Wieviel zählt Leistung bei Berufungen, und wieviel Herkunft?

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Schattenwurf
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Wieviel zählt Leistung bei Berufungen, und wieviel Herkunft?

Beitrag von Schattenwurf »

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Zitat
"Dabei ist aber in Anlehnung an Bourdieu (1992) für den Berufungserfolg v.a.
soziales Kapital ein starker Einflussfaktor, und nicht etwa wissenschaftliches Kapital: Wichtige Einflussfaktoren
auf den Berufungserfolg sind demnach im Einzelnen v.a. Kontakte in die Professorenschaft, und Aufenthalt(e)
an Universitäten der Ivy League (USA) oder des Golden Triangle (UK).5 Als eigenes wissenschaftliches Kapital
bzw. als Leistungskriterien wahrgenommene Einflussfaktoren wie Zeitschriftenartikel mit Peer Review,
Drittmittelprojekte, oder Konferenzbeiträge hatten dagegen keine statistisch nachweisbaren Effekte6 auf den
Berufungserfolg (ausführlicher vgl. Zimmer 2018, S. 262)."

Vetternwirtschaft allewo ... wer hätte das ahnen können? ^^
Meritokratie ist ja auch so ausgrenzend. XD
Besonders geil: Leistung hat keine "statistisch nachweisbaren Effekte" ...
also nicht "im Vergleich zu wenig" oder "weniger als erwartet" oder so ... sondern schlicht "keine" :lol:
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Phönix75
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Re: Wieviel zählt Leistung bei Berufungen, und wieviel Herkunft?

Beitrag von Phönix75 »

Was verwundert dich denn da? Es war schon immer so, dass Vitamin B das wichtigste ist, um nach oben zu kommen. Das war schon immer so und wird immer so sein. Du kannst dir den Arsch abarbeiten und Höchstleistungen zeigen, dich ein Leben lang abstrampeln, aber krebst trotzdem unten herum und kommst nicht nach oben. Nennt man dann Volk, Pöbel oder Plebs. Angemerkt sei dabei, dass ohnehin nicht jeder nach oben kommen kann. Sonst sind alle zu höherem berufen und keiner mehr unten... ist niemand mehr da, auf den man treten kann. ;)
Nichts ist so, wie es scheint.
Schattenwurf
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Re: Wieviel zählt Leistung bei Berufungen, und wieviel Herkunft?

Beitrag von Schattenwurf »

Äh ... ja ... schon.
Also bei der Attitüde der Studierten, hätte ich schon mit mehr Substanz gerechnet. (nicht wirklich :lol: )

Der Witz ist ja, wir leben im Informationszeitalter ... Wissen wird völlig inflationär verteilt.
Mit Fähigkeiten ist das nicht so leicht. ^^
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Soiled

Re: Wieviel zählt Leistung bei Berufungen, und wieviel Herkunft?

Beitrag von Soiled »

Ich werde meine Antwort bereuen, da bin ich mir ziemlich sicher.
*seufz*
Aber egal. Taking one for the team. Ich nehm das jetzt mal als Diskussionsgrundlage, obwohl ich den massiven Verdacht habe, dass es nur um klassisches Dampfablassen geht.

Erstens: Ich finde es gut, dass sie sich auf Bourdieu beziehen - in meinen Augen einer der wichtigsten Soziologen überhaupt, der wirklich grundlegende Arbeit geleistet hat. Klar, inzwischen ist es etwas überholt, er krankte an seiner Fokussierung auf Frankreich, und Intersektionalität war zu seiner Zeit eh noch kein Thema. Aber trotzdem. Freud und Jung sind ja inzwischen auch längst überholt, ab und zu sollte man sie sich trotzdem mal anschauen.

Zweitens: Natürlich ist Klassismus ein Ding. Schon immer gewesen. Neben Sexismus und Rassismus (die in dem Text übrigens auch erwähnt werden) eins der größten Felder, auf dem diskriminiert wird. Wüsste jetzt nicht, warum das im akademischen Umfeld anders sein sollte als bei anderen Gruppen. Fängt ja schon ganz früh an: Klein-Kevin wird anders bewertet als Klein-Maximilian ...

Drittens: Ich find den Ansatz mit dem Losverfahren nett. Aber ob das in der Praxis so umsetzbar ist ... fraglich. Hab ja eh oft genug gesehen, wie Stellenausschreibungen genau so formuliert wurden, dass es nur auf eine Person zutrifft, die natürlich schon im vornherein feststand. Da lässt es sich leicht sagen "Aber er/sie ist halt am besten qualifiziert!" Naja, um sowas müssen sich halt Gleichstellungsbeauftragte kümmern, dafür sind sie schließlich da.

Viertens: Wall of text, iiiiiiih. Ohne Grafiken, ohne Tabellen, ohne Zahlen, ohne gar nix.

Allerdings versteh ich zu wenig von Soziologie und vor allem zu wenig von Hochschulpolitik, um eine wirkliche Meinung zur Berufung von Professoren zu haben. Das überlasse ich mal lieber den Leuten, die sich damit auskennen.
Ich mein ... ist 56% wirklich so eine gute Rücklaufquote, wie sie sagen? Ist es wirklich repräsentativ, auch wenn sie sich nur drei Bundesländer angeschaut haben - davon auch noch alle in den alten Bundesländern? Wie sahen die Fragebögen aus, die sie genutzt haben? Gutes Fragebogendesign ist eine hohe Kunst, mit der ich persönlich ja komplett überfordert bin. :lol:
Schattenwurf hat geschrieben: Mittwoch 13. November 2019, 21:56 Mit Fähigkeiten ist das nicht so leicht. ^^
Halb-d'accord.
Klar kenn ich das, wenn Student*innen im Labor alteingesessenen und mit allen Wassern gewaschenen Laborant*innen erzählen wollen, wo der Hase langläuft. Da denk ich mir auch "Kinners, lernt erstmal, Agarplatten im Akkord zu gießen und einen Giftschrank zu organisieren, dann reden wir weiter."
Andersherum kenn ich es aber auch, dass die praxisnäheren Leute einem Sachen erzählen wollen, die schlicht und ergreifend falsch oder veraltet sind, und trotzdem stur auf ihrer Meinung beharren, weil sie ja schließlich "Erfahrung" haben, was oft leider eher Selbstüberschätzung ist. Beide Seiten nehmen sich in der Hinsicht nix.
Und, ja, es ist eine Gratwanderung. Ich will ja nicht zu viel privates hier droppen, aber, glaubts mir einfach, ich hatte bis jetzt sicher mehr Dreck unter den Fingernägeln als viele andere.
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