Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Alles über Gothic und die Schwarze Szene.
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Graphiel
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Graphiel »

blacksister´s ghost hat geschrieben: Freitag 6. Dezember 2019, 23:04 Gut, wer das möchte...warum nich.
Aber warum dann ausgerechnet auf dem WGT ausleben?
Im Prinzip steht bzw. stand das schwarz sein doch für was ganz anderes und nich für verkleiden und "Karneval" feiern.
Mein Problem dabei ist eher: Warum NUR auf dem WGT ausleben? Wenn ich mich doch so sehr mit der viktorianischen Mode identifiziere, dann versuche ich doch dies so gut wie möglich in meinen Alltag einzubauen. Im Grunde machen wir das doch auch so. Hier und da mal zähneknirschend Arbeitskleidung anziehen, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen OK. Kann halt nicht jeder den Topjob haben, wo es niemanden interessiert wie man aussieht. Aber spätestens in der Freizeit ist damit dann doch Schluss und wir begeben uns wieder in die Kleidung, mit der wir uns wohl fühlen, die so sehr zu unserer Identität gehört, dass wir schon gar nicht mehr darüber nachdenken müssen und bei der es uns egal ist wie andere darüber denken. Ob die Freunde der viktorianischen Richtung das auch so halten wage ich aus den bereits genannten praktischen Gründen ebenfalls zu bezweifeln. Allerdings: Ich lasse mich natürlich auch vom Gegenteil überzeugen. ;)

Was mir jetzt nur gerade einfällt: Ich habe in diversen WGT Berichten gehört, dass sich einige Besucher speziell für diesen Anlass in besonders elegante Kleidung werfen, während sie im Alltag eher schlicht schwarz unterwegs sind. Also nehmen Sie dass WGT als Anlass wahr, so wie andere Leute beispielsweise Hochzeiten zum Anlass nehmen sich in Anzug und Krawatte zu verpacken, obwohl sie sonst in Blue Jeans unterwegs sind. Ich persönlich halte das ja für Unfug und ziehe selbst auf besonderen Anlässen nichts an, was ich nicht auch im Alltag tragen würde. Aber wie steht ihr zu diesem Aspekt, den wir ja schonmal beim Thema Kleiderordnung auf Beerdigungen hatten. Was, wenn dem Besucher das WGT als eben so ein besonderer Anlass erscheint für den er sich (auch ganz ohne Absicht auffallen zu wollen) extra in Schale wirft?
"Sowas kann doch nur Leuten einfallen, die in Assoziationsspielchen neben Hund, Katze und Maus auf "Hmm.... Schwingschleifer!" kommen, oder?" - Barlow
Soiled

Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Soiled »

Interessant. Ich hätte nie gedacht, dass viktorianisches Gedöns mit "Romantik" assoziiert wird - die war doch deutlich früher, und die hatten auch ganz andere Sachen an, jedenfalls die Mädels. Halt so bessere Nachthemden mit Empire-Taille, nix mit körperbetont (ganz grob vereinfacht gesagt, die Übergänge waren natürlich fließender). Im literarischen Bereich würd ich sowieso eher Zeugs à la Charles Dickens und die Penny Dreadfuls als typisch viktorianisch sehen - letztere ohne jeglichen literarischen Anspruch, reißerisch, viel Mord und Totschlag, aber natürlich spannend und unterhaltsam. Eleganter Grusel und die Exploration psychologischer (Un)Tiefen wie in der klassischen Romantik war da nicht so gefragt, Poe war ganz am Anfang, und Bram Stoker war ganz am Schluss, an der Grenze zur Moderne. Aber dazwischen sieht's imho ziemlich dünn aus. Bei der Malerei sind vielleicht noch die Prä-Raffaeliten interessant, die haben sich zumindest eine bizarre Version eines idealisierten Mittelalters zusammengebastelt. Aber sonst?

Es wäre jetzt natürlich einfach und verführerisch, auf die "ungebildete Masse" zu schimpfen, die ständig alle möglichen Epochen durcheinanderwürfelt. Aber das mach ich nicht, weil immer schon lustig zusammengewürfelt wurde und das bei weitem kein modernes Phänomen ist. Die große Frage wäre eher: Warum viktorianisch und nicht romantisch, obwohl letzteres eigentlich viel logischer wäre? Und ich glaub da wenigstens zwei Gründe dafür gefunden zu haben.
Erstens: Die hatten einen ausgeprägten Trauerkult, gestartet durch Queen Vicky herself, die nach dem Tod ihres Mannes nur noch schwarz getragen hat. Das ist für Schwarzträger natürlich spannender als weiße Fähnchen aus Musselin. ;)
Und zweitens: Die Fotos. Die Leute schauen alle schrecklich ernst (wegen der langen Belichtungszeit, Lachen und rumwackeln war da nicht drin, obwohl damals sicher genauso gelacht wurde wie heutzutage), und alles sieht sepiafarben und düster aus. Was es eigentlich nicht war - durch die Erfindung der Anilinfarben waren die Klamotten damals bunter denn je, schreiend lila und pink und quietschegrün. Aber das Bild, was man so intern davon hat, weicht davon eben ab.
Graphiel hat geschrieben: Donnerstag 5. Dezember 2019, 06:24 Passend dazu fällt mir noch auch Tilo Wolff von Lacrimosa ein. Ich weiß grad nicht, wann genau er sein Outfit von eher Urgoth orientiert zu "Vampirartig" abänderte, aber das könnte auch um diese Zeit rum gewesen sein und hatte damit vermutlich einen Einfluss auf die damalige junge Generation schwarz. Man sollte ja Einflüsse durch musikalische Vorbilder nicht unbedacht lassen, ne?
Sowieso.
Hab vor einer Weile ein Bauhaus(?)-Video gesehen, wo einer mit nacktem Oberkörper und Leder-Harness rumsprang. Nur mal so als kleiner Hinweis für die, die sich über die Latex-Leute auf dem WGT beschweren. Fetisch-Zeugs ist viel ur-gruftiger als Rüschen und Mittelalter und Fantasy. ;)
Zu Tilo Wolff: Ich vermute, dass er den optischen Wechsel parallel zum musikalischen vollzogen hat. Also, weg von der Neuen Deutschen Todeskunst, hin zum Düster-Schlager. Aber ich mag Lacrimosa nicht besonders, drum kenne ich mich da nicht so aus.
Heimfinderin hat geschrieben: Freitag 6. Dezember 2019, 07:53 Die Röcke sind auch lang, aber eher Morticia-like :oops: Wobei die ja auch vampirartig auftritt.
Die würde ich eher als Vamp denn als Vampir sehen (wobei das natürlich eng verwandte Konzepte sind).
Ihre Klamotten sind jedenfalls ganz typisch für 30er Jahre Glamour, was wenig verwunderlich ist, weil die Addams Family ja in den 30ern erfunden wurde. :)
Sieht man auch schön bei Gomez, mit seinem Clark-Gable-Schnurrbart und den Nadelstreifen.
Grauer Wolf hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2019, 20:48 Weil der moderne Gothe im Innersten seines Herzens, ein kleiner, verklemmter und rüschenverliebter Spießer ist?

*sich schnell wegduckt* ;-)
Nix gegen Spießer. Ich find mich ja selber ziemlich spießig. Ich hab eine Krankenversicherung für meine Katzen, ich zahl meine Rechnungen pünktlich und geh höchstens einmal in der Woche mal weg, und selbst dann nicht mehr unbedingt bis fünf in der Früh. :lol:

Das ganze nur auf eine Handvoll Mainstream-Filme zu schieben wär mir jedenfall zu simpel. Ich bin zwar auch der festen Überzeugung, dass der massive Hype um die Kelly Family durchaus einer der Gründe ist, weswegen auf einmal so viel irisch angehauchte Folk-Musik in der Schwarzen Szene auftauchte, und Enigma und Vangelis sind definitiv Vorläufer von E-Nomine und so einem Zeugs. Aber sowas ist eben nicht der einzige Grund, sowas ist ja immer komplexer. Einfach nur zu sagen "das mit den Klamotten liegt an ein paar Filmen" wirft jedenfalls kein besonders gutes Licht auf die ach so tiefsinnige Schwarze Szene. Bei "The Crow" mach ich vielleicht noch eine Ausnahme, aber das war sowieso die Verfilmung eines sehr sehr schwarzen Comics, das ist genemigt. ;)

Ich denk man darf nicht vergessen, dass in den 90ern sicher viele, die früher eher düster oder punkig unterwegs gewesen wären, sich dem Grunge und den Riot Grrrls zugewandt haben. Die Musik entsprach halt eher dem Zeitgeist. Die eher experimentellen Leute sind zum großen Teil in Richtung elektronische Musik abgewandert, denk ich, weil's da wirklich mehr spaßige Möglichkeiten gab.
Die waren also zum großen Teil weg, und der "romantische" Strang mit Tendenz zur Weltflucht blieb übrig. Dass der empfänglicher für glamouröse Hollywood-Streifen ist ist ja verständlich. Wobei ich wirklich nicht glauben mag, dass ein paar Filme allein da groß was langfristig ändern können. Kurzfristig sicher - Game of Thrones und diese Wikinger-Serie haben sicher auch ein paar kleinere Mode-Trends gesetzt, aber das sollte nach ein paar Jahren wieder gegessen sein.

Und Vampirfilme und -serien gab's ja schon vorher, von "The Hunger" (mit David Bowie!) bis zu "Der kleine Vampir", wo zumindest der Teenager-Sohn sehr wenig mit Rüschen am Hut hat. ;)
(Mein Lieblings-Vampir ist sowieso Max Schreck, aber das tut hier nichts zur Sache.)
SchwarzeKatz hat geschrieben: Freitag 6. Dezember 2019, 23:18 Ich selbst war dort zwar noch nie ,aber ich weiß ,das es eine riesen Veranstaltung ist und das meiste was ich darüber gesehen habe, waren verkleidete Leute.
Das sind halt die, die von den Medien rausgepickt und präsentiert werden. Wegen der Einschaltquoten, die verkaufen sich besser. ;)
Und dass man sich für besondere Anlässe besonders anzieht ist doch nur normal. Ich mein, es gibt ja angeblich sogar Leute, die ein spezielles und schweineteures Kleid kaufen, nur weil sie heiraten. :lol: Ich find's eher seltsam, aber jeder wie er bzw. sie mag.
Kann natürlich immer auch ein Griff ins Klo sein - wenn ich auf einem stinknormalen Klavierabend wen in großer Abendgarderobe seh, am besten auch noch schulterfrei (ist schon vorgekommen) dann denk ich mir natürlich als erstes "Mädle, hast Du die Karte im Lotto gewonnen? So oft scheinst Du ja nicht herzukommen, sonnst würdest Du den Dresscode kennen." Aber dann merk ich, dass das eine ziemlich unfeine Einstellung ist - sollen sie doch anziehen was sie wollen, kann mir doch wurscht sein.

Und die Vorstellung, dass Frauen sich für Männer schick machen würden ... *hust* ... naja ... ist wohl eine etwas antiquierte Idee. Gibt sicher welche, die das tun, gut möglich. Wüsste aber nicht, weswegen man das machen sollte - Männer gibt's doch wie Sand am Meer, wenn überhaupt geht's doch eher drum, die sich vom Leib zu halten als sie anzulocken, aber was weiß ich schon.

Edit: Anführungszeichen ergänzt, um Ironie deutlicher zu machen - geht schriftlich ja schnell verloren, leider.
Zuletzt geändert von Soiled am Samstag 7. Dezember 2019, 13:37, insgesamt 1-mal geändert.
Heimfinderin

Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Heimfinderin »

@ Graphiel

Ja, das ist bei einem Teil sicherlich so, dass sie im Alltag schlichter heraumlaufen und die große Gaderobe dann für diese Veranstaltungen anfertigen. Aber ich verstehe trotzdem nicht, wieso O_o Also, warum macht man das? Wenn man es nur für sich und sein Wohlbefinden tut, kann man auch daheim viktorianisch den Hund ausführen. DA kann es doch nur um sehen und gesehen werden gehen. Viele der Kleider sehen nach sehr viel Arbeit aus und günstig sind die Stoffe sicher auch nicht, da sind schon sehr edle Teile darunter. Für mich wäre es logischer, das in Alltagsgruftklamotten zu investieren, weil ich da mehr Tage verbringe XD
Ich weiß auch nicht, wie ich das richtig erklären soll, es ist auch, was es ausstrahlt. Was ein zünftiger Deathrocker ist, der sendet doch eine ganz andere Botschaft nach außen, als jemand in einem wunderschönen Kleid mit Schirmchen und nettem Aufputz. Letzeres findet doch jeder reizend, ersteres vermutlich nur wir :mrgreen:
Keine Ahnung, vielleicht irre ich mich, aber mir kam das früher introvertierter vor, bzw der Teil, der noch nach Punk riecht als Gegenteil von schön und adrett. Heute ist alles viel extrovertierter, perfekter, dem Auge schmeichelnd.


@ soiled

Du darfst deinen Forenmitnutzern gerne mal etwas mehr zutrauen. Ich bin mir sicher, dass die vieles davon selbst wissen, sich aber nicht ständig über andere erheben müssen. Wenn du schreibst "Es wäre jetzt natürlich einfach und verführerisch, auf die ungebildete Masse zu schimpfen, die ständig alle möglichen Epochen durcheinanderwürfelt", wird das doch wieder als Affront aufgefasst, gleichbedeuted mit "alle anderen sind ungebildete Deppen". Ich weiß nicht, ob du das selbst nicht merkst, aber solche Sätze enden nur wieder in Gestänker. Nimm´s mir nicht übel.
Außerdem ging es nie darum, eine Epoche originalgetreu abzubilden. Die Leute ziehen sich doch immer das heraus, was sie am meisten anspricht und sie gerade gebrauchen können. Es will doch auch niemand wirklich in alten Zeiten gelebt haben O_o Ich zumindest nicht bei all den Nachteilen.
Charlotte Sometimes
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Ich weiß auch nicht, wie ich das richtig erklären soll, es ist auch, was es ausstrahlt. Was ein zünftiger Deathrocker ist, der sendet doch eine ganz andere Botschaft nach außen, als jemand in einem wunderschönen Kleid mit Schirmchen und nettem Aufputz. Letzeres findet doch jeder reizend, ersteres vermutlich nur wir :mrgreen:
Keine Ahnung, vielleicht irre ich mich, aber mir kam das früher introvertierter vor, bzw der Teil, der noch nach Punk riecht als Gegenteil von schön und adrett. Heute ist alles viel extrovertierter, perfekter, dem Auge schmeichelnd.
Ich verstehe schon was du meinst,denke ich.
Der Spirit ist ein total anderer bzw. eine andere Message.
Es ist ein Unterschied zwischen einem Deathrocker mit einer "Leck -mich -am .....Einstellung bzw. "Es ist mir doch egal ob ich anderen (Normalos) nicht gefalle und einem "Ich möchte jedem ins Auge stechen" -Rüschenmädel mit Puderdöschen und Sonnenschirm.
Das eine ist Abgrenzen wollen ,das andere ist anders sein und trotzdem jeden gefallen wollen.^^
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Graphiel
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Graphiel »

Heimfinderin hat geschrieben: Samstag 7. Dezember 2019, 10:56 Keine Ahnung, vielleicht irre ich mich, aber mir kam das früher introvertierter vor, bzw der Teil, der noch nach Punk riecht als Gegenteil von schön und adrett. Heute ist alles viel extrovertierter, perfekter, dem Auge schmeichelnd.
Ich glaube das liegt wirklich daran, dass dem punkigen Anteil der damaligen Generation schwarz die klare Abgrenzung zur bunten Welt erheblich wichtiger war, als es den meisten jungen Schwarzträgern heute ist. Das habe ich an anderer Stelle ja auch schon mal gesagt: Bei der heutigen Generation schwarz glaube ich ein viel höheres Bedürfnis zu erkennen zwar anders (durchaus auch schwarzromantisch und selbstbestimmend) sein zu dürfen, doch dabei trotzdem als Teil der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Deshalb: Ja, dein Eindruck trügt dich vermutlich nicht. ;)

Edit:
SchwarzeKatz war etwas schneller ^^
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Soiled »

Heimfinderin hat geschrieben: Samstag 7. Dezember 2019, 10:56 Außerdem ging es nie darum, eine Epoche originalgetreu abzubilden. Die Leute ziehen sich doch immer das heraus, was sie am meisten anspricht und sie gerade gebrauchen können.
Äh. Genau das hab ich doch eh geschrieben.
Soiled hat geschrieben: Samstag 7. Dezember 2019, 10:52 Aber das mach ich nicht, weil immer schon lustig zusammengewürfelt wurde und das bei weitem kein modernes Phänomen ist.
Im Prinzip sind wir uns sowieso einig, deswegen versteh ich nicht so ganz, wo die Kritik herkommt. :shock:
Vielleicht hätte ich das etwas besser kennzeichnen sollen, dass das mit der "ungebildeten Masse" ironisch gemeint war; auf die nachwachsenden Generationen von Schwarzvolk zu schimpfen halt ich für genauso bescheuert wie auf die "Stinos" zu schimpfen, was ja gern und fleißig gemacht wird. Die leben halt in einer anderen Zeit, natürlich bedeutet für die "Schwarzsein" etwas anderes als es für Leute vo3 30, 40 Jahren bedeutet hat. Ich seh das eigentlich eher neutral, mich interessieren nur die unterliegenden gesellschaftlichen Prozesse.
Heimfinderin

Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Heimfinderin »

Ich bin der Meinung, dass man es durcheinanderwürfel kann, deshalb aber nicht "ungebildet" sein muss. Es kann einem ja durchaus bewusst sein, was man da tut. Und bei dir hat es sich angehört, als wüssten die Leute eben nicht, was sie da vermischen. Dieses möglichst authentische Ding gibt es doch eher bei zB Mittelalter-Freaks.

Wenn man einfach nur von Schauerromatik spricht, ohne das auseinanderzupflücken, wissen die meisten, was man meint. Zumindest die Richtung. Ob das jetzt Sade 1787 geschrieben hat oder Stoker 1897 kann man disskutieren, aber es ging ja nur grob darum, welche "Stimmung" gemeint ist. Wichtiger ist doch zum Thema, dass anscheinend nur diese Tournürkleider hängen geblieben sind, darum ging´s dir doch, oder? Ich frag mich das ja auch die ganze Zeit :mrgreen: Naja, sie sind figurbetonender, schmale Taille, aufgepolsteter Hintern, vielleicht entspricht das mehr dem heutigen Zeitgeist. Der Empire-Stil wirkt da wohl weniger sexy O_o Frag mich nicht.
Dass die viktorianischen mourning dresses kopiert werden ist schon naheliegend, das Bunte interessiert die Schwarzkittel nicht.
Ich weiß nur nicht, ob das tatsächlich an Filmen liegt.
Charlotte Sometimes
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Ich muss dazu sagen ,das mich dieser Satz auch etwas sauer aufstoßen ließ:
Es wäre jetzt natürlich einfach und verführerisch, auf die "ungebildete Masse" zu schimpfen, die ständig alle möglichen Epochen durcheinanderwürfelt. Aber das mach ich nicht, weil immer schon lustig zusammengewürfelt wurde und das bei weitem kein modernes Phänomen ist.
Es wäre verführerisch jetzt zu erläutern warum,aber ich denke Heimfinderin hat es bereits genug erklärt.
Vielleicht hätte ich das etwas besser kennzeichnen sollen, dass das mit der "ungebildeten Masse" ironisch gemeint war;
Ich erkenne darin keine Ironie,sondern mit Verlaub nur bloße Arroganz.^^
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Elric
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von Elric »

Hmm, also zum einen läßt sich Gruftitum ohne Arroganz kaum denken...

...zum anderen finde ich es absolut in Ordnung, die ganz überwiegend selbstgewählte, an Blödheit grenzende Unbildung der deutschen Massen auch als solche zu benennen.
abdurrazzaq
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Re: Wie kam die viktorianische Mode in die Szene?

Beitrag von abdurrazzaq »

Graphiel hat geschrieben: Samstag 7. Dezember 2019, 09:31

Was mir jetzt nur gerade einfällt: Ich habe in diversen WGT Berichten gehört, dass sich einige Besucher speziell für diesen Anlass in besonders elegante Kleidung werfen, während sie im Alltag eher schlicht schwarz unterwegs sind. Also nehmen Sie dass WGT als Anlass wahr, so wie andere Leute beispielsweise Hochzeiten zum Anlass nehmen sich in Anzug und Krawatte zu verpacken, obwohl sie sonst in Blue Jeans unterwegs sind. Ich persönlich halte das ja für Unfug und ziehe selbst auf besonderen Anlässen nichts an, was ich nicht auch im Alltag tragen würde. Aber wie steht ihr zu diesem Aspekt, den wir ja schonmal beim Thema Kleiderordnung auf Beerdigungen hatten. Was, wenn dem Besucher das WGT als eben so ein besonderer Anlass erscheint für den er sich (auch ganz ohne Absicht auffallen zu wollen) extra in Schale wirft?
Ich trage auch viktorianische Bekleidung, und das nicht nur zu Konzerten und Festivals, sondern auch im Alltag. Solche Klamotten nur für vier Tage WGT, das geht gar nicht. Wäre echt schade, wenn die Klamotten dann die restlichen 360 Tage im Jahr im Schrank rumhängen und rumliegen. Einiges davon habe ich auch selbst entworfen und dann geschneidert, also echte Unikate. Das Tragen solcher Klamotten begann bei mir, nachdem ich vor Jahren die Urverfilmung von Dracula gesehen hatte.
Zuletzt geändert von abdurrazzaq am Samstag 7. Dezember 2019, 17:06, insgesamt 1-mal geändert.
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