Goth über die Zeit hin

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
Elric
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Elric »

@ Phönix

Man muß ja nicht gleich den Pol Pot machen, nur weil jemand nicht den Kitt von den Fenstern frißt (ja, ja, wenns mir passt seh ich das auch anders...). Weil es nicht automatisch bedeutet, daß der/die Betreffende sich blindem Konsumismus hingibt. Mir scheint auch die "Gothic" Vermarktungsindustrie eher auf den ökonomischen Mittelbau zu zielen.

Aber dennoch:
"Wir hatten doch nichts." und haben trotzdem was draus gemacht und "Ihr Spießer geht mir auf den Sack."
Trifft es wohl.
Graphiel
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Graphiel »

Da muss ich doch jetzt gleich mal nachhaken, da ich das interessant finde... Ich habe mal gelesen, dass die Gruftis der ersten Stunde hauptsächlich aus Familien der Mittelschicht stammten. Also eher nicht am untersten Limit herumkrebsten, sondern bewusst auf den blinden Konsumismus verzichteten, so wie Elric das andeutete. "Wir hatten nichts und haben trotzdem was draus gemacht." klingt für mich daher jetzt eher nach klassischem Punk, als wie nach Grufti. Da würde ich jetzt doch mal um Erläuterung bzw Erfahrungsberichte bitten, da aus meiner Perspektive da gerade etwas Aussage gegen Aussage zu stehen scheint.

In der DDR sah das vermutlich etwas anders aus, da dort bekannterweise auch nicht alles zu jeder Zeit zu haben war. Gerade schwarze Stoffe waren da wohl Mangelware, sodass schwarze Kleidungsstücke besonders gehegt und gepflegt wurden. Alternativ färbten die Gruftis dort natürlich auch auf recht kreative Weise (Textilfarbe von heute gab es damals ja auch nicht überall zu kaufen) gewöhnliche Kleidungsstücke schwarz ein.
"Sowas kann doch nur Leuten einfallen, die in Assoziationsspielchen neben Hund, Katze und Maus auf "Hmm.... Schwingschleifer!" kommen, oder?" - Barlow
Elric
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Elric »

Graphiel hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2020, 11:00 Ich habe mal gelesen, dass die Gruftis der ersten Stunde hauptsächlich aus Familien der Mittelschicht stammten. Also eher nicht am untersten Limit herumkrebsten, sondern bewusst auf den blinden Konsumismus verzichteten
Das Bild stimmt so nicht, ich habe damals in der Szene niemanden gekannt, der nicht finanziell eher dürftig ausgestattet war; zum einen ist da der Begriff Mittelschicht irreführend/mißverständlch, weill er impliziert, daß da genug Geld vorhanden war, daß man es dem "Grufti"kind hinterher schmeißen könnte. Zudem habe ich die gesamten 80er hindurch nicht einmal Kontakt mit so etwas wie stereotypen "Gruftis" gehabt; ich glaube immer noch, daß es die nur in er Bravo gab... :mrgreen:

...ich hatte eigentlich stets nur mit Leuten zu tun, die aus der Punkszene kamen und stets unter Batcave gerierten, dazu in den frühen 80ern mit Wavern, die aber eine eigene Spezies bilden.
Graphiel
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Graphiel »

@Elric
Wobei ich mir zumindest vorstellen kann, dass sich das Bild je nach Wohngegend auch ein klein wenig anders gestaltet hat. Das Leben in der Großstadt ist mitunter ja doch ein wenig anders, als wie das Leben auf dem platten Acker. Was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass in der Großstadt stets das bessere Dasein herrschte. Jedenfalls danke für den kleinen Einblick. :)
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Deaddigger
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Deaddigger »

Soviele undifferenzierte Aussagen ...

Also Ich würde die Schwarze Szene erstmal in musikalisch, modische und kunstfertige Ausprägungsstile teilen. Jede dieser drei Ausprägungen hat vollkommen verschiedene Szenedefinitionen. Die Namensdefinitioen einer Subgruppe der schwarzen Szene leitet sich meistens aus einer dieser drei Ausprägungsstile ab. So hat z.b. Cyber Gothic wenig musikalische Gemeisamkeiten mit Gothic, aber über die Neue Deutsche Todeskunst eindeutige modisch-kunstfertige Verbingungen mit der Endzeitromantik. Die rei musikalische Definition der Schwarzen Szene als eine rein musikalische Gemeinschaft ist meiner Einsätzung nach noch nie richtig gewesen.
Die verschiedenen Ausprägungsstile der Szene hatten auch nie viel mit einer Werteunion zu tun. Selbst als die Schwarze Szene noch hauptsächlich aus darkwave Elementen bestand, unterschieden sich die elitären Goths von den anarchistischen Punks in den Grundlegenden Wertevorstellugen. Die so viel definierte "Werteunion" ist meines Erachtes nach ein reines bias aufgrud der geringen Kontakte der einzelnen Subgenres.
"Dem Pfad der Klarheit vom Geist zum Herzen zu ebnen, ist schwieriger als jeder Kampf mit Waffen."
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von BlackRose »

Deaddigger hat geschrieben: Montag 10. Februar 2020, 21:48 Soviele undifferenzierte Aussagen ...

Also Ich würde die Schwarze Szene erstmal in musikalisch, modische und kunstfertige Ausprägungsstile teilen. Jede dieser drei Ausprägungen hat vollkommen verschiedene Szenedefinitionen. Die Namensdefinitioen einer Subgruppe der schwarzen Szene leitet sich meistens aus einer dieser drei Ausprägungsstile ab. So hat z.b. Cyber Gothic wenig musikalische Gemeisamkeiten mit Gothic, aber über die Neue Deutsche Todeskunst eindeutige modisch-kunstfertige Verbingungen mit der Endzeitromantik. Die rei musikalische Definition der Schwarzen Szene als eine rein musikalische Gemeinschaft ist meiner Einsätzung nach noch nie richtig gewesen.
Die verschiedenen Ausprägungsstile der Szene hatten auch nie viel mit einer Werteunion zu tun. Selbst als die Schwarze Szene noch hauptsächlich aus darkwave Elementen bestand, unterschieden sich die elitären Goths von den anarchistischen Punks in den Grundlegenden Wertevorstellugen. Die so viel definierte "Werteunion" ist meines Erachtes nach ein reines bias aufgrud der geringen Kontakte der einzelnen Subgenres.
Sehe ich genauso....
Ich finde es außerdem schwer eine Eindeutige Definition zu finden. Jeder hat nen anderen Musikgeschmack. Außerdem sind wir alle unterschiedlich Alt und sind mit unterschiedlichen Bands groß geworden. Das ich mit mitte 20 nicht mit den selben Bands aufgewachsen bin wie diejenigen die schon 40 oder 50 sind, dürfte wohl klar sein. Für mich hat Goth sein eher was mit einer Lebenseinstellung zutun. Unsere Emotionen sind tiefer und wir gehen anders damit um als Stinos. Wir sehen was unter der oberfläche liegt.

Was sich verändert hat, weiß ich nicht. Dafür bin ich einfach zu jung und habe nie soviel Kontakt zu anderen in der Szene gehabt. Aber ich erkenne echte Gruftis sehr schnell am Charakter. In den letzten Jahren sind mir aber auch schon mehrere möchtegern Gruftis untergekommen die nichts weiter waren als Stinos in schwarzer Kleidung. Mir sind aber auch schon Menschen untergekommen die zu uns gehören, denen dies aber nie bewusst geworden ist und sich unter großer Anstrengung versuchen in der Gesellschaft zurecht zu finden.
Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen
[Immanuel Kant]

"We must all face the choice between what is right and what is easy.
~Albus Dumbledore"
— J.K. Rowling (Harry Potter and the Goblet of Fire (Harry Potter, #4))
blacksister´s ghost

Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von blacksister´s ghost »

BlackRose hat geschrieben: Montag 10. Februar 2020, 23:49 Unsere Emotionen sind tiefer und wir gehen anders damit um als Stinos. Wir sehen was unter der oberfläche liegt.
Das kann man meiner Meinung nach aber auch nich so pauschal sagen.
Ich denke schon, dass es unter den Stinos Menschen gibt, die tiefer gehen können. Sie werden nich die größte Masse ausmachen, das ist klar. Und wahrscheinlich werden sie auch nich unbedingt seichten Pop oder Hip Hop / Rap mit fragwürdigen Texten hören.
Herbstlaubrascheln
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Dieses ganze "Wir sehen, was unter der Oberfläche liegt" halte ich für ziemlich weit hergeholt...*schulternzuck* Diesen Eindruck hatte ich persönlich nie; es gibt solche und solche, so wie überall anders halt auch.
Was der Musikgeschmack über irgendwelche Leute aussagt...hm. Weiß ich auch nicht so genau. Es gibt auch Musik, die Grufties hören und bei der sich mir persönlich die Fußnägel hochrollen - sagt das jetzt irgendwas aus? Ich denke nicht. Mir persönlich ist es ziemlich latte, welche Musik jemand hört - von da aus auf irgendwelche Charakterzüge zu schließen, halte ich für extrem fragwürdig. :roll:

@BlackRose
Grufties am Charakter erkennen? Da bin ich ja jetzt mal gespannt - woran erkennt man die denn?
Und was ist ein möchtegern-Gruftie? Und was ein Stino in schwarzer Kleidung? Und woran erkennst Du das?
Versuchst Du denn nicht auch, in der Gesellschaft zurecht zu kommen?
" Hab` keine Angst, bin nur ein Nachtgespenst
das keine Liebe kennt." (Untoten, "Grabsteinland")
Soiled

Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Soiled »

blacksister´s ghost hat geschrieben: Montag 10. Februar 2020, 23:57
Ich denke schon, dass es unter den Stinos Menschen gibt, die tiefer gehen können.
Absolut. Grad bei den Klassik-, Jazz- und Neue-Musik-Fans gibt es ganz fürchterlich empfindsame und feinsinnige Leute. Sicher auch in anderen musikbasierten Gruppen, aber da kenne ich nicht genug Leute, um eine qualifizierte Aussage zu treffen.

Aber wenn sich nochmal jemand fragen sollte, weswegen die Schwarze Szene den Ruf der Arroganz hat: Hier hatten wir ein schönes Beispiel dafür. :lol:
Ich mein, ich bin ja ein bekennender Snob, keine Frage. Aber Leuten Oberflächlichkeit und emotionale Verflachung vorzuwerfen, nur weil sie die "falsche" Musik hören und bunte Klamotten tragen, find ja sogar ich etwas arg herablassend.
BlackRose hat geschrieben: Montag 10. Februar 2020, 23:49 Mir sind aber auch schon Menschen untergekommen die zu uns gehören, denen dies aber nie bewusst geworden ist und sich unter großer Anstrengung versuchen in der Gesellschaft zurecht zu finden.
Aha. Das würde ich persönlich unter "mangelnde Sozialkompetenz" abheften. Macht einen in meinen Augen ganz sicher nicht schwärzer.
Herbstlaubrascheln hat geschrieben: Dienstag 11. Februar 2020, 09:02 Mir persönlich ist es ziemlich latte, welche Musik jemand hört - von da aus auf irgendwelche Charakterzüge zu schließen, halte ich für extrem fragwürdig.
Ich glaub in Ansätzen kann man da schon Aussagen treffen. Also, wenn jemand Störkraft hört, vermute ich schon, dass die entsprechende Person eher rechts ist, zum Beispiel. Aber prinzipiell stimme ich Dir natürlich zu.
Grauer Wolf
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Re: Goth über die Zeit hin

Beitrag von Grauer Wolf »

Soiled hat geschrieben: Dienstag 11. Februar 2020, 09:41 Leuten Oberflächlichkeit und emotionale Verflachung vorzuwerfen, nur weil sie die "falsche" Musik hören
Dem stimme ich voll und ganz zu.

Ich bin da etwas subtiler. Ich werfe Leuten Oberflächlichkeit und emotionale Verflachung vor, weil sie nie einen eigenen Musikgeschmack entwickelt haben. Das hat allerdings mit Gothsein oder Nichtgothsein eher wenig zu tun.

Ich denke, die erwähnte Arroganz mag auch daher kommen, daß es unter den Schwarzkitteln halt zweierlei Typen gibt: Die Einen, die sich vom Gothentum angezogen fühlen. Und die Anderen, die sich von der großen Masse abgestoßen fühlen. Erstere sind Goth, weil sie sind, wie sie sind. Letztere sind Goth, weil sie nicht so sind wie die Anderen.
Man soll Leuten nicht Boshaftigkeit unterstellen,
wenn man ihr Verhalten genau so gut durch Dummheit erklären kann.
(Hanlon's Razor)

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