Glaubt ihr an Schicksal?

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Pirat von Rhyolith
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von Pirat von Rhyolith »

blacksister´s ghost hat geschrieben: Freitag 8. Juni 2018, 22:51
Das war auch eine Wahrscheinlichkeit, die ich einfach gegriffen habe, um zu verdeutlichen, für wie gering ich Zufall halte.
(nich immer alles bierernst nehmen ;) )
Worauf ich hinaus will: Der Zufall ist häufig kleiner, als wir glauben, was wir wüssten, wenn wir alle notwendigen Informationen hätten und es ernsthaft durchrechnen würden.
Außerdem vergisst Du darüber hinaus auch etwas anderes: Eine extrem geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass etwas passiert, heißt nicht, dass es gar nicht passieren kann.
Nehmen wir doch mal für den Ablauf eines Ereignisses die Wahrscheinlichkeit von 1:10000.
Für alle anderen 10000 möglichen Abläufe dieses Ereignisses gilt diese Wahrscheinlichkeit genauso. Heißt: Egal was eintritt, es wäre gleich unwahrscheinlich. Es muss also irgendetwas furchtbar unwahrscheinliches eintreten, egal was.
Du würdest Dich also hinterher so oder so fragen, ob es Schicksal gibt.
Solche Zahlen verdeutlichen letzten Endes eigentlich nur, wie klein wir im Vergleich zum Universum sind. Wirklich wundern würde mich aber nur ein Ereignis, das eintritt, obwohl es eine definitive Wahrscheinlichkeit von 0 hat. Denn das wäre faktisch unmöglich. Z.B. das ich ohne Kleidung unbeschadet eine Stunde im Freien in der Antarktis überstehe (mindestens Erfrierungen werde ich mir wohl holen).

Zurück dazu wie unwahrscheinlich manche Begegnungen angeblich sind. Es wurde hier schon erwähnt, wir Menschen sind unfassbar schlecht darin, die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten, also auch den tatsächlichen Zufall abzuschätzen. Persönliches Beispiel: Im Dezember läuft mir hier an der Ecke ein alter Studienkollege über den Weg, den ich 7 Jahre nicht gesehen hab. Natürlich haben wir uns gesagt: Was für ein Zufall! Aber wirklich? Eigentlich nicht. Wir beide haben den Kölner Norden nie verlassen durch Umzug, sind unserer Gegend sehr verhaftet geblieben. Natürlich hätte es die Möglichkeit gegeben, dass einer von uns oder beide die Stadt ganz verlassen hätten, aber wenn man sich mal typische Verhaltensmuster von beiden von uns anschaut, würde man feststellen, dass die Tatsache, die engere Region nicht groß verlassen zu haben, ziemlich wahrscheinlich war. Und damit es auch sehr wahrscheinlich war, dass wir uns früher oder später an einer Ladenzeile im Viertel über den Weg laufen. Überleg mal wie viele Chancen es dazu in 7 Jahren gibt! Eine MUSSTE quasi dann auch treffen. Früher oder später.
Anderes Beispiel: Wie groß glaubst Du ist die Wahrscheinlichkeit, von einem Asteroiden getroffen zu werden, verglichen damit von einem Blitzschlag erwischt zu werden? Die Alltagserfahrung sagt uns, dass letzteres wahrscheinlicher ist. Die Statistik sagt, es ist umgekehrt. Das liegt daran, dass ein großer Asteroid auf einen Schlag so viele Menschen auslöschen kann, da müsste man vermutlich schon wenigstens einige Jahrhunderte an Blitztreffern subsummieren.
Ein Beispiel aus meinem eigenen Fachgebiet: Es gibt Leute, die glauben, dass die Evolution eines beliebigen Körperteils (nimm etwa das Auge oder das Gehirn oder was weiß ich was) ohne einen Gott nicht möglich gewesen sein kann, weil nur der Zufall nicht ausreiche, weil es zu unwahrscheinlich ist. Der Gedankendank ist deshalb so hinterhältig, weil man vor dem geistigen Auge sich halt den Sprung von Null auf Hundert vorstellt (also etwa: einsamer Einzeller und direkt danach das volle Auge, wie soll das gehen?). Das wäre in der Tat extrem unwahrscheinlich. Die Lage ändert sich, wenn man sich bewusst macht, dass die Evolution eines Organs viele kleine Zwischenschritte durchlaufen hat. Und jeder dieser Schritte hatte eine wesentlich größere Wahrscheinlichkeit, tatsächlich zu passieren - weil Physik und Chemie nicht willkürlich sind und die durch die bereits abgelaufene Evolution bereits vorgegebenen Merkmale engen im Grunde die Möglichkeiten dessen, was noch passieren kann ohne den Organismus umzubringen, extrem ein. Das treibt die Wahrscheinlichkeiten in die Höhe - auch wenn uns das Bauchgefühl was anderes sagt.
blacksister´s ghost

Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Freitag 9. August 2019, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Fanchen
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von Fanchen »

Pirat von Rhyolith hat geschrieben: Samstag 9. Juni 2018, 00:08Wirklich wundern würde mich aber nur ein Ereignis, das eintritt, obwohl es eine definitive Wahrscheinlichkeit von 0 hat. Denn das wäre faktisch unmöglich.
Ich gebs zu, ich kanns nicht lassen: Ereignisse mit Wahrscheinlichkeit 0 sind nicht unmöglich, sondern fast unmöglich :P
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Pirat von Rhyolith
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von Pirat von Rhyolith »

@blacksister´s ghost
Das Gehirn sucht halt nach Mustern und Kausalitäten. Darauf ist es schlicht deshalb geeicht, weil das evolutionär gesehen ein Vorteil war. Das spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle beim Zurechtfinden in einem komplexen sozialen Netzwerk. Erst die Muster-und Kausalitätserkennung machte es einer Art wie dem Menschen möglich, die sozialen Interaktionen in der Gruppe angemessen zu verstehen. Wir säßen sonst wie der Ochs vorm Berg in der Gruppe und würden nix verstehen. Ein anderes Feld, wo sowas wichtig ist, ist Gefahrenerkennung.
Dann fingen wir Menschen an uns auch für Zeug zu interessieren, dass vor 100000 Jahren völlig unwichtig für uns war und das Gehirn hat darauf reagiert, wie es es gelernt hat - mit der Suche nach Mustern und Kausalitäten.
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Deaddigger
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von Deaddigger »

Grauer Wolf hat geschrieben: Freitag 8. Juni 2018, 19:39 Um mich dem Piraten anzuschließen: Nein.


Als Begründung möchte ich noch nachliefern, daß wir Menschen ein furchtbar schlechtes Gefühl für Wahrscheinlichkeiten und Zufall haben, und hinter vielen Ereignissen, die statistisch gesehen immer noch durch den reinen Zufall erklärt werden können, doch so etwas wie ein System oder eine Absicht erkennen wollen.
Um mich da mal der Meinung anzuschließen nein.
Außerdem @Grauer Wolf statistisch gesehen kann jedes mögliche Ereignis erklärt werden.

Außerdem @Pirat von Rhyolith : so unwahrscheinlich ist das gar nicht, wenn man im Sommer an der antarktischeb Küste ist. Da gibt es so Temperaturen zwischen 0 und -25 grad und bis so ca -10 ist eine Stunde weitesgehend ungefährlich
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Trotzdem: Würden wir jetzt plötzlich mit Sicherheit feststellen können, dass der Freie Wille tatsächlich nicht existiert, spricht ja trotzdem nichts dagegen, dass wir weitermachen wie bisher. Für alle praktischen Zwecke ist das, was wir als freien Willen wahrnehmen, wohl frei genug.
@Fanchen : Wenn die Erkenntnis, dass wir keinen freien Willen haben stimmt, wir daraus aber keine praktischen Konsequenzen ziehen wollen - dann können wir statt dem freien Willen genauso gut die Religion oder das Schicksal heranziehen. Warum die Illusion vom freien Willen wählen, wenn sie genauso falsch (oder unbewiesen) wie Gott ist? Wäre das nicht eine radikale Abkehr von unserem wissenschaftsgetriebenen Weltbild?

Ich glaube, am Punkt der Moral und Ethik stoßen wir mit einem rein naturwissenschaftlichen Weltbild auf riesengroße Probleme. Daher wie gesagt mein Einwand dagegen, hier eine zu einseitige Betrachtungsweise zu wählen. Sicherlich sind die Natuwissenschaften Grundlage und Erklärung für vieles. Aber man kann die Welt auch aus einer anderen Perspektive sehen und damit auch zu Erkenntnissen kommen.
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von Demon89 »

Kommt drauf an, was man unter Schicksal versteht.

- Schicksal als Vorsehung einer höheren Macht:
Nein, obwohl ich mich manchmal des Gedankens in besonders guten Momenten nicht erwehren kann :D

- Schicksal verstanden als Unausweichlichkeit (eigentlich eher Determinismus):
Ja, doch, schon eher. Obwohl auch das nicht frei von Zweifeln ist.


PS: Zu eurer "Freier Wille"-Debatte werde ich jetzt nichts sagen, ich halte sie eh nicht für besonders fruchtbar und bin zu faul mir jetzt seitenweise Beiträge durchzulesen.
Numquam populo crede!

Die Perfektion der Natur liegt in ihrer Unvollkommenheit.

"Mit dem Wissen wächst der Zweifel" (Johann Wolfgang von Goethe)
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von Deaddigger »

@CharlotteSchlotter

Ähm nein. Das Problem ist ja eher, das wir gar keine Möglichkeit haben, nach freiem Willen zu handeln, wenn es keinen freien Willen gibt. Es wäre ein unänderbares Faktum.
Wenn wir an etwas glauben, dann ist das eine Entscheidung (ob jetzt frei oder nicht) sich einer nicht bewiesenen (und häufig nicht beweisbaren) Theorie zu unterwerfen. Außerdem kann man nicht beweisen, das etwas nicht existiert. Das ist unmöglich.
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Das könnte in dem Zusammenhang vielleicht auch noch interessant sein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Morphisches_Feld
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CharlotteSchlotter
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Re: Glaubt ihr an Schicksal?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

@Deaddigger : Worauf genau bezieht sich dein Einwand, ich sehe da gerade keine direkten Anknüpfungspunkte zu dem, was ich geschrieben habe. Dass man nicht beweisen kann, dass etwas nicht exisitiert, weiß ich auch ;)