Rassismus

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Herbstlaubrascheln
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Re: Welches Buch habt ihr euch als letztes gekauft/gelesen?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Soiled hat geschrieben: Freitag 26. März 2021, 08:33 Na dann ist doch alles gut. Du fühlst Dich also nicht angesprochen, wenn jemand sagt, dass Du oder Dein Umfeld eventuell (unbewusst) rassistisch denkst/fühlst/agierst. Schön, wirklich. Find ich ja super, dass Du schon immer wusstest, dass man z.B. "beige" statt "Hautfarbe" bei Pflaster, Strumpfhosen usw. sagt, dass Du die deutsche Kolonialgeschichte nicht ignorierst auch wenn sie in der Schule kaum gelehrt wurde, dass Du keine Neigung zu Tokenism hast etc. So lang Dir bewusst ist, dass Deine (und meine) Hautfarbe unbestreitbare Vorteile mit sich bringt können wir das ja gern so stehen lassen.
Im Gegensatz zu Dir fühl ich mich halt angesprochen und denke drüber nach, wie ich mein Verhalten gegebenenfalls ändern kann.
Findest Du es nicht ein ganz klein wenig überheblich, mir hier zwischen den Zeilen etwas anlasten zu wollen? Ich kann recht gut heraus lesen, dass Du mir mit Deinem Geschriebenem eigentlich sagen willst "Du sagst Du bist nicht rassistisch?! - Gut, ich glaube aber, dass Du y und y durchaus ebenso machst. " Meinetwegen kannst Du mich gerne auch vollkommen direkt "beschuldigen"; das verpacken ist gar nicht so notwendig.
Dass sich davon niemand angesprochen fühlen darf, habe ich ja auch nirgendwo erwähnt. Der etwas herablassende Unterton in manchen Dingen eckt bei mir halt schnell an - das kann nun Absicht oder Zufall sein. Sei`s drum; ist kein persönliches Ding. Nur etwas, das auffällt.

Dass unsere Hautfarbe unglaublicherweise noch immer unbestreitbare Vorteile mit sich bringt, habe ich nirgendwo geleugnet. Und das ist mir durchaus bewusst. Mit mir als Person hat das aber nun mal nichts zu tun. Und nur davon habe ich hier letztendlich gesprochen. ICH vertrete diese Meinung nicht, ICH finde, es steht außerhalb jeder Diskussion und ICH sehe die Welt nicht so. Ich hoffe, es wird klar, was ich damit eigentlich sagen möchte.
Wenn ich mich hier austausche, geht es mir in der Regel immer darum, mich eben mit ANDEREN Menschen aus zu tauschen, mir ihre persönlichen Ansichten an zu hören, evtl. etwas mit zu nehmen oder eben nicht; und ich bin alles andere als unbeweglich.

Über Dinge von außen kann ich mich selbst doch auch informieren, wenn ich es möchte - das geht glücklicherweise heutzutage relativ einfach.
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das keine Liebe kennt." (Untoten, "Grabsteinland")
blacksister´s ghost

Re: Welches Buch habt ihr euch als letztes gekauft/gelesen?

Beitrag von blacksister´s ghost »

OffTopic

Dieses "beige statt hautfarben" ist das das gleiche politisch korrekte Ding wie, dass man für Mohrenköpfe und Negerküsse nicht mehr diese Bezeichnungen nehmen soll, sondern irgendso einen Quatsch wie "Süßware aus Schaumzucker mit Schokoladenüberzug" ?
Und wie ist das mit weißen Pflastern? Darf man die noch als weiß bezeichnen oder fühlen die sich dann diskriminiert?
Ich weiß, solche Diskussionen über politisch korrekte Bezeichnungen wurden schon zu Hauf geführt.
In einem nahegelegen Ort hier, gibt es eine Straße, die heißt Mohrenstraße. Gab´s auch eine Petition, damit die umbenannt wird. Aber ich glaub die heißt immer noch so.

Was ich mich frage, wieviel dunkelhäutige (darf man das eigentlich sagen oder ist das auch schon diskrimierend?) es wirklich stört, wenn sie auf so ein Schaumkussding mit der Bezeichnung Mohrenkopf stoßen oder einer Straße mit dem Namen Mohrenstraße. Oder ob das nicht einfach so ein deutsches Problem ist, dass man nach über 75 Jahren sich noch immer die Schuld für Hitler und seine kranke Scheiße gibt.

Ich will Rassismus und auch die Schandtaten Hitlers nicht klein reden, bevor mir das hier wer unterstellen will.
Meiner Meinung nach kann man´s aber auch übertreiben, wenn es daran geht, Gegenstände aus welchem Grund auch immer umzubennen. Ich und mein gewissen kommen persönlich damit klar, wenn ein BH oder eine Strumpfhose hautfarben sind.

Vll. wäre ein Diskussions-Thema zu dieser Sache ja doch mal sinnvoll. Schon allein um den Gedankengang verstehen zu können, warum man Gegenstände und Farben nicht als das sehen kann was sie sind, sondern wesentlich mehr reininterpretiert.
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Herbstlaubrascheln
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Rassismus

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Ich hab`jetzt doch mal einen Thread dazu aufgemacht, vielleicht mag Fanchen die entsprechenden Ausreißer aus dem Bücher-Thread ja hierher verschieben oder es wird einfach hier weiter gepostet; da ja nun auch noch jemand in das Thema sozusagen "mit eingestiegen" ist und das Ganze offensichtlich doch irgendwo Potential für einen eigenen Thread hätte....
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Evanahhan
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Re: Rassismus

Beitrag von Evanahhan »

Ausgangspunkt war dieser Beitrag von Soiled
Soiled hat geschrieben: Dienstag 23. März 2021, 06:42 Alice Hasters - "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten"

Eh ok. An Leute gerichtet, die sich noch nie in ihrem Leben mit ihrem eigenen Rassismus auseinandergesetzt haben. Für mich war eigentlich kaum etwas dabei, was ich noch nicht wusste.
Ich hab das Buch nicht gelesen, aber bei Amazon reingeschaut. Da steht gleich zu Beginn:
„Darf ich mal deine Haare anfassen?“, „Kannst du Sonnenbrand bekommen?“, „Wo kommst du her?“ Wer solche Fragen stellt, meint es meist nicht böse. Aber dennoch: Sie sind rassistisch.
Klar, das mit den Haaren ist einfach mal übergriffig. Aber die anderen beiden Fragen? Das mit dem Sonnenbrand wüsste ich jetzt ehrlich gesagt auch nicht und fällt vielleicht eher in die Kategorie Unwissenheit.
Und die Frage „Wo kommst du her?“ stelle ich eigentlich fast jedem, mit dem ich mal Smalltalk halte, z.B. neuen Kollegen, wenn man dann zusammen im Bus sitzt. Mich interessiert einfach, was für einen Background Leute haben. Wenn dann noch ein Migrationshintergrund dabei sein könnte, finde ich das eigentlich besonders spannend, da es für mich neue Perspektiven und Erkenntnisgewinn verspricht. Nur durch die ganze Diskussion um Rassismus ist diese ganze Unbefangenheit futsch und wahrscheinlich würde ich mich nicht mehr so ohne weiteres trauen, diese Frage zu stellen. Das finde ich eigentlich traurig, denn dadurch entsteht für mich eigentlich erst eine Ungleichbehandlung.

Wenn ich hier Menschen mit dunkler Hautfarbe treffe, sind die ja wirklich fast ausnahmslos erst eingewandert. Und wenn sie hier geboren wurden, ist mindestens ein Elternteil eingewandert. Das ist ja hier einfach die Realität und da geht man nicht davon aus, dass man es mit einem möglicherweise vorkommendem seltenen Einzelfall zu tun hat, dass die Familien schon seit Generationen hier lebt.
Und natürlich fällt hier jemand mit dunkler Hautfarbe noch auf. Das mag in sehr großen Städten anders sein, aber in der Provinz gab es halt bis vor kurzem fast keine Migranten (abgesehen von Vietnamesen) und selbst hier in Dresden muss ich sagen, dass vor 20 Jahren ein Kopftuch z.B. im Straßenbild absoluten Seltenheitswert hatte. Ja, mit dunkler Hautfarbe fällt man hier immer noch auf. Das nur zu meiner SUBJEKTIVEN(!) Wahrnehmung (sag ich nur mal, bevor mir hier wieder jemand nen Vortrag zur Migrationsgeschichte in Ostdeutschland hält, darum gehts mir hier nicht).
Wenn also Otto-Normalbürger keinen Kontakt zu dunkelhäutigen Menschen hat oder allgemein Migranten, dann ist es doch klar, dass da Wissen fehlt. Liest ja nicht jeder pro Abend drei Bücher zum Thema........

Ich verstehe, dass es nervt, wenn man immer die gleichen Fragen beantworten soll, aber ist das wirklich Rassismus?
Ist es nicht normal, dass man Vorurteile und Stereotype im Kopf hat, wenn man was auch immer für eine Gruppe nicht näher kennt? Das betrifft ja nicht nur Menschen anderer Hautfarbe, sondern allgemein Menschen, die irgendwie von der „Norm“ abweichen.

Wenn wir eh alle per Geburt Rassisten sind, was taugt dieser Begriff dann überhaupt noch?
Ist es nicht genauso rassistisch, zu sagen, dass weiße Menschen ihren Rassismus nicht erkennen?
Ist es nicht völlig utopisch zu erwarten, dass Menschen keine Vorurteile mehr haben?

Ist es nicht besser, aus Unwissenheit und Neugier dumme Fragen zu stellen und damit die Stereotype im Kopf zu bekämpfen, als aus Angst vor dem Rassismus-Vorwurf gar keine Fragen zu stellen?
Mit dem Begriff Rassismus schwingt ja auch immer der moralische Zeigefinger mit, den ich wiederum als ungerecht empfinde. Mir kommt es so vor, als werde eine unmenschliche Perfektion verlangt.
„Worte können sein wie winzige Arsendosen: Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“
Victor Klemperer, LTI
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Phönix75
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Re: Rassismus

Beitrag von Phönix75 »

@Evanahhan


Sehr gute Fragen! :)

Ich bin ja sogar rassistisch gegenüber ausgewanderten Ossis, die jetzt in Wien leben. Das hat noch nicht einmal was mit der Hautfarbe zu tun, sondern einfach mal mit einer nervtötenden Art und Weise, andere Menschen anzupissen. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
blacksister´s ghost

Re: Rassismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

Evanahhan hat geschrieben: Freitag 26. März 2021, 10:46 Mir kommt es so vor, als werde eine unmenschliche Perfektion verlangt.
Ein guter Punkt, der mir so ähnlich auch durch den Kopf ging.
Wenn ich versuche möglichst politisch korrekt zu reden, damit sich keine Minderheit von mir diskriminiert fühlt, obwohl es am Ende noch nich mal meine Intention ist, wieviel bleibt von mir dann noch übrig? Wieviel "ich" bleibt dann noch übrig...wie authentisch bin ich dann noch, wenn ich krampfhaft versuche nicht anzuecken.
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Graphiel
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Re: Rassismus

Beitrag von Graphiel »

@Evanahhan

Ich bin da durchaus bei dir mit deinen Überlegungen. Mein Problem mit Rassismus ist halt auch nicht, dass es keine Handlungen, Sprüche oder sonstige Aktivitäten gibt, für die man jemanden nicht zurecht als Rassist betiteln darf. Mein Problem dabei sind dabei aber die Maßstäbe, nach denen Rassismus oft unterstellt wird. Nicht jeder, der sich fragend oder gar kritisch über andere Volksgruppen äußert ist automatisch ein Rassist. Und genauso verhält sich jemand, der dem "alten weißen Mann" zu seinem vorkonstruierten Bösewicht erklärt hat kein bisschen weniger rassistisch als wer anders, der das selbe über Menschen anderer Hautfarbe macht.
Ich verstehe, dass es nervt, wenn man immer die gleichen Fragen beantworten soll, aber ist das wirklich Rassismus?
In meinen Augen pauschal zumindest nicht, da es für mich auch ganz stark darauf ankommt in welchem Tonfall gefragt wird. Um es mal ein wenig bildhafter zu machen: Jemand der seinem Tonfall nach einen dunkelhäutigen Menschen fragt "Aus welchem Urwald er denn gehopst sei" sollte in meinen Augen doch schon gänzlich anders bewertet werden, wie jemand der fragt "woher Sie/ihre Familie/Vorfahren denn stammen", oder ähnlichem. Der Ton macht doch auch die Musik und nicht nur die geschriebenen/gesprochenen Worte. Während ich erstes tatsächlich als Rassismus empfinde, kann ich bei zweitem ehrlich gesagt pauschal keinen Rassismus entdecken. Trotzdem wird nicht selten beides in den gleichen Topf geworfen und das empfinde ich als durchaus beängstigend. Manchmal habe ich den Eindruck viele Leute versuchen tatsächlich so eine perfekte Gesellschaft zu erzeugen, in denen es nur gut und böse gibt und merken dabei gar nicht, dass sie inzwischen selbst rassistisch handeln. Allerdings halte ich Versuche die Gesellschaft auf diesem Wege zu verbessern tatsächlich auch für utopisch, um nicht zu sagen für falsch. Eine gesunde Gesellschaft muss in meinen Augen eben auch Grauzonen aushalten können. Mehr noch: Ich halte es sogar für wichtig Grauzonen zu haben. Denn nur durch unterschiedliche Meinungen kann ein ernsthafter Austausch von Gedanken und Argumenten folgen. Daraus folgt schließlich ja nicht Leuten mit kontroversen Ansichten automatisch das uneingeschränkte Recht auf unkommentiertes Gepöbel einräumen zu müssen. Auch wenn sich manche Leute meinen Erfahrungen nach unter Meinungsfreiheit genau das vorzustellen scheinen. ;)

Das ganze trägt inzwischen jedoch teils absurde Stilblüten. Erst recht wenn Gruppierungen/Einzelpersonen es sich zur Aufgabe machen einer gefühlten Minderheit in der Bevölkerung beibringen zu wollen, wann sie sich rassistisch behandelt fühlen müssen. So eben auch in dem Buchbeispiel. Ein anderes Beispiel gab es mal in einen Fall bei dem einem dunkelhäutigen Restaurantbesitzer von hellhäutigen Gästen Rassismus unterstellt wurde. Warum? Weil er den Ausdruck "Mohr" schön fand und sein Restaurant "Zum Mohren" nannte. :roll:

Das ganze lässt sich übrigens gut auf das Thema Sexismus übertragen, denn da finde ich die Maßstäbe nach denen von manchen Leuten beurteilt wird was denn nun sexistisch ist ähnlich fürchterlich wie beim Thema Rassismus.
"Sowas kann doch nur Leuten einfallen, die in Assoziationsspielchen neben Hund, Katze und Maus auf "Hmm.... Schwingschleifer!" kommen, oder?" - Barlow
blacksister´s ghost

Re: Rassismus

Beitrag von blacksister´s ghost »

Wo wir wieder den Punkt mit dem "Mohr" hätten....
Ich kopier meinen Beitrag aus dem Buchthema einfach mal selber hier rein...Fanchen schläft bestimmt noch :P :mrgreen:
blacksister´s ghost hat geschrieben: Freitag 26. März 2021, 09:20 OffTopic

Dieses "beige statt hautfarben" ist das das gleiche politisch korrekte Ding wie, dass man für Mohrenköpfe und Negerküsse nicht mehr diese Bezeichnungen nehmen soll, sondern irgendso einen Quatsch wie "Süßware aus Schaumzucker mit Schokoladenüberzug" ?
Und wie ist das mit weißen Pflastern? Darf man die noch als weiß bezeichnen oder fühlen die sich dann diskriminiert?
Ich weiß, solche Diskussionen über politisch korrekte Bezeichnungen wurden schon zu Hauf geführt.
In einem nahegelegen Ort hier, gibt es eine Straße, die heißt Mohrenstraße. Gab´s auch eine Petition, damit die umbenannt wird. Aber ich glaub die heißt immer noch so.

Was ich mich frage, wieviel dunkelhäutige (darf man das eigentlich sagen oder ist das auch schon diskrimierend?) es wirklich stört, wenn sie auf so ein Schaumkussding mit der Bezeichnung Mohrenkopf stoßen oder einer Straße mit dem Namen Mohrenstraße. Oder ob das nicht einfach so ein deutsches Problem ist, dass man nach über 75 Jahren sich noch immer die Schuld für Hitler und seine kranke Scheiße gibt.

Ich will Rassismus und auch die Schandtaten Hitlers nicht klein reden, bevor mir das hier wer unterstellen will.
Meiner Meinung nach kann man´s aber auch übertreiben, wenn es daran geht, Gegenstände aus welchem Grund auch immer umzubennen. Ich und mein gewissen kommen persönlich damit klar, wenn ein BH oder eine Strumpfhose hautfarben sind.

Vll. wäre ein Diskussions-Thema zu dieser Sache ja doch mal sinnvoll. Schon allein um den Gedankengang verstehen zu können, warum man Gegenstände und Farben nicht als das sehen kann was sie sind, sondern wesentlich mehr reininterpretiert.
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Phönix75
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Re: Rassismus

Beitrag von Phönix75 »

Das mit dem Mohren-Restaurant hatte ich auch mal im TV gesehen. Fand ich echt lustig, dass ein dunkelhäutiger Restaurantbesitzer sein Restaurant so benennt und somit jegliche Rasissmus-Diskussionen ad absurdum führt. Der Mann hat Mut und meinen Respekt verdient. Man sollte sich mal so nebenbei den Rassismus der dunkelhäutigen Bevölkerung bspw. in Amerika anschauen. Der ist keinen Deut besser, als irgendein "weisser" Rassismus.
Nichts ist so, wie es scheint.
Soiled

Re: Rassismus

Beitrag von Soiled »

Irgendwie hab ich ja den Verdacht, dass der Thread nur aus weißen Leuten bestehen wird, die sich gegenseitig versichern, dass sie ja eigentlich gar nicht rassistisch seien. So seltsam wie Männer, die sich gegenseititg versichern, dass sie nicht sexistisch seien. Aber sei's drum.
Evanahhan hat geschrieben: Freitag 26. März 2021, 10:46Mich interessiert einfach, was für einen Background Leute haben.
Es gibt durchaus Leute, die mit solchen Fragen kein Problem haben. Es gibt auch viele Leute, die damit ein Problem haben. Hier kann man sich mal die Meinung von einer jungen Frau durchlesen, die die Frage nicht ausstehen kann.
Ich denk mir halt: Was ist wichtiger? Dass ich meine persönliche Neugier befriedige oder dass sich mein Gegenüber wohl fühlt? Ich hab mich für die zweite Variante entschieden, und das obwohl ich ein seeeeeehhhr neugieriger Mensch bin.
Und gerade das Beispiel mit neuen Kollegen find ich unpassend gewählt. Wenn jemand grad irgendwo anfängt und einer von den alten Hasen unangemessene Fragen stellt wird der/die Neue ganz sicher nicht sagen "Sorry, aber die Frage war jetzt scheiße, lass das gefälligst." Man will ja einen Job und schluckt sowas natürlich erst einmal runter, einfach weil ein Machtgefälle herrscht.
Freund von mir (Moslem) erzählte mir zum Beispiel, dass eine Kollegin in der beruflichen WhatsApp-Gruppe immer FPÖ-Werbung rumschicken würde. Er findet das natürlich nicht prickelnd, sagt aber nix, weil er das Betriebsklima nicht ruinieren will.
Nur durch die ganze Diskussion um Rassismus ist diese ganze Unbefangenheit futsch und wahrscheinlich würde ich mich nicht mehr so ohne weiteres trauen, diese Frage zu stellen.
Diese Aussage hat für mich auffällige Parallelen zu Männern, die sagen, dass durch #metoo ihre Unbefangenheit weg wäre und sie sich gar nicht mehr trauen würden, Frauen anzusprechen ...
Da kann man sich übrigens die gleiche Frage stellen: Was ist wichtiger? Dass ich jetzt was sage oder dass sich die Frau wohl fühlt? Und, ja, auch da gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen.
Wenn also Otto-Normalbürger keinen Kontakt zu dunkelhäutigen Menschen hat oder allgemein Migranten, dann ist es doch klar, dass da Wissen fehlt.
Ignoranz ist eine Erklärung, aber keine Entschuldigung.
Dass eine Gesellschaft umso rassistischer ist je weniger divers sie ist ist ein alter Hut. Hier hab ich mal einen Artikel gelesen, ok, geht um Islamophobie, nicht um Rassismus, aber gewisse Überschneidungen gibt's da ja. Zitat: Wer keine Muslime kennt, ist islamfeindlicher (66 % ohne Kontakte zu Muslimen finden „den Islam“ bedrohlich, bei denen mit Kontakt sind es 43 %; 71 „ohne“ finden, dass der Islam nicht in die westliche Welt passt, bei denen „mit“ sind es 42 %).
Am erschreckendsten find ich da Sachsen: Nur 0,1% Moslems in der Bevölkerung, aber 78% (!) lehnen den Islam ab. Das ist der höchste Wert in D. Muss man sich mal vorstellen - von fünf Sachsen sind vier islamfeindlich eingestellt und haben demzufolge ein Problem mit meinen Kolleg:innen, Freund:innen und Gspusis, also mit Menschen, die ich mag oder sogar liebe ...

Und auch Kontakt zu Leuten, die nicht weiß sind, macht einen nicht automatisch immun gegen Rassismus. Ich hatte/habe ja viele solche Kommiliton:innen/Kolleg:innen/Nachbar:innen usw., trotzdem bin ich immer noch in rassistischen Denkstrukturen gefangen. Anti-Rassismus ist harte Arbeit. Vor allem Arbeit an sich selbst.
Das betrifft ja nicht nur Menschen anderer Hautfarbe, sondern allgemein Menschen, die irgendwie von der „Norm“ abweichen.
Klar. Es gibt auch Behindertenfeindlichkeit, Homophobie, Transphobie usw. Aber nur weil die ebenfalls verbreitet sind macht das Rassismus doch nicht ok.
Wenn wir eh alle per Geburt Rassisten sind,
Das hat doch nie jemand behauptet. Sachsen und Sächsinnen sind doch nicht von Geburt an islamfeindlich, sondern weil sie in einer ignoranten, islamfeindlichen Umgebung aufgewachsen sind. Rassismus ist gelernt, und man kann ihn wieder entlernen. Also, wenn man dazu bereit ist natürlich. Gibt ja immer noch Leute, die z.B. das N-Wort okay finden, bei denen ist imho Hopfen und Malz verloren. Die sind dann wirklich entweder unheilbar rassistisch oder sehr dumm oder beides.
Ist es nicht genauso rassistisch, zu sagen, dass weiße Menschen ihren Rassismus nicht erkennen?
Nein. Gibt Untersuchungen dazu, siehe z.B. hier.
Hat etwas damit zu tun, dass Rassismus als "böse" gilt, man sich selber nicht als "böse" sehen mag und deswegen die Verteidigung automatisch und unbewusst hochfährt.
Ist es nicht besser, aus Unwissenheit und Neugier dumme Fragen zu stellen und damit die Stereotype im Kopf zu bekämpfen, als aus Angst vor dem Rassismus-Vorwurf gar keine Fragen zu stellen?
Wie wäre es denn damit, Leute nicht mit dummen Fragen zu belästigen, sondern sich mal hinzusetzen und ein paar Bücher oder wenigstens Artikel zu lesen und drüber nachzudenken?
Diesen hier find ich z.B. sehr interessant: "Why I’m no longer talking to white people about race"
Es ist ein komplexes Thema, drum ist es auch ein langer Artikel. Find's ja immer wieder seltsam, wenn über sowas "long read" steht, als ob unser aller Aufmerksamkeit so beschissen wäre dass wir damit überfordert sein könnten. Ich verlange ja auch von keinem, die gesammelten Werke von Frantz Fanon und seinen Nachfolgern durchzulesen. Hab ich auch nicht gemacht. Aber Michael Harriot (Link) schreibt z.B. sehr coole und interessante Sachen, den kann ich auch wärmstens empfehlen.
Finde es ja sowieso sinnvoll, zu Fragen von Rassismus auf PoC zu hören, nicht auf Weiße, drum verweise ich logischerweise auf Literatur von PoC. Hier im Forum gibt's ja keine, und ich werde mich nie so weit erheben als dass ich mich als alleinigen Sprecher für sie sehen würde.
Mit dem Begriff Rassismus schwingt ja auch immer der moralische Zeigefinger mit, den ich wiederum als ungerecht empfinde.
Naja, das ist doch immer der Fall, wenn man gesellschaftliche Missstände oder Fehlverhalten aufzeigt, oder? Als ich gestern im Bus zwei Jungs gesagt hab, dass sie ihre Maske ordentlich aufsetzen sollen, war das auch mit "moralischem Zeigefinger". Soll ich das lassen, weil das ihre Gefühle verletzt?
Mir kommt es so vor, als werde eine unmenschliche Perfektion verlangt.
Ernsthaft? Also, ich hab mein Verhalten nur minimal ändern müssen. Und ich lerne immer noch dazu, und ich verändere es weiter.
Früher fand ich z.B. Ethnomedizin sehr cool, bis ich dann geschnallt hab, dass das zum großen Teil nur Fortsetzung von Kolonialismus mit anderen Mitteln ist. Das mit der geraubten Kunst in "völkerkundlichen" Museen hab ich auch lange nicht kapiert. Bricht mir doch kein Zacken aus der Krone, wenn ich sage, dass ich es damals nicht besser wusste und dazugelernt habe.
Graphiel hat geschrieben: Freitag 26. März 2021, 12:58 Und genauso verhält sich jemand, der dem "alten weißen Mann" zu seinem vorkonstruierten Bösewicht erklärt hat kein bisschen weniger rassistisch als wer anders, der das selbe über Menschen anderer Hautfarbe macht.
Nein. Rassismus hat immer auch etwas mit Machtstrukturen zu tun.
Eine gesunde Gesellschaft muss in meinen Augen eben auch Grauzonen aushalten können.
Prinzipiell ja, aber im Rassismus-Fall würde ich das in dieser Formulierung nicht so unterschreiben. Natürlich hat eine primär weiße Gesellschaft kein größeres Problem mit rassistischen Grauzonen und kann die ignorieren. Aber in dem Fall geht es halt ausnahmsweise mal nicht um das Empfinden der weißen Mehrheit.
Daraus folgt schließlich ja nicht Leuten mit kontroversen Ansichten automatisch das uneingeschränkte Recht auf unkommentiertes Gepöbel einräumen zu müssen.
Einerseits stimme ich Dir zu, dass man, wenn man eine Meinung äußert, Widerspruch aushalten sollte. Ich mein, ich bin zwar durchaus genervt und gelangweilt, wenn ich die selben ausgelatschten und schon längst widerlegten Gegenargumente zum tausendsten Mal höre, da muss ich mich schon anstrengen, damit mir nicht der Geduldsfaden reißt, aber ich versuche es zumindest.
Andererseits gibt's ja das Konzept "tone policing" (Link), wo nicht der Inhalt sondern die Ausdruckweise kritisiert wird. Als olle Feministin bin ich es natürlich gewohnt, dass mir empfohlen wird, meine Beschwerden doch bitte "netter" zu formulieren. Als ob nettes Fragen je groß was gebracht hätte. :lol: Diese Kritik kommt ganz häufig aus der spießig-kleinbürgerlichen Ecke, meiner Erfahrung nach. Die Diskussion hab ich übrigens immer wieder mit meinem liebsten Anarcho-Kommunisten, im Vergleich zu dem bin ich ja sowieso unglaublich freundlich und entgegenkommend. Seiner Meinung nach bin ich jedenfalls viel zu nett. Andere finden mich dagegen nicht nett genug. Tja, was willste machen?
Wenn man rassistische Äußerungen allerdings als "Pöbeln" bezeichnet verharmlost man sie. Das sollte man auch immer im Hinterkopf behalten.
Weil er den Ausdruck "Mohr" schön fand und sein Restaurant "Zum Mohren" nannte.
Das M-Wort als solches ist fraglos rassistisch. So wie "Schlampe" eine sehr herabsetzende Bezeichnung für Frauen ist. Ich selber kann mich so nennen, klaro, kein Problem. Aber wenn das jemand anders täte wär's halt sexistisch. Und wenn ich andere Frauen so bezeichnen würde ebenfalls.
Wenn der Herr sein Restaurant unbedingt so nennen will und es ihm scheißegal ist, damit andere Menschen zu verletzen, ist das seine Sache. Dass es verletzend ist haben ja nun schon viele oft genug gesagt. Geht in die Richtung internalisierter Rassismus, so wie es auch internalisierte Misogynie geht - also, wo Minderheiten/Frauen sich rassistisch/sexistisch verhalten, um sich bei der Mehrheitsgesellschaft/Männern einzuschleimen. Halte ich persönlich für ziemlich traurig, aber nachvollziehbar - nicht jeder ist konfliktbereit. Dass das ganze dann von Rassisten/Sexisten instrumentalisiert wird ist leider die logische Folge.
Das Thema ist ziemlich komplex, hier kann man sich mal einen recht differenzierten Artikel dazu durchlesen. Ein schwarzes AfD-Mitglied kommt da auch zur Sprache. Sowas gibt's also auch.