass die Fortgeschrittenen den Anfänger•innen da unter die Arme greifen.
Soiled hat geschrieben: Samstag 15. April 2023, 12:49 Aber, nochmal: Ich hab absolut nichts gegen Leute, die ihre Schwerpunkte auf die kommerziellen Seiten der Szene setzen. Nur sollten sie dann vielleicht besser nicht über die Kommerzialisierung der Szene schimpfen, weil das eher unglaubwürdig wirkt.

Wer hat das denn gemacht? Wäre hier grad irgendwie an mir vorbei gegangen.

Desweiteren: Was Straße und Süchtige und deren Umfeld angeht, habe ich eher gegenteilige Dinge mitbekommen. Die geben Dir vielleicht mal eine Kippe ab, wenn sie grad mehrere davon haben und entsprechend gut drauf sind und halten eine gewisse Solidarität hoch; nur reicht die nicht sonderlich weit. Gerade wenn Sucht noch mit dazu kommt. Da hört Freundschaft und Freigiebigkeit ganz schnell drauf und jeder ist sich selbst der nächste. Aber das nur mal so am Rande; da gibts sicherlich keine allgemein gültige Aussage.
Und im Grunde genommen frage ich mich auch, wie denn Menschen, die nichts haben, großartig freigiebig sein können. Sicherlich, es gibt auch andere Dinge außer Geld, mit denen man freigiebig sein kann. Fakt ist aber auch, dass man die ohne Geld nicht wirklich im Überfluss haben wird. Sprich, auch nicht so viel davon abgeben kann. Spielt aber eigentlich eh keine Rolle. Ich persönlich habe halt eher die Erfahrung gemacht, dass Armut auf jeden Fall schlimm ist und nicht selten jede Menge Schlechtes zum Vorschein bringt in den Menschen; wenn sie nicht grad aus freien Stücken in "Armut" leben, sondern da irgendwie rein gerutscht sind durch beschissene Umstände. Solche Leute habe ich (!) noch nie als recht freigiebig und großzügig erlebt.

Ansonsten: Menschen sind halt nicht alle gleich. Man kann nicht pauschal urteilen, dass es jedem frei steht, zu tun, was er will - und das dann auch alles unbedingt genau so verläuft, wie man sich das vorstellt. Das Leben läuft halt, wie da Leben so läuft *lacht* Finde ich ähnlich abgedroschen wie "Jeder kann sich seinen Traum verwirklichen, wenn er nur fest daran glaubt und alles dafür tut." - Joa. :roll: Da weiß man mit fortgeschrittenem Alter ja auch, dass das vielleicht irgendwie cool klingt, wenn man jung ist, aber da doch noch jede Menge andere Faktoren eine Rolle spielen. Und so ist es auch mit der Aussage, dass ja jedem jungen Erwachsenen frei stehen würde, irgendwo in die Großstadt ab zu hauen, weils da besser abgeht und cooler und freier ist als aufm Kaff und man ja mehr oder weniger selbst schuld sei, wenn man auf dem Land versauert ;) Ich denke, die meisten wissen, dass man das so ohnehin nicht sehen kann.
Und für mich persönlich wäre es halt jetzt auch keine Priorität bei der Auswahl meines Wohnorts, wieviel Ausgehmöglichkeiten die schwarze Szene dort hat bzw. wieviel da ganz generell in der Richtung los ist. Für manche mag das so sein; kein Thema. Für mich selbst hatten dann doch immer andere Dinge Vorrang - ein wirkliches "Jammern" hatte das hier ja auch nie sein sollen, sondern eher ein Betrag von jemandem, der durchaus der Meinung ist, dass Szene-Veranstaltungen sehr wohl mit Geld verbunden sein können, wenn man eben nicht mitten in einer Großstadt lebt. Denn tatsächlich bin ich jemand, der nicht in einer Großstadt leben möchte. Gibts auch.
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von Soiled »

Na ja, das war ja eh genau das, was ich geschrieben hab: Dass Leute, die mit 30 auf dem Land oder in einer Kleinstadt wohnen (oder eben im Umkehrschluss auch in einer Großstadt), sich dafür entschieden haben. Vor- und Nachteile abgewogen, mit den eigenen Interessen verglichen, und dann zu der Entscheidung gekommen dass das eine besser zu einem passt als das andere. Ausschließlich aus Bequemlichkeit wird ja sicher niemand dort wohnen bleiben wo er oder sie geboren wurde.

Aber damit haben sie sich dann eben auch dafür entschieden, dass sie bereit sind, signifikant mehr Geld für dieTeilnahme an der Szene auszugeben. Oder dass sie einfach kein wirkliches Interesse dran haben. Was ich nicht im geringsten nachvollziehen kann, um ehrlich zu sein - die schwarze Szene definiert sich doch vor allem über den gemeinsamen Konsum von Musik, ob nun in Clubs oder auf Konzerten. Da ist es doch nur natürlich, das mehr als einmal im Monat machen zu wollen. Und wenn der Berg nicht zum Propheten kommt muss der Prophet wohl zum Berg kommen.
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von SchwarzPoet »

Soiled hat geschrieben: Montag 17. April 2023, 22:32 Ausschließlich aus Bequemlichkeit wird ja sicher niemand dort wohnen bleiben wo er oder sie geboren wurde.
Vielleicht hat man ja einen besonderen Bezug zu seinem Geburtsort, ist sehr familiengebunden, mag die hektischen und teils überladenen Großstädte einfach nicht, ist vielleicht gar naturverbunden, oder hat sein Liebes und Lebensglück und vllt. auch seinen Traumberuf schon in seinem Geburtsort gefunden. Es gibt genügend Gründe in seinem Geburtsort zu verbleiben, die auch völlig nachvollziehbar sind, auch wenn der eine oder andere Außenstehende nicht nachvollziehen kann, warum einige junge Leute doch lieber an ihrem Geburtsort verbleiben.
Soiled hat geschrieben: Montag 17. April 2023, 22:32 Aber damit haben sie sich dann eben auch dafür entschieden, dass sie bereit sind, signifikant mehr Geld für dieTeilnahme an der Szene auszugeben.
Die "Entscheidung" nicht in eine Großstadt zu ziehen, kann man nicht gleichsetzen mit der Entscheidung mehr Geld für die "Teilnahme" an der Szene auszugeben. Besonders "Teilnahme" an der Szene,... Entweder ist man in der Szene, oder nicht. Das hat ja nichts damit zu tun, an Veranstaltungen oder Treffen der Szene teilzunehmen. Also den Gedankengang kann ich wiederum nicht nachvollziehen.
Soiled hat geschrieben: Montag 17. April 2023, 22:32 Oder dass sie einfach kein wirkliches Interesse dran haben. Was ich nicht im geringsten nachvollziehen kann, um ehrlich zu sein - die schwarze Szene definiert sich doch vor allem über den gemeinsamen Konsum von Musik, ob nun in Clubs oder auf Konzerten. Da ist es doch nur natürlich, das mehr als einmal im Monat machen zu wollen. Und wenn der Berg nicht zum Propheten kommt muss der Prophet wohl zum Berg kommen.
Mitläufer definieren sich lediglich über den gemeinsamen Konsum der Musik und ggf. noch über die Klamotten mit der schwarzen Szene. Wer sich NUR darüber mit der schwarzen Szene oder Gothicszene definiert, ist nichts anderes als ein Mitläufer. Zur Definierung mit der schwarzen Szene oder der Gothicszene gehört noch umso einiges mehr:

- Lebensphilosophie, Lebensweise
- Verbundenheit mit alten Werten und Dingen
- eigenständiges, vllt. auch rebellisches Denken
- ggf. ein Hang zur Philosophie und Poesie
- ggf. ein Hang zum Mystischen
- die Auflehnung gegen:
Respektlosigkeit, Menschenhass (gegenüber anderen Religionen, Hautfarben usw.), Intoleranz...
- sich individuell und ungezwungen entwickeln und dazulernen zu können
usw.

Es gibt wie gesagt viel mehr als nur den Konsum von Musik, Bekleidungsstilen und vllt. noch den Hang zum Unbekannten. Wäre es nur das, würde weder die Gothicszene noch die allumfassendere schwarze Szene seit über 40 Jahren hätte überleben können.

Und das schöne ist, die von mir aufgezählten weiteren Definierungen sind nicht vorgegeben und müssen von jedem selbst für sich selbst gefunden werden, ohne Vorgaben, ohne Zwang und ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. ;)
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von Phönix75 »

SchwarzPoet hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 00:25
Mitläufer definieren sich lediglich über den gemeinsamen Konsum der Musik und ggf. noch über die Klamotten mit der schwarzen Szene. Wer sich NUR darüber mit der schwarzen Szene oder Gothicszene definiert, ist nichts anderes als ein Mitläufer. Zur Definierung mit der schwarzen Szene oder der Gothicszene gehört noch umso einiges mehr:

- Lebensphilosophie, Lebensweise
- Verbundenheit mit alten Werten und Dingen
- eigenständiges, vllt. auch rebellisches Denken
- ggf. ein Hang zur Philosophie und Poesie
- ggf. ein Hang zum Mystischen
- die Auflehnung gegen:
Respektlosigkeit, Menschenhass (gegenüber anderen Religionen, Hautfarben usw.), Intoleranz...
- sich individuell und ungezwungen entwickeln und dazulernen zu können
usw.

Es gibt wie gesagt viel mehr als nur den Konsum von Musik, Bekleidungsstilen und vllt. noch den Hang zum Unbekannten. Wäre es nur das, würde weder die Gothicszene noch die allumfassendere schwarze Szene seit über 40 Jahren hätte überleben können.

Und das schöne ist, die von mir aufgezählten weiteren Definierungen sind nicht vorgegeben und müssen von jedem selbst für sich selbst gefunden werden, ohne Vorgaben, ohne Zwang und ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. ;)

Gut gebrüllt, Löwe! ;) Ich kenne nur wenige solcher schwarzen Individuen, die tatsächlich eigenständig oder gar rebellisch denken und zwar abseits von der Massendenke und vorgegebenen Denkweisen, wie man zu denken hat, um nicht anzuecken.
Mich würde aber noch eingehender interessieren, was du unter alten Werten und Dingen verstehst? Die Auflehnung gegen Respektlosigkeit kann ich nachvollziehen. Allerdings gibt es doch nicht unerheblich wenige, die eher den Menschen ansich abgeneigt sind. Da prinzipiell von Menschenhass zu sprechen, wäre vermessen. Aber wenn man die Gesamtheit der Menschheit betrachtet, den ganzen Ungerechtigkeiten, Kriege, Folter usw. usf., kann man nur zu dem Schluß kommen, dass man die Menschheit in ihrer Grausamkeit ablehnt und der Mensch es nicht verdient hat, auf dem Planeten sein Unwesen zu treiben. Gleichwohl soll dazu gesagt werden, dass Ausnahmen die Regel bestätigen. Ich persönlich kann nicht viel Gutes im Menschen sehen, außer sie tun wirklich Gutes aus voller innerer Überzeugung.
Über das Toleranzgefasel müssen wir nicht weiter reden. Hat der Szene nie gut getan und wir müssten vielleicht garnicht solche Diskussionen führen, über, was aus der Szene geworden ist, weil... manchmal halte ich Schwarze für reichlich naiv und weltfremd oder anders gesagt, in ihrer eigenen Welt lebend.
Mit den anderen Dingen gehe ich maximal d'accord.


Was die "Teilnahme" an der Szene angeht. Hm, ist halt scheinbar wie bei dem viktorianischen Gedöns. Man hüllt sich nur für entsprechende Events in diese Kleidung, nimmt teil und danach wars das wieder. Machen viele Schwarze aber auch, extra für Freitag- oder Samstagabend, sich gediegen in schwarz zu hüllen und in die Clubs zu gehen. Danach ist alles wieder gut und man nimmt am gewöhnlichen Leben teil. Und wer nicht "teilnimmt", ist aus voller Überzeugung 24/7/365-Grufti, der nicht nur alles schön findet, widerspricht, aneckt und seine ganz eigene Schiene fährt, egal, was andere denken. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
Soiled

Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von Soiled »

SchwarzPoet hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 00:25 Vielleicht hat man ja einen besonderen Bezug zu seinem Geburtsort, ist sehr familiengebunden, [...]
Genau das hatte ich doch eh geschrieben: Man gleicht die Vor- und Nachteile von Klein- und Großstädten ab, vergleicht das mit seinen persönlichen Interessen und entscheidet sich dann. was besser zu einem passt. Und "familienGEbunden" hab ich ebenfalls schon gesagt - durch Verpflichtungen an die Familie gefesselt. "VERbundenheit", also eine positive, zuneigungsbasierte Bindung, ist dagegen etwas ganz anderes. Die verkraftet Abstand locker.
- Lebensphilosophie, Lebensweise
- Verbundenheit mit alten Werten und Dingen
- eigenständiges, vllt. auch rebellisches Denken
- ggf. ein Hang zur Philosophie und Poesie
- ggf. ein Hang zum Mystischen
- die Auflehnung gegen:
Respektlosigkeit, Menschenhass (gegenüber anderen Religionen, Hautfarben usw.), Intoleranz...
- sich individuell und ungezwungen entwickeln und dazulernen zu können
usw.
Also spielt in Deiner Wahrnehmung die Musik so eine geringe Rolle, dass sie noch nicht einmal Erwähnung auf der Liste findet? Da würde ich lauthals widersprechen. Goth bzw. die Schwarze Szene ist eine musikbasierte Subkultur. Ohne adäquate Musik keine Szene.
Keinen einzigen der aufgezählten Faktoren empfinde ich übrigens als speziell "gothic" sondern als vollkommen normal und generisch, um nicht zu sagen wischi-waschi. Worthülsen im wahrsten Sinne des Wortes - jeder kann sie mit der Bedeutung füllen die ihm oder ihr taugt. Ausnahmslos jeder Mensch hat doch eine Lebensphilosophie und eine Lebensweise. Und beim Rest schätze ich, dass sich sicher 50% der Menschen ähnlich wahrnehmen. Ich kenn mehr als genug Leute, die Antiquitäten mögen, sich für Geschichte, Philosophie oder Literatur interessieren und trotzdem mit der schwarzen Szene (und schon gar nicht mit Goth, was ja nicht deckungsgleich zur schwarzen Szene ist) absolut nix am Hut haben. Mein Mitbewohner steht z.B. auf historische Flügel, im Moment stehen hier ein Bechstein von 1900 und ein Steinway von 1886 im Wohnzimmer. Natürlich spielt er auch drauf, eh klar. Eigenständig denken tut er auch - er ist ein durchaus gescheiter Mann. "Goth" ist an ihm trotzdem nix. Genauso macht es niemanden "goth", der oder die ab und zu mal ein paar holprige Reime zusammenschustert. Die zwei Menschen in meinem Umfeld, die ich als wirklich sprachlich talentiert bis hin zu dichterisch begabt bezeichnen würde sind jedenfalls alles andere als gruftig unterwegs.
Und was "alte Werte" sein sollen frag ich mich auch. Dass man seine Kinder verdreschen darf? Frauen zurück an den Herd? Dass Religion über Ratio gestellt wird? Rassismus ist auch ein "alter Wert". In weiten Kreisen nennt man sowas einfach "konservativ", "überholt" oder gar "reaktionär" und sieht das ganz sicher nicht als positiv.
Und Rebellion wem oder was genau gegenüber? Respekt wem oder was genau gegenüber? Mit "rebellischem" Denken hab ich eh so meine Probleme, weil viele Leute, die das von sich behaupten, schlicht und ergreifend wissenschaftsfeindlich, Querdenker oder rechts sind, oder einfach nur in pubertärem Widerspruchsgeist feststecken.

Die ganze Aufzählung ist mir viel zu unkonkret und zu schwammig. Mich überrascht das sowieso etwas - jemand, der sich selbst als "Poet" bezeichnet, sollte doch wissen, wie das mit der sprachlichen Präzision funktioniert, weil das schließlich einer der Grundpfeiler der Lyrik ist. Aber ich sitz hier, bin nicht ganz dumm eigentlich, eigentlich auch recht belesen, kann Goethe und Heine und Tucholsky und Shakespeare (letzteren auch gern im Original) locker aus dem Stegreif aufsagen, und zerbreche mir trotzdem den Kopf drüber, was genau Du eigentlich ausdrücken willst.
Wie genau äußert sich denn die Auflehnung gegen Menschenhass? Muss man als Goth regelmäßig auf Demos gehen und sich mit Faschos kloppen? Artikel in antifaschistischen Magazinen schreiben? Seinem rassistischen Chef die Meinung geigen (und daraufhin gefeuert werden)? Sich bei Familienfeiern dem alten Onkel sagen, dass er bitte das N-Wort nicht mehr benutzen soll (und daraufhin die ganze Stimmung zu versauen)? Oder reicht es einfach, sich so zu "fühlen" und komplett untätig zu bleiben? Dann ist das aber natürlich keine Auflehnung im eigentlichen Sinne mehr.
Und das schöne ist, die von mir aufgezählten weiteren Definierungen sind nicht vorgegeben und müssen von jedem selbst für sich selbst gefunden werden, ohne Vorgaben, ohne Zwang und ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. ;)
Also kann im Prinzip jede/r "Goth(ic)" sein der oder die das von sich behauptet? Auch wenn er oder sie Hiphop oder Metal oder Schlager hört? Team "Lebensgefühl"? Kann man so sehen. Halte ich aber für komplett falsch. Und diese meine Einschätzung wird von vielen Leuten geteilt, die wirklich unzweifelhafte und waschechte Goths sind (persönlich leg ich ja noch nicht mal Wert auf diese Bezeichnung).

Wenn Du obiges auf r/goth behaupten würdest würden sie Dich jedenfalls hochkant rauswerfen, weil es Regel 9 (Spreading Misinformation or Enforcing Stereotypes) widerspricht (Link).
Wenn ich zitieren darf: "Additionally, what goth means to you personally may be different to what it actually is. On this subreddit we use historical evidence and documented facts that's no one' 'opinion', so we must ask you don't try to factually pass off and/or boil goth down to any of the following:

- Personality
- Mindset
- Time period/era
- Sole aesthetic
- Something that's 'inside you'

Goth has always needed something physical e.g. an existing music and nightlife scene, to continue its longevity. (...) Telling (people) they need to make little to no effort to be "goth" defeats the purpose of being in an on-going and active community."

Schnelle, schlampige Übersetzung, wer eine saubere will muss das selber machen: Regel 9, Verbreiten von Falschinformationen und Stereotypen

"Was "Goth(ic)" für Dich persönlich bedeutet kann sich durchaus von dem unterscheiden was es tatsächlich *ist*. In diesem Subreddit nutzen wir historische Belege und dokumentierte Fakten die keine isolierte Meinung sind, demzufolge müssen wir Dich bitten "goth" nicht als folgendes auszugeben bzw. es nicht auf folgendes zu reduzieren:

- Persönlichkeit
- Mentalität
- Geschichtsabschnitt
- Stil
- etwas das "in einem ist"

Goth war immer auf etwas real greifbares angewiesen, z.B. ein existierendes Musik- oder Nachtleben, um seine Langlebigkeit sicherzustellen. (...) Menschen zu sagen, dass sie mit wenig bis keinem Aufwand "goth" sein können widerspricht dem Sinn, in einer andauernden und aktiven Community zu sein."

Ist sehr eindeutig: Persönlichkeit und Denkmuster macht einen nicht "goth(ic)", sondern die aktive Teilhabe an der Szene.

Man kann natürlich die "Rebellionskarte" zücken und sagen, dass die ganzen Musiker, DJs usw. eh keine Ahnung haben und alles mainstreamige Mitläufer (Alles Geisterfahrer!) sind, man selber aber die absolute Deutungshoheit hat, weil das eigene Gefühl natürlich alle Fakten toppt. Na, von mir aus - wenn Leute sich unbedingt das Label "goth(ic)" draufkleben wollen, ohne jegliche Substanz und nur weil sie sich so fühlen, halte ich das zwar für ziemlich fragwürdig, aber im Endeffekt tut es mir nicht weh. Vor allem weil der Thread ja auch heißt "Was bedeutet Gothic für euch?", nicht "Was ist Gothic?"
Dass es da einige Leute gibt, deren Meinung sich nicht mit dem allgemeinen, sogar internationalen Konsens deckt ist da wenig überraschend. Insbesondere wenn sie isoliert sind und wenig bis keinen Kontakt zur tatsächlichen Szene haben, deren Mitglieder korrigierend auf diese Fehleinschätzung einwirken könnten.
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von SchwarzPoet »

TEIL 1
Soiled hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 21:06
SchwarzPoet hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 00:25 Vielleicht hat man ja einen besonderen Bezug zu seinem Geburtsort, ist sehr familiengebunden, [...]
Genau das hatte ich doch eh geschrieben: Man gleicht die Vor- und Nachteile von Klein- und Großstädten ab, vergleicht das mit seinen persönlichen Interessen und entscheidet sich dann. was besser zu einem passt. Und "familienGEbunden" hab ich ebenfalls schon gesagt - durch Verpflichtungen an die Familie gefesselt. "VERbundenheit", also eine positive, zuneigungsbasierte Bindung, ist dagegen etwas ganz anderes. Die verkraftet Abstand locker.
Warum muss Familiengebundenheit etwas schlechtes sein, etwas negatives sein? Warum heißt Familiengebundenheit sich durch Verpflichtungen an die Familie gefesselt zu sein? Dieser Negativaspekt erschließt sich mir nicht, als wenn es etwas Schlechtes wäre, sich nicht von der Familie zu lösen.


TEIL2
Soiled hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 21:06 Also spielt in Deiner Wahrnehmung die Musik so eine geringe Rolle, dass sie noch nicht einmal Erwähnung auf der Liste findet? Da würde ich lauthals widersprechen. Goth bzw. die Schwarze Szene ist eine musikbasierte Subkultur. Ohne adäquate Musik keine Szene.
Also wenn du meine Antwort wirklich gelesen hättest, anstatt Aussagen nur zu verdrehen, wäre dir aufgefallen, dass ich direkt, unmittelbar vor der Auflistung geschrieben hatte, dass nicht NUR Musik, gemeinsamer Konsum und ggf. Klamotten die Definition von Goth oder Gothic ausmachen. Wären es nur diese drei Dinge, wäre man im Grunde nur ein Mitläufer. Die Auflistung sind Punkte die bei vielen anderen in der Szene auch genannt werden würden, die aber variabel sind, da es auch mit der Persönlichkeit und den direkten Interessen innerhalb der Szene zusammenhängt. Was diese Zusatzpunkte aber definitiv ausdrücken und worauf sie auch hinausgehen ist, dass man als wirklicher Goth oder Gothic, sich damit auch identifiziert. Gothic oder Goth, zumindest war es vor 20 Jahren noch vermehrt so, definiert sich über mehr als:

1. Musik
2. gemeinsamer Konsum
3. stiltechnisch ähnliche Klamotten
4. KEINE WEITEREN DEFINIERUNGSPUNKTE

Meine Liste würde mit deinen ersten drei Punkten beginnen und dann statt deinem Punkt 4 weitergehen, mit dem Unterschied, dass die persönliche Individualität dann aber auch mit reinspielt. Wäre dem nicht so, würde sich die Szene intern auch nicht als große Familie ansehen, in der jeder willkommen ist, egal welches Geschlecht, welche Hautfarbe, welche Sozialschicht usw. er/sie hat oder ist und auch keiner würde sich darin "gut aufgehoben" oder "geborgen" fühlen, was vor 20 Jahren definitiv noch der Fall war.

TEIL 3
Soiled hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 21:06 Und was "alte Werte" sein sollen frag ich mich auch. Dass man seine Kinder verdreschen darf? Frauen zurück an den Herd? Dass Religion über Ratio gestellt wird? Rassismus ist auch ein "alter Wert". In weiten Kreisen nennt man sowas einfach "konservativ", "überholt" oder gar "reaktionär" und sieht das ganz sicher nicht als positiv.
Und Rebellion wem oder was genau gegenüber? Respekt wem oder was genau gegenüber? Mit "rebellischem" Denken hab ich eh so meine Probleme, weil viele Leute, die das von sich behaupten, schlicht und ergreifend wissenschaftsfeindlich, Querdenker oder rechts sind, oder einfach nur in pubertärem Widerspruchsgeist feststecken.
Alte Werte als reine Beispiele, die für mich beispielsweise wichtig sind:

- Respekt gegenüber dem Alter
- Respekt gegenüber anderen Menschen im Allgemeinen
- Höflichkeit anderen gegenüber
- für Schwächere einstehen
- Hilfsbereit sein
- nicht wegschauen, wenn anderen Leid angetan wird
- sich nicht immer in den Vordergrund drängen um jeden Preis
usw.
Es gibt noch so viele alte Werte, die heutzutage aus den Augen verloren wurden und die man nicht auf Krampf versuchen muss schlecht hinzustellen, wenn man nicht mal weiß um welche Werte es sich eigentlich handelt.

Und seit wann ist Wissenschaftsfeindlichkeit, Querdenker sein oder rechtes Gedankengut gleichzusetzen mit rebellischem Denken???
Rebellisches Denken heißt im Grunde sich nicht von der Gesellschaft seinen eigenen Lebensweg aufdrücken zu lassen, sondern individuell und selbständig zu denken.

Individuell und selbständig zu denken ist aber das genaue Gegenteil zu Wissenschaftsfeindlichkeit, Querdenker sein oder rechtes Gedankengut zu haben oder findest du nicht?

TEIL 4
Soiled hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 21:06 Die ganze Aufzählung ist mir viel zu unkonkret und zu schwammig. Mich überrascht das sowieso etwas - jemand, der sich selbst als "Poet" bezeichnet, sollte doch wissen, wie das mit der sprachlichen Präzision funktioniert, weil das schließlich einer der Grundpfeiler der Lyrik ist. Aber ich sitz hier, bin nicht ganz dumm eigentlich, eigentlich auch recht belesen, kann Goethe und Heine und Tucholsky und Shakespeare (letzteren auch gern im Original) locker aus dem Stegreif aufsagen, und zerbreche mir trotzdem den Kopf drüber, was genau Du eigentlich ausdrücken willst.
Ich geh mal nicht weiter auf die Spitzfindigkeiten ein, die gegen mich gerichtet sind, allerdings frage ich mich ernsthaft, was so qualitativ toll daran sein soll, wenn man qualitativ hochwertige Dichter und Denker auswendig kennt und dennoch nicht versteht, was das Gegenüber einem mit eigentlich relativ nachvollziehbaren Dingen versucht zu erklären.


TEIL5 (REST)
Soiled hat geschrieben: Dienstag 18. April 2023, 21:06 Wie genau äußert sich denn die Auflehnung gegen Menschenhass? Muss man als Goth regelmäßig auf Demos gehen und sich mit Faschos kloppen? Artikel in antifaschistischen Magazinen schreiben? Seinem rassistischen Chef die Meinung geigen (und daraufhin gefeuert werden)? Sich bei Familienfeiern dem alten Onkel sagen, dass er bitte das N-Wort nicht mehr benutzen soll (und daraufhin die ganze Stimmung zu versauen)? Oder reicht es einfach, sich so zu "fühlen" und komplett untätig zu bleiben? Dann ist das aber natürlich keine Auflehnung im eigentlichen Sinne mehr.

Also kann im Prinzip jede/r "Goth(ic)" sein der oder die das von sich behauptet? Auch wenn er oder sie Hiphop oder Metal oder Schlager hört? Team "Lebensgefühl"? Kann man so sehen. Halte ich aber für komplett falsch. Und diese meine Einschätzung wird von vielen Leuten geteilt, die wirklich unzweifelhafte und waschechte Goths sind (persönlich leg ich ja noch nicht mal Wert auf diese Bezeichnung).

Wenn Du obiges auf r/goth behaupten würdest würden sie Dich jedenfalls hochkant rauswerfen, weil es Regel 9 (Spreading Misinformation or Enforcing Stereotypes) widerspricht (Link).
Wenn ich zitieren darf: "Additionally, what goth means to you personally may be different to what it actually is. On this subreddit we use historical evidence and documented facts that's no one' 'opinion', so we must ask you don't try to factually pass off and/or boil goth down to any of the following:

- Personality
- Mindset
- Time period/era
- Sole aesthetic
- Something that's 'inside you'

Goth has always needed something physical e.g. an existing music and nightlife scene, to continue its longevity. (...) Telling (people) they need to make little to no effort to be "goth" defeats the purpose of being in an on-going and active community."

Schnelle, schlampige Übersetzung, wer eine saubere will muss das selber machen: Regel 9, Verbreiten von Falschinformationen und Stereotypen

"Was "Goth(ic)" für Dich persönlich bedeutet kann sich durchaus von dem unterscheiden was es tatsächlich *ist*. In diesem Subreddit nutzen wir historische Belege und dokumentierte Fakten die keine isolierte Meinung sind, demzufolge müssen wir Dich bitten "goth" nicht als folgendes auszugeben bzw. es nicht auf folgendes zu reduzieren:

- Persönlichkeit
- Mentalität
- Geschichtsabschnitt
- Stil
- etwas das "in einem ist"

Goth war immer auf etwas real greifbares angewiesen, z.B. ein existierendes Musik- oder Nachtleben, um seine Langlebigkeit sicherzustellen. (...) Menschen zu sagen, dass sie mit wenig bis keinem Aufwand "goth" sein können widerspricht dem Sinn, in einer andauernden und aktiven Community zu sein."

Ist sehr eindeutig: Persönlichkeit und Denkmuster macht einen nicht "goth(ic)", sondern die aktive Teilhabe an der Szene.

Man kann natürlich die "Rebellionskarte" zücken und sagen, dass die ganzen Musiker, DJs usw. eh keine Ahnung haben und alles mainstreamige Mitläufer (Alles Geisterfahrer!) sind, man selber aber die absolute Deutungshoheit hat, weil das eigene Gefühl natürlich alle Fakten toppt. Na, von mir aus - wenn Leute sich unbedingt das Label "goth(ic)" draufkleben wollen, ohne jegliche Substanz und nur weil sie sich so fühlen, halte ich das zwar für ziemlich fragwürdig, aber im Endeffekt tut es mir nicht weh. Vor allem weil der Thread ja auch heißt "Was bedeutet Gothic für euch?", nicht "Was ist Gothic?"
Dass es da einige Leute gibt, deren Meinung sich nicht mit dem allgemeinen, sogar internationalen Konsens deckt ist da wenig überraschend. Insbesondere wenn sie isoliert sind und wenig bis keinen Kontakt zur tatsächlichen Szene haben, deren Mitglieder korrigierend auf diese Fehleinschätzung einwirken könnten.
Also wenn ich den ganzen Rest hier so zusammenfasse, ist die persönliche Identifizierbarkeit mit der Szene etwas, was mit der Bedeutung von Gothic und eigentlich auch, was Gothic für einen selbst bedeutet, nicht vereinbar weil,... ja warum eigentlich?

Und weil jemand sagt, dass zum Goth oder Gothic sein für die meisten mehr gehört, als NUR Musik, gemeinsamer Konsum und ähnliche Klamotten, kann laut dessen Aussage jetzt plötzlich jeder sagen er wäre Goth/Gothic?
Mir erschließt sich gerade nicht der Grund dessen, was du alles in meine Aussagen hinein interpretierst und was du offensichtlich gezielt auslässt oder missinterpretierst.
Ich brauche keine "Fachtexte" oder Regeln von "waschechten Goths", um zu sehen, dass es nicht mehr ist als ein wichtig Machen deinerseits und ich glaube auch eher weniger, dass so viele deiner Meinung sind, wie du es ja anscheinend selber glaubst.

Und bevor das ganze noch weiter ausartet, ... mein Postfach an sich hat noch so einiges an Platz, falls du dich genötigt fühlen solltest.

Dunkle Grüße
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Herbstlaubrascheln
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Tatsächlich war`s ja nie Thema, dass es irgendwie Stress ist, als Mensch außerhalb einer Großstadt mehr Geld für die "Teilnahme an der Szene" ausgeben zu müssen. *schulternzuck* Es kam eben nur der Einwand, dass man für die Szene-Veranstaltungen durchaus Geld braucht; vor allem dann, wenn man ein bisschen weg vom Schuss wohnt und längere Wege zu Veranstaltungen hat. Ein Schwarz-Weiß-Denken wie "Selbst Schuld, wenn Du aufm Kaff versauerst, jeder kann sich aussuchen, wo er leben möchte" find` ich da tatsächlich etwas realitätsfern. Möchte ich aber gar nicht groß zum Thema machen. Und es gibt nun mal auch Leute (nicht wenige, übrigens), die durchaus die "großen" Veranstaltungen und Festivals besuchen, bei denen man natürlich ordentlich zur Kasse gebeten wird, was bestimmte Dinge angeht. Tatsächlich fällt mir aber auch keine "größere" Veranstaltung ein, wo genau das eben NICHT der Fall wäre. Schon mal zur Oktober-Fest Zeit in München gewesen? *lacht*
Sogar hier aufm Kaff wird bei irgendwelchen Dorf-Feten ordentlich zugelangt, was die Preise angeht. Ist ja nun kein Mera Luna - oder was auch immer Phänomen. Das nur mal so angemerkt.

Das mit den "Szene-Werten" finde ich auch immer ganz interessant. Da schwirren tatsächlich viele verschiedene Meinungen durch die Threads hier; und ich selbst da hab` da wahrscheinlich auch noch mal eine etwas andere.
Für MICH persönlich hat "Schwarz Sein", "Gothic" (wasauchimmer) nichts mit "alten Werten", mit Höflichkeit vor dem Alter oder "für schwächere einstehen" etc. zu tun. Ehrlich gesagt, sogar überhaupt nicht - aber meine Meinung ist da natürlich auch nicht allgemein gültig. Generell bin ich eher jemand, der "alte Werte" so a bisserl kritisch sieht. Die, die der Poet hier aufgezählt hat, sind Dinge, die man ganz generell mit sich bringen sollte im Umgang mit anderen Menschen. Persönlicher Anstand und so. Mit Subkultur, Gothic, Grufti-Sein...hat`s für mich nix zu tun.
Ich habe Gruftis auch immer viel zu phlegmatisch empfunden, um sie tatsächlich "Rebellen" zu nennen. Habe ich nie so wahr genommen. Eher als Resignation als Kampf für eine bessere Welt. Natürlich prägt sich da manches noch etwas aus. Wer in recht frühen Jahren Grufti geworden ist, hat sich damals sicher anders gefühlt als jemand, der mit Ende 30 "dazu findet", beispielsweise.

Aber weil mir diese Auflistung mit Szene-Schlagwörtern irgendwie Spaß macht, hau` ich auch ein paar Dinge in vollkommen wertfreier Reihenfolge raus, die "Gothic für mich bedeuten", die ich damit absolut und unbedingt in Zusammenhang bringe und die für mich nicht weg zu denken sind aus einem "schwarzen" Sein ;)

~ Musik.
Ich sagte, es gäbe keine Reihenfolge; aber sicherlich ist Musik wahrscheinlich das Blut in den Adern ;) Tatsächlich bin ich selbst nicht, wie viele, viele andere, über die Musik zu "Gothic" gekommen - doch das Entdecken entsprechender Musik hat das Ganze dann sehr gefestigt und ist bis heute wohl das zentrale Thema meines ganz persönlichen Schwarz-Seins.
~ schwarze Klamotten
~ eine Optik, die für die Allgemeinheit "nicht schön" ist. Wüste Haare, toupierte Haare, rasierte Haare, bleicher Teint....man kennt das eh alles, muss ich hier sicher nicht aufzählen...
~ Punk (scheiden sich die Geister; für mich persönlich schon)
~ ein Hang zur Morbiden/Verfallenem/Vergänglichem
~ ein Hang zur Schwermütigkeit

"Lebensgefühl" gefällt mir persönlich immer viel besser als "Lebenseinstellung". Einfach deshalb, weil ich letzteres als komplett blödes Wort empfinde und auch nicht weiß, welche "Lebenseinstellung" man aus einer musikbasierten Subkultur ziehen kann.
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Re: Was bedeutet Gothic für euch ?

Beitrag von Durante »

Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Freitag 21. April 2023, 08:56Ein Schwarz-Weiß-Denken wie "Selbst Schuld, wenn Du aufm Kaff versauerst, jeder kann sich aussuchen, wo er leben möchte" find` ich da tatsächlich etwas realitätsfern.
Ist def. realitätsfern/abgehoben, da es Faktoren wie familiäre Bindungen, Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt, Mietniveau, gesundheitliche Probleme (psych. oder phys.), ... etc. völlig ausblendet.

Dass "der Grufti als solcher" tendenziell eher zur Resignation neigt bzw. phlegmatisch (ein sehr schönes Wort übrigens, wird viel zu selten verwendet :mrgreen: ) ist sehe ich auch so.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Freitag 21. April 2023, 08:56 ~ Musik.
Ich sagte, es gäbe keine Reihenfolge; aber sicherlich ist Musik wahrscheinlich das Blut in den Adern ;) Tatsächlich bin ich selbst nicht, wie viele, viele andere, über die Musik zu "Gothic" gekommen - doch das Entdecken entsprechender Musik hat das Ganze dann sehr gefestigt und ist bis heute wohl das zentrale Thema meines ganz persönlichen Schwarz-Seins.
~ schwarze Klamotten
~ eine Optik, die für die Allgemeinheit "nicht schön" ist. Wüste Haare, toupierte Haare, rasierte Haare, bleicher Teint....man kennt das eh alles, muss ich hier sicher nicht aufzählen...
~ Punk (scheiden sich die Geister; für mich persönlich schon)
~ ein Hang zur Morbiden/Verfallenem/Vergänglichem
~ ein Hang zur Schwermütigkeit
Würd ich alles so unterschreiben.
Friedfertigkeit würd ich tendenziell noch nennen ("leicht reizbar", "aggressiv" oder "gewaltbereit" ist jetzt nichts was IRGENDJEMANDEM zum Begriff "Grufti/Goth" einfallen würde denke ich).
Ich bin versucht auch die vielbeschworene "Toleranz" anzuhängen, aber das is in dem Kontext leider ein missverstandener Begriff wie wir alle wissen (ich meine damit NICHT Toleranz gegenüber absolut allem, gegenüber Karneval, oder verkappten Nazis, o.ä. sondern eher gegenüber Dingen wie anderen Geschlecht(sidentitäten), Androgynität, allgemein Außenseiter-Erfahrungen, Einsamkeit, psychischen Problemen wie Depressionen (für die man in der Szene i.d.R. weniger schief angesehen wird als oft außerhalb davon), generell Verständnis für Verletzlichkeit oder auch dafür Dinge wie Traurigkeit nicht immer nur zu verstecken/runterzuspielen (wie es einem außerhalb der Szene defacto beibebracht wird)... ABER das ist alles natürlich jetzt sehr sehr diffus UND natürlich höchst subjektiv, das ist mir bewusst! Hab nur versucht ein Gefühl in Worte zu fassen, etwas in der Richtung "Gothics haben in der Regel oft mehr Verständnis für gewisse(!) Dinge als der Durschnitt" (wobei das mit ganz anderen Dingen in anderen Subkulturen ja ähnlich sein mag)... ;) ).
Musik wird da heutzutage oft etwas unterschätzt scheint mir. Nicht nur ist sie verbindendes Element, war der "Gründungsimpuls" der Szene, etc. ... "Grufti-Musik" im engeren Sinne (nein, Blutengel, Eisbrecher & Co. zählen nicht dazu ;) ) IST halt auch häufig verträumt oder melancholisch, schwermütig oder sogar mal depressiv, und es sind dann natürlich i.d.R. auch Menschen mit zumindest einem gewissen Hang zur Melancholie die (überwiegend) solche Musik hören.
Anders formuliert: Die Farbe der Klamotten wird vermutlich nicht der einzige Unterschied zwischen Helene Fischer-Fans und Lebanon Hanover-Fans sein, auch der "Blick auf die Welt und die Menschen/Gesellschaft" dürfte - tendenziell & im Durchschnitt - halt auf der einen Seite ein anderer (weniger positiver ;) ) sein.
Musik führt da halt auch oft Leute zusammen die teilweise ein ähnliches Lebensgefühl haben... apropos:
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Freitag 21. April 2023, 08:56 "Lebensgefühl" gefällt mir persönlich immer viel besser als "Lebenseinstellung". Einfach deshalb, weil ich letzteres als komplett blödes Wort empfinde und auch nicht weiß, welche "Lebenseinstellung" man aus einer musikbasierten Subkultur ziehen kann.
Da gehe ich 100% mit dir d'accord. "Lebenseinstellung" klingt irgendwie sehr "aktiv"/bewusst (wie etwas für das man sich mal entschieden hat), evtl. sogar etwas politisch... Lebensgefühl trifft es für mich auch besser (wobei ich mir dieses Lebensgefühl nie bewusst ausgesucht habe, das "Gefühl" war halt da und "Gothic" (Musik, Look) "passte" einfach perfekt zu diesem Gefühl).
„…wir sind die schwarze Speerspitze wider die Apokalypse sinnentleerter Heiterkeit.“ - Christian von Aster