Oberflächlichkeit

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blacksister´s ghost

Re: Oberflächlichkeit

Beitrag von blacksister´s ghost »

@Evanahhan

Ich hab schon verstanden, dass es dir um die beratungsresistenten Klugscheißer geht, die meinen die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben.
Mir ging´s eher allgemein drum. Hier und da fiel nun mal der Punkt, was die Tiefe der Gespräche betrifft.
In den beiden Sachen sehe ich durchaus einen Unterschied, so ist es also nich. Von daher alles gut :)
Soiled

Re: Oberflächlichkeit

Beitrag von Soiled »

Evanahhan hat geschrieben: Sonntag 28. Februar 2021, 16:57 Vor dem Problem stehen mit Sicherheit auch Politiker regelmäßig, nur am Stammtisch wird sich dann darüber echauffiert, wie dumm die sind.
Als Politiker hat man im Normalfall Berater*innen; da ist das Teil des Jobs, sich gute zu suchen. Können sie alles wissen? Nö. Können sie auf Experten hören? Im Idealfall schon.

Ich glaub auch, dass es in den seltensten Fällen tatsächlich an "Dummheit" liegt, wenn Politiker*innen größeren Mist bauen, aber, naja, anderes Thema. Man könnte es natürlich auch wieder als Oberflächlichkeit bezeichnen, wenn man einfach das Label "dumm" draufklatscht, wenn Menschen Sachen machen, die gesellschaftsschädigend oder kontraproduktiv sind - das ganze hat meistens mehr als nur einen Grund. Aber das geht dann zu sehr in soziologische und psychologische Bereiche, da trau ich mir nicht zu, eine wirklich gut mit Fakten unterfütterte Aussage zu treffen.
Evanahhan hat geschrieben: Samstag 6. März 2021, 13:39 Wie gesagt, sehe ich das Problem darin, wenn man mit wenig Wissen meint, alles durchschaut zu haben, und zwar besser als alle Experten. (Siehe Dunning-Kruger-Effekt)
Klugscheiß-Modus an:
Man muss zu der Veröffentlichung von Dunning & Kruger dazusagen: Sie ist uralt, von 1999. Seitdem ist viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen, viele Experten haben sich damit beschäftigt und sehen das ganze etwas differenzierter. Hier ist eine hübsche Analyse dazu, mit zusätzlichen Links, kann man sich mal durchlesen. Ist auch gut erklärt, man muss z.B. gar nicht wissen, was "regression towards the mean" bedeutet, weil es dort wirklich schön dargelegt wird.

Gibt es inkompetente Leute, die sich für kompetenter als Experten halten? Sicher, jeder von uns kennt solche. Aber das ist anecdotal evidence, zählt also nicht. Und es ist auch gar nicht die Aussage von Dunning & Kruger.
Insbesondere Laien (also Leute wie wir) zitieren eine verzerrte Version dieses Effektes naturgemäß sehr gern, weil's halt schön plakativ und einfach zu verstehen ist. Persönlich vermeide ich es aber inzwischen, weil das Thema irrsinnig komplex ist und die Chance, dass ich Mist erzähle, sehr hoch.

Aber, ja, sich selbst und sein Kompetenz realistisch einschätzen zu können ist verdammt kompliziert, insbesondere, wenn man nicht viel mit Leuten zu tun hat, die ein ähnliches Fachgebiet beackern.
Man muss aber trotzdem auch darauf achten, dass man sich nicht *unter*schätzt.
Nehmen wir mal Statistik. Ich hatte so drei, vier Semester - jetzt nicht der Burner, und ich hab auch eine Menge vergessen, aber ein wenig ist noch hängengeblieben. Sehe ich mich in der Lage, z.B. den Erich Neuwirth zu kritisieren, der hier die Corona-Statistik aufarbeitet? Natürlich nicht! Diskutiere ich mit wem über Statistik, der nicht einmal den Unterschied zwischen Median und Durchschnitt kennt? Ebenfalls natürlich nicht.
Graphiel hat geschrieben: Samstag 6. März 2021, 12:23 Inzwischen versuche ich schon Diskussionen mit solchen Leuten zu vermeiden, da dieser Austausch doch eine Menge Aufwand und Energie erfordert, über die ich offen gestanden nicht verfüge.
Das ist verständlich, wenn auch schade. Da die richtige Balance zu finden ist irrsinnig schwierig. Gibt imho nämlich durchaus Sachen, die man nicht unwidersprochen stehen lassen darf.
Und, ja, ich meine tatsächlich "unwidersprochen", nicht "unwiderlegt". Wenn jemand jetzt, im Jahr 2021, immer noch an Homöopathie glaubt, bringt es genau gar nix, wenn ich ein Dutzend peer-reviewte Paper anschleppe. Der/die wird sich von mir nicht überzeugen lassen, auch wenn ich mich auf den Kopf stelle. Hufeisentheorie ist noch so ein Thema, neben anderen. Finde es aber trotzdem wichtig, laut und deutlich zu sagen, dass das Mist ist. Und wenn ich damit ein paar Gefühle verletze - herrjeh, das ist mir ziemlich schnuppe. Bei Kindern ist das was anderes, aber erwachsene Leute sollten damit zurechtkommen.

So, zurück zum eigentlichen Thema: Ich find Oberflächlichkeit im Sinne von "Menschen aufgrund von vorliegenden Mini-Informationshäppchen bewerten" eigentlich nur dann unangenehm, wenn es bösartig ist. Also, wenn jemand z.B. nahezu ausschließlich Schwarzen Schlager oder generell schwarze Mainstream-Musik hört gehe ich davon aus, dass er/sie halt noch nicht so lang in der Szene ist, um die unglaubliche Vielfalt an Musik kennengelernt zu haben. Ist in meinen Augen eine vollkommen legitime Schlussfolgerung.
Und manche Sachen sind einfach so eindeutig, da muss man nicht drüber reden. Wenn jemand ein Hakenkreuz-Tattoo hat kann mir niemand erzählen, dass das kein Nazi sei, zum Beispiel. :lol:

Und ich selber wurde und werde komischerweise eh nur ganz selten in Schubladen gesteckt. Klar, ab und zu denkt jemand, dass ich lesbisch sei, wegen der Haare und weil ich unapologetische Feministin bin. Stört mich nicht im geringsten, ist ja nix schlimmes.
blacksister´s ghost

Re: Oberflächlichkeit

Beitrag von blacksister´s ghost »

Was die Schubladen betrifft, kommt´s vll. auch drauf an was drauf steht und wie man persönlich vom Wesen ist. Wie man drüber denkt, ect. pp. Jede sollte und muß man nich hin nehmen.
Ich fand Evanahhan ihr Beispiel recht gut " Bei Frauen ist es ja oft umgekehrt, je besser sie aussehen, umso weniger Kompetenz wird ihnen zugetraut." Wobei ich gern sagen möchte, dass Frauen generell gern mal Kompetenz abgesprochen wird, eben weil sie Frauen sind. Wenn sie dazu noch hübsch sind, gelten sie als doof. Oder man degradiert sie gleich zum Betthäschen. Etwas wo ich persönlich das ganz große kotzen bekomme. Diese Herabstufung auf "billiges Stück Fleisch". Manche Frauen sind da vll. stolz drauf, mich persönlich hat´s schon immer gestört. Genauso wie Männern, die Muckies wie Van Damme haben, gern mal eine hohle Birne nachgesagt wird. Man könnte auch Müllfahrer ran ziehen. Hatte man denen einst nich auch einen niedrigen Bildungsstand nachgesagt?
Im Prinzip trieft unsere Gesellschaft doch vor Oberflächlichkeit. Man zieht sich irgendwas bei jemanden ran und reduziert ihn darauf.
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Herbstlaubrascheln
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Re: Oberflächlichkeit

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Das mit den hübschen Frauen und den Müllfahrern fällt aber für mich eher unter Vorteile, nicht wirklich um Oberflächlichkeiten. Also ein bisschen vermischen sich diese beiden Dinge ohnehin in den Beiträgen hier.
" Hab` keine Angst, bin nur ein Nachtgespenst
das keine Liebe kennt." (Untoten, "Grabsteinland")
blacksister´s ghost

Re: Oberflächlichkeit

Beitrag von blacksister´s ghost »

Ich würde behaupten, es kommt erstens auf den Blickwinkel an und zweitens, dass Oberflächlichkeit und Vorurteile haben durchaus Hand in Hand gehen können.
Meiner Auffassung nach ist es durchaus auch oberflächlich, wenn man einen Menschen auf Grund seiner Optik oder des Berufes beurteilt oder abwertet. Da man als Person sich gar nich erst die Mühe macht, sich näher mit diesem Wesen zu befassen, sondern gleich urteilt und Schubladen bildet. Oberflächlich ist doch im Prinzip alles was nich tiefer geht.