Der verborgene Teil der Sprache

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Soiled

Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von Soiled »

Weil das in Richtung (Psycho)Linguistik/Sprachpsychologie geht und damit Wissenschaft ist glaub ich, dass der Thread hier am besten aufgehoben ist.

Also: Mich würde mal interessieren, wie ihr mit nicht-ausdrücklichen Informationen in Sprache umgeht. Worte sind ja nicht nur Worte, viel hat zum Beispiel mit der Häufigkeit des Gebrauchs zu tun, oder mit Satzbau. Dadurch sagt man ja auch Sachen. Das wenigste davon findet auf einer bewussten Ebene statt, und ich find's ja immer spannend, Zeug aus dem Unterbewussten rauszufischen, um es sich mal genauer anzuschauen. Grade rein schriftliche Kommunikation, wie hier im Forum, finde ich da durchaus hilfreich, weil der ganze non-verbale Teil wegfällt und man sich wirklich auf die rein sprachliche Ebene konzentrieren kann.

Oder, etwas einfacher formuliert: Man kann aus Texten ja immer etwas rauslesen, was als solches nicht direkt gesagt wird. Gibt es für dieses Ungesagte, was aber trotzdem irgendwie gesagt wird, eine vernünftige Bezeichnung? Ich würde ja gern drüber nachlesen, aber ich weiß nicht genau, unter welchen Stichworten ich da fündig werde. :lol:

Ich versuche es noch an einem Beispiel, weiß aber nicht, ob ich damit so wirklich rüberbringen kann, was ich sagen will. Also: Ich hatte vor einer Weile Besuch, ich hatte gekocht, man unterhält sich also über das Essen. Und mein Gegenüber bezeichnete Kochen als sehr schönes, nützliches Handwerk. Das lies mich natürlich aufhorchen, weil man das so eher selten hört. Für mich sagt das eben mehr aus als ein plattes Kompliment; z.B. dass besagte Person sich nicht vom Mainstream in seiner Wortwahl beeinflussen lässt, der Kochen ja nahezu ausschließlich als "Kunst" bezeichnet. Dann natürlich noch die Wertschätzung des Kochens als Arbeit, auch wenn es unbezahlt ist (viele sehen Hausarbeit ja nicht als "richtige" Arbeit, weil es kein Geld dafür gibt). Aber auch ein gewisses Selbstbewusstsein - wenn ein (absolut brillanter) Handwerker diesen Ausdruck heranzieht, um etwas positives zu sagen, geht das nur, wenn das, womit das Kochen verglichen wird, ebenfalls als positiv gesehen wird.

Und die Königsdisziplin wäre wohl, wenn man weiß, wie man Leute mit Hilfe solcher Hintergrundinformation manipulieren kann ...

Ich weiß, das hört sich alles fürchterlich schwammig und wischiwaschi an - ich versuche da halt grade, einen klareren Blick drauf zu bekommen. Und, logisch, man kann sich sicher das alles auch sparen und nach reinem Bauchgefühl gehen - ist vermutlich eh effizienter, aber ich find versteckte Sachen einfach spannend und will sie gern in eine saubere und ordentliche Form packen. :)

Hinzugefügt nach 1 Stunde 26 Minuten 51 Sekunden:
Soiled hat geschrieben: Mittwoch 30. Januar 2019, 14:27 Gibt es für dieses Ungesagte, was aber trotzdem irgendwie gesagt wird, eine vernünftige Bezeichnung?
*selbstpatsch*
Mir ist "Subtext" nicht eingefallen? Echt jetzt?!

Aua. Ich schäme mich mal ein bisschen. :lol:
Charlotte Sometimes
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Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von Charlotte Sometimes »

Ich kenne "zwischen den Zeilen lesen"..,deshalb vielleicht : "Zwischen den Worten" sprechen?
Vielleicht aber auch "zwischen den Worten hören" vllt bildet man sich das ganze ja auch nur ein.xD
Und mein Gegenüber bezeichnete Kochen als sehr schönes, nützliches Handwerk.
Könnte theoretisch auch bedeuten ,dass die Person damit meinte,dass es etwas ist ,was nicht jeder ohne Übung beherrscht.^^
Also das Gegenteil eines Kompliments.xD
blacksister´s ghost

Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von blacksister´s ghost »

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Zuletzt geändert von blacksister´s ghost am Samstag 10. August 2019, 21:18, insgesamt 1-mal geändert.
Schattenwurf
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Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von Schattenwurf »

"Gibt es für dieses Ungesagte, was aber trotzdem irgendwie gesagt wird, eine vernünftige Bezeichnung?"

Subtext

Ok ich war spät dran ...
Browser hatt nicht aktualisiert :P
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Soiled

Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von Soiled »

SchwarzeKatz hat geschrieben: Mittwoch 30. Januar 2019, 16:32 Vielleicht aber auch "zwischen den Worten hören" vllt bildet man sich das ganze ja auch nur ein.xD
Auszuschließen ist es natürlich nicht. Aber ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, andere zu fragen, wie sie es wahrnehmen. Und wenn viele das gleiche hören/sehen wie ich wird wohl schon was dran sein.

Obwohl ... so viele müssen es nicht mal sein. Wenn irgendeine Werbung oder so von 3 nichtweißen Personen als rassistisch empfunden wird und 97 weiße schreien "Stimmt ja gar nicht!" tendiere ich natürlich eher dahin, der Minderheit zu glauben. :D
blacksister´s ghost hat geschrieben: Mittwoch 30. Januar 2019, 16:48 Zwischen den Zeilen is also Scheiße....
Würde ich nicht unbedingt so sehen. Dem ursprünglichen Autor kann ja möglicherweise gar nicht bewusst sein, was er da eigentlich impliziert. Ich glaub ja eh dran, dass das meiste Schlechte in der Welt durch Unwissen hervorgerufen wird, nicht durch tatsächliche Böswilligkeit.
SirAeleon
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Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von SirAeleon »

Das klingt für mich so ein bisschen nach dem Watzlawick'schen Kommunikationsmodell: "man kann nicht nicht kommunizieren".

Auch wenn dein Beispiel jetzt so'n bisschen in eine andere Richtung deutet, ist doch das bewusste "weglassen" von Sätzen/Infos durchaus sehr gut geeignet, sein Gegenüber zu manipulieren. Davon mache ich mittlerweile (leider) auch oft regen Gebrauch. Als Berater im direkten Kundenkontakt ist das manchmal sogar eine Art "Lebensversicherung", wenn man später sagen kann: "Das hab ich SO nie gesagt!"
Hier spiele ich dann auch bewusst mit dem, was mein Gegenüber annimmt...

Ich bemühe mich zwar, das dann zuhause zu lassen.. jedoch gelingt mir das auch nicht immer.
Wahrlich ein böser Mann...
Schattenwurf
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Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von Schattenwurf »

Soiled hat geschrieben: Mittwoch 30. Januar 2019, 15:54 Also: Ich hatte vor einer Weile Besuch, ich hatte gekocht, man unterhält sich also über das Essen. Und mein Gegenüber bezeichnete Kochen als sehr schönes, nützliches Handwerk. Das lies mich natürlich aufhorchen, weil man das so eher selten hört. Für mich sagt das eben mehr aus als ein plattes Kompliment; z.B. dass besagte Person sich nicht vom Mainstream in seiner Wortwahl beeinflussen lässt, der Kochen ja nahezu ausschließlich als "Kunst" bezeichnet. Dann natürlich noch die Wertschätzung des Kochens als Arbeit, auch wenn es unbezahlt ist (viele sehen Hausarbeit ja nicht als "richtige" Arbeit, weil es kein Geld dafür gibt). Aber auch ein gewisses Selbstbewusstsein - wenn ein (absolut brillanter) Handwerker diesen Ausdruck heranzieht, um etwas positives zu sagen, geht das nur, wenn das, womit das Kochen verglichen wird, ebenfalls als positiv gesehen wird.
So jetzt mal zur Gänze ...
du hast dich spielen lassen wie eine Blockflöte :>
Besagte Person kannte deine Trigger ... hat sie genutzt ... herzlichen Glückwunsch. :3

Natürlich ist Kochen eine Kunst ... einen Menschen zu nähren ist sogar die höchst mögliche Kunst.
Das ist nicht Besonderes, sondern Tatsache. (Weswegen ich oft Frauen beneide)
(evtl. wird es noch dadurch übertroffen einen Menschen zu heilen ... Heilkunst ...
weswegen ich auch in der Medizin arbeite :> )
Das ist common sense.

Jetzt mal zum eigentlich Thema ... Subtext ...
in meinen Augen, ist das immer vom Rezipienten abhängig.
Es ist schwer den Sender für den Subtext verantwortlich zu machen.
Beispiel:
"Du sitzt da nur rum, weil du zu faul bist zu stehen."
Die eine Hälfte der Rollstuhlfahrer lacht drüber (oft gezwungen, weil tausendmal gehört ... gibt echt bessere Witze)
Die andere Hälfte findet es scheiße.
Der Empfänger bestimmt, durch seinen Mindset, die Botschaft.

Das kann aber nicht Massstab sein ... 82 Millionen Menschen in Deutschland ...
82.000.000 Empfänger. Man kann es nicht dem Sender abverlangen, es allen recht zu machen.

Grundsätzlich, finde ich es immer sehr interessant, was ich wahrnehme.
Nicht: Was hat der andere geschrieben?
Sondern: Wie nehme ich wahr, dass der Andere geschrieben hat?
Das sagt nämlich etwas über mich aus. ;)

Und jetzt eine neue Kategorie: Doublewords oder Doublestandarts
Beispiel:
Man nehme ein Wort, dass das Gleiche bedeutet:
Diversity und Hetrogenität (oft aus dem Englischen und dem Latein/Griechischen entlehnt)
"Die Gesellschaft sollte Diversity aufweisen, man muss alle und jeden einbeziehen und verstehen."
"Die Schulklasse ist sprachlich zu heterogen, um sie sinnvoll zu unterrichten."

Und das sagt sehr viel über den Mindset des Senders aus, welches Wort benutzt wird.
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Soiled

Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von Soiled »

SirAeleon hat geschrieben: Mittwoch 30. Januar 2019, 19:19 Das klingt für mich so ein bisschen nach dem Watzlawick'schen Kommunikationsmodell: "man kann nicht nicht kommunizieren".
Stimmt. Oder auch Schulz von Thun. Wobei ich irgendwie das Gefühl habe, dass vier Ebenen nicht reichen. Grad wenn es um nichtsprachliche Sachen geht. Wenn mir jemand anbietet, mich vom Flughafen abzuholen - macht er das, weil er mich leiden kann oder weil er mir sein neues Auto vorführen will? :D
Auch wenn dein Beispiel jetzt so'n bisschen in eine andere Richtung deutet, ist doch das bewusste "weglassen" von Sätzen/Infos durchaus sehr gut geeignet, sein Gegenüber zu manipulieren. Davon mache ich mittlerweile (leider) auch oft regen Gebrauch.
Ich weiß nicht, ob das "leider" da so gerechtfertigt ist. Also, es ist schon sinnvoll zu wissen, dass das, was man sagt/schreibt anders wahrgenommen werden kann als man es meint. Und dann kommen halt Erfahrungswerte ins Spiel.
Bei Fachbegriffen find ich das extrem ausgeprägt. Wenn ich die benutze will ich eigentlich sagen "Ich halte Dich für mir mindestens gleichwertig und gehe davon aus, dass Du Dich mit dem Thema so intensiv beschäftigt hast, dass Dir das Vokabular geläufig ist". Oft genug kommt das aber an als "Ich halte mich für schlauer und will Dich das auch merken lassen." :lol: Ich find's zwar komisch und nicht so recht nachvollziehbar, aber es ist nunmal so. Ich mein ... wenn ich mit Musikern rede muss ich auch oft mal nachfragen, was jetzt genau sforzato/rubato/whatever bedeutet, aber da bricht mir doch kein Zacken aus der Krone ...

Die einfachste Lösung: Fachbegriffe weglassen. Aber oft genug rutschen sie mir mit rein, weil ich ja irgendwie doch lieber reden will, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Und es besteht auch immer die Gefahr, dass man Leute anpisst, die sich wirklich mit der Materie beschäftigt haben und es beleidigend finden, wenn man auf einem niedrigeren Niveau mit ihnen diskutiert ...

Menschen sind halt vielfältig und individuell, das macht es so verdammt schwierig, mit ihnen umzugehen.

Aber danke für den Hinweis mit dem Verkauf, das war bei mir jetzt gar nicht auf dem Radar. Logisch, grade wenn es um Marketing/Werbung usf. geht kommen die unausgesprochenen Aspekte extrem zum Tragen. Da muss ich jetzt erstmal ein bisschen drüber nachdenken. :)
Schattenwurf
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Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von Schattenwurf »

SirAeleon hat geschrieben: Mittwoch 30. Januar 2019, 19:19 Davon mache ich mittlerweile (leider) auch oft regen Gebrauch. Als Berater im direkten Kundenkontakt ist das manchmal sogar eine Art "Lebensversicherung", wenn man später sagen kann: "Das hab ich SO nie gesagt!"
Hier spiele ich dann auch bewusst mit dem, was mein Gegenüber annimmt...
Das sind aber Einmalkunden, oder?
Handyverträge oder so etwas.
Weil für langfristige Kundenbindung ist das ja nichts. ^^
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Re: Der verborgene Teil der Sprache

Beitrag von SirAeleon »

Schattenwurf hat geschrieben: Donnerstag 31. Januar 2019, 11:50 Das sind aber Einmalkunden, oder?
Handyverträge oder so etwas.
Weil für langfristige Kundenbindung ist das ja nichts. ^^
Nö.
Wahrlich ein böser Mann...
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