Geografische Einflüsse

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
Soiled

Geografische Einflüsse

Beitrag von Soiled »

Ich hab mich mal von dieser Aussage aus einem anderen Thread inspirieren lassen. :)
Evanahhan hat geschrieben: Dienstag 22. September 2020, 12:44 Jedenfalls scheint es nicht nur zeitliche, sondern auch geografische Unterschiede zu geben.
Mich würden da mal persönliche Erfahrungen interessieren. Wie habt ihr die Szene in anderen Ländern oder Städten wahrgenommen? Oder in unterschiedlichen Regionen Deutschlands? Und wie sehr hat Euch gegebenfalls der "lokale" Geschmack geprägt?

Was die Szene im engeren Sinne angeht gibt's imho sicher Unterschiede - also, dass sich um bestimmte kleine lokale Labels bestimmte Gruppen mit bestimmten musikalischen Ausrichtungen konzentrieren. Ich glaub eine der allerfrühesten "Spaltungen" war, als sich in den nördlichen, industrialisierteren Gebieten tendentiell mehr auf elektronische Musik konzentriert wurde, EBM und so, und in Süddeutschland mehr der "romantische" Aspekt betont wurde, weil die halt mehr Berge und Burgen und sowas rumstehen hatten, und weil ja das Umfeld und die Lebenswirklichkeit immer sehr den künstlerischen Output beeinflusst.

Aber wenn's um den nur "konsumierenden" Teil der Leute geht ist es doch eigentlich theoretisch ziemlich wurscht, wo man sitzt, oder? Das Internet existiert, da kann man doch mal ein bisschen schauen, was es jenseits von altbekanntem gibt. Nicht einmal mangelnde Sprachkenntnis ist mehr ein Hinderungsgrund, Google kann doch eh alles übersetzen.

Das ganze ist natürlich reine Theorie - ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Vorliebe für Krempel aus dem ehem. Jugoslawien und dem östlicheren Europa viel damit zu tun hat, dass ich halt viele Leute kenne, die aus der Gegend kommen, und weil auch viele Bands von dort hier auftreten. Mag ja Konzerte eh lieber als Musik runterzuladen. Über die dänische Szene könnte ich demzufolge so ziemlich gar nix sagen, zum Beispiel.
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Herbstlaubrascheln
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Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

Meine eigenen "Wurzeln", was Schwarz angeht, haben mich in der Hinsicht halt bis heute sehr geprägt. Sprich, die ersten Kontakte, die ich geknüpft hatte, das generelle Feeling, das da mit dazu gehörte, die Musik und so weiter und so fort. Wenn man wie ich am Arsch der Welt aufgewachsen und Jung gewesen ist, fällt da recht vieles flach, was zum klassischen Werdegang gehört *lach* - hier war es jedenfalls so, dass aufgrund der wenigen "alternativen" Leuten schlicht und einfach weniger Unterschiede und weniger TamTam gemacht wurde, als ich es aus anderen Erzählungen beispielsweise kenne. Hier wurde zusammen mit den Punks abgehangen, was sich auch sehr oft in Musik und Optik sehr niedergeschlagen hatte. Während ich auch schon aus anderen Ecken gehört habe, dass das anderorts ganz und gar nicht gängig war - beispielsweise von meinem Freund (Mitte 40, in der ehemaligen DDR aufgewachsen), der die Punk-Kombi so gar nicht kennt und wo das Ganze weit mehr "Untergrupperiungen" aufwies als ich es kannte.

Was auffällt, wenn man mal wo gegangen ist und sich anderorts in irgendwelchen Clubs herum gedrückt hat - die Leute tanzen überall anders *lach*

Also letztendlich denke ich schon, dass Örtlichkeiten da keine unerhebliche Rolle spielen. Im Bezug auf andere Länder werden da, vermute ich mal, halt auch noch andere Dinge mit rein fließen - ist aber nur meine Theorie, dazu kann ich selbst nichts sagen.

Was mir noch einfällt, was zwar ein wenig Off Topic ist, aber mir grad durch den Kopf spukt, war ein Argument, das mal vor kurzer Zeit in einer FB-"Gothic"-Gruppe aufkam, als sich dort ein Kerl mit eindeutig türkischen Wurzeln und entsprechend auch türkischem Namen angemeldet und einen kleinen Vorstellungspost erstellt hatte und jemand tatsächlich ein "Also Gothics sind meiner Meinung nach doch eher hellhäutig." oder so in der Art; ob er denn nicht in einer falschen Gruppe gelandet wäre...da fehlen einem auch so ein bisschen die Worte; aber vielleicht sind manche Leute auch der Meinung, dass das Ganze ein rein deutsches Phänomen wäre.....heutzutage überrascht einen rein gar nix mehr.
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Tatronis
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Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von Tatronis »

Mich würden da mal persönliche Erfahrungen interessieren. Wie habt ihr die Szene in anderen Ländern oder Städten wahrgenommen? Oder in unterschiedlichen Regionen Deutschlands? Und wie sehr hat Euch gegebenfalls der "lokale" Geschmack geprägt?
Wenn ein Beitrag noch jünger als zwei Monate ist, ist es keine Leichenfledderei, ihn wiederzubeleben.

Innerhalb Deutschlands hatte ich bislang nicht den Eindruck, dass es dort langfristig große regionale Unterschiede gibt. Zumindest nicht in den Großstädten. Kurz- bis mittelfristig habe ich Unterschiede in den Clubs gemerkt, wenn sich dort die Songs teilweise doch sehr unterschieden. Da ich damals aber recht viel quer durch Deutschland gereist bin (Fernbeziehung halt=D), war es doch interessant, mitzuerleben, wie bestimmte Tanzflächenfüller erst einige Zeit brauchten, bis sich sich über ganz Deutschland ausgebreitet haben. Sprich: Ich habe mir dann Songs gewünscht, die im einen Bundesland sicher die Tanzflächen füllten, und wurde vom DJ im anderen Bundesland angeschaut, als hätte ich mir gerade atonale Blasmusik gewünscht! Über die Monate schwappten dann aber die Songs dann auch in dessen Playlist.

Was Kleinstädte mit sehr kleiner Szene betrifft, hatte ich tatsächlich häufig den Eindruck, dass dort die Altgrufties das Geschehen und die Szene sehr viel entscheidender prägen als in Großstädten, in denen Neu-Goths die Auswahl zwischen zig verschiedenen Veranstaltungen haben und auch die Zahl an Szenegängern sehr groß ist. In ländlichen Dörfern habe ich hingegen schon manchmal sehr seltsame lokale Ausprägungen um alteingesessene Wortführer erlebt. ^^
Aber wenn's um den nur "konsumierenden" Teil der Leute geht ist es doch eigentlich theoretisch ziemlich wurscht, wo man sitzt, oder? Das Internet existiert, da kann man doch mal ein bisschen schauen, was es jenseits von altbekanntem gibt. Nicht einmal mangelnde Sprachkenntnis ist mehr ein Hinderungsgrund, Google kann doch eh alles übersetzen.
Das Internet prägt sicher die Hörgewohnheiten einzelner, aber was die Zugehörigkeit oder Entwicklung einer lokalen Szene betrifft, hat das ja nicht zwingend einen Einfluss. Wenn nun jemand gern französisches Dark Cabaret hört, kann er das dank des Internets auch problemlos online, aber er wird die Szene und Neu-Dazugestoßende in einer EBM-Hochburg sicher trotzdem weniger prägen als eine schon existierende Gruppe begeisterter EBM, die dort eigene Partys veranstalten und das Clubgeschehen beeinflussen kann. Und so ganz egal ist es dann auch irgendwann dem Konsumierenden nicht mehr, wenn er vielleicht auch mal gern abseits des Internets Diskussionen über seine Lieblingsbands führen will oder einfach mal entsprechende Themenpartys besuchen möchte.


Was andere Länder betrifft, habe ich das Gefühl, dass in den UK die Szene wieder etwas gitarrenlastiger ist und auf Veranstaltungen deutlich häufiger auch mal Punk oder Grunge gespielt wird, als das in Deutschland der Fall ist. Aber vielleicht hab ich mich hier auch nur in den falschen Ecken herumgetrieben (was ich ja ändern könnte, sofern ich entsprechende Tipps bekomme ^^)
blacksister´s ghost

Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von blacksister´s ghost »

Tatronis hat geschrieben: Sonntag 8. November 2020, 14:29 Aber vielleicht hab ich mich hier auch nur in den falschen Ecken herumgetrieben (was ich ja ändern könnte, sofern ich entsprechende Tipps bekomme ^^)
Achso, ich dacht schon sofern du bald eine neue Fernbeziehung hättest :lol:
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Herbstlaubrascheln
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Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von Herbstlaubrascheln »

....wenn man so zurück denkt, muss man fast schon schmunzeln...Meine "Anfänge" haben auch ohne Internet noch ziemlich gut funktioniert *lach - aber wie weiter oben schon erwähnt; tatsächlich war es so, dass das Ganze Geschehen sehr geprägt war von älteren Leuten. Die wenigen, die ich damals kennengelernt hatte, waren zu dem Zeitpunkt schon über 30 - und diese Kontakte und das erste Reinschnuppern hat mich, was Schwarz Sein generell betrifft, bis heute wohl sehr geprägt, das kann man auf gar keinen Fall abstreiten. Die Uhren liefen (und laufen heute immer noch) ein wenig anders als in den Städten.
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BlackRose
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Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von BlackRose »

Ich finde das sehr spannend. Und habe mich ebenfalls schonmal gefragt wie es in anderen Ländern ist. Auch weil ich gerne mal für ein paar Monate ins Ausland will. Auslandssemester oder so. Besonders reizen würden mich ja die skandinavischen Länder. Weiß jemand wie groß die schwarze Szene da so ist?
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Soiled

Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von Soiled »

BlackRose hat geschrieben: Freitag 20. November 2020, 21:50 Weiß jemand wie groß die schwarze Szene da so ist?
Zur Größe kann ich Dir nix sagen, aber von ein paar Unterschieden hab ich gehört. Ist jetzt nicht ganz präzise Skandinavien, aber immerhin im Norden. ;)
Und "groß" heißt ja nicht zwingend auch "gut"; auf sowas wie Trisol könnt ich gut und gerne verzichten, obwohl das ein sehr deutsches, sehr schwarzes und verhältnismäßig großes Label ist. Aber egal.

In Finnland ist wohl viel vom Black Metal überlagert.
In Schweden spielt Synthare anscheinend eine recht große Rolle - ist sowas wie Synthpop oder Future Pop, am ehesten. Ergibt durchaus Sinn, Schweden hat ja eine lange Pop-Geschichte.
Färöer-Inseln: Da ist eigenlich kaum was, bis auf ein legendäres Plattenlabel mit Laden: Tutl Records. Soll sehr cool sein.
Island ist interessant. Bis auf großartige Literatur haben die ja keine besonders ausgeprägte Kulturgeschichte, drum ist der DIY- und Punk-Spirit recht ausgeprägt. Das macht den Krempel dort auch teilweise recht avantgardistisch - der Nachteil, dass sie nie so groß musikalisch indoktriniert wurden, stellt sich da als ein Vorteil heraus. Das Norðanpaunk ist dort so ziemlich das größte Festival, nicht wirklich "schwarz" im traditionellen Sinne, aber soll trotzdem sehr cool sein. Ich find's ja eh sympathisch, dass die da explizit schreiben "No Viking Metal". Kann ich verstehen; dieses ganze (Neo) Pagan-Zeug ist da als tatsächliche Religion recht am Leben und auch halbwegs authentisch, die kriegen natürlich Kotzkrämpfe, wenn da so eine völkische Fantasy-Combo antanzt.

Bitte das aber alles nicht als die endgültige Wahrheit annehmen, ich kenn das alles nur aus Berichten von Leuten, die dort waren oder leben.

Edit: Peinlichen Rechtschreibfehler korrigiert.
Zuletzt geändert von Soiled am Samstag 21. November 2020, 22:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Grauer Wolf
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Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von Grauer Wolf »

Soiled hat geschrieben: Samstag 21. November 2020, 21:12 Färöer-Inseln: Da ist eigenlich kaum was
Aber das, was ist, ist verdammt gut:
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Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von Soiled »

Und, wo sind sie? Bei Tutl Records. ;)
Also, ist ja nicht so, als ob sie da viele andere Optionen hätten. Und viel mehr als Landschaft, ekliges Wetter, Lachs, Schafe und fermentiertes Schafsfleisch gibt's da sowieso nicht.

Merkt man eigentlich, dass es mich so ganz und gar und überhaupt nicht in den Norden zieht? :lol:
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Grauer Wolf
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Re: Geografische Einflüsse

Beitrag von Grauer Wolf »

Du hast in Deiner Aufzählung übrigens Grönland vergessen. Die haben dort auch ein Plattenlabel: ULO Records. Und die hatten wohl auch mal so was wie eine Rockband unter Vertrag: Siissisoq - Nersussuaq. Ansonsten schlitteln die Eskimos eher zu so was hier Amaagajaaq -- Kristiansennikkut oder auch Nanu Disco -- The Drum.

Schnee und Eis sind nun halt mal eher weiß denn schwarz... ;-)
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