Schwangerschaftsabbruch

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Herbstlaubrascheln
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Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Die entsprechenden Paragraphen sind in letzter Zeit wieder mehr ins Licht der Öffentlichkeit gerückt und lösen nach wie vor heftigste Diskussionen aus.
Wie steht Ihr zu dem Thema? Und zu der Art und Weise, wie in Deutschland in diesem Punkt verfahren wird?
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Demon89
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Demon89 »

Nun, das Thema ist an sich durchaus nicht einfach, da es diverse unterschiedliche Positionen Sichtweisen besitzt, die sich auf eine radikale oder eine gemäßigte Pro- oder Contra-Seite bzgl. dieses Themas aussprechen.
Ich bin so frei mal aus Wikipedia zu zitieren:
Die Zulässigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen ist seit der Spätantike heftig umstritten. Im Widerstreit stehen dabei religiöse und ethische Vorstellungen, gesellschaftliche Ansprüche, das Selbstbestimmungsrecht der Frau und das Lebensrecht des menschlichen Embryos bzw. Fötus. Daraus folgen sehr unterschiedliche ethische Beurteilungen und juristische Regelungen; sie reichen von weitgehender Entscheidungsfreiheit der Schwangeren bis zu völligen Verboten mit harten Strafen.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwangerschaftsabbruch (Die Unterstreichung ist eine Hervorhebung des Rezitators)


Will man sich nun konkreter damit beschäftigen, wie man die Handhabung in Deutschland findet, sollte man sich nun erstmal mit den entsprechenden Paragraphen befassen.
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__218.html
Diese sind u.a. in den Paragraphen 218 bis 219b StGB geregelt.

Sieht man sich nun die entsprechenden Paragraphen an, wird man wohl bemerken, dass es sich bei der vom deutschen Gesetzgeber vertretenden Lösung von obigen ethischen Problems um eine eher gemäßigte Contra-Abtreibungs-Haltung handelt, welcher der Schwangeren jedoch viele Möglichkeiten einräumt, sich für eine Abtreibung zu entscheiden und diese durchführen zu lassen.
Ich finde, diese Grundhaltung ist durchaus vertretbar und kann sich wohl (berechtigterweise) großer Akzeptanz erfreuen.

Der Punkt, der eigentlich in letzter Zeit große Debatten ausgelöst hat ist dabei folgender:
Strafgesetzbuch (StGB)
§ 219a Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft
(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise
1.
eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder
2.
Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung
anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen.
(3) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird.
Hier hat man natürlich das Problem, dass man eine Komerzialisierung von Abtreibungen vermeiden will auf der einen und Informationsbereitstellungen für Abtreibung wollende Frauen auf der anderen Seite.
Im Groben kann man dabei sagen, dass die SPD den Artikel gerne abschaffen möchte und die CDU/CSU ihn beibehalten will.
Ein schwieriges Problem. Ich würde mich durchaus für die Methode aussprechen, dass Werbung und Informationen (beides lässt sich im konkreten Fall oft nicht trennen) an die Beratungsstellen geht und diese - unter Aufsicht ihrer Neutralität durch den Staat - diese abtreibenwollenden Frauen zur Verfügung stellt. Das ganze weist natürlich zwei Probleme auf; zum einen ist die Aufsicht des Staates oft mehr schlecht als recht, weswegen diesen Pflichten erst oft konkret im Beschwerdefalle nachgegangen wird (was aber durchaus durch die Kapazitäten und Effizienz gerechtfertigt ist); zum anderen zählen, wenn ich das richtig verstanden habe, auch bereits Ärzte (die nun durchaus auch nicht ganz unwirtschaftlich handeln) zu diesen Stellen, denen man natürlich immer mal (ob nun gerechtfertigt oder nicht) Absprachen, etc. unterstellen kann.
Nunja, beide widerstreitenden Positionen (Komerzialisierungsvermeidung vs. Informationsbereitstellung) sind durchaus legitim, und man muss hierbei halt einen Kompromiss finden (wobei 219a bereits einen darstellen kann).


So, bevor sich nun Soiled die Gesetzestexte durchließt und sich über § 219 Abs.1 StGB beschwert: Auch das ist, wenn man bedenkt, dass die schwangere Frau das letzte Wort hat, durchaus legitim in oben angegebenen ethischen Konflikt :P
Numquam populo crede!

Die Perfektion der Natur liegt in ihrer Unvollkommenheit.

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Wanderfalke
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Wanderfalke »

"Werbungsverbot für Abtreibungen" ... Ein Thema, bei dem mir gelinde gesagt die Hutschnur platzen könnte!

Um mal das Historische vorwegzunehmen: Ginge es nach den alten Machteliten dieser Bananenrepublik würden wir heute noch Abtreibungen generell unter Strafe stellen (und, was jetzt hier aber nicht Thema ist, Homosexuelle kriminalisieren). Der pfui-bösen DDR und ihrer diktatorisch unterdrückten weiblichen Bevölkerung ist es zu verdanken, daß mit der Wende eine Gesetzesänderung hermußte. Die blöden Zonenzicken wollten sich ihre liebgewonnene Freiheit abtreiben zu dürfen nicht einfach nehmen lassen, demonstrierten in Scharen auf den Straßen und drohten "Birnes" gesamtdeutschen Wahlsieg zu gefährden. Heraus kam ein relativ vernünftiger Umgang mit dem Abbruch selbst, aber eben auch die selten dämliche Krücke mit dem §219a.

Ich persönlich begrüße es, daß vor einer potentiellen abortio ein Aufklärungsgespräch stattfinden muß, denn ungeachtet des teilweise lapidaren Umgangs mit dem Thema birgt doch jeder Eingriff erhebliche Risiken für die Gesundheit (mithin bis zum Tod). Weshalb dieses Gespräch aber nicht einfach der Gynäkologe durchführen und deshalb auch folgerichtig auf die Möglichkeiten hinweisen (das als "Werbung" zu betiteln ist einfach nur dreist!) sollte und stattdessen in so genannten "Familienberatungsstellen" die Schwangere bearbeitet werden soll, den Eingriff möglichst zu unterlassen, erschließt sich nur, wenn man weiß, daß diese "Beratungsstellen" in der Regel kirchlich dominiert sind. So viel zu "staatlicher" Kontrolle.

Es geht also im Grunde genommen nicht um das Wohl der betroffenen Frauen, erst recht nicht um mögliche Rechte des werdenden Kindes, sondern schlicht um die Machtfrage zwischen den C-Parteien und ihrer Konkurrenz.

Werbung für Schwangerschaftsabbrüche muß sicher niemand machen. Und nach dem, was ich aus ärztlichen Kreisen weiß, ist es für die auch kein Vergnügen, mit diesen Eingriffen teilweise regelmäßig den Verhütungsersatz spielen zu müssen. Vielleicht sollte der Gesetzgeber lieber darüber nachdenken, wie leichtfertig die Kassen die Kosten übernehmen und ob man bei besonders lernresistenten Exemplaren Mensch nicht über Zwangsberatungen zu Verhütungsalternativen nachdenken sollte.

Neben solchen gedankenlosen Personen, für die die abortio vermutlich nur ein lästiger Termin zwischen Friseur und dem Latte Macchiato mit der Freundin darstellt, sind aber sicherlich die meisten Frauen in der Situation in echten Gewissenskonflikten und brauchen vor allem eines: Hilfe.
Daß man ihren behandelnden Ärzten verbietet, sie darüber zu informieren, daß (und wie) sie helfen können, ist einfach nur ein Skandal!
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Herbstlaubrascheln
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

@Wanderfalke

Danke für den tollen Beitrag, ich bin ganz genau Deiner Meinung und Du hast mir die Worte sozusagen aus dem Mund genommen und ich muss gar nicht mehr viel dazu schreiben.

Schade nur, dass mit einem so wichtigen Thema heute noch immer erstaunlich seltsam umgegangen wird und bei keinem anderen die Emotionen so schnell hoch kochen...fällt mir immer wieder auf.
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Red
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Red »

Was ich viel schlimmer finde, man muss dies auch noch aus eigener Tasche bezahlen! Aber klar, wir zahlen ja auch alle nur 1 Cent pro Monat an die KK :roll:
Soiled

Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Soiled »

Wanderfalke hat geschrieben: Dienstag 11. Dezember 2018, 23:56 Ich persönlich begrüße es, daß vor einer potentiellen abortio ein Aufklärungsgespräch stattfinden muß, denn ungeachtet des teilweise lapidaren Umgangs mit dem Thema birgt doch jeder Eingriff erhebliche Risiken für die Gesundheit (mithin bis zum Tod).
Nun ja. Das Risiko, bei einer ausgetragenen Schwangerschaft dauerhafte gesundheitliche Schäden (inklusive psychischer) bis hin zum Tod zu erleiden ist aber immer noch signifikant höher. ;)
Neben solchen gedankenlosen Personen, für die die abortio vermutlich nur ein lästiger Termin zwischen Friseur und dem Latte Macchiato mit der Freundin darstellt,
Echt jetzt? Willst Du es Leuten tatsächlich zum Vorwurf machen, wenn sie kein adäquat schlechtes Gewissen haben?
Herbstlaubrascheln
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Ich denke nicht, dass der Falke das so gemeint hat, dass er es jemandem unterstellen würde, kein schlechtes Gewissen zu haben.
Zur Geburtenkontrolle sollte das Ganze halt nun nicht dienen, das sehe ich ganz genau so.
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von teamkiller »

Ich denke das man den §219a durchaus streichen könnte oder ihn soweit ergänzt das es Gynäkologen und Kliniken zumindest Informationen zu dem Prozess und der Tatsache das dieser dort durchgeführt wird anbieten können. Zur Zeit ist es ja so das nur zugelassene Beratungsstellen diese Gespräche führen dürfen was grundsätzlich auch gut ist jedoch haben diese Beratungsstellen ehr wenig Erfahrung dadrin wie der Arzt der die Abtreibung letztendlich durchführt.
Meine Informationen sind aus erster Hand da ich bei einem Träger einer solchen Beratungsstelle arbeite und auch mit den Kollegien von dort zu tun habe.

Meine Persönliche Meinung zu Abtreibungen im allgemeinen weicht jedoch sehr von der ab die mein Arbeitgeber mir vorgibt ab. Ich bin der Meinung grundsätzlich sollte eine Frau die Möglichkeit haben selbst zu bestimmen was mit und in Ihrem Körper passiert. Meine Frau und ich lehnen aber für uns selber eine solche ehr ab.
Grauer Wolf
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Grauer Wolf »

Der juristische Aspekt:

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Insbesondere ist somit sein Recht auf körperliche Unversehrtheit garantiert. Ausnahmslos für jeden Menschen. Das ist die Grundlage unseres Strafrechts hier in Deutschland.

Stellt sich sofort die Frage: Was ist ein Mensch? Ab wann ist ein Mensch ein Mensch? Ist eine Eizelle, resp. ein Spermium schon ein Mensch? Gemäß der fundamentalistisch-christistischen Orthodoxie ist dem so. Ist eine befruchtete Eizelle schon ein Mensch? Nur weil sich aus ihr mit etwas Glück ein Mensch entwickeln könnte? Ist ein aus der befruchteten Eizelle entstandene Zellklumpen schon ein Mensch? Von welchem Entwicklungsstadium an ist ein menschlicher Embryo ein Mensch? Ist ein Fötus kurz vor der Geburt ein Mensch?

Ist somit auch jede menschliche Stammzelle schon ein Mensch? Ist somit auch jede menschliche Zelle, die ich in eine Stammzelle umprogrammieren kann ein Mensch? Darf ich mir ein Stückchen lebende Haut abschneiden und im Mülleimer entsorgen, ohne einen Mord an einem möglichen Menschen zu begehen? Ist ein Kleinkind, daß sich während seiner frühen geistigen Entwicklung seiner eigenen Existenz, seiner eigenen Individualität noch nicht voll bewußt ist, ein Mensch?

Die Extreme in die eine oder andere Richtung sind natürlich absurd: Kaum jemand würde eine lebende Hautzelle als potentiellen Menschen betrachten. Kaum jemand wäre damit einverstanden, daß ein gesunder Fötus wenige Tage vor der terminierten Geburt abgetrieben werden darf -- geschweige denn, daß man ein Kleinkind töten darf. Aber im großen, weiten Bereich dazwischen wird jede Grenze der Menschwerdung immer willkürlich angesetzt sein -- und somit umstritten.

Hinzu kommt, daß sich Mutter und Vater eine Meinung zum vorliegenden Fall bilden und ihren Willen eindeutig kundtun können. Der von der Abtreibung am stärksten betroffene Embryo oder Fötus kann das nicht.


Der biologische Aspekt:

Laut Wikipedia wird ungefähr die Hälfte aller befruchteten Eizellen von ganz alleine auf natürliche Weise durch eine Regelblutung abgetrieben, bevor sich überhaupt ein erkennbarer Embryo entwickeln kann. Zwischen der fünften und 20. Woche kommt es dann immer noch in einem von fünf bis zehn Fällen zum natürlichen Schwangerschaftsabbruch.

Warum soll strafbar sein, was in der Natur auf ganz natürliche Art und Weise immer wieder und nicht vernachlässigbarer Häufigkeit vorkommt?


Der soziale Aspekt:

Wer darf die Entscheidung fällen? Wie oben schon erwähnt, kann der von der Entscheidung am schwersten betroffene sich weder eine eigene Meinung bilden noch selbige äußern. Darf die betroffene Mutter alleine entscheiden? Welches Mitspracherecht hat der Vater? Haben nebst Mutter und Vater vielleicht noch andere, indirekt betroffene Personen ein Mitspracherecht? Was, wenn sich die direkt oder indirekt betroffenen Personen nicht einig werden? Wer hat das letzte Wort? Und vor allem: Was geht den Staat das alles an? Ist das nicht eine reine Privatsache der Betroffenen?



Ich glaube nicht, daß man auf die hier aufgeworfenen Fragen eine allgemeingültige Antwort finden kann. Jeder Fall liegt anders. So überzeugend das formaljuristische Argument auch klingen mag, daß jeder Mensch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat, so heikel finde ich es, eine ebenso eindeutige Definition zu finden, was denn genau ein Mensch sei.

Die jetzige Regelung, daß jeder künstliche Schwangerschaftsabbruch eine Straftat ist, unter gewissen Umständen (nach Beratung, bis zur 12. Woche) jedoch straflos bleibt, ist einfach nur absurder Schwachfug.

Aber wie soll man es besser machen? Ich weiß es auch nicht.
Man soll Leuten nicht Boshaftigkeit unterstellen,
wenn man ihr Verhalten genau so gut durch Dummheit erklären kann.
(Hanlon's Razor)

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Wanderfalke
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Re: Schwangerschaftsabbruch

Beitrag von Wanderfalke »

@Soiled Ob das gesundheitliche Risiko einer ausgetragenen Schwangerschaft höher ist als das Risiko bei einem künstlich herbeigeführten Abbruch hinkt wie der Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Abgesehen von hier nicht thematisierten erzwungenen Schwangerschaften (z. B. durch Vergewaltigung etc.) ist es doch immer eine freie Willensentscheidung der Frau, schwanger zu werden. (Und ja, auch wer trotz Verhütung ungewollt schwanger wurde, hatte vorher die Möglichkeit, sich über die damit verbundenen Risiken zu informieren.) Eine Frau, die Sex hat, riskiert eine Schwangerschaft, und mit der Schwangerschaft sind ganz natürlich Gefahren verbunden. So wie mit allem im Leben.

Medizinische Eingriffe bergen faktisch zusätzliche Risiken. Und ehe man sich diesen aussetzt, sollte man zumindest (ist in Deutschland auch bei allen Operationen vorgeschrieben) vorher darüber aufgeklärt werden. Eine abortio stellt in der Regel (ich lasse die Fälle, in denen der Abbruch zum Wohl des Lebens der Frau dringend angeraten ist, außen vor) keine Notwendigkeit dar. Sie ist eine zusätzliche Option zu Verhütungsmethoden bzw. postnatalen Möglichkeiten, sich des ungewollten Kindes zu entledigen ("Babyklappe", Freigabe zur Adoption etc.). In diesem Fall - und das sollte dabei auch bedacht werden - werden Dritte (Ärzte etc.) ungeachtet deren eigener Einstellung zu dem Thema zur Mittäterschaft gezwungen. Ich bezweifle, daß die Gynäkologen, Chirurgen, Anästhesisten, die OP-Schwestern etc. in Frauenkliniken besonders wild darauf sind, entgegen ihrem Berufsethos am laufenden Band lebensfähige Föten im Uterus zerhäckseln und die Überreste per abrasio entfernen zu müssen. Sind die psychischen Folgen für diesen Personenkreis weniger relevant?

Mit den "gedankenlosen Personen" meine ich tatsächlich - wie Herbstlaubrascheln richtig erfaßt hat - die Frauen, die die abortio als Verhütungsersatz mißbrauchen. Wie ich aus erster Hand weiß, sind es zumindest hier (auf dem Gebiet der ehemaligen DDR greift ja glücklicherweise die kirchliche Moralkeule nicht) einige, die solche Eingriffe mehrfach in ihrem Leben durchführen lassen.


@alle Heute nun hat das Bundeskabinett als Kompromiß im Streit um den §219a beschlossen, per Zusatz Ärzten und Krankenhäusern zukünftig erlauben zu wollen, über die Möglichkeiten von Schwangerschaftsabbrüchen zu informieren. Das Werbeverbot samt drastischen Strafen soll aber bestehen bleiben.
Ich persönlich sehe in diesem Vorschlag nur den Versuch der Augenwischerei: Was Information und was Werbung ist, wird nicht definiert, so daß auch zukünftig jedwede Form berechtigter und notwendiger Information juristisch sanktioniert werden kann.

Was mir außerdem noch aufgefallen ist: Während die Information zu Schwangerschaftsabbrüchen gesetzlich tabuisiert wird, scheint das Gegenteil regelrecht erwünscht: Im Zentrum Magdeburgs prangt an der Fassade eines großen Geschäftshauses, deutlich sichtbar für jeden Vorbeifahrenden auf der vielbefahrenen Durchgangsverkehrsstraße, der Schriftzug "Kinderwunsch-Zentrum Magdeburg": Wie der Name unschwer verrät, kann man sich dort zu diversen medizinischen Möglichkeiten, eine künstliche Schwangerschaft herbeizuführen, beraten und entsprechende Eingriffe vornehmen lassen.
Die Gynäkologin meiner Partnerin hat ihre Praxis im selben Komplex: Von außen weist nur ein winziges Messingschild an der Tür darauf hin.


@teamkiller Ich stimme dir völlig darin zu, daß jede Frau selbst über ihren Körper bestimmen sollte. Dazu gehört natürlich auch das Recht, von den Fachleuten informiert zu werden.


@Grauer Wolf Das grundsätzliche Problem bzw. die Konkurrenz diverser Grund- bzw. Persönlichkeitsrechte beim Thema "Schwangerschaftsabbrüche" erkenne ich auch und bin genauso ratlos bzw. froh, keine entsprechenden Gesetze entscheiden zu müssen. Glücklicherweise ist in diesem Thread das Thema aber nur, ob über die Möglichkeiten eines Abbruchs informiert werden darf oder diese Informationen als illegale Werbung bestraft werden. Und dazu kann ich mich positionieren.
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