Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
Herbstlaubrascheln
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Ich denke, das kuriose ist halt auch, dass die Leute auf dem WGT beispielsweise SO dermaßen schräg durch die Gegend laufen, dass man das im "normalen Leben" ja gar nicht umsetzen KANN. Weil es unpraktisch wäre bzw. meistens gar nicht erst machbar. Und das macht auch diese große Kluft und gibt dem ganzen so einen Karneval-Touch. *schulternzuck*
Dass man aber im Alltag rein gar nichts vom persönlichen Geschmack zu erkennen ist, finde ich immer ein bisschen seltsam *lach* Die Leute laufen halt rum wie alle anderen auch und steigen nur noch zu speziellen Veranstaltungen in ihren Kostüme. Das wäre für mich nie in Frage gekommen.
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blacksister´s ghost

Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von blacksister´s ghost »

Ich glaub manche haben auch einfach ein falsch Bild und ein falsches Verständnis davon was Schwarz sein ist und bedeutet.
Schattenwurf
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Schattenwurf »

Naja ... das ist aber in jeder "Szene" so ...
nehmt zb. TomorrowLand ... die Raver sind privat auch Versicherungsvertreter. ^^
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blacksister´s ghost

Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von blacksister´s ghost »

Ich glaube du verstehst den Punkt nich ganz um den es geht.
Das was oftmals kritisiert wird, ist nich nur ein simples "für´s WGT bastel ich mir ein Krähennest oder stell die Haare auf". Es geht um diesen extremen Wandel von "im Alltag trag ich langweiliges Stinoschwarz" zu "zum WGT renn ich blutverschmiert...in Engelsköstümchen...als barrocke Lady...oder weiß der Geier wie rum". Natürlich is das deren Sache, aber jemand der tagein tagaus und zu Veranstaltungen das selbe Schwarz trägt und dann auch noch ein anders Verständnis von der Szene hat, wird sich daran stören bzw. dieses Tamtam was andere mit ihren unrealistischen Outfits betreiben, nich verstehen. Und dadurch kommt immer wieder dieser Konflikt hoch.
Wenn ich persönlich ans WGT denke, dann nich wegen Realitätsflucht, so wie es manche betreiben, sondern wegen Musik und Menschen. Ich bin aber auch nich der Mensch, der aussieht als wäre er einer Zeitmaschine entsprungen. Dieses sehen und gesehen werden...das ins Rampenlicht treten und der Welt präsentieren, wie es manche betreiben, is mir fremd. Und ehrlich gesagt hat das auch nix mit meinem Verständnis von Schwarz sein zu tun.
Phönix75
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Phönix75 »

Ich war noch nie ein Fan von Fasching, Karneval und Verkleidungen allgemein und kann die Leute, die immer so lapidar sagen, sie wollen aus der Realität fliehen und jemand anderes sein, nicht verstehen. Authentizität ist das Schlagwort. Entweder bin ich immer so (sowohl im Kopf, als auch äußerlich) oder ich spiele nur eine Rolle. Letztes sagt mir nicht zu. Aber wahrscheinlich ist das ganze Leben für manchen nur ein Kostümfest und eine Flucht vor der Realität, um ihr Leben besser ertragen zu können. Diese ganzen schwülstigen Worte, wie: "In der Gothic-Szene kann ich so sein, wie ich bin." o.ä. kann ich ehrlich gesagt nicht mehr hören. Wenn es diese Szene nicht gäbe, wären sie eben anders, wie in einer anderen Szene... sehr überzeugend. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
Graphiel
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Graphiel »

Das ist es was ich eben auch nicht verstehe. Das man (besonders als Frau) im Alltag aus praktischen Gründen beispielsweise nicht im vollen viktorianischen Outfit herumlaufen kann, das kann ich ja noch nachvollziehen. Wenn sich jemand daher in "alltagstaugliche" Kleidung mit einem erkennbaren Touch von viktorianisch bewegt und DANN zum Anlass WGT halt das (am besten noch) selbst geschneiderte Kleid trägt, dann finde ich das tatsächlich völlig ok. Das ist dann halt eine neumodische Interpretation vom Schwarz sein, die mir zwar nicht gefallen muss, aber zumindest für mich authentisch bleibt.

Hingegen habe aber auch ich etwas gegen dieses reine verkleiden um des verkleidens willen. Im schlimmsten Fall um dann auch noch auf Veranstaltungen wie dem WGT wie ein aufgeplusterter Pfau vor Fotografen herumzustolzieren und den eigentlichen Sinn; Treffen mit anderen Leuten der Szene und Spaß an der Musik haben ignorieren. Das hat selbst für meinem doch sehr wohlwollenden Verständnis nichts mehr mit Schwarz sein am Hut. Aber nichts desto trotz muss man sich auch hier immer ins Gedächtnis rufen: Alberne Poser und Mitläufer gab es auch schon in den Szeneanfängen, heute bekommen diese leider nur erheblich mehr Aufmerksamkeit und nerven nicht nur bei kleinen Veranstaltungen und Clubs.
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Herbstlaubrascheln
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Dieses "aus dem Alltag" fliehen habe ich tatsächlich auch noch nie verstehen können - für mich hatte das Ganze noch nie etwas mit "Flucht" zu tun. *schulternzuck*
Und für den ganzen Kostümscheiß habe ich auch überhaupt nichts übrig. :roll: Aber ich bin nun auch nicht der Typ, der auf eine so aufwendige Garderobe großartig stehen würde; deswegen komme ich gar nicht großartig in die Situation, dass meine Kleidung nicht alltagstauglich sein würde; also im Sinne von unpraktisch.
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Graphiel
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Graphiel »

Ich glaube in der Hinsicht sind wir uns alle ziemlich einig ;)

Die einzige Form von etwas dass man in weiterem Sinne als Flucht bezeichnen könnte (obwohl ich den Begriff Abgrenzung weit angemessener finde) und die ich je mit der Szenezugehörigkeit in Verbindung gebracht habe, war die Flucht vor einer Gesellschaft, in deren Alltag Themen wie Tod, Verfall, Morbidität, oder Melancholie keinen Platz haben. Eine Gesellschaft in der man sich neben der Erwerbsarbeit nur von einer Spaßexplosion zur Nächsten zu hangeln hat, bis denn Ereignisse eintreten die wieder daran erinnern, dass es neben Arbeit und dem endlosen Spaß auch noch eine andere, weniger ulkige Seite des Lebens gibt.

So, das war jetzt aber wirklich der letzte Kommentar von mir bezüglich einer wie auch immer gearteten Grundsatzdiskussion über das schwarz sein. Ich finde wir (so auch ich) haben Soileds Thread schon genug damit zugemüllt anstatt einfach dabei zu bleiben über die Wege zu diskutieren, wie denn die viktorianische Mode in die Szenelandschaft schipperte. Wenn noch weiterhin Bedarf darin besteht über die Grundsätze des Schwarz seins zu debattieren können wir doch nochmal einen externen Thread dazu eröffnen. Oder sehe ich das jetzt falsch?
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Soiled

Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Soiled »

blacksister´s ghost hat geschrieben: Sonntag 5. Januar 2020, 09:19 Wenn ich persönlich ans WGT denke, dann nich wegen Realitätsflucht, so wie es manche betreiben, sondern wegen Musik und Menschen.
Hm. Aber das ist doch genauso Realitätsflucht, oder?
Wenn ich auf ein Konzert geh dann tu ich das auf jeden Fall auch, um für eine Weile zu vergessen, dass die ganze Welt voll piefiger Leute mit schlechten Manieren und langweiligem Musikgeschmack ist.
Und wenn jemand Fantasy-Filme schaut oder auf Mittelaltermärkte geht ist das ebenfalls Realitätsflucht. Von Computerspielen fang ich gar nicht erst an.
Meine Güte, ganze Konzerne wie Disney leben einzig und allein davon, Leuten eine Ablenkung vom Alltag vorzusetzen. :lol:

Und das ist doch vollkommen normal! Oder schaut hier etwa ein einziger ausschließlich Dokus und liest ausschließlich Sachbücher?
Graphiel hat geschrieben: Sonntag 5. Januar 2020, 17:46 Das man (besonders als Frau) im Alltag aus praktischen Gründen beispielsweise nicht im vollen viktorianischen Outfit herumlaufen kann, das kann ich ja noch nachvollziehen.
Es ist natürlich unpraktisch, in einem vollen Party-Outfit der Oberschicht rumzulaufen. Aber auch schon damals gab es Frauen, die körperlich gearbeitet haben (man glaubt es kaum), und die waren natürlich nicht so doof, da unpraktische Klamotten anzuziehen.
Mein persönliches Lieblingsbeispiel sind britische Minenarbeiterinnen. Hose, Bluse, robuste Schuhe, Kopftuch, so gut wie kein Schmuck ... done.

Eindeutig viktorianische Outfits, die aber vermutlich keiner als solche einordnen würde. Könnte ich so rumlaufen? Logisch. Tu ich sogar oft genug.

Ein Problem ist wohl, dass viele Menschen denken, dass die Leute damals "schicker" oder "aristokratischer" angezogen waren, und zwar ständig. Nein, waren sie nicht. Genauso wenig wie Menschen heute ständig in großer Abendgarderobe herumlaufen. Aber ich kann die Faszination durchaus verstehen, ist wohl das "schwarze" Pendant zu Leuten, die den Hochadel in der Regenbogenpresse anhimmeln. :lol: Nicht umsonst wird Dracula verehrt, nicht Renfield, obwohl ich den für einen deutlich interessanteren Charakter halte.
Herbstlaubrascheln
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Zum Einen: Ich denke nicht, dass die Leute, die in solchen Klamotten aufs WGT gehen oder wohin auch immer, das aus einem historischen Interesse heraus machen. Auch wenn man nicht viel Ahnung von dem Kram hat, sieht man doch auf den ersten Blick, dass das mit geschichtlicher Korrektheit nicht im Geringsten was zu tun hat. Das soll auch gar nicht Thema sein, zumindest aus meiner Sicht - "viktorianisch" ist von dem ganzen Zeug ja auch kaum wirklich was, wenn wir mal ehrlich sind. *lach* Irgendwie scheint das nur das Synonym für möglichst viel Rüschenkram, aufgetakelt sein, Reifröcke, Kalkleisten und so weiter und so fort geworden zu sein. Find`ich nicht schlimm, kann jeder ja so handhaben, wie er möchte. *schulternzuck* Mein Ding ist`s jedenfalls nicht, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Zum Anderen: Die Realitäts-Flucht (sehe ich persönlich jetzt nicht so hart) eines Films oder Konzerts oder was auch immer ist für mich hier auch gar nicht gemeint. Es geht eher darum, dass die Leute sich zum Wochenende oder zum WGT oder für was auch immer einfach eine andere Rolle ausm Kleiderschrank überziehen. Das hat ganz unterschiedliche Wurzeln; und dazu meine Meinung zu sagen, würde hier den Rahmen sprengen. Aber: Authentisch ist hier gar nix mehr. Und das ist nicht so meins. Ich mach`mein Ding, ich sehe so aus, wie ich aussehen will und in meinem Kopf existiert auch der Bereich gar nicht, der mir sagen könnte, dass ich irgendjemandem so vielleicht nicht gefallen könnte und das entsprechend zu ändern habe. Das muss nicht jeder so machen wie ich, das will ich damit auch kein stückweit sagen. Und nein, ich rede nicht so Arbeitskleidung oder von was auch immer; mit dem Argument wird ja auch gern aus der Ecke gekommen, sobald man das Thema anschneidet.
Ich meine, dass ich persönlich es nicht nachvollziehen kann, wie man jemandem diesen ganzen Grufti-Kram im Alltag kein stückweit ansehen kann, man in Jeans und Turnschuhen und Spießerfrisur durch die Gegend läuft, damit man nirgendwo aneckt und keine unangenehmen Fragen kommen bzw. man schlicht und einfach schön in die Erwartungen von außen passt; aber dann am WGT die Sau raus lässt, sich irgendwelche Kostüme anziehen und sich schminken bis unter die Kauleiste, vor Fotografen herum stolziert und sagt "Ich bin halt nicht so wie die anderen." Das ist auch schon alles. :roll:
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