Individualismus / Individualität / Individuen

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blacksister´s ghost

Individualismus / Individualität / Individuen

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Sonntag 11. August 2019, 12:52, insgesamt 2-mal geändert.
Soiled

Re: Individualismus

Beitrag von Soiled »

blacksister´s ghost hat geschrieben: Samstag 10. November 2018, 18:59 Als erstes kommt mir die Frage in den Sinn, was is überhaupt Individualismus?!
In erster Linie ein Abgrenzung vom typischen gesellschaftlichen Bild....von mir aus auch "Einheitsbrei" genannt.
Aber is Individualität nich viel mehr ein Irrglaube?
Ich mein, sin wir mal ehrlich...wirklich von etwas abheben wird nie klappen. Irgendwo wird es immer eine handvoll Leute geben, die genau meinem Muster entsprechen, auch wenn es vll. nich der gesellschaftliche Standart is.
Naja, ganz genauso wie Du ist niemand. Leute sind ein Mosaik aus ihren Erfahrungen und Prägungen, und die sind natürlich bei jedem anders. Vielleicht findet man Leute, die einem ähnlich sind, aber ganz genauso? Unwahrscheinlich. Ich drösel das mal ein bisschen auf, zur Illustration:
Ich bin Deutsche, In Österreich lebend - das prägt natürlich, und schränkt die Menge der Menschen, die diese Erfahrungen teilen, schon beträchtlich ein.
Ich tendiere massiv zu einem rationalen Weltbild und kann mit Spiritualität wenig anfangen - da fallen schon wieder viele raus, die das anders sehen.
Ich habe ziemlich deutliche feministische Tendenzen - schwubbs, schon wieder sind Leute weg, die da nicht zustimmen.
Ich mag Androgynität - und schon wieder verziehen sich ein paar, die damit nix am Hut haben.
Ich habe einen komischen, sehr flexiblen Musikgeschmack - damit wären die nächsten vergrault.

Wenn ich das noch weiter durchziehe merke ich schnell, dass ich da eigentlich ziemlich alleine dastehe. Klar, es gibt immer mal wieder vereinzelte Übereinstimmungen mit anderen Menschen, aber 100%ige Deckungsgleichheit? Nie. Nichtsdestoweniger halte ich mich für ziemlich durchschnittlich, weil keine von meinen Eigenschaften so außergewöhnlich ist, dass ich mich von allen abhebe.

Ob und wie man diese Individualität nach außen trägt ist dann wieder eine ganz andere Sache. Ich finde eh, dass da jeder seine persönliche Balance finden muss. Wenn man sich ständig von allem und jedem abgrenzt führt das zu Vereinsamung, wie auch schon Lylia anmerkte; das ist auf Dauer nicht gesund, weil der Mensch nun mal ein soziales Tier ist. Und anders zu sein heißt ja noch lange nicht, dass man "besser" als andere sei. Aber eben auch nicht unbedingt schlechter.

Betonte Individualität führt immer zu Gegenwind, das ist unvermeidbar. Aber ständiges Anpassen natürlich genauso doof, da muss ich gar nicht mal ins Detail gehen. Absolut kann man so etwas sowieso nicht messen - was in Gruppe A eine Abweichung ist ist in Gruppe B Mainstream. Wenn ich in einer ranzigen Keller-Kneipe Grindcore höre sind außer mir sicher wenige im Publikum, die Spaß an klassischer Musik haben. Wenn ich dagegen auf ein klassisches Konzert gehe bin ich umgeben von Leuten, die das ebenfalls genießen. Und umgekehrt.

Die Maßstäbe kann man auch ruhig größer anlegen: Individualismus ist ein Konzept, was vor allem in westlichen Industrienationen propagiert wird, Kollektivismus findet man mehr in Asien. Mir als Europäer liegt Individualismus naturgegebenermaßen (bzw. kulturgegebenermaßen, haha) natürlich näher, Konformität finde ich einfach schrecklich langweilig.

Alles jedenfalls nicht so einfach. :lol:
Elric
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Re: Individualismus

Beitrag von Elric »

Individualismus kommt ins Spiel, wenn dem Menschen, neben seiner Funktion als Subjekt des neoliberalen Marktes, andere Aspekte zugestanden werden...

...der entfesselte Markt reagiert auf Bestrebungen des Menschen nach Individualität mit der Umformung dieser Eigenschaft in ein vermarktbares Gut, eine käufliche Scheinindividualität. Insofern sind äußerliche Merkmale einer Absentierung vom Mainstream leicht durch Marktmechanismen absorbiert...

...andererseits ist es, wenn man sich die trostlosen grauen Gestalten auf der Straße anschaut, gar nicht einmal so schwierig Dissenz zu signalisieren. Nur muß man mit den Reaktionen umgehen können...

...Fazit ist für mich demnach, daß sich Individualität am ehesten in einem Feld nicht profitorienter Tätigkeit ausdrückt...

...wobei ich mich eigentlich bei den "trostlosen Gestalten" wohl entschuldigen muß; grade die jungen Leute wirken heute so belastet, so bedrückt; es ist seltsam: Ich habe mit zwanzig fest damit gerechnet, die dreißig nicht zu erreichen (und sitze heute etwas irritiert da, aber das ist ein anderes thema...), habe mich aber in der Zeit recht gut amüsiert; wer heute in dem Alter ist, scheint nicht nur seine Lebensplanung, sondern scheinbar auch die gesamte last der welt mich sich herum und wirkt gemeinhin, als ob es morgen zur Kreuzigung ginge...
Soiled

Re: Individualismus

Beitrag von Soiled »

@Elric Sach mal, hast Du irgendwann mal politische Flugblätter geschrieben? Dieser Nominalstil ist schon sehr putzig und typisch für sowas. "Hegemonie" hast Du übrigens noch vergessen, dann solltest Du alle Schlagwörter zusammenhaben. ;)
Elric
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Re: Individualismus

Beitrag von Elric »

@ Soiled

Schreibe und lese dergleichen tatsächlich nicht...

...es geht nicht um Schlagworte, sondern um Inhalte also Fakten oder zumindest die Interpretation von Fakten...

...stilistisch kann ich als Argument für den von mir verwandten Stil Kürze und Verständlichkeit ins Feld führen; Geschwafel ermüdet...

...und ich füge gerne hinzu, daß ich "unpolitisch" für die Achte Todsünde halte...^^
Zuletzt geändert von Elric am Samstag 10. November 2018, 21:16, insgesamt 1-mal geändert.
blacksister´s ghost

Re: Individualismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Sonntag 11. August 2019, 12:50, insgesamt 1-mal geändert.
Demon89
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Re: Individualismus

Beitrag von Demon89 »

blacksister´s ghost hat geschrieben: Samstag 10. November 2018, 18:59 Da im Tattoo-Thema gerade eine Diskusion über Indivitualität los bricht, dachte ich mir, warum dem nich ein eigenes Thema geben.
1.) Ich habe das Tattoo-Thema nicht gelesen.
2.) "Individualität?" wäre ein besseres Thema gewesen.

blacksister´s ghost hat geschrieben: Samstag 10. November 2018, 18:59 Als erstes kommt mir die Frage in den Sinn, was is überhaupt Individualismus?!
In erster Linie ein Abgrenzung vom typischen gesellschaftlichen Bild....von mir aus auch "Einheitsbrei" genannt.
Also erstmal zeigt die Endung -ismus, dass es sich hier um eine bestimmte gesellschaftliche oder theoretische Strömung handelt.
Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/-ismus

Um aus einem Lexikon zu zitieren:
"Individualismus, Ausdruck seit dem 18.Jh. für die Ansicht, daß das Individuum, seine Interessen, Ansprüche und Rechte denen der Gemeinschaft, der Gesellschaft oder des Staates überzuordnen seien bzw. ihnen zeitlich und wesensmäßig vorausliegen. So ging die Staats- und Gesellschaftslehre der Aufklärung von der Vorrausetzung aus, daß das Ursprüngliche im menschl. Gesellschaftsleben der Einzelne sei; die Gemeinschaft wurde dann als ein Verhältnis von Einzelnen konstruiert. Formen des Individualismus sind der Egoismus, der Altruismus und vor allem der Liberalismus. Gegensatz: Sozialismus. […]"

Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Individualismus
In sofern ist es halt nicht die Abgrenzung vom "Einheitsbrei".

(Erwähnte ich bereits, dass der Terminus "Individualismus" für das Thema nicht ganz passt?)
Du gehst eher hiervon aus: "Mit Individualismus wird auch – besonders im alltagssprachlichen Gebrauch – eine persönliche Geisteshaltung bezeichnet, bei der möglichst eigenständige Entscheidungen und Meinungsbildungen angestrebt werden, gleichgültig ob sie konform zum gesellschaftlichen Kontext sind oder nicht. Gegensatz ist in diesem Fall der Konformismus." (siehe Wiki)
blacksister´s ghost hat geschrieben: Samstag 10. November 2018, 18:59 Aber is Individualität nich viel mehr ein Irrglaube?
Ich mein, sin wir mal ehrlich...wirklich von etwas abheben wird nie klappen. Irgendwo wird es immer eine handvoll Leute geben, die genau meinem Muster entsprechen, auch wenn es vll. nich der gesellschaftliche Standart is.
Will denn aber auch wirklich alles und jeder individuell sein oder wird es nich doch eher von anderen so angedichtet?
Eine Frage, die nur jeder für sich selber beantworten kann.
Nein, es ist durchaus jedes Individuum individuell. Individuell zu sein bedeutet aber nicht keine Eigenschaften aufzuweisen, die andere nicht auch aufweisen könnten. Vielmehr ist es, wie Soiled an anmerkte eine Mischung aus verschiedenen Faktoren, die einzeln nichts besonderes sind aber in ihrer Gesamtheit eine Einzigartigkeit ergeben.
Es geht bei der Frage der Individualität für den Einzelnen also gar nicht darum, wirklich individuell zu sein, sondern sich als Individuell zu positionieren.
(Hierbei sollte erwähnt werden, dass weder der Wunsch nach Individualität noch nach Konformismus grundsätzlich etwas negatives sind. Der Wunsch nach ersterem entspringt m.E. dem Bedürfnis nach Anerkennung. Und was es mehrmals gibt ist ersetzbar und somit weniger Anerkennungswert in einer wirtschaftlich geprägten Welt. Es ist gerade das Bedürfnis nicht unterzugehen in einer Welt, in welcher der Einzelne an Bedeutung verliert. Der Wunsch nach zweitem ist der Tatsache geschuldet, dass der Mensch nun mal ein soziales Lebewesen ist.)
Gerade in den Subkulturen bekommt man ja oft mit, dass sie sich zwar gerne anders Verhalten als der angenommene Mainstream, sich aber innerhalb ihrer sozialen Gruppe eher weniger unterscheiden.

Man kann hier bei dem Wunsch nach Individualität wohl noch einmal zwei Gruppen von Menschen unterscheiden:
1.) Jene, die sich durch eigene (hoffentlich vernünftige) Überlegungen und Entscheidungen auszeichnen. Ihnen ist die Unabhängigkeit vom sogenannten "Einheitsbrei" wichtig. Ihre Entscheidungen können daher mit diesem konform gehen oder anders ausfallen.
2.) Jene, die sich durch Ablehnung des Mainstream abzeichnen. Sie sind im Grunde Abhängige vom Mainstream, da sie sich stets (sei es aus Protest oder anderen Gründen) an diesem orientieren um eine Gegenposition einzunehmen.


In diesem Sinne, scheint mir gerade deine Position die bessere zu sein:
blacksister´s ghost hat geschrieben: Samstag 10. November 2018, 18:59Ich persönlich hab mir noch nie Gedanken dazu gemacht, ob ich individuell bin. Ich will mich von bestimmten Dingen abgrenzen...ja, aber nich bewusst indivudell sein.
Numquam populo crede!

Die Perfektion der Natur liegt in ihrer Unvollkommenheit.

"Mit dem Wissen wächst der Zweifel" (Johann Wolfgang von Goethe)
blacksister´s ghost

Re: Individualismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Sonntag 11. August 2019, 12:49, insgesamt 1-mal geändert.
Pirat von Rhyolith
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Re: Individualismus

Beitrag von Pirat von Rhyolith »

Ach, Individualität...als Individuum möchte ich die vor allem für mich ausleben und definieren können. Wenn mir jemand anders schon wieder vorschreibt, was das ist (Du musst unbedingt abgegrenzt von der Mehrheit sein!), dann ist das ja auch irgendwo schon wieder extern bestimmt...bäääh...und was heute furchtbar individuell ist, kann in 20 Jahren schon Mainstream und Einheitsbrei sein.
Ich möchte aber sein, wie ich mich fühle und wie ich für mich bin, für mich ist der Maßstab dann einfach nicht, wieviele andere auch so rumlaufen, denken oder was weiß ich.

Daher gestatte ich mir als Individualist einfach den Luxus einer eigenen Meinung, völlig ohne mir den Kopf darüber zu zerbrechen ob das nun zufällig zum Mainstream passt oder nicht. :roll:
blacksister´s ghost

Re: Individualismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Sonntag 11. August 2019, 12:49, insgesamt 1-mal geändert.
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