Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

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NoelWilliamMoelders
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Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von NoelWilliamMoelders »

Nick Cave beschreibt einen Zeitgeist oder eine wuchernde Entwicklung, indem er feststellt, dass Menschen immer weniger Abweichung tolerieren.

Der Begriff Cancel Culture geht auf die Praktik des Cancelns (von engl. to cancel = stornieren, aufheben) zurück, also auf das Zurückziehen der Unterstützung für eine öffentliche Person oder Organisation. Canceln wird überwiegend in sozialen Medien betrieben und zielt auf den Entzug medialer Aufmerksamkeit. Damit gehen in der Regel Beschuldigungen einher, die den Ruf der betroffenen Person schädigen können. (Wikipedia)

Nick Cave predigt, ihr einst ehrenhafter Versuch, unsere Gesellschaft auf gerechtere Weise neu zu definieren, verkörpert jetzt die schlimmsten Aspekte, die die Religion zu bieten hat (ohne ihre Schönheit zu besitzen). Sie ist buchstäblich zu einer schlechten Religion geworden.
Die Weigerung der Kultur, sich auf unangenehme Ideen einzulassen, wirke erstickend auf die kreative Seele einer Gesellschaft. Mitgefühl sei die primäre Erfahrung, aus dem Genie und Vorstellungskraft hervorgingen. Diese Eigenschaften stünden jetzt auf dem Spiel. „Eine Kraft, die diese Ideen aufheben will, behindert den kreativen Geist einer Gesellschaft und greift die komplexe und vielfältige Natur ihrer Kultur an.
https://www.berliner-zeitung.de/kultur- ... n-li.98769

Ich bin mit Nick für Barmherzigkeit und gegen reflexhafte Ausgrenzungen.

Wie ist eure Einstellung, falls ihr eine habt?
Mit freundlichen Grüssen
Noel W. Moelders
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Phönix75
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Phönix75 »

Generell stimme ich deinen Ausführungen zu. Genau dieses reflexartige Verhalten tritt auch zunehmend in diesem Forum auf. Andersdenkende werden in Ecken gestellt, wo sie nicht hingehören oder werden grundsätzlich diskreditiert, weil sie nicht dem Mainstream hinterherhecheln oder deren Meinung wiederkäuen. Gleichmacherei und die Abschaffung des Individualismus und der daraus entstehenden unterschiedlichen Meinungen stehen dabei ganz oben auf der Liste.

*Satire an*
Und mal so ganz nebenbei ist Nick Cave ganz sicher ein rechtes, antisemitisches und weißes Arschloch, der Corona und das Klima leugnet und ist auch sonst für alles "Böse", was abseits des Einheitsbreis passiert, mitverantwortlich. Der sollte mit dutzenden Shitstorms mundtot gemacht werden. Kritik am Zeitgeist äußern geht ja garnicht!
*Satire aus*

;)
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Dactus
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Dactus »

Nö!

Ich sehe keine Cancel Culture

Ganz im Gegenteil

Selbst die absurdesten Strömungen haben ihren Platz. Von Flat-Earth über 'Corona tötet' bis hin, zu den absurdesten Ausscheidungen der Verschwörungsphobiker. So ist das im Informationszeitalter. Man darf aber nicht erwarten, dass einem die Informationen frei Haus geliefert werden. Die vorgekauten Informationen sind ja der größte Kritikpunkt rechter Strömungen an den Öffentlich Rechtlichen Medien. Informationskompetenz bedeutet heute auch die Beurteilung von Quellen und Aussagen.

Fakt ist aber, daß die MehrheitsGesellschaft am ehesten wahrgenommen wird, da sie am 'lautesten' sind... (scheiss Demokratie)

Was mich an eurem Konstrukt aber interessiert, wer entscheidet was gecancelt wird? Nicht etwa die Mehrheit, oder?
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Evanahhan »

Man darf hierzulande zum Glück fast alles sagen, allerdings gibt es auch eine Neigung zum reflexhaften Shitstorm.
Der Versuch sich in den anderen hineinzuversetzen und herauszufinden, was er meint und welche Erfahrungen zu der kritisierten Einstellung führten, wird erst gar nicht unternommen.
Leider ist die Gesellschaft inzwischen so polarisiert, dass die Kommunikation tatsächlich aussichtslos scheint. Aber manchmal würde sich der Versuch doch lohnen, bevor man hysterisch draufhaut.
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Phönix75 »

@Dactus

Du willst nicht ernsthaft behaupten, dass Journalismus noch unabhängig und frei ist? Das trifft sowohl auf TV, als auch auf die Schreiberlinge zu. Da gibt die Presseagentur eine Mitteilung raus und alle schreiben es in etwas abgewandelter Form ab. Recherche, so wie man sie von früher noch kennt, ist kaum noch existent. Sprich, aus einer Zunft ist ein Haufen Abschreiber und Wiederkäuer geworden, die mit wirklichen selbstrecherchierten und faktenbasierten Journalismus kaum noch etwas gemein hat. Gleichgeschalteter Angst-Panik-Hysterie-Journalismus bringt Einschaltquote und Geld. Wenn in China ein Sack Reis umfällt, interessiert das keine Sau, also müssen Schlagzeilen her und die generiert man, indem man etwas hochpusht, was auf Sparflamme kochen sollte. Mir fehlt der Journalismus, der kritisch hinterfragt und sich auch an ungemütlichen Themen versucht. Aber weit gefehlt. Man erkennt einen kaum noch zu unterscheidenden Brei, der genauso wenig Eigengeschmack hat, wie all diese profillosen Parteien mit gesichtslosen Figuren, die sich wie Sprechpuppen benehmen und bloß nicht anecken wollen. Tut das mal einer der ganz wenigen, wird er mundtot gemacht und aus der Partei geworfen. Es traut sich keiner mehr was. Keiner eckt an, keiner will wirklich Verantwortung übernehmen.

Früher dachte ich mal, Gruftis denken unabhängig (zumindest viele), machen sich viele eigene Gedanken zu Dingen, die auf der Welt passieren oder auch im kleineren Rahmen... also völlig unabhängig davon, welche Sau gerade mal wieder durchs Dorf getrieben wird. Da war noch die Rede von Tiefgründigkeit. Heute wird nur noch nachgeplappert, leichtgläubig jede von den Medien kopierte Meldung hingenommen und nicht mal ansatzweise um die Ecke gedacht. Was ist los mit euch? Hat sich so die Szene abgeschafft? Ich sehe nur noch angstgetriebene, entmutigte und trendige Leute, die sich das selber denken abgewöhnt haben. Gefangen in einem Strudel des Mainstreams und der Gleichmacherei. Eine Entwicklung die mich traurig macht.
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Evanahhan »

Qualitätsjournalismus hat allerdings auch seinen Preis, den kaum noch jemand zu zahlen bereit ist. Ich gestehe, dass ich auch nur die kostenlosen Artikel lese und kein Geld für Artikel ausgebe, die hinter Bezahlschranken verborgen sind. Leider muss man ja immer gleich ein Abo abschließen, das wird mir zu teuer, zumal ich versuche, die Bandbreite an Informationen von links bis rechts, lokal und überregional abzudecken. Da müsste ich ja 10-20 Abos abschließen...
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Dactus »

@Phönix75

Wie @Evanahhan schon ausgeführt hat, glaube ich, dass wir ein breites Angebot haben. Ob ARD und ZDF unabhängig sind *schulterzuck*. Ob viele Zeitungen berichten, bevor sie recherchieren... *Schulterzuck*, ja mag dem Kostendruck geschuldet sein... aber immerhin haben wir noch einen Rest von investigativem Journalismus. Einen Journalismus, der auf Missstände aufmerksam macht und Skandale offenlegt. Aber eben auch mal der Mehrheitsmeinung widerspricht.

Das haben wir sowohl im Printbereich (z. B. mit den recherchenetzwerken) als auch in Radio und TV mit den Politischen Magazinen nach 22.30. Wem das nicht reicht.. Www.

Perfekt ist das sicher nicht! Aber um Welten besser als in vielen anderen Ländern. Benachteiligt fühlen sich in diesem Konstrukt die, deren Ansicht zu kurz kommt. Zuletzt ist dies sicher in der Flüchtlingskriese und bei Corona deutlich geworden.

Wie Evanahhan schon sagte, kostet guter Journalismus Geld. Wie würdest du es finden, wenn nur der Zugang bekäme, der zahlt? Spätestens an diesem Punkt könnte ich deinen Ansatz nachvollziehen
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Phönix75 »

@Dactus

Ähm... Sorry, aber ich (und wohl auch jeder andere) zahlt dafür, mit seriöser, unvoreingenommener/unparteiischer und faktenbasierter Berichterstattung versorgt zu werden. Ich zahle Rundfunkgebühren und wenn ich Zeitung lesen will, zahle ich entweder für die Printmedien oder mittlerweile auch die Onlineausgaben (nach der Bezahlschranke). Also erzähl mir doch nix, dass man dafür nix bezahlen müsste. Investigativjournalismus ist mittlerweile sehr rar geworden. Nächste Frage: Warum kommen die Politmagazine stets erst nach 22 Uhr (oft sogar später). Die breite Masse an arbeitender Bevölkerung muss meist früh raus und glotzt so spät kein TV mehr. Kannst du mir die Frage seriös beantworten? Zudem sind die Magazine oft schon ziemlich reißerisch gefärbt und zielen auf die breite Meinung ab. Auch da ist man auf den absteigenden Ast. Das WWW? Ha, da kenn ich jemanden, der würde dir jede, aber auch jede Seite im WWW zerreißen, wenn sie nicht selbst von der Person gepostet wurde. Wenns nicht ins Meinungsbild passt ist es sowieso rechtspopulistisch oder was auch immer. So sieht die Debattenkultur mittlerweile aus.
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von Dactus »

unvoreingenommen/unparteiisch
Ist das nicht der Leitspruch der Bild (Zeitung)

Deine Kritik habe ich wohl verstanden.. Wie sieht dein Lösungsansatz aus? Was tust Du, damit sich etwas zum besseren entwickelt. Bist Du politisch aktiv? Nimmst Du an Demonstrationen und Protesten teil? Erlebst Du in diesem Zusammenhang Selbstwirksamkeit?
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NoelWilliamMoelders
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Re: Cancel Culture - Der neue Zeitgeist

Beitrag von NoelWilliamMoelders »

Dactus hat geschrieben: Sonntag 16. August 2020, 12:15 ... aber immerhin haben wir noch einen Rest von investigativem Journalismus.
lol, den einzigen investigativen Journalismus gibt es noch im ZDF Sportstudio, wenn sich Dunja Hayali, Breyer und Hohenstein
die mainstream Mehrheitsmeinungsstiefel anziehen und die Leute vom DFB verhören und brandmarken, dass wegen der Infektionsgefahr
doch keine Geisterspiele geben dürfe. Ausserdem gäbe es wichtigeres in Deutschland.

Die Politikjournalschafe von ARD und ZDF käuen nur unablässig ihr eigene persönliche Meinung wieder. Meinungsjournalismus statt
Tatsachenrecherche ist angesagt. Kein Wunder, wenn der News block zu 80% von Redakteuren besetzt ist, die den Grünen nahestehen.
Da geht dann das betreute Denken los.
Seehofer, abgelehnte Flüchtlinge ausweisen : shitstorm.
Seehofer, abgelehnte Flüchtlinge vergessen, Thema nicht mehr anfassen : guter Horst
Lindner, Klimakinder sollten doch mal die Fachleute machen lassen : shitstorm
Stiller Lindner : guter Lindner
Angesichts der cancel culture & shitstorm Industrie des betreuten Denkens kann sich doch gar kein Politiker mehr leisten, eine eigene Meinung zu haben.
Selbst Künstler und Privatleute werden vernichtet.
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Noel W. Moelders
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