Historismus vs. Gegenwart

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
DanielaMondstein

Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von DanielaMondstein »

Wie steht ihr zur Mittelalterverehrung (mit welcher ich persönlich größere Probleme habe: Stichwort Frauenrechte, Ständegesellschaft..) im Kontrast zu nicht historischem Goth-tum? Ich bin ja eher für Letzteres als völlig neue Definition im Sinne des memento mori und der Akzeptanz von Melancholie, Vergänglichkeit.
Zuletzt geändert von DanielaMondstein am Mittwoch 9. August 2023, 13:38, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
Herbstlaubrascheln
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 1329
Registriert: Freitag 25. Mai 2018, 09:22
Wohnort: Niederbayern/LK Passau
Gender:
Alter: 38

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

"Probleme"....joa...diese "Missstände", die Du da aufgezählt hast, kann man auch auf so einige andere Epochen übertragen, wenn man will. Passt überall. Deswegen ist das für mich nicht ausschlagend, "Fan" von Mittelalter zu sein oder eben nicht.
Das Thema Mittelalter war in der Szene ja schon mal noch weit beliebter und angesagter als heute; zumindest meiner Erfahrung nach. Da war es ziemlich in, auf Mittelaltermärkten ab zu hängen, sich da Räucherkram und Silberschmuck zu kaufen, die "angesagten" Klamotten hatten oft ein bisschen was von schwarzem Burgfräulein...und so weiter und so fort. Authentisch ist da natürlich überhaupt nix; aber wie Du schon sagst, gehts darum auch gar nicht. Ganz generell denke ich, dass Mittelalter eben oft mit etwas düsterem, finsterem verbunden wird, viele Gruftis zieht es auch sehr zu Burgen und Ruinen und alten Mauern hin; spielt sicherlich auch eine nicht zu verachtende Rolle. Ich denke, das ist alles einfach nur verkitscht und spreche dem keinen "echten" Bezug zum Mittelalter zu. Wobei es auch hier natürlich auch Leute gibt, die sich auch für tatsächliche Epoche interessieren und die gleichzeitig in der schwarzen Szene unterwegs sind. Wie bei vielen Themen fließen die Grenzen da etwas; und das schon lange.
Als ich nicht all zu großer Mittelalterfreund kann ich dazu aber relativ wenig sagen - ich mag Burgen und alte Gemäuer, ich gehe auch mal gerne auf einen Mittelaltermarkt, kann mit dem, was man als "Mittelalter-Musik" bezeichnet, aber ziemlich wenig anfangen und werd` da wohl auch nie mehr Zugang dazu bekommen. Von dem her.
" Hab` keine Angst, bin nur ein Nachtgespenst
das keine Liebe kennt." (Untoten, "Grabsteinland")
DanielaMondstein

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von DanielaMondstein »

Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Dienstag 8. August 2023, 11:10 "Probleme"....joa...diese "Missstände", die Du da aufgezählt hast, kann man auch auf so einige andere Epochen übertragen, wenn man will. Passt überall. Deswegen ist das für mich nicht ausschlagend, "Fan" von Mittelalter zu sein oder eben nicht.
Das Thema Mittelalter war in der Szene ja schon mal noch weit beliebter und angesagter als heute; zumindest meiner Erfahrung nach. Da war es ziemlich in, auf Mittelaltermärkten ab zu hängen, sich da Räucherkram und Silberschmuck zu kaufen, die "angesagten" Klamotten hatten oft ein bisschen was von schwarzem Burgfräulein...und so weiter und so fort. Authentisch ist da natürlich überhaupt nix; aber wie Du schon sagst, gehts darum auch gar nicht. Ganz generell denke ich, dass Mittelalter eben oft mit etwas düsterem, finsterem verbunden wird, viele Gruftis zieht es auch sehr zu Burgen und Ruinen und alten Mauern hin; spielt sicherlich auch eine nicht zu verachtende Rolle. Ich denke, das ist alles einfach nur verkitscht und spreche dem keinen "echten" Bezug zum Mittelalter zu. Wobei es auch hier natürlich auch Leute gibt, die sich auch für tatsächliche Epoche interessieren und die gleichzeitig in der schwarzen Szene unterwegs sind. Wie bei vielen Themen fließen die Grenzen da etwas; und das schon lange.
Als ich nicht all zu großer Mittelalterfreund kann ich dazu aber relativ wenig sagen - ich mag Burgen und alte Gemäuer, ich gehe auch mal gerne auf einen Mittelaltermarkt, kann mit dem, was man als "Mittelalter-Musik" bezeichnet, aber ziemlich wenig anfangen und werd` da wohl auch nie mehr Zugang dazu bekommen. Von dem her.


whataboutism am Anfang! Nicht zu anderen Missständen ablenken bitte.

Ich erlebe den Bezug zum Mittelalter als verharmlosend und auch unästhetisch. Das ist eine Meinung. Jedoch sind die konkreten gesellschaftlichen und politischen Umstände zur besagten Zeit keine.
Benutzeravatar
Herbstlaubrascheln
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 1329
Registriert: Freitag 25. Mai 2018, 09:22
Wohnort: Niederbayern/LK Passau
Gender:
Alter: 38

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

....was möchtest Du mir nun sagen? :roll:

Natürlich wird da vieles "verharmlost". Ich nannte es "verkitscht".
Wenn man sich mal in der Szene weiter umsieht: Stichwort "Viktorianisch" - 95% (wenn nicht mehr) der Outfits, die so bezeichnet werden, sind kein bisschen viktorianisch und die Epoche an sich war auch alles andere als so verklärt und entrückt und edel, wie sie in der Szene zelebriert wird.
" Hab` keine Angst, bin nur ein Nachtgespenst
das keine Liebe kennt." (Untoten, "Grabsteinland")
DanielaMondstein

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von DanielaMondstein »

Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Dienstag 8. August 2023, 11:19 ....was möchtest Du mir nun sagen? :roll:

Natürlich wird da vieles "verharmlost". Ich nannte es "verkitscht".
Wenn man sich mal in der Szene weiter umsieht: Stichwort "Viktorianisch" - 95% (wenn nicht mehr) der Outfits, die so bezeichnet werden, sind kein bisschen viktorianisch und die Epoche an sich war auch alles andere als so verklärt und entrückt und edel, wie sie in der Szene zelebriert wird.
Google? Steht doch dort. Whataboutism beschreibt eine Handlung, die aus dem Ablenken von einem Missstand auf einen anderen Missstand/ mehrere andere Missstände besteht, um den ersten zu beschönigen oder vermeintlich unwichtig zu machen.

Analogie: So als würde man sagen "Krieg ist ja nicht schlimm, weil es auch Naturkatastrophen gibt, die sind viel schlimmer"

:)

Hinzugefügt nach 1 Minute 30 Sekunden:
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Dienstag 8. August 2023, 11:19 ....was möchtest Du mir nun sagen? :roll:

Natürlich wird da vieles "verharmlost". Ich nannte es "verkitscht".
Wenn man sich mal in der Szene weiter umsieht: Stichwort "Viktorianisch" - 95% (wenn nicht mehr) der Outfits, die so bezeichnet werden, sind kein bisschen viktorianisch und die Epoche an sich war auch alles andere als so verklärt und entrückt und edel, wie sie in der Szene zelebriert wird.
Stimmt. Mit den Rechten sah es ja während der viktorianischen Zeit ähnlich aus.. Finde es manchmal etwas lustig, so wie Pin Up die 50er neu für sich besetzt. Insoweit dann doch angemessen. Mittelalterkram hat für mich irgendwie nicht den gleichen Effekt.
Benutzeravatar
Herbstlaubrascheln
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 1329
Registriert: Freitag 25. Mai 2018, 09:22
Wohnort: Niederbayern/LK Passau
Gender:
Alter: 38

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Kein Ding, Google brauche ich da nicht, DAS hatte ich schon verstanden.
Mich hat nur die Reaktion auf das, was ich zu Deiner Frage geschrieben hatte, etwas irritiert. Ich habe nichts beschönigt. Lediglich meine Meinung zu dem Thema gesagt - ich kann verstehen, was Du mit Missständen meinst. Ich seh`s halt so, dass eben durchaus sehr viele Epochen vollkommen romantisiert werden, gerade in der Szene ist das doch durchaus ein Thema, oder?
Du musst das ja nicht genau so sehen wie ich, ich hab` nicht gesagt, dass ich die allgemeine Gültigkeit gepachtet hätte.
" Hab` keine Angst, bin nur ein Nachtgespenst
das keine Liebe kennt." (Untoten, "Grabsteinland")
DanielaMondstein

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von DanielaMondstein »

Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Dienstag 8. August 2023, 11:29 Kein Ding, Google brauche ich da nicht, DAS hatte ich schon verstanden.
Mich hat nur die Reaktion auf das, was ich zu Deiner Frage geschrieben hatte, etwas irritiert. Ich habe nichts beschönigt. Lediglich meine Meinung zu dem Thema gesagt - ich kann verstehen, was Du mit Missständen meinst. Ich seh`s halt so, dass eben durchaus sehr viele Epochen vollkommen romantisiert werden, gerade in der Szene ist das doch durchaus ein Thema, oder?
Du musst das ja nicht genau so sehen wie ich, ich hab` nicht gesagt, dass ich die allgemeine Gültigkeit gepachtet hätte.
Schon, da stimme ich durchaus zu. Doch darin bestand eben der whataboutism, weil der Effekt automatisch ist, sobald man sagt "anderes ist ja auch schlimm". War nicht böse gemeint ;)

Ich erlebe insbesondere das Viktorianische in Verbindung mit sexiness nicht als romantisierend, weil es eben das beansprucht, was besonders Frauen zu der Zeit nicht erlaubt war. Deswegen der Vergleich zu den 50ern und Pin up. Als Ironie sozusagen auch.
Benutzeravatar
Phönix75
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 1560
Registriert: Samstag 26. Mai 2018, 09:18
Wohnort: Berlin
Beziehungsstatus: Single
Gender:
Alter: 49

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von Phönix75 »

Wenn man sich nur die schönen Seiten aus einer Epoche herauspickt und diese romantisiert, ist das eine naive Einstellung. Eine realistische Einschätzung würde da gut tun. Ich persönlich hätte wollen nicht im Mittelalter leben und kann deswegen auch nichts schönes daran finden, dass in der heutigen Zeit zu zelebrieren. Seien es Mittelaltermärkte oder sowas überflüssiges wie das viktorianische Gedöns. Was das alles mit Goth/Gothic zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Soweit mir bekannt, ist diese Bewegung in der Gegenwart entstanden und schmückt sich so garnicht mit dem Mittelalter oder anderen Epochen. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
Benutzeravatar
Durante
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 339
Registriert: Sonntag 2. Oktober 2022, 11:46
Wohnort: Südost-Bayern
Beziehungsstatus: Auf der Suche
Gender:

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von Durante »

Auch wenn diese Epochen & Dinge wie z.B. Reenactment natürlich nichts mit der Gothic-Szene per se zu tun haben, gibt es in der Realität ja oft genug Überschneidungen was die interessierten Leute betrifft. Ich persönlich hab ich mit den Mittelalter-Fans und der viktorianischen Fraktion absolut kein Problem - WENN den Leuten klar ist dass sie sich da nur einer verklärten Illusion hingeben... ABER das ist in meiner persönlichen Wahrnehmung auch bei 99% der Leute der Fall (einzelne Fälle von "Damals war das Leben der Menschen viel besser!!!" gibts natürlich, bei diesen Menschen ist aber meiner Erfahrung nach dann weniger das romantisierte Mittelalter das eigentliche Problem sondern ein gleichzeitiger extremer Hang zu Esoterik und unkritischem "magischem Denken" bzw. Aberglauben).
Mittelalter-Fans die die Unterdrückung von Frauen im Mittelalter leugnen ODER sogar gutheißen sind mir jetzt persönlich noch nicht begegnet.
Wir hingen früher viel auf Mittelaltermärkten rum (und ich mag sie evtl. auch darum heute noch ganz gern) weil es leider keine "schwarzen Veranstaltungen" in der Region gab, und auf einem Mittelaltermarkt fühl ich mich um ein vielfaches wohler als auf einem bayerischen Dorf-/Stadtfest... :lol:
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Dienstag 8. August 2023, 11:10 Das Thema Mittelalter war in der Szene ja schon mal noch weit beliebter und angesagter als heute; zumindest meiner Erfahrung nach. Da war es ziemlich in, auf Mittelaltermärkten ab zu hängen, sich da Räucherkram und Silberschmuck zu kaufen, die "angesagten" Klamotten hatten oft ein bisschen was von schwarzem Burgfräulein...und so weiter und so fort.
Jup, kommt mir bekannt vor - Genau SO wars bei den "Schwarzen" damals in meiner Einstiegszeit... :mrgreen:
DanielaMondstein hat geschrieben: Dienstag 8. August 2023, 11:01 Ich bin ja eher für Letzteres als völlig neue Definition im Sinne des memento mori und der Akzeptanz von Melancholie, Vergänglichkeit.
Mit der Definition könnt ich persönlich leben. ;)

Bez. der "Whataboutism-Diskussion": Ich seh das wie Herbstlaubrascheln, es gibt einen Unterschied zwischen "Ist doch nicht so schlimm weil..." (oder "...aber was ist mit XY?!?!?") und der nüchternen Erkenntnis dass man sich streng genommen - wenn man deinen durchaus nachvollziehbaren Gedanken zu Ende führt - ja mit KEINER historischen Epoche mehr beschäftigen dürfte, in keinerlei Form (oder zumindest keiner die der Unterhaltung/Erbauung dient). Und wirklich geholfen ist damit dann auch keinem.
„…wir sind die schwarze Speerspitze wider die Apokalypse sinnentleerter Heiterkeit.“ - Christian von Aster
Benutzeravatar
Evanahhan
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 675
Registriert: Donnerstag 24. Mai 2018, 07:09
Wohnort: Dresden
Gender:
Alter: 41

Re: Historismus vs. Gegenwart

Beitrag von Evanahhan »

Keine Ahnung, wer in der Szene das Mittelalter als Ganzes verehrt. Mein Eindruck war (ganz subjektiv, kann mich da auch täuschen), dass das zusammen mit dem Fantasy Hype groß wurde. Hab das immer eher als eine Art Realitätsflucht in eine vermeintlich einfachere Welt wahrgenommen. Weg vom komplexen, technisierten Alltag, hin zu mehr „Einfachheit“ (nicht im Sinne von leicht, sondern mehr Nähe zum Ursprünglichen).

Es gibt ja auch durchaus Gruppen, die das Ganze tatsächlich authentisch zu leben versuchen. Aber die haben mit der Schwarzen Szene meines Wissens keine Überschneidung.(?)

Davon mal abgesehen, hab ich kein Problem damit, sich aus anderen Epochen das rauszupicken, was einem gut gefällt, und den restlichen Mist einfach wegzulassen. Das ist ja das Schöne an der heutigen Zeit, dass das jeder (im Rahmen) so tun kann wie er will. Vielleicht müsste man da noch passendere Begriffe erfinden, aber im Grunde weiß man doch, was gemeint ist.

Mit Gothic hat das für mich auch nichts zu tun, aber offenbar gibts einige, die halt beides mögen.
„Worte können sein wie winzige Arsendosen: Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“
Victor Klemperer, LTI