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Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Freitag 1. Juni 2018, 21:09
von Phönix75
Wer die gehobener Sprache mit allerlei Fremdwörtern beherrscht, kann sich auch in der Gossensprache herniederlassen, wenn er es denn wünscht. Andersherum funktioniert das nicht. Ist generell beim Niveau so.^^

Ich spreche in der Regel auch wie mir der Mund gewachsen ist. Allerdings kann ich schon ab und zu ein paar Wörterchen mit einpflegen, welche man nicht im alltäglichen Sprachgebrauch benutzt. Ich bin mir dann allerdings deren Bedeutung bewußt. ;)

Ob sich Gruftis nun gewählter ausdrücken, bezweifle ich. Ich denke aber, dass sie fähiger sind, in ganzen Sätzen zu sprechen/zu schreiben und weniger dem allgemeinen Twitter-Niveau verfallen sind. ;)

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Samstag 2. Juni 2018, 13:31
von Soiled
Bloody Arthur hat geschrieben: Freitag 1. Juni 2018, 18:03 Zum Beispiel hänge ich gerne Aussagen wie "denke ich zumindest" oder "das ist jedenfalls meine Meinung" an einen Satz heran. Das ist eigentlich unnötig aber es wahrt eine Art "Guten Ton". Man kann damit ziemlich viel sagen oder kritisieren ohne jemanden über den Mund zu fahren... find ich gut.^^
Ich glaub das geht eher in Richtung Streitkultur. Wenn man sich mit jemandem in die Haare gerät kann man sehr viel an Aggressionspotential rausnehmen, wenn man immer wieder betont, daß das, was man äußert, eben nur eine persönliche Wahrnehmung ist, kein Fakt. Funktioniert auch im Privaten: "Du bist ein Arschloch!" hört sich ganz anders an als "Einige Deiner Aussagen verletzen mich". ;)
Grauer Wolf hat geschrieben: Freitag 1. Juni 2018, 19:59 Ich persönlich habe letztendlich Respekt vor Leuten, die sowohl des gehobenen Deutsch mächtig sind als sich auch in die Niederungen der Gassensprache begeben können; die je nach Situation sowohl »Nasennégligée« als auch »Schnodderlumpen« sagen können. Noch beeindruckter bin ich von Zeitgenossen, die selbiges in mehreren Sprachen oder Dialekten beherrschen.
Ooooh, absolut. Ich find's ja immer wieder toll, wenn ich mit jemandem ganz normal rede, die dann schnell mal ihre Oma auf dem Dorf anrufen und ich mir denk "Äh ... das ist aber schon so eine Art Deutsch, oder?" Die bekommen das teilweise ja nicht mal mit, wie sehr sich ihre Sprache ändert. Sehr cool das ganze.
Phönix75 hat geschrieben: Freitag 1. Juni 2018, 21:09 Wer die gehobener Sprache mit allerlei Fremdwörtern beherrscht, kann sich auch in der Gossensprache herniederlassen, wenn er es denn wünscht. Andersherum funktioniert das nicht. Ist generell beim Niveau so.^^
Ich bereue es ja schon ein bißchen, im Titel "gehoben" geschrieben zu haben, weil das einen Wertunterschied impliziert, der als solcher ja nicht existiert. "Niederungen" und "herniederlassen" hört sich ebenso leicht abwertend an. Aber auch "Gossensprache" hat ein eigenes Vokabular und eine eigene Grammatik, die man erst mal lernen muss, um halbwegs authentisch zu wirken.

Ganz extrem war das ja beim African-American Vernacular English, also dem, was wir hier hauptsächlich über Hiphop mitbekommen. Das ist eigentlich eine stinknormale Varietät des Englischen, aber bis sich dann mal endlich ein paar Linguisten drangesetzt und gezeigt haben, daß es über komplexe und konsistente Strukturen verfügt, galt es immer nur als "minderwertiges" Englisch. Teilweise tut es das immer noch, leider.

@Demon89 Ich würde nicht sagen, daß mir spezielle Ausdrucksweisen direkt zuwider sind. Alles hat seine Zeit und seinen Platz. Wenn jemand bei Dirty Talk oder so plötzlich anfängt, von "Beischlaf" zu reden, kann das die Stimmung schon ein bißchen ruinieren. :D

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Samstag 2. Juni 2018, 17:44
von Bloody Arthur
Grauer Wolf hat geschrieben: Freitag 1. Juni 2018, 19:59
Soiled: In Deinem ursprünglichen Beitrag hättest Du mindestens ein fremdwortliches »Präzision« durch ein deutsches »Genauigkeit« ersetzen können.... ;-)
:lol: :lol:

Naja, man muss es ja nicht gleich übertreiben xD

Es ist nur so das ich es nicht sonderlich begrüßenswert finde wenn mir jemand ein Elaborat vorlegt, in dem er seine Odysse beschreibt, die er mit seinem Caniche abgehalten hat, vor allem nicht dann wenn die einzigen Impressionen die er darlegen kann, dass separieren der Exkremente, des Caniches, vom Trottoir sind.

Wenn ihr versteht was ich meine... Ein großer Wortschatz ist zwar wunderbar aber wenn man nichts zu erzählen hat, hilft dieser auch nicht weiter...

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Samstag 2. Juni 2018, 18:16
von Grauer Wolf
Odysee schreibt sie mit zwei »e«.... :P

Ich habe mich dennoch ganz köstlich an Deinem Beitrag delektiert. Sprache kann, wie von mir weiter oben schon erwähnt, halt sowohl Werkzeug als auch Spielzeug sein. Und wenn als Spielzeug verwendet, dann kann ich mich auch an schönen Worten ohne großen Inhalt erfreuen.

Schlimm finde ich, und hier sind wir wohl einer Meinung, wenn sich Leute in sprachlich höheren Registern vergreifen, um das Publikum davon abzulenken, daß sie inhaltlich eigentlich nichts zu sagen haben und eigentlich nur auf Zustimmung und Applaus aus sind.

Man darf jetzt klatschen.

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Samstag 2. Juni 2018, 21:41
von Soiled
Grauer Wolf hat geschrieben: Samstag 2. Juni 2018, 18:16 Schlimm finde ich, und hier sind wir wohl einer Meinung, wenn sich Leute in sprachlich höheren Registern vergreifen, um das Publikum davon abzulenken, daß sie inhaltlich eigentlich nichts zu sagen haben und eigentlich nur auf Zustimmung und Applaus aus sind.
Ich weiß nicht, ob ich's immer schlimm finde, häufiger unfreiwillig komisch. Aber das passiert ja eigentlich oft, wenn Inhalt und Form nicht so recht zusammenpassen.

Wenn Leute richtig gut sind können sie das natürlich auch ausnutzen. Eins meiner liebsten Gedichte ist ja "Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs" von Robert Gernhardt. Link:
http://www.fulgura.de/sonett/karussel/253.htm
Natürlich schreibt er ein astreines Sonett (Sogar mit Enjambements, heilige Scheiße! Da hat jemand echt seine Hausaufgaben gemacht ...), und dadurch wirkt es unglaublich witzig.

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Sonntag 3. Juni 2018, 21:28
von CharlotteSchlotter
Sehe ich ähnlich wie Herbstlaubrascheln. Ich hab auch viele Gruftis angetroffen, die eher introvertiert und nicht so ganz kommunikativ sind. Außerdem sagt man uns doch auch keine gewisse misanthropische Ader nach :lol:

Übrigens ist eine gehobene und damit nicht unbedingt empfängergerechte Sprache auch nicht gerade ein Zeichen sozialer Kompetenz.

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Donnerstag 7. Juni 2018, 16:32
von Grasblut
Ich kann witzigerweise beides: eloquent sprechen und schreiben als auch im Assislang (Diggah, Altah, Züüüsch! usw) reden ;)

Letzteres ist durch meine Besuche in Schulen, die sich im sozialen Brennpunkt befinden, zu einen Dialekt geworden. Das mache ich aber nur im Scherz, da ich fast nur Studenten im Freundeskreis habe und eine der wenigen mit "nur" einer Ausbildung bin, würde ich nie ernsthaft so reden. Das würde die Kinder gut betuchter Eltern dann doch etwas verstören :D

Außerdem wurde mir dies bereits zuhause von meiner Mutter ausgetrieben bzw. konnte dadurch erst gar nicht erst Einzug halten in meiner Alltagssprache. Wir durften zuhause nicht fluchen, wir gingen nicht "aufs Klo" sondern "auf die Toilette" und ähnliches.

Dass nun Goth's da mehr Wert drauf legen bezweifle ich. Bis auf den guten alten Ignis fällt mir niemand ein, der wirklich permanent nur so schrieb. Ich denke auch wirklich, dass dies auch seine Alltagssprache ist.

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Donnerstag 7. Juni 2018, 17:06
von Soiled
Grasblut hat geschrieben: Donnerstag 7. Juni 2018, 16:32 Das mache ich aber nur im Scherz, da ich fast nur Studenten im Freundeskreis habe und eine der wenigen mit "nur" einer Ausbildung bin, würde ich nie ernsthaft so reden. Das würde die Kinder gut betuchter Eltern dann doch etwas verstören :D
Oooooch, ich find ja, daß genau die das am nötigsten haben ...
Außerdem wurde mir dies bereits zuhause von meiner Mutter ausgetrieben bzw. konnte dadurch erst gar nicht erst Einzug halten in meiner Alltagssprache. Wir durften zuhause nicht fluchen, wir gingen nicht "aufs Klo" sondern "auf die Toilette" und ähnliches.
Das kann einem auch auf die Füße fallen. Ich red, was den Dialekt angeht, ja reinstes Standarddeutsch (so der Dreh Hannover/Göttingen); nicht weil ich selber da herkomme sondern meine eine Oma, die dann auch Sprecherin beim Stadtfunk war und so. Hier in Wien höre ich mich natürlich dadurch immer an wie der schlimmste Piefke. Wenn ich Leute als "bledes Gfrastsackl, gschissanes" bezeichne lachen die sich tot, eben weil es mit der Aussprache so hapert. :D Die korrigieren mich nicht mal, einfach weil sie es so witzig finden ...

Generell finde ich Dialekte ja sehr ökonomisch. Je nach Betonung kann ein Wort verschiedene Bedeutungen haben, das ist schon sehr cool.
Bild

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Donnerstag 7. Juni 2018, 21:06
von Charlotte Sometimes
Ich denke es kommt immer darauf an mit wem man sich - und worüber man sich unterhält.
Ich finde Wortakrobatik ja eigentlich auch ganz schön,aber wenn sie nur dazu dient um andere zu beeindrucken und hinter den Worten nichts steckt ODER man auch gut zu einem anderen Wort "greifen" könnte,welches dem Gegenüber verständlicher wäre,dann nimmt das dem Ganzen für mich den Zauber und wirkt in den meisten Fällen bloß lächerlich und eingebildet.
Man muss seinen Fachjargon nicht jedem ans Knie labern,nur um sich damit wichtig zu tun.
Ansonsten kann in gewissen Gegenden auch mal mit einem ganz einfachen "Halt die Fresse du Arsch!" gekontert werden.

Re: Gehobene Sprache

Verfasst: Dienstag 31. Juli 2018, 08:44
von Nachtvogel
Ich rede meist, wie es mir in den Sinn kommt und das mache ich auch davon abhängig, wer mir gegenüber steht. Mit Arbeitskollegen, Bekannten und der Familie spreche ich anders als mit Fremden. Wenn wir über fachliche Themen sprechen (z.B. Medizin, Pflege, wofür ich mich sehr interessiere und auch im pflegerischen Bereich tätig bin) werfen wir manchmal gegenseitig mit Fachbegriffen um uns und wir verstehen uns auch.
Mit einem Laien würde ich nie so reden, da ich genau weiß, dass er mich unter Umständen auch nicht verstehen würde.

Manchmal weiß ich mich nicht auszudrücken, rede -unbeabsichtigt- um den heißen Brei herum oder wirke dann unbeholfen. Dies ist aber meiner Schilddrüsen-Erkrankung geschuldet, die zeitweise auch verbale Aussetzer und Wortfindungsstörungen nach sich zieht. Aber seit dem ich das Wort Dings benutze, kann ich die ganze Welt erklären. :mrgreen:

Ich fluche manchmal auch, aber es gibt Worte, die für mich gar nicht gehen und die ich auch nicht benutzen würde. Einfach, weil sie hässlich sind.