Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

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Soiled

Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Soiled »

Naja. Ich sehe das durchaus positiv, wenn Spotify und YouTube einen rechtsextremen Rapper wie Chris Ares rauswerfen - wieso soll ich mich denn bitteschön auf dessen "unangenehme" Ideen einlassen, wenn diese Ideen schlicht und ergreifend Menschenhass und Verschwörungsideologie sind?
Das gleiche mit Xavier Naidoo - der Typ ist offensichtlich psychisch krank, den auftreten zu lassen hat nix mit "Barmherzigkeit" zu tun. Barmherzigkeit wäre, ihn davon zu überzeugen, sich endlich behandeln zu lassen.
Dass der Buchhandel die Bücher von Attila Hildmann aus dem Handel nimmt find ich ebenfalls hervorragend. Der Typ ist gemeingefährlich, und jeder Cent, den er verdient, macht ihn noch gefährlicher.

Ich find's eher erstaunlich, dass das es teilweise so lang gedauert hat, bis sich da überhaupt was getan hat.
Evanahhan hat geschrieben: Sonntag 16. August 2020, 11:36 Der Versuch sich in den anderen hineinzuversetzen und herauszufinden, was er meint und welche Erfahrungen zu der kritisierten Einstellung führten, wird erst gar nicht unternommen.
Das ist in meinen Augen auch eher eine Aufgabe für Therapeuten ...
Gelegentlich klappt es, ja. Wenn ich (geboren in der DDR) mit Österreichern über unsere unterschiedliche Wahrnehmung der Kirche rede, die logischerweise in den zwei Ländern sehr, sehr unterschiedliche Positionen innehatte, ist das durchaus spannend. Am Schluss sind wir beide schlauer und sehen das differenzierter. ;)
Aber wo es ganz und gar nicht klappt: Bei Leuten, die rechtes Gedankengut äußern. Da bin ich inzwischen auch da angekommen, ihnen keine Bühne mehr zu geben und ihnen deutlich zu widersprechen. Passt zwar nicht zu meiner Persönlichkeit, aber ich kann und will mich nicht mehr an ihnen aufreiben. Dann werd ich zwar beschimpft, aber damit schneiden sie sich ja eh nur ins eigene Fleisch und machen sich noch weniger satisfaktionsfähig als sie eh schon sind. ;)

Und wenn Chris Ares in seinen Texten Hooton erwähnt (so ein sehr rassistischer Typ, der das Konzept "Großer Austausch" propagiert hat und Eugenik ok fand) muss ich mich eigentlich gar nicht mehr bemühen, um herauszufinden, was er denn meint ...
Was er persönlich für Erfahrungen gemacht hat, um rechtsextrem zu werden, ist mir, um ehrlich zu sein, herzlich egal. Manche schieben es auf Frust, aber vielleicht hat er einfach nur zu viel Naidoo gehört. :lol:

Ansonsten halte ich "Cancel culture" für einen rechten Kampfbegriff, den man im Idealfall vermeiden sollte.
Dactus hat geschrieben: Sonntag 16. August 2020, 12:15 Ob ARD und ZDF unabhängig sind *schulterzuck*.
Auf jeden Fall unabhängiger als z.B. ServusTV. Der Eigentümer ist Rechtpopulist, der Intendant ist Rechtspopulist, also kann man davon ausgehen, dass auch das Programm ziemlich in die Richtung neigt. Wenn einem das bewusst ist kann man das ja durchaus auch anschauen, aber ich wär da trotzdem immer vorsichtig.
Perfekt ist das sicher nicht! Aber um Welten besser als in vielen anderen Ländern.
Ich als olle Zonesse hab ja noch ganz gut die Medien in der DDR im Hinterkopf ...
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Phönix75 »

Na, irgendwie hatte ich es im Urin... die kluge Soiled bestätigt mich und unterstellt Nick Cave, das er ein oller Nazi ist. Bravo! Applaus!

Hauptsache sie hat eine/ihre Religion gefunden... die der Political Correctness. Kopf ---> Tisch
Nichts ist so, wie es scheint.
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Fanchen »

Phönix75 hat geschrieben: Montag 17. August 2020, 19:54 Na, irgendwie hatte ich es im Urin... die kluge Soiled bestätigt mich und unterstellt Nick Cave, das er ein oller Nazi ist. Bravo! Applaus!
Übersehe ich da irgendwas?
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Elric »

NoelWilliamMoelders hat geschrieben: Sonntag 16. August 2020, 21:10
Lindner, Klimakinder sollten doch mal die Fachleute machen lassen : shitstorm
Stiller Lindner : guter Lindner
Boah ey, ganz schlechter Witz: Vierzig jahre lang hat keiner auf die Fachleute gehört!
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Ehrlich gesagt fällt mir in Bezug auf die Cancel Culture nur der aktuelle Fall um Lisa Eckhart ein. Ich finde die Nummer schon grenzwertig. Ich habe auch noch keinen Artikel gelesen, in dem sich jemand ernsthaft inhaltlich mit ihrer Satire auseinandergesetzt hat. Da hat in meinen Augen eine extrem konsequente "Brandmarkung" stattgefunden und damit war sie für einige Leute nicht mehr als Gast auf einem Literaturfestival zumutbar. Zu meinem Verständnis von Meinungsvielfalt und Toleranz passt das jedenfalls nicht. Und wir reden im Fall von Lisa Eckhart über eine Satirikerin. Da sind wir Welten entfernt von Christ Ares. Wenn einige Leute es nicht mehr ertragen, Zweideutigkeiten in der Kunst auszuhalten, dann können wir hier geistig einpacken und das Thema Kunst direkt zusammen mit jeder polarisierenden oder provokativen Meinung zusammen entsorgen.

@Soiled: Du nennst extreme Beispiele von Menschen mit in meinen Augen widerlicher Haltung. Aber wo fangen wir an, diese zu unterdrücken und wo hören wir auf? Gibt es nicht im Rap oder Hip Hop jede Menge frauenverachtenden und sexistischen Scheiß? Eminem hat in einem seiner Lieder darüber fabuliert, wie er seine Frau umbringt. Sollen wir diese ganze Musiksparte jetzt auch samt und sonders ausmerzen? Oder ist das schon zu kommerziell? Oder ist es einfach ok und wir müssen das so hinnehmen, als Frauen in der Musik zu Objekten degradiert zu werden?

Mich beschleicht einfach das dumme Gefühl, dass wir nur ganz schwer einen Konsens finden, was an Kunst und Meinung zensiert und verboten werden kann und was nicht. Ich hatte noch vor ca. zehn Jahren das Gefühl, unsere Gesellschaft würde damit ganz gut umgehen. Mittlerweile wird die Keule des Mundtotmachens für meinen Geschmack zu inflationär und immer nur aus einer Richtung geschwungen. Meiner Beobachtung nach hängt das auch stark mit dem Verlust der Debattenkultur zusammen. Statt sich mit unbequemen Ansichten auseinanderzusetzen, werden diese Meinungen lieber unterdrückt.
Soiled

Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Soiled »

Fanchen hat geschrieben: Montag 17. August 2020, 21:01 Übersehe ich da irgendwas?
Vermutlich. Soweit ich weiß hab ich gar nichts zu Nick Cave geschrieben ...
*schulterzuck*
CharlotteSchlotter hat geschrieben: Montag 17. August 2020, 21:34 Ehrlich gesagt fällt mir in Bezug auf die Cancel Culture nur der aktuelle Fall um Lisa Eckhart ein.
Echt? Da gibt es noch viel, viel mehr Fälle. Erinnerst Du Dich an das "Umweltsau"-Lied und was da für ein Trara drum gemacht wurde? Ist genauso cancel culture, bzw. geht stark in die Richtung. Oder Kevin Spacey, der sehr schnell nach dem Skandal aus "House of Cards" rausgeschmissen wurde. Wenn man den Kunst-Zirkus ein bisschen verfolgt sieht man, dass das gar nicht selten passiert; eine Balthus-Ausstellung wurde z.B. wegen kinderpornografischer Anklänge abgesagt.

Vielleicht sollten wir uns auch erst einmal auf eine Definition von cancel culture einigen, sonst reden wir nur aneinander vorbei. Ich würd sagen: Ein Mensch, fast immer Künstler, äußert oder tätigt etwas, was Missfallen hervorruft (nicht immer strafbar, kann aber sein), entweder privat oder in seinem Werk. Durch Social Media findet das schneller Verbreitung (wenig überraschend). Veranstalter (oder Handel oder was auch immer) trennt sich von Künstler, um Imageschäden und gegebenenfalls Einkommensbußen durch Boykotts zu vermeiden. Im Nebeneffekt verliert auch der Künstler Einnahmequellen.
Soweit d'accord?

Ich möchte noch einmal betonen, dass cancel culture nichts, aber auch nichts mit Zensur zu tun hat! Es sind fast immer Entscheidungen der Privatwirtschaft, und die haben das Recht, Verträge aufzulösen. So wie man auch fristlos gekündigt werden kann, wenn man geschäftsschädigendes Verhalten zeigt. Hier hat grad eine Fluggesellschaft eine Flugbegleiterin rausgeschmissen, weil sie auf einer Demo antisemitisches Zeug skandiert und sich gegen Masken ausgesprochen hat - absolut und vollkommen rechtens, so jemanden lässt man nicht auf seine Passagiere los.

Ich glaub das ist etwas, was mich bei der ganzen Diskussion am meisten stört: Wenn oft gleich von "Zensur" und "Verboten" gesprochen wird, obwohl das einfach nicht stimmt. Riecht verdächtig nach Strohmann. Niemand, also wirklich niemand hat das gefordert - wieso wird das dann so oft behauptet und beklagt?
CharlotteSchlotter hat geschrieben: Montag 17. August 2020, 21:34 Zu meinem Verständnis von Meinungsvielfalt und Toleranz passt das jedenfalls nicht.
Es haben sich mindestens so sieben, acht jüdische Verbände darüber beschwert, dass besagte Dame antisemitische Klischees als Witz hernimmt. Bei Bedarf suche ich die Dir gerne auch raus, ein Anfang wär z.B. hier.
Würdest Du denen das, was Du grade geschrieben hast, auch ins Gesicht sagen? Also, dass sie doch bitte toleranter sein sollen und Antisemitismus als Meinungsvielfalt zu akzeptieren ist? Oder dass sie nur den Witz nicht verstehen? Also, ich könnte das nicht ...
Und wenn jetzt der Spruch mit "Was darf Satire?" kommt - Tucholsky hat das vor dem Holocaust geschrieben. Wär mir nicht so sicher, ob er das heute noch genauso sagen würde ...

Ich mein, ich versteh schon, worauf Du hinaus willst. Es ist immer schwer, Grenzen zu ziehen, die müssen halt jedes Mal neu ausdiskutiert werden, und irgendjemandem wird's immer nicht passen. Und Grenzen verschieben sich auch mit der Zeit, in beide Richtungen - das, was vor 50 Jahren okay war zu sagen ist heute nicht mehr okay, anders herum kann man jetzt Sachen sagen, die vor 50 Jahren nicht gingen. Ein ganzes Genre über den Haufen zu werfen wär natürlich absurd, hat aber auch gar keiner gefordert - das wäre so, als ob man alle Comics verbieten würde, weil Frank Miller kryptofaschistische Neigungen hat. Zu Eminem kann ich nix sagen, weil ich das Lied nicht kenne und generell nix von Hiphop verstehe.
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Grasblut »

Ironischerweise wird bei Morddrohungen gegenüber Künstlern, Politikern und anderen Personen des öffentlichen Lebens mit Migrationshintergrund und/oder antifaschistischer Haltung nie von Cancel Culture gesprochen.
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-Unbekannte Verfasserin

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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von CharlotteSchlotter »

@Soiled: Stimmt, die Sache mit Kevin Spacey hab ich auch mitbekommen. Mir ist nur das Wort "Cancel Culture" erst im Zusammenhang mit Lisa Eckhart untergekommen. Also ja, solche Fälle gab es schon öfter. Ich finde, man muss da immer den Einzelfall betrachtet. Gerade wenn sich ein Künstler als Privatperson Verfehlungen geleistet hat, stellt sich ja eher dir Frage, ob man Künstler und Werk getrennt voneinander bewerten kann. Wenn der Künstler mit seiner Kunst an sich polarisiert, ist das finde ich noch mal anders zu diskutieren.

Ich würde auch keinem jüdischen Verband sagen, wann er sich angegriffen fühlen darf oder das in solchen Fällen Toleranz zu üben ist. Absolut nicht. Ich würde mir aber dennoch vorbehalten, mir eine eigene Meinung über die Äußerung von Lisa Eckhart zu bilden, wenn ich fordere, dass sie von einem Festival ausgeschlossen wird und mich nicht darauf berufen, dass sie antisemitisch ist, weil xy das gesagt hat. Du wirst sicherlich auch 8 jüdische Personen finden, die sich dadurch nicht angegriffen fühlen und dem Vorwurf nicht folgen. Warum sollte hier eine Meinung mehr oder weniger Gewicht haben? Über sowas muss man diskutieren und nicht die Diskussion im Keim ersticken, in dem man die Künstlerin von der Bühne verbannt. Vielleicht hätte sie ja auch was Erhellendes dazu beizutragen ;)
Soiled

Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Soiled »

CharlotteSchlotter hat geschrieben: Donnerstag 20. August 2020, 16:07 Über sowas muss man diskutieren und nicht die Diskussion im Keim ersticken, in dem man die Künstlerin von der Bühne verbannt. Vielleicht hätte sie ja auch was Erhellendes dazu beizutragen ;)
Nun, sie ist eben nicht von der Bühne "verbannt" worden. Ganz im Gegenteil - sie hat dann selber abgesagt, nachdem sie wieder eingeladen wurde. Sie hat massig Interviews gegeben. Ich hab in der Straßenbahn Werbung für ihr Buch gesehen, was vor ein paar Tagen auf den Markt kam - bin mir sicher, dass der "Skandal" netto für sie einen positiven Effekt hat, sowohl was Bekanntheitsgrad als auch Einkommen angeht.

Ich finde sie trotzdem unlustig und plump, drum werd ich mich nicht mit ihr beschäftigen. Kann generell mit Comedy wenig bis nix anfangen, das überlasse ich Leuten, die da mehr Ahnung von haben als ich.
Charlotte Sometimes
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Gleichmacherei und die Abschaffung des Individualismus und der daraus entstehenden unterschiedlichen Meinungen stehen dabei ganz oben auf der Liste.
Nicht nur das. Vieles was momentan passiert (und damit meine ich nicht die AHA Regeln) hinterlässt bei mir ein Gefühl der Entmündigung des Bürgers.
Das z.B ist ohne Worte hier:
https://www.bz-berlin.de/deutschland/be ... -wegnehmen
Dafür würde ich auf die Barrikaden gehen! Bzw. mich auf unseren Rathausplatz stellen.
Das geht gar nicht...das ist pure Gewalt und Machtmissbrauch. (Nötigung)
*Und an der Ostsee werden die Leute schon weggeschickt,weil es keinen Platz mehr zum Corona verbreiten gibt*
Gesetze schön und gut,ich schätze unser GG,aber ich denke es sollte auch Individualität miteinbeziehen.
Ich habe keine Lust ,wegen jedem Holzkopf und Asozialen (Unsozialen) pauschal mit in die Zange genommen zu werden.
Ich bin fähig zur Eigenverantwortung und eigenständigem Denken ,ich brauch keinen Papa Staat ,der mir sagt was richtig oder falsch ist. Schwarz oder Weiß...mich kotzt dieses Schwarz/Weiß Gut/Böse Ding sowas von an!
Ich bekomme langsam das Gefühl als ob die Bürger ,für eine dumme monotone Masse gehalten wird,die in eine bestimmte Richtung dirigiert werden soll.
Das hat für mich nichts mehr mit Demokratie zu tun,wenn Papa Staat vorher aussortiert,was ich mir "angucken" darf...klar wenn etwas in eine extremistische Richtung,Aufruf zu Gewalttaten oder Volksverhetzung geht ,ist das etwas anderes,darüber brauch man gar nicht diskutieren.
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