Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Religionen, Wissenschaften, Theorien etc.
Benutzeravatar
CharlotteSchlotter
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 347
Registriert: Donnerstag 24. Mai 2018, 21:21
Wohnort: Köln
Beziehungsstatus: Single
Gender:

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Intelligenz im Sinne kognitiver Fähigkeiten hat meines Wissens nicht automatisch etwas mit Empathie zu tun. Grauer Wolf hatte es schon erwähnt - es gibt sehr viele hochintelligente Menschen, die keinerlei Empathie aufbringen können. Autistische Personen sind ein Beispiel dafür. Intelligenz kann ganz sicher mit Empathie einher gehen, muss sie aber nicht.

Moral ist in großen Teilen eine Frage der Erziehung bzw. Prägung durch die Wertvorstellungen, die uns in Familie und Gesellschaft vorgelebt werden. Es würde mich sehr wundern, wenn die Intelligenz einen Einfluss darauf hätte im Sinne davon, ob jemand mehr oder wenige moralisch handelt. Ich kann mir aber schon vorstellen, dass sehr intelligente Personen gegebene Moralvorstellungen eher hinterfragen und sich damit eher ein eigenes Gerüst an Moralvorstellungen zusammenstellen, während weniger intelligente Menschen gebene Konzepte (Religion) möglicherweise eher ohne zu Hinterfragen übernehmen.

Den Hinweis von Soiled mit den unterschiedlichen Arten von Empathie finde ich überzeugend. Dazu passt Black Sisters letzer Kommentar
Für jemand der mich scheiße behandelt (hat), kann ich keine Empathie aufbauen...will ich dann auch gar nich.
Auf einer emotionalen Eben ist hier sicherlich keine Empathie vorhanden. Aber egal wie scheiße ich jemanden finde, die Fähigkeit, das Handeln, die Absichten oder Motive des anderen zu verstehen und nachzuvollziehen, schmältert fehlende Sympathie m.E. nicht. Man muss jemanden also nicht nett oder sein Verhalten gut finden, um auf einer sachlichen Eben nachvollziehen zu können, was die Motive des anderen sind.

Ob jemand bereit ist, in einer Diskussion offen für Argumente anderer zu sein und sich auch sonst in der Diskussion zivilisiert verhält, wird meiner Beobachtung nach von verschiedene Faktoren beeinflusst:

1. Ich nenne es mal den Grad den ideologischen Verblendung. Und damit meine ich nicht nur Islamisten oder Rechtsradikale. Unumstößliche Prämissen und Grundannahmen auf denen ein Weltbild fußt, sind bei sehr vielen Menschen zu beobachten. Oft sind das z.B. die klassischen Einteilungen von "links" oder "konservativ", die mit impliziten "Wahrheiten" verbunden sind, die einer Person so in Fleisch und Blut übergegangen sind, dass sie schon gar nicht mehr bewusst sind und daher auch nicht mehr in Frage gestellt werden. Das führt leicht dazu, dass Argumente, die nicht auf diesen Prämissen fußen, als Quatsch und unwahr wahrgenommen werden. Je bewusster einem die eigenen Grundannahmen und Prämissen sind, desto leichter kann man sie in Frage stellen, verstehen, wenn jemand andere hat und damit auch Argumten aus einer für einen völlig neuen Perspektive beleuchten.

2. Abstraktionsvermögen bzw. die Fähigkeit, einen Sachverhalt losgelöst von eigenen Emotionen und Erfahrungen zu betrachten. Ich habe schon oft erlebt, wie schwer es einigen Menschen fällt, sich in einer Diskussion von den persönlichen Erfahrungen zu lösen und sich gedanklich in eine Position zu begeben, in der Menschen auch andere Erfahrungen haben oder in der man seine eigenen Erfahrungen als Einzelfall anerkennt oder diese Annahme zumindest zulässt.

3. Die Intention, mit der eine Diskussion geführt wird. Manchmal und ganz besonders in Zeiten der sozialer Netzwerke ist die Intention oftmals sicherlich nicht, seinen Horizont im Rahmen einer Diskussion zu erweitern, sondern sich zu profilieren, Kommentare abzulassen, die von anderen geteilt und unterstütz werden oder sich als Teil einer Gruppe zu fühlen, die gegen eine andere Gruppe argumentiert/hetzt/käpmft.

Intelligenz hat sicherlich etwas mit Abstraktionsvermögen zu tun und erleichtert es damit, Argumente zu verstehen und weiter zu entwickeln. Ob eine Person das dann aber im Rahmen einer Diskussion auch tut, steht auf einem ganz anderen Blatt.
blacksister´s ghost

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von blacksister´s ghost »

.
Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Freitag 9. August 2019, 21:13, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Wiener Blut
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 35
Registriert: Dienstag 3. Juli 2018, 21:49
Gender:

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von Wiener Blut »

Ich möchte Anlage und Erlerntes im Bereich "wie verhalte ich mich zu anderen", nicht von der aktuellen Gruppe und Situation trennen. Gibt es in der Gruppe oder Situation Stress/Druck/Aggression, strahlt das auch auf den Einzelnen ab. Ist die Situation also so, das etwas begrenzt oder begehrt ist (Zeit, Geld, Güter, aber auch zB "Wahrheit"), und wird ein Kampf darum ausgelöst, kann und wird es zur psychischen und körperlichen Aggression kommen. Und es wird Gewinner und Verlierer geben. In dem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, das es Studien gibt, die aufzeigen wollen, das grade Opfer/Verlierer solcher Situationen , gerne die Waffen der Gewinner einsetzen. Manche sagen "die sind dann abgestumpft/verroht, ich vertrete eher den Standpunkt, dass sie einfach negativ gelernt haben, und/oder dies auch zur "Rache" nutzen. Zum Thema Intelligenz, meine ich persönlich, dass man es die Intelligenz ja gar nicht so gibt. Verfügbarkeit von hoher sozialer Intelligenz kann je nach "Seite" positivere und negativere Steigerungen haben. Die Agression kann mit genügend Intelligenz, zu sehr starkem Psychoterror, und geschicktem "rechtfertigen/vertuschen" von physischer Gewalt führen. Oder aber zu einem, kompromissbereiterem, friedlicherem Umgang. Ich komme da aber wieder an dem Punkt "welche Varianten kenn ich überhaupt, und welche Erfahrungen habe ich gemacht.... wie entscheide ich mich also. Und zu guter Letzt, wie abhängig bin ich vom wohlwollenden anderen. Bin ich eher auf der Schiene in den Popo zu kriechen, oder spiele ich mit offenen Karten und den jeweiligen Stärken und Interessen auf beiden Seiten. Und wenn ich dann noch die Erfahrungen gemacht habe, dass Menschen mit Strategien/Verhaltensweisen XYZ, mit Geld/Gütern, Macht/,Posten, Anerkennung, belohnt worden sind, kann das meine eigene Entscheidung auch noch beeinflussen... womit ich also wieder am Anfang angelangt bin.
Siehe, der Mensch (Joh 19,5)
Benutzeravatar
CharlotteSchlotter
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 347
Registriert: Donnerstag 24. Mai 2018, 21:21
Wohnort: Köln
Beziehungsstatus: Single
Gender:

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von CharlotteSchlotter »

@blacksister´s ghost : Empathie und Mitgefühl sind unterschiedliche Konzepte und Empathie bedeutet tatsächlich auch, die emotionalen Reaktionen einer anderen Person erkennen zu können. Das erlaubt dann, darauf angemessen zu reagieren. Wenig empathische Menschen können sich schwieriger in andere reinversetzen und reagieren deshalb eher verletzend oder unangemessen.
Ich überlege gerade, ob nicht sogar Empathie erst Sympathie auslösen kann. Wenn jemand komisch reagiert und ich erkenne, dass der andere es tut, weil er verletzt ist und nicht, weil er mich ärgern will, beurteile ich diese Person vielleicht ganz anders.
blacksister´s ghost

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von blacksister´s ghost »

.
Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Freitag 9. August 2019, 21:13, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
CharlotteSchlotter
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 347
Registriert: Donnerstag 24. Mai 2018, 21:21
Wohnort: Köln
Beziehungsstatus: Single
Gender:

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Auf Wikipedia ist das ganz gut erklärt mit Mitgefühl und Empathie. An so eine Art Kettenreaktion hatte ich auch gedacht ;) Die Reihenfolge kann da sicherlich auch variieren.
Benutzeravatar
Phönix75
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 1605
Registriert: Samstag 26. Mai 2018, 09:18
Wohnort: Berlin
Beziehungsstatus: Single
Gender:
Alter: 49

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von Phönix75 »

Ich will das mal aus meiner Sicht bestätigen. Bei Sympathie kann ich Mitgefühl generieren und demzufolge auch Empathie empfinden. Bei mir völlig wildfremden Personen kann ich nichts empfinden. Warum auch?! Da ist ja nichts. Aus Erfahrung gehe ich mittlerweile doch etwas sparsamer mit solchen Empfindungen um.

Allerdings irrt man sich bei so mancher Person und da wird aus anfänglicher Sympathie eher Antipathie und da kann ich dann keine Empathie mehr empfinden. Liegt vielleicht daran, dass man die Person nicht verstehen kann. Unterschiedliche Wellenlänge und so... ;)

Moral ist unabdingbar meiner Meinung nach.

Toleranz wird oft mit Ignoranz verwechselt und ist so ein Schlag-mich-tot-Wort, dass ich es nicht mehr hören kann.

Intelligent ist wohl jeder auf seine Weise. Eine Mischung aus den 4 Dingen macht einen Menschen für mich möglicherweise sympathisch. So! Kreis geschlossen. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
blacksister´s ghost

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von blacksister´s ghost »

.
Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Freitag 9. August 2019, 21:13, insgesamt 1-mal geändert.
Charlotte Sometimes
Bestätigtes Mitglied
Beiträge: 1479
Registriert: Mittwoch 23. Mai 2018, 22:57
Gender:
Alter: 40

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Ich will das mal aus meiner Sicht bestätigen. Bei Sympathie kann ich Mitgefühl generieren und demzufolge auch Empathie empfinden. Bei mir völlig wildfremden Personen kann ich nichts empfinden. Warum auch?! Da ist ja nichts. Aus Erfahrung gehe ich mittlerweile doch etwas sparsamer mit solchen Empfindungen um.
Das schöne an Wörtern bzw. Abmachungen ist,das jeder mit ihnen trotzallem emotional etwas anderes assoziiert.^^
Empathie zu empfinden bedeutet für mich z.B nicht gleich, dass ich mich aufopfern würde.*Das hab ich hinter mir*
Das führt nur dazu ,dass man sich dann irgendwann durch negative Erfahrungen z.B ausgenützt werden,selbst blockiert und gar nichts mehr empfinden will.
Ein selbst geschaffenes Gefängnis.

Ich habe auch Empathie mit Tieren und Pflanzen.^^
Ich bringe Spinnen z.b nicht um ,ich schmeiß die raus,meistens setze ich sie auf meinem Balkon aus.
Da können die sich von mir aus alles zu spinnen.

Korregiert mich, wenn ich jetzt was falsch versteh, aber Empathie hat doch nich nur damit zu tun, dass ich das Verhalten von anderen nachvollziehen kann.
Es hat doch genauso damit zu tun, ob ich dem anderen was entgegenbringen kann...z.b. Mitgefühl.
Von mir ist da gar nichts zu korregieren.
Sehe ich genauso.
Empathie funktioniert bei mir über emotionales Verstehen,Mitgefühl ..nicht Mit - Leid.das ist etwas Negatives und hilft niemandem.^^
Das Verhalten von anderen kann ich auch ohne Empathie nachvollziehen.
Das ist eine Kopfsache,mentales Verstehen.Genauso kann ich Empathie für jemanden empfinden ,dessen Motive ich geistig nicht nachvollziehen kann.
Wenn ich erst dann Mitgefühl bzw.Empathie für jemanden aufbringen könnte ,wenn ich seine Aktionen kognitiv und rational erfasse,dann wäre das für mich Armut im emotionalen Sinne.^^
Sy,das ich das mal so sagen muss.
Aber das sind für mich zwei verschiedene Paar Schuhe.
Soiled

Re: Moral, Toleranz, Emphatie und Intelligenz

Beitrag von Soiled »

SchwarzeKatz hat geschrieben: Dienstag 23. Oktober 2018, 14:10 Ich bringe Spinnen z.b nicht um ,ich schmeiß die raus,meistens setze ich sie auf meinem Balkon aus.
Da können die sich von mir aus alles zu spinnen.
Ich glaub der Spinne ist es herzlich egal, ob sie nun rausgesetzt wird, weil jemand Empathie hegt, oder weil sie jemand (vollkommen rational) für einen Nützling hält ...