Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

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CharlotteSchlotter
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Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Mich interessiert, was ihr dazu denkt - ist es moralisch eher vertretbar, eine Pflanze zu töten, um sie zu essen als ein Tier zu töten und zu essen? Mir gehen dazu zig Gedanken im Kopf rum, aber bevor ich die hier ausbreite, bin ich gespannt, was euer erster Impuls zu dem Thema ist.
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Grauer Wolf
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von Grauer Wolf »

Ich denke, dieses moralische Dilemma wurde im Hitch-Hiker's Guide to the Galaxy schon vollumfänglich abgehandelt:

The Restaurant at the End of the Universe -- What's Eating You?


Einmal abgesehen von den einfachsten Einzellern gibt es keine Lebensformen, die sich nur von nicht-biotischen Mineralstoffen ernähren können. Die allermeisten Lebensformen ernähren sich von anderen Lebewesen, resp. nach deren Tod von ihren Zersetzungsprodukten. Die Unterscheidung zwischen Tier und Pflanze ist hier recht künstlich gewählt. Der Mensch ist biologisch gesehen ein Gekochtwarenfresser -- verglichen zum Rest der Lebewesen also ziemlich exotisch. Von seinem Verhalten her hat der Mensch für den Rest der Fauna und Flora den Charakter einer Umweltkatastrophe. In den Unmengen, in denen wir es vertilgen, ist Fleisch sicherlich der größere Beitrag zu dieser Katastrophe. Aber wenn wir uns jetzt alle nur noch von Sojakeimlingen ernähren, dann wird auch das wieder auf Kosten der Umwelt gehen. Wir sind inzwischen einfach zu viele, als daß wir noch im Einklang mit der Umwelt leben könnten -- was auch immer wir unter Einklang verstehen wollen.

Können oder werden wir daran jemals etwas ändern? Ich befürchte, nein. Aber die Umwelt wird uns zu gegebener Zeit schon entsprechende Veränderungen aufzwingen. Siehe Sars-Cov-2. Laßt da mal ein noch etwas tödlicheres Virus umgehen, oder eines das unfruchtbar macht. Dann ist es in wenigen Jahrzehnten aus und vorbei mit unserer Zuvielisation.

Insofern: Wenn ich nicht auf mein eigenes Leben verzichten möchte, werde ich nicht umhinkommen, anderes Leben zu töten. Ob pflanzlich oder tierisch macht da jetzt erst einmal keinen Unterschied. Wir sollten aber ganz allgemein etwas pfleglicher und rücksichtsvoller mit unserer Umwelt sowie den Tieren und Pflanzen, die wir ihr entnehmen, umgehen. Das geht allerdings ganz direkt zu Lasten unseres Lebensstandards. Und da verzichten wir ohne Zwang nur sehr ungern -- insbesondere, wenn dieser Verzicht nicht gleichmäßig auf alle Schultern und Münder verteilt wird. Siehe: Neiddebatte.
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Fanchen
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von Fanchen »

Okay, erster Impuls: Natürlich.

Wenn das aber stimmt könnte es heißen, dass das Töten und Essen von Tieren moralisch verwerflich ist, solange es nicht absolut notwendig ist. Dass das allgemein so stimmt, glaube ich aber nicht. Es wäre notwendig, da beispielsweise genauer zwischen den Tieren zu unterscheiden: Ich würde behaupten, dass es einen Unterschied zwischen dem Töten einer Fliege und dem Töten eines Hundes gibt.

Ich glaube allerdings schon, dass auf der "großen" Ebene (also wenn wir nicht von Einzelpersonen reden, sondern von einer größeren Bevölkerung) vegetarische Ernährung, wo sie möglich ist, aus moralischer Perspektive besser ist als omnivore.
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CharlotteSchlotter
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Insofern: Wenn ich nicht auf mein eigenes Leben verzichten möchte, werde ich nicht umhinkommen, anderes Leben zu töten. Ob pflanzlich oder tierisch macht da jetzt erst einmal keinen Unterschied.
In die Richtung gehen meine Gedanken. Ist es irgendwie vertretbar oder begründbar, Lebewesen unterschiedliche "Wertigkeiten" zuzuschreiben. Wenn man Fleisch essen für moralisch vertretbar hält, kann man gegen das Essen von Pflanzen nichts haben. Aber wenn man kein Fleisch isst, warum könnte es dann ok sein, eine Pflanze zu töten?
...dass es einen Unterschied zwischen dem Töten einer Fliege und dem Töten eines Hundes gibt.
Vom ersten Impuls her stimme ich dem zu. Aber wie könnte man so eine Haltung moralisch begründen?

Ich bin selber Vegetarierin, aber das hat primär damit zu tun, dass ich die Tierquälerei nicht unterstützen will. Fleischkonsum an sich finde ich vertretbar, solange das Tier nicht gelitten hat und gequält wurde. Aber wer sagt eigentlich, dass es für Pflanzen nicht auch eine Qual ist, mit Chemie vollgekippt zu werden und in Monokulturen oder Gewächshäusern vor sich hin zu vegetieren. Wir wissen letztendlich recht wenig über Pflanzen und ich denke, wir unterschätzen sie auch oft. Z.B. gibt es Ansätze, die belegen, dass Pflanzen auch untereinander kommunizieren.

Eigentlich wäre also die Haltung konsequent, dass man sich als Teil dieser Umwelt von anderen Lebewesen ernährt, quasi als Teil des großen Kreislaufs, und dabei nicht unterscheidet, welches Lebewesen man guten Gewissens essen kann, weil es weniger wert ist (Pflanze) und welches man am Leben lässt (Tier).

Auf ganz globaler Ebene stimme ich dem Grauen Wolf zu, wir sind mittlerweile zu viele, um uns noch so zu verhalten, dass wir keinen Schaden mehr anrichten. Aber vielleicht ist synthetische Astronautennahrung ja die Lösung :D
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Grauer Wolf
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von Grauer Wolf »

CharlotteSchlotter hat geschrieben: Mittwoch 20. Mai 2020, 20:25 Aber vielleicht ist synthetische Astronautennahrung ja die Lösung :D
Ich sage nur: Soylent Green
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CharlotteSchlotter
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Stimmt, Soylent Green ist die Lösung all unserer Probleme :D
Wer weiß, ob man darüber in 100 Jahren noch lachen kann....
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Grauer Wolf
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von Grauer Wolf »

CharlotteSchlotter hat geschrieben: Mittwoch 20. Mai 2020, 20:38 Wer weiß, ob man darüber in 100 Jahren noch lachen kann....
Wer weiß, ob in 100 Jahren noch jemand da ist, der darüber lachen kann...
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CharlotteSchlotter
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von CharlotteSchlotter »

Dann hätte sich zumindest auch das Thema mit dem Klimawandel erledigt. Vermissen würde uns Menschen hier sicherlich kein Lebewesen.
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Phönix75
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Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von Phönix75 »

Weder, noch. Ich esse, weil ich essen muss. Und weil wir nun mal Allesfresser sind (auch wenn aus verschiedenen Ecken von Fleischfressern gesprochen wird), esse ich bunt durch den Gemüsegarten und Tierwelt alles, was mein Gaumen als geschmackvoll ansieht. Und da wir Menschen auch bloß Tiere sind, sehe ich keinen Unterschied zur restlichen Tierwelt, die auch fressen müssen, um zu überleben.
Ich würde nur von und über Moral sprechen, wenn es darum geht, unter welchen Bedingungen das Futter für den Menschen gehalten/angepflanzt und getötet/geerntet wird, aber nicht ob.
Nichts ist so, wie es scheint.
Bloody Arthur

Re: Ist das Töten und Essen von Pflanzen moralisch eher vertretbar als das Töten und Essen von Tieren?

Beitrag von Bloody Arthur »

Nun, das ist ein interessantes Thema.

Ich selbst ernähre mich vegetarisch, außer zu ganz wenigen Ausnahmen, wenn ich bei einer WIRKLICHEN Feierlichkeit zu besuch bin, als Gast und Fleisch gekocht wurde, welches nicht aus Massentierhaltung stammt. Dann esse ich mal mit. Dies kommt ca. ein mal im Jahr vor.
Allerdings sehe ich mich auf Grund der vegetarischen Ernährung nicht wirklich als "moralischer" an, da ich vor allem ein Problem mit Massentierhaltung und industrieller Schlachtung habe.... Aber genau das passiert ja auch in der Milchproduktion...

Die Frage nach der Moral, beim töten von Pflanzen wäre dann die nächste Ebene in der Überlegung und ich habe da keine wirkliche Antwort drauf.

Aber es gibt gewisse Dinge in der "Pflanzen-Produktion" die ich definitiv als unmoralisch ansehe. Z.B. das erzeugen von Monokulturen... Wenn alle anderen für die Gewinnmaximierung hinderlichen Pflanzen ausgerottet werden, um eine möglichst unkomplizierte und große Ernte zu haben, ist das einfach moralisch verwerflich.