Also zu Anfang der Aktion war die
Ode an die Freude als Lied vorgegeben, inzwischen ist wohl egal, was gespielt wird.
An einem der vergangenen Sonntage hatte sich z. B. ein Italiener mit seiner E-Gitarre auf seinen Balkon gestellt und
Raining Blood von Slayer geschmettert.
Bei der Durchführung gibt es anscheinend keine besonderen Vorgaben mehr.
Ich habe mittlerweile schon viele Videos der Aktion gesehen. Sowohl verschiedenste Instrumente als auch Gesang. Einige Soloauftritte, einige Combos mehrerer musizierender Nachbarn. Viele mit applaudierenden und begeisterten Zuhörern, bis jetzt noch keins, wo sich jemand echauffiert hat, dass seine Sonntagsruhe gestört wurde (aber vielleicht wurden auch bei den daraus resultierenden Tumulten sämtliche Aufnahmegeräte zerstört und daher gibt es davon keine Aufnahmen, man weiß es nicht).
Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass so eine harmlose Aktion (es geht um ca. 1 bis 2 Minuten pro Woche für einen überschaubaren Zeitraum) so eine ausschweifende Diskussion über das
Sich-gestört-fühlen auslösen kann. Man kann es auch übertreiben. Wen sowas schon aufregt, der muss es echt schwer haben im Leben, es lauern bedeutend effektivere Behagenszerstörer an jeder Ecke.
Irgendwann ist Corona auch wieder vorbei und damit auch die für einige nervigen Fenster-Musiker. Wobei ich nicht finde, dass das so eine riesige, flächendeckende Aktion ist, von der fast jeder gewollt oder ungewollt vollgedröhnt wird. Der mit Abstand größte Teil der Bevölkerung wird davon vermutlich überaupt nichts mitbekommen. Verglichen mit erwähnten Straßenmusikern oder Handy-Kids sicherlich vernachlässigbar.
Ich finde man sollte das alles mal ein bisschen locker sehen. Es gibt bei weitem schlimmeres, durch das man sich gestört fühlen kann, wenn man es drauf anlegt.
Sinn der Aktion ist wohl, für ein bisschen Abwechslung zu sorgen und mal kurz vom Alltag abzulenken, da sich ja im Moment viele Leute mehr oder weniger zu Hause eingesperrt fühlen und langsam die Ideen zum Zeitvertreib ausgehen.
Und auch der Versuch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl in der Nachbarschaft zu erzeugen, um sich gelegentlich mal wieder bewusst zu machen, dass es im Moment allen so ergeht und es auch irgendwann wieder vorbei ist.
Und natürlich darauf aufmerksam zu machen, dass man im Moment besser zu Hause bleibt.
Jeder einzelne Partizipant hat wohl seine ganz individuelle Motivation und Auffassung dazu.
Die Resonanz der Aktion zeigt jedenfalls, dass es genug Leute gibt, die sich gern daran beteiligen und welche, die sich daran erfreuen. Natürlich gibt es, wie bei so ziemlich allem (ganz besonders in Deutschland), auch immer Leute, die sich berufen fühlen, sich darüber aufregen zu müssen.
Aber damit muss man leben und wirklich überraschend ist das eigentlich auch nicht.
Sinn der Aktion ist sicherlich keine aufwendige Bürokratie im Vorfeld, um sich vorher mit allen potentiellen Musiker-Nachbarn in Hörreichweite abzusprechen und die Performance des Liedes akribisch zu planen. Oder eine Meinungserhebung in der Straße durchzuführen, ob denn nun die 2 Minuten
"Ruhestörung" am Sonntag auch für alle Ok wären.
Also einfach mal kurz Stock aus'm Allerwertesten, 2 Minuten Augen verdrehen und danach normal weiterleben.
Mir ist jedenfalls egal, ob bei mir irgendwo ein paar griesgrämige Nörgel-Nachbarn lauern, die nur auf einen Grund warten, um ihrem Mecker-Bedürfnis nachzukommen, ich mach auf jeden Fall wieder mit
